Protocol of the Session on September 29, 2005

Bitte schön, Frau Kubala!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich frage den Senat:

1. Warum hat der Senat noch keine kartellrechtliche Überprüfung der zum 1. Oktober geplanten Erhöhung der Gaspreise eingeleitet, weigert sich doch der Monopolist GASAG, die Kosten offen zu legen und die Gaspreiserhöhung für die Verbraucher/-innen transparent zu machen?

2. Wie bewertete der Senat vor diesem Hintergrund den Aufruf der Berliner Verbraucherzentrale, gegen die Gaspreiserhöhung zu klagen, und sieht der Senat sich nicht auch in der Pflicht, hier dem Schutz der Verbraucher/-innen Geltung zu verschaffen?

Danke schön, Frau Kubala! – Jetzt antwortet für den Senat Wirtschaftssenator Wolf. – Bitte schön, Herr Wolf!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Erhöhung der Gaspreise sowohl bei der GASAG als auch bundesweit ist ausgesprochen ärgerlich, weil sie eine weitere Belastung der privaten Haushalte und der Unternehmen mit sich bringt und obendrein eine Konjunkturbremse darstellt.

Von Seiten der Gasversorger wird diese Preiserhöhung mit den gestiegenen Bezugskosten begründet. Die Lieferanten haben ihre Preise erhöht, was auch an den Preisen für Öl, Gas und Strom an den internationalen Börsen ablesbar ist. Jetzt gibt es eine Diskussion darüber, ob die Ankopplung der Gas- an die Ölpreise gerechtfertigt ist. Das Bundeskartellamt überprüft dies zurzeit. Ich persönlich halte diese Kopplung nicht für gerechtfertigt, sie ist Ausdruck eines internationalen Kartells, vergleichbar mit der OPEC beim Öl. Das Kartell beruht auf sehr engen Geschäftsbeziehungen zwischen den Pipelinebetreibern, den Erdgasimporteuren und den Produzenten. Ein Beispiel für diese engen Geschäftsbeziehungen ist das unlängst von Bundeskanzler Schröder gefeierte Abkommen, wobei zwei führende Gasimporteure aus der Bundesrepublik – E.ON Ruhrgas sowie BASF Wintershall – gemeinsam mit der Gasprom das Projekt einer Pipeline von St. Petersburg nach Greifswald durch die Ostsee unterzeichnet haben. Das ist bezüglich der Aufträge für die deutsche Industrie positiv zu bewerten, hinsichtlich des Wettbewerbs ist es jedoch eine weitere Festigung des internationalen Kartells.

Frau Kubala, ich möchte an dieser Stelle daran erinnern, dass es die Bundesregierung war, der Ihre Partei angehört

[Henkel (CDU): Noch!]

noch –, die gegen das Votum des Bundeskartellamts die Fusion von E.On und Ruhrgas per Ministererlaubnis möglich gemacht hat. Auch das hat nicht zu mehr Wettbewerb auf diesem Sektor beigetragen.

Das Bundeskartellamt hat ein Verbot der langjährigen Lieferverträge angekündigt. Derzeit ist es so, dass die Gasversorger langjährige Lieferverträge mit ihren Lieferanten haben, die zum Teil bis zu 25 Jahren reichen. Das Bundeskartellamt will durchsetzen, dass diese Verträge lediglich eine Laufzeit von zwei bis vier Jahren haben. Dabei gibt es auch noch einen Streit darüber, ob in laufende Verträge eingegriffen werden kann. Ziel ist es, mehr Wettbewerb zu erzielen. Ob dadurch eine signifikante Preissenkung erreicht werden kann, bleibt abzuwarten.

Der zweite Hebel ist die vor kurzem eingerichtete Netzagentur, also die Regulierungsbehörde, die vor allem die Aufgabe hat, die Durchleitungspreise zu senken.

Wenn wir nach Österreich blicken, wo es seit 2002 solch eine Regulierungsbehörde gibt, stellen wir fest, dass dort für den durchschnittlichen Privathaushalt die jährliche Belastung auf Grund der Gaspreise um 70 € gesenkt worden ist.

Zu Ihrer Frage, Frau Hertlein, was die Genehmigung durch das Land Berlin anbelangt, teile ich Ihnen mit, dass die Genehmigung der Gaspreise der Vorzeit angehört. Die Gaspreise unterliegen keiner staatlichen Genehmigung. Die GASAG ist ein seit Jahren privatisiertes Unternehmen.

