Herzliches Gelächter auf der linken Seite! Sie werden ja sehen! – Jedenfalls hoffe ich, dass Frau Merkel und wir diese Politik umsetzen können und dass Ihnen dann wirklich einmal das Lachen vergeht. – Alles Gute!
Danke schön! – Die Redezeiten sind erschöpft, es liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. Damit hat die Aktuelle Stunde ihre Erledigung gefunden.
Im Schatten des Bundes – Initiativen Berlins im Bundesrat zur effektiven Bekämpfung der Schwarzarbeit
Das ist der Tagesordnungspunkt 22. – Für die Beratung steht eine Redezeit bis zu fünf Minuten zur Verfügung. Es beginnen die Antragsteller, das ist die Fraktion der CDU. Frau Grütters hat schon wieder das Wort.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich hoffe, es stört Sie nicht, dass wir getauscht haben. Eigentlich könnte ich jetzt mit den Worten beginnen: „Unvorbereitet, wie ich bin.“ Aber ich mache das nicht so, sondern wir wollen schon zur Schwarzarbeit reden.
Lassen Sie mich zunächst deutlich machen, worum es uns eigentlich geht. – Es geht uns dabei nicht um die Nachbarschaftshilfe oder darum, dass vielleicht der Freund mithilft, die Terrasse im Garten zu fliesen. Nein, bei dieser Schwarzarbeit, die wir meinen, geht es um die Schattenwirtschaft oder auch um die Schwarzwirtschaft, wie sie genannt wird. Wir sind der Auffassung, dass unser Antrag nicht nur dazu dienen müsste, die genannte Schwarzarbeit im engeren Sinn zu bekämpfen, sondern wir möchten weiter gehen. Wir möchten gegen die Schwarzwirtschaft in ihrer unterschiedlichen Ausprägung vorgehen.
Lassen Sie mich das noch einmal verdeutlichen, dann möchte ich von dieser Definitionsfrage wegkommen: Was heißt das eigentlich, Schwarzwirtschaft, Schattenwirtschaft?
Das ist die Schwarzarbeit, die letzten Endes – wie es so schön heißt – zur gesamtwirtschaftlichen Wertschöpfung beiträgt. Das wäre an und für sich ja noch positiv, aber wäre entsprechend den Erfassungsmethoden im Sozialprodukt auch auszuweisen. Auf Grund der Verheimlichung zum Zweck der Steuer- und Abgabehinterziehung kann das jedoch nicht erfasst werden und ist durch illegale Durchführung von legalen Tätigkeiten gekennzeichnet.
Jetzt lasse ich die wirtschaftswissenschaftliche und juristische Definition beiseite und möchte etwas – –
[Doering (Linkspartei.PDS): Lassen Sie das erst einmal wirken! – Brauer (Linkspartei.PDS): Wir brauchen etwas Zeit!]
Na ja, ich dachte, dass geht ein bisschen schneller bei Ihnen! Ich bin eigentlich davon überzeugt! Bei dem ständigen Zwischenrufer dachte ich eigentlich, dass es funktioniert hätte!
Nun lassen Sie mich noch etwas sagen zur Situation der Schwarzarbeit in Deutschland. Es ist tatsächlich so, dass in der deutschen Volkswirtschaft rund 350 bis 370 Milliarden € Schaden durch diese Schattenwirtschaft entsteht. Diese Summe, die sich im Übrigen bei Rot-Grün noch verstärkt hat – ich könnte auch sagen, warum und wieso, aber wegen der Kürze der Zeit lasse ich das weg –, ist beträchtlich. In Berlin wird allein für das Jahr 2005 davon ausgegangen und geschätzt, dass im Bereich des Bruttoinlandproduktes über 22 %, das sind rund 17 Milliarden €, Schaden angerichtet wird. Das heißt, jeder fünfte für Dienstleistungen jeder Art ausgegebene Euro geht am Staat vorbei und schadet damit der Volkswirtschaft. Unabhängig von der Höhe des volkswirtschaftlichen Schadens steht darüber hinaus fest, dass Schwarzarbeit und illegale Beschäftigung gesetzestreue Unternehmer und Arbeitnehmer schädigