Protocol of the Session on September 29, 2005

Pewestorff

Herr Wolf, Sie haben mich bezichtigt, die Unwahrheit gesagt zu haben. Das muss ich deutlich und entschieden zurückweisen. Ich fordere Sie Ihrerseits auf, das zurückzunehmen! Ich habe nicht anders als Sie den derzeitigen Informationsstand nach der Lage der Medienberichterstattung über die angekündigten Arbeitsplatzabbaudaten zusammengetragen. Das habe ich sehr wohl differenziert getan und meine Wortwahl sehr wohl abgewogen. Das können Sie auch noch einmal nachlesen und hinterher feststellen, dass ich in der Tat völlig die Wahrheit gesagt habe.

Zum Zweiten: Die Verärgerung, die ich hier seitens der Gewerkschaften zum Ausdruck gebracht habe, ist mir gegenüber so formuliert worden. Ich hatte auch erst einmal keinen Anlass, daran zu zweifeln. Also habe ich auch in dem Punkt nicht die Unwahrheit gesagt.

Zum Dritten und Höhepunkt: Es ist ebenso der Fall, dass ich auch in Sachen GA-Mittel definitiv nicht die Unwahrheit gesagt habe, wie Sie in der von Ihnen selbst unterzeichneten roten Nr. 3202 noch einmal nachprüfen können. Deshalb verbitte ich mir eine solche Auseinandersetzung und fordere Sie auf, das zurückzunehmen. Ich habe in allen Punkten ordentlich recherchiert und die Wahrheit gesagt. So sollten wir auch miteinander umgehen!

[Beifall bei den Grünen]

Danke schön, Frau Kollegin Paus! – Es liegen jetzt keine weiteren Wortmeldungen mehr vor. Die Aktuelle Stunde hat damit ihre Erledigung gefunden.

Zu dem Antrag Drucksache 15/4307 wird die Überweisung an den Ausschuss für Wirtschaft, Betriebe und Technologie empfohlen, wozu ich keinen Widerspruch höre.

Wir stimmen nun über den Antrag von SPD, CDU, Linkspartei.PDS und den Grünen auf Annahme einer Entschließung Drucksache 15/4309 – Samsung Bildröhrenwerk Oberschöneweide – ab. Wer diesem Antrag seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen! – Danke schön! Die Gegenprobe! – Das ist die FDP. Dann ist das mit großer Mehrheit gegen die Stimmen der FDP angenommen. Gab es Enthaltungen? – Das ist nicht der Fall.

Die Fraktion der Linkspartei.PDS hat auf Grund des Themas der soeben durchgeführten Aktuellen Stunde auf ihre Priorität unter dem Tagesordnungspunkt 4 a verzichtet.

Ich rufe auf

lfd. Nr. 4 b:

Dringlicher Antrag

Senat muss die Berliner Verbraucher/-innen vor der GASAG schützen

Antrag der Grünen Drs 15/4299

Wird der Dringlichkeit widersprochen? Das ist nicht der Fall.

Für die Beratung steht den Fraktionen eine Redezeit von bis zu fünf Minuten zur Verfügung. Es beginnen die Antragsteller. Es beginnt für die Fraktion der Grünen Frau Kollegin Kubala. – Bitte schön!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Das ist heute eine Sternstunde für grüne Oppositionspolitik. Unsere Argumente haben den Wirtschaftssenator offensichtlich überzeugt. Senator Wolf gibt seinen Widerstand gegen eine kartellrechtliche Überprüfung der Gaspreise auf. In der Fragestunde hat der Senator zugesagt, die geplante Gaspreiserhöhung durch seine Behörde überprüfen zu lassen. Wir hoffen, dass dieses Beispiel Schule macht und sich der Senator auch bei den Wasserpreisen lernfähig zeigt.

[Beifall bei den Grünen]

Die Berliner Verbraucher und Verbraucherinnen werden es Ihnen danken!

[Beifall bei den Grünen]

Danke schön, Frau Kollegin Kubala. – Es folgt die Fraktion der SPD. Das Wort hat der Herr Kollege Jahnke. – Bitte schön!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Das Anliegen, das Frau Kubala vorgetragen hat, das hier im Antrag steht, ist durchaus berechtigt. Es ist auch nicht durch ihre Anregung zustande gekommen. Der Senator hat vorhin schon in der Fragestunde erklärt, dass er es ohnehin vor hatte.