Hinsichtlich des Einschreitens der Landeskartellbehörde stellt sich die Situation wie folgt dar: Nach dem Kartellgesetz wäre dies nur möglich, wenn die GASAG deutlich höhere Preise verlangte als vergleichbare Gasversorger. Nur dann wäre von einem Missbrauch der marktbeherrschenden Stellung zu sprechen. Im bundesweiten Vergleich mit 161 Gasversorgern ergibt sich, dass es lediglich 13 Gasversorger – zumeist in Kleinstädten – gibt, die preiswerter sind als die GASAG. Demnach sind 147 Unternehmen teurer. Die GASAG liegt mit ihrer Erhöhung um 11 % – so ärgerlich sie ist – im unteren Feld der Preiserhöhungen. Sie erinnern sich vielleicht an die Diskussion beispielsweise in Hessen. In anderen Bundesländern gibt es Erhöhungen um bis zu 25 %. Allein auf der Grundlage dieser Erhöhung haben wir deshalb keinen Grund zum kartellrechtlichen Einschreiten. Gleichwohl haben wir beschlossen, ein Auskunftsersuchen von Seiten des Landeskartellamtes zu stellen, mit dem Ziel zu überprüfen, ob das Niveau gerechtfertigt ist, von dem aus die GASAG ihre im Vergleich zu anderen Versorgern geringere Erhöhung – für die Verbraucher jedoch spürbar und ärgerlich – vorgenommen hat. Hierzu gibt es ein Auskunftsersuchen an die GASAG und anschließend werden wir überprüfen, ob es die Möglichkeit zum weiteren Einschreiten gibt.

Das Einschreiten des Landeskartellamts – ich habe es schon angesprochen – in Hessen war durchaus positiv. Aber da hatten wir es mit geplanten Erhöhungen um 25 % zu tun, die dann durch das Eingreifen der Landeskartellbehörde auf 13 bis 15 % abgesenkt werden konnten. Also auch dort hat das Eingreifen der Landeskartellbehörde zu einer Reduzierung der Preiserhöhung auf ein Niveau geführt, das immer noch leicht oberhalb des Niveaus der GASAG liegt. Aber wie gesagt, wir stellen dieses Auskunftsersuchen an die GASAG und versuchen, da noch einmal zu überprüfen, ob auf der Ebene des Niveaus, von dem aus die Preise erhöht worden sind, ein Einschreiten möglich ist.

Ansonsten zu der Frage von Frau Hertlein: Da es keine Genehmigung gibt, gibt es auch keine Möglichkeit des Senats, eine Offenlegung der Kalkulation zu verlangen, sondern wir haben nur die eben angesprochene kartellrechtliche Möglichkeit des Auskunftsersuchens. Ansonsten gibt es bezüglich der Offenlegung die Möglichkeit, über die von der Verbraucherschutzzentrale angeregte

Klage auf zivilrechtlichem Weg die Angemessenheit der Preise kalkulieren zu lassen.

Jetzt zu den Themen, was die sozialpolitische Seite angeht bzw. welche Auswirkungen das auf Menschen hat, die staatliche Hilfe zum Lebensunterhalt bekommen. Hier sieht es so aus, dass die Betriebskosten der Unterkunft vom Staat übernommen werden. Sie wissen, wir kalkulieren mit der Bruttowarmmiete. Insofern ist in der AV Wohnen vorgesehen, dass diese erhöhten Kosten übernommen werden. Menschen, die ohne Transferleistungen bisher über ein geringes Einkommen verfügen und durch die Gaspreiserhöhung unter das Existenzminimum geraten, müssen gegebenenfalls ergänzendes Arbeitslosengeld II beantragen, so dass auch hier ein Anspruch besteht, dass die gestiegenen Preise ausgeglichen werden.

Kollege Doering hat das Wort zu einer Nachfrage. – Bitte!

Herr Senator! Können Sie bitte zu den zeitlichen Abläufen des Auskunftsersuchens etwas sagen? Hat dieses Auswirkungen auf den geplanten Zeitpunkt der Gaspreiserhöhung – Stichwort 1. Oktober?

Herr Senator Wolf – bitte schön!

Nein, das wird es erst mal nicht haben. Wir haben in der letzten Woche entschieden, dass ein solches Auskunftsersuchen gestellt wird. Bis wann das beantwortet wird und wie die Fristen sind, kann ich Ihnen aus dem Kopf nicht sagen. Aber ich gehe davon aus, da wir bisher ein sehr kooperatives Verhältnis mit der GASAG haben, dass das zügig beantwortet wird. Aber unmittelbar hat das Auskunftsersuchen keine Auswirkungen auf die Preiserhöhung.

Jetzt hat die Abgeordnete Hertlein das Wort zu einer Nachfrage. – Bitte schön!

Herr Senator! Haben Sie Erkenntnisse darüber, in welchem Ausmaß die Berlinerinnen und Berliner sich gegen diese Preiserhöhung zu wehren versuchen, wie die Aktion bei der Verbraucherzentrale läuft und welche Resonanz sie da findet?

Herr Senator Wolf, bitte!

Ich kann Ihnen keine genauen Zahlen sagen. Ich weiß nur, dass die Verbraucherzentrale auch in Berlin dazu aufgerufen hat. Ich gehe davon aus, dass angesichts der geringen Begeisterung, die diese Tariferhöhung in der Berliner Bevölkerung hervorgerufen hat, es ausreichend Klagen geben wird, so dass dann versucht werden kann, auf zivilrechtlichem Weg zu einer Überprüfung dieser Kalkulation zu kommen.

Jetzt hat Frau Kubala das Wort zu einer Nachfrage. – Bitte schön!

Herr Senator Wolf! Ich begrüße, dass Sie Ihren Widerstand gegen eine kartellrechtliche Überprüfung der Gaspreise aufgegeben haben und dass jetzt eine Überprüfung erfolgt. Das Land Berlin ist selbst Großverbraucher von Gas. Ich frage Sie vor diesem Hintergrund, ob Sie die Klage der Berliner Verbraucherzentrale als Großverbraucher mit unterstützen werden.

Herr Senator Wolf, bitte schön!

Frau Kubala! Ich habe schon erklärt, dass diese Kampagne der Verbraucherschutzzentrale ein Mittel und eine Instrument ist, gerichtlich überprüfen zu lassen, ob die Tariferhöhung angemessen ist. Das Land Berlin wird das kartellrechtliche Instrument einsetzen, das Auskunftsersuchen. Ich denke, das ist für ein Land das angemessene Verhältnis. Ich glaube auch nicht, dass die Bundesregierung, der Sie noch angehören und die, glaube ich, auch Gas bezieht, bundesweit den entsprechenden Klagen der Verbraucherschutzzentralen beitritt, sondern dass die Bundesregierung wie andere Regierungen versuchen wird, ihre Instrumentarien einzusetzen.

[Ratzmann (Grüne): Die macht alles mit Solarenergie!]

Ich korrigiere Sie übrigens, es gab von meiner Seite aus keinen Widerstand gegen ein kartellrechtliches Verfahren. Ich habe auf die Schwierigkeiten dieses Verfahrens hingewiesen und auf die Tatsache, dass die GASAG die Preise um einen Prozentsatz erhöht hat und das Preisniveau der GASAG insgesamt im Vergleich mit anderen Gasversorgern so niedrig ist, trotz der unerfreulichen Erhöhung, dass dieses allein noch keine Handhabe für ein kartellrechtliches Einschreiten gibt. Wir haben intensiv diskutiert, welche anderen Möglichkeiten es gibt, und sind zu der Schlussfolgerung gekommen, die einzige Möglichkeit, noch einmal initiativ zu werden, ist die Überprüfung des Niveaus, von dem aus erhöht worden ist. Diesen Weg gehen wir jetzt.

Es geht weiter mit dem Abgeordneten Lederer von der Fraktion der PDS, der das Wort zu einer Nachfrage hat!

Herr Senator Wolf! Würden Sie mir folgen, dass sich natürliche Monopole in einer Wettbewerbsordnung so zu verhalten pflegen, dass sie versuchen, ihre Monopolrente nach oben zu drücken, insbesondere dann, wenn Regulierung oder irgendeine Form demokratischer Einflussnahme nicht mehr gewährleistet ist; und zweitens, dass die Folgen eines solchen Prozesses hier in diesem Hause einmal diskutiert worden sind, bevor nämlich die GASAG privatisiert worden ist, und dass – drittens – dieses Haus mit seinen damaligen Mehrheiten eine gewisse Mitverantwortung für den Vorgang trägt, über den wir diskutieren?

Herr Senator Wolf – bitte!