Es ist berechtigt, zu überprüfen, ob eine Monopolstellung, die zweifelsohne im Gasmarkt Berlins vorliegt, ausgenutzt wird. Eine erhebliche Preissteigerung von 12 % liegt vor. Ein Missbrauchsverdacht könnte gegeben sein. Die Prüfung durch die Kartellbehörde ist also in Ordnung. Allerdings sprechen die Anzeichen zunächst nicht für einen Missbrauch der marktbeherrschenden Stellung. Wenn man nur 13 Gemeinden von über 150 findet, die günstiger als Berlin sind, und sämtliche Großstädte in den Preisen alle darüber liegen, würde also zumindest dieses Vergleichsmarktkonzept, das die Kartellbehörde anwendet, kaum dazu führen, dass in Berlin die GASAG an den hohen Preisen schuld ist. Wir wollen trotzdem die Kostenstruktur überprüfen lassen. Wir werden dem Antrag also so zustimmen.

Allerdings: Für die Preissteigerung beim Gas – das möchte ich hier noch anfügen – wird der Einkaufspreis auf dem Markt ursächlich sein. Wir haben ein Oligopol auf Bundesebene. Dort soll eine Regulierungsbehörde entstehen, und der Gaspreis ist an das Öl gebunden. Sie

wissen, dass wir eine problematische Situation bei den Energieträgern allgemein haben.

Ist es nun ein Fehler, dass der Gaspreis an den Ölpreis gebunden ist? – Diese Frage möchte ich an eine ehemals ökologisch orientierte Partei richten, die sich einmal den schonenden Umgang mit Ressourcen auf ihre Fahnen geschrieben hat. In einer Marktwirtschaft ist der Preis immer ein Knappheitsindikator,

[Frau Dr. Klotz (Grüne): Es gibt aber auch gezielte Verknappung!]

und er soll eine Ressourcenallocation gewährleisten, die den schonenden Umgang sicherstellt. Wenn aber nun eine Ressource wie das Öl oder Gas über Jahrmillionen entstanden ist und seit 100 Jahren ausgebeutet wird, ist dann der Markt dafür der richtig Ort, an dem das preismäßig bewertet werden kann? Ist es vernünftig, in Amerika oder anderswo mit Autos herumzufahren, die 16 Liter auf 100 km verbrauchen, weil der Preis aus heutigen, aktuellen Gründen niedrig ist? – Nein, das ist nicht der Fall. Ich hoffe, die Grünen werden auch in diesem Punkt nicht der Meinung sein, dass das vernünftig ist.

[Beifall bei der SPD]

Früher einmal haben die Grünen immerhin einen Benzinpreis von 5 DM pro Liter gefordert, um Substitutionseffekte und einen schonenden Umgang mit Energieträgern zu erreichen. Heute ist ihre Hauptsorge, wie es hier so schön heißt: Senat muss die Berliner Verbraucherinnen und Verbraucher vor der GASAG schützen! – Das ist eine Boulevardschlagzeile. „Gas-Abzocke“ könnte dann in dicken Lettern darüber stehen. „Bürger wehrt euch!“ – Die Grünen würden es vielleicht noch geschlechtsneutral formulieren.

Ein weiteres Argument dafür, warum es nicht nur Abzocke ist und die GASAG die Bürger nicht nur schröpft, ist, dass es bei der Daseinsvorsorge Anlagen gibt, die wir erhalten wollen, die nicht verrotten sollen. Ich erinnere an das Stromnetz in Kalifornien, ich erinnere an das Eisenbahnnetz in Großbritannien. Die Grünen gehen hier auf einen billigen, populistischen Kurs, wenn sie nur danach schauen, ob der Preis günstig oder ungünstig ist! Der billige Jakob in kurzfristigstem Denken – das kann nicht die Richtung einer ökologischen, sondern nur einer marktliberalen Partei sein!

Wir stimmen aus den eingangs genannten Gründen durchaus zu, dass das einmal durch die Kartellbehörde untersucht wird, aber es spricht erst einmal nichts für die Annahme, dass die Berliner GASAG die Ursache für diese Preisanhebung von 12 % selbst zu verantworten hat. – Danke!

[Beifall bei der SPD und der Linkspartei.PDS]

Danke schön, Herr Kollege Jahnke! – Für die CDU hat der Kollege Brinsa das Wort. – Bitte schön!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir unterhalten uns heute über ein Verbraucherschutzthema, das nicht regional begrenzt ist. Es fällt mir schwer, den Einstieg zu finden. Jemand, der sich in diesen Tagen zu jedem Thema meldet, sich insbesondere fast täglich zur K-Frage äußert – ich meine unseren NochBundeskanzler oder zukünftigen Drogenbeauftragten –, hat schon vor einigen Tagen öffentlich kartellrechtliche Untersuchungen zu Recht gefordert.

Wir finden es auch ärgerlich, dass die Tarife der GASAG erhöht werden, und wir missbilligen auch die Tatsache an und für sich. Der Wirtschaftssenator, den ich nicht im Plenarsaal sehe, hat davon gesprochen, dass wir Wettbewerb haben. Ich könnte nachweisen, dass es weder in Berlin noch in der Bundesrepublik Deutschland einen Wettbewerb auf dem Energiegasmarkt gibt. Den gibt es nicht. Weil wir für Verbraucherschutz sind und das so ärgerlich finden, bemängeln und kritisieren wir die Tarife. Die CDU-Fraktion hat bereits vor einiger Zeit mit der Landeskartellbehörde in Kontakt gestanden, und wir haben darum gebeten, das zu tun, was der Wirtschaftssenator heute angekündigt hat. Deshalb kommt Ihr Antrag, Frau Kubala, ein bisschen spät – ohnehin populistisch –, aber wir werden den Antrag im Interesse der betroffenen Menschen dieser Stadt selbstverständlich unterstützen.

Wir wissen alle, dass wir Rohstoffkontingente und Energie einkaufen müssen, wenn wir sie haben wollen, und wir brauchen sie. Das sind lebenswichtige Dinge. In Deutschland werden sie leider von Kartellen und Energiemultis beherrscht. Insoweit diktieren diese Institutionen das, was geschehen muss, nämlich die Verträge, die z. B. mit der GASAG in Berlin abgeschlossen werden müssen.

Ich will aber auch nach der Arbeitsmarktdiskussion, die wir hier eben hatten, einen Satz zur GASAG selbst sagen. Die GASAG in Berlin ist ein Unternehmen mit 1 523 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern und hat derzeit 75 Ausbildungsplätze. Sie beteiligt sich überdies in anderen Bereichen aktiv und finanziell an gesellschaftspolitischen Vorhaben unserer Stadt. Das möchte ich einmal völlig wertfrei erwähnen.

[Beifall des Abg. Jahnke (SPD)]

Natürlich sind wir dafür, dass die Erhöhungen der Tarife ordentlich und vernünftig begründet und transparent gestaltet werden. Das darf aber nicht dazu führen, dass die GASAG zu einem volkseigenen Betrieb wird. Die GASAG muss im Zuge dieser Nachforschungen und dieser Begründungen auch weiterhin im Rahmen ihrer Daseinsvorsorge ein wettbewerbsfähiges Unternehmen bleiben.

Ich wundere mich, dass heute auch in der Fragestunde der Eindruck erweckt wurde – so wie vom Wirtschaftssenator Wolf –, als würden Krokodilstränen wegen der Erhöhung der Gaspreise geweint. Das ist nicht der Fall. Wie haben Sie sich, Herr Wowereit, und Ihr Senat in der Vergangenheit dem Verbraucher gegenüber verhalten, als es

darum ging, dass z. B. die Berliner Wasserbetriebe ihre Tarife in Folge der Wertabschöpfung erhöht haben? –

[Liebich (Linkspartei.PDS): Haben Sie auch mit dem Privatisierungsvertrag beschlossen!]

Darauf haben Sie nicht richtig im Sinne der Verbraucher reagiert. Da ist nichts geschehen. Das müssen wir heute bei der Gelegenheit anmerken.