Herr Lederer! Grundsätzlich stimme ich Ihnen zu, was das Thema natürliche Monopole angeht. Ich widerspreche allerdings der Behauptung, dass es sich bei der GASAG um ein natürliches Monopol handelt, weil wir die Möglichkeit des Wettbewerbs auf dem Gassektor haben und anders als Wasser Gas kein natürliches Monopol ist.

Für die Kartellbildung auf internationaler Ebene gibt es auch kein Naturgesetz. Das ist auch kein natürliches Monopol, sondern das ist ein wirtschaftlich und politisch gestütztes Kartell, das Wettbewerb verhindert und in der Lage ist, auf den internationalen Märkten zurzeit die Preise zu diktieren. Das Kartellamt verlangt dazu völlig richtig, dass sie als ersten Schritt versuchen müssten, wegzukommen von diesen langfristigen Verträgen mit den Anbietern über 10 bis 25 Jahre. Sie müssen versuchen, kurzfristige Verträge abzuschließen. Das allein wird allerdings nicht ausreichen.

Es geht weiter mit einer Anfrage des Abgeordneten Buchholz von der SPD. – Bitte schön, Herr Buchholz!

Herr Senator! Sollten sich im Rahmen dieses Auskunftsersuchens doch Anhaltspunkte für einen Missbrauch der Monopolstellung durch die GASAG ergeben: Wie schnell und mit welcher Wirkung könnten Sie dann doch ein richtiges kartellrechtliches Verfahren einleiten?

Herr Senator Wolf, bitte!

Wenn sich solche Anhaltspunkte ergeben würden, würden wir unverzüglich Maßnahmen einleiten, und zwar ohne schuldhaftes Verzögern, das ist die Definition von unverzüglich, so dass wir dann die Wirkung eines solchen Verfahrens sehr schnell hätten.

Es geht weiter mit der Anfrage der Frau Abgeordneten Hämmerling von den Grünen zu dem Thema

Schafft Flughafengesellschaft vollendete Tatsachen für die Offenhaltung des Flughafens Tegel?

Bitte schön, Frau Hämmerling, Sie haben das Wort!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich frage den Senat:

1. Weshalb erfolgt die Investition in ein neues Abfertigungsterminal für Billigflieger nicht in Schönefeld, sondern in Tegel, obwohl dieser Standort nach dem Ausbau von Schönefeld geschlossen werden soll?

2. Hält der Senat an der Schließungsabsicht fest, und wie wird verhindert, dass die Erhöhung der Abfertigungskapazität zu einem höheren Flugaufkommen

kapazität zu einem höheren Flugaufkommen in Tegel und damit einhergehenden weiteren Belastungen für die Bevölkerung führt?

Zur Beantwortung – Herr Regierender Bürgermeister Wowereit!

Herr Präsident! Frau Abgeordnete Hämmerling! Zu 1: Auf dem Flughafen Schönefeld wird bereits zurzeit auf Grund der stark gestiegenen Fluggastzahlen ein neues Terminal D errichtet. Es verfügt über eine Fläche von 9 000 m² und eine Kapazität von 2,5 Millionen Passagieren. Dieses Terminal wird vorrangig von der Fluggesellschaft Germanwings genutzt werden. Parallel dazu ist es jedoch erforderlich, auch auf dem Flughafen Tegel Ertüchtigungsmaßnahmen bis zur Eröffnung des Flughafens BBI durchzuführen. Der Flughafen Tegel wird bereits jetzt an der äußersten Kapazitätsgrenze, insbesondere hinsichtlich der Gebäudekapazität des Terminals betrieben. Durch vom Bundesministerium des Innern erlassene neue Sicherheitsanforderungen ist es bereits im ersten Halbjahr 2005 zu einer Reduzierung von 180 auf ca. 120 Passagiere pro Stunde und Gate bei den Sicherheitskontrollen gekommen. Bei USA-Flügen sind die Zahlen durchschnittlich noch geringer. Ab dem 1. Januar 2006 wird sich die Abfertigungszahl für Passagiere und Gepäck durch die Umsetzung einer neuen EU-Verordnung erneut verlängern. Ferner steigen auch auf dem Flughafen Tegel die Passagierzahlen an, allerdings nicht so stark wie in Schönefeld. Vor diesem Hintergrund soll ein gleichartiges Terminal, wie es zurzeit auf dem Flughafen Schönefeld gebaut wird, östlich des Flughafentowers in Berlin-Tegel in Leichtbauweise entstehen. Die geplante Abfertigungshalle wird ebenfalls über eine Fläche von ca. 9 000 m², sechs Gates und 18 Check-in-Schalter verfügen.