Zu guter Letzt: Ihre Kollegin, Frau Künast, von den Grünen – sie sagt ab und zu etwas Sinnvolles und Vernünftiges – hat bemerkt, dass die Koppelung des Gaspreises an den des Öls abgeschafft werden müsse. Wir ergänzen dies um die Forderung, dass die Verträge wesentlich kürzer gestaltet werden müssen, und wenn wir uns darüber einig sind, haben wir ein Ziel vor Augen, das wir im Sinne der Verbraucher dauerhaft anstreben müssen. – Danke schön!

[Beifall bei der CDU]

Vielen Dank, Herr Kollege Brinsa! – Es folgt der Kollege Benjamin Hoff für die Linkspartei.PDS und hat das Wort!

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen. Es gibt in dem Haus eine große Einigkeit, die darin besteht, dass wir uns gegen den uns von der GASAG als Monopol aufgedrückten Preis insofern wehren, als dass wir sagen: Wir haben ein Interesse daran, erstens die Kostenkalkulationen offen zu legen, zweitens den Verbraucherschutz zu stärken und drittens zu prüfen, welche Schritte möglich sind, damit die Gaspreise in Berlin nicht ins Unermessliche steigen. Ich glaube, in diesen drei Fragen gibt es im Berliner Abgeordnetenhaus völlige Einigkeit. Der Antrag macht deutlich, dass der Senat seine Verantwortung wahrnimmt, um sich gegen die Monopolstrukturen, die dazu geeignet sind, die Interessen der Verbraucherinnen und Verbraucher zu beschädigen, zu wehren und den Verbraucherinnen und Verbrauchern die entsprechenden Instrumente in die Hand zu geben, um sich dagegen wehren zu können. Ich begrüße diesen gemeinsamen Antrag.

[Beifall bei der Linkspartei.PDS und den Grünen]

Neben dieser Einigkeit gibt es auch die Feststellung, dass wir als Parlamentarier zwei Aufgaben zu lösen haben. Die eine Aufgabe ist, deutlich zu machen – das drückt dieser Antrag u. a. aus –, dass wir durch die Prüfung der Kartellrechtsbehörden und gestärkt durch die entsprechenden Erfahrungen, die es in Hessen und anderen Ländern gegeben hat, zu schauen, ob man zu Preissenkungen kommen kann, wobei wir – darauf hat der Senator heute in der Fragestunde bereits hingewiesen – betrachten müssen, dass die GASAG bundesweit kein Spitzenreiter bei den Gaspreisen ist. Es gibt rund 60 Unternehmen, die mit ihren Preisen oberhalb der Preise der GASAG liegen und die im Übrigen auch wieder Preiserhöhungen angekündigt haben, so dass es diese Prüfung geben sollte, wobei das Ergebnis möglicherweise nicht den Umfang haben wird, den wir uns davon versprechen.

Die zweite Aufgabe für uns Abgeordnete besteht darin – ich fände es schön, wenn wir auch diesen Antrag gemeinsam einbringen –, den Leuten Angst zu nehmen. Ich habe eben mit Frau Kubala am Rande eine Kontroverse darüber geführt, in welcher Weise wir den Leuten die Angst nehmen können. Wenn – z. B. in Fernsehbeiträgen – ältere Menschen sagen: Ich muss beim Kochen und Backen sparen, um die Gaspreise bezahlen zu können –, dann ist es unsere Aufgabe als Berliner Parlament, darauf hinzuweisen, welche Sozialleistungen im Land Berlin genau für diejenigen Menschen zur Verfügung stehen, die sozial schlecht gestellt sind. Der Senator hat darauf hingewiesen und verschiedene Stellen des Landes weisen darauf hin, dass die Ausführungsvorschrift Wohnen Menschen, die sozial schlecht gestellt sind, unterstützt und dass diejenigen, die bislang keine Sozialleistungen erhalten, durch Flankieren von Alg II die Möglichkeit erhalten, ihr Problem zu lösen, so dass die Menschen nicht sagen müssen, oh Gott, ich kann zu Hause nicht mehr kochen und backen, weil die Gaspreise so hoch sind. Hier bin ich mit Frau Kubala einig, dass wir beides machen müssen, dass wir den Leuten die Ängste nehmen müssen und uns gemeinsam dagegen einsetzen müssen, dass ein Monopol eine Stadt in den Würgegriff nehmen kann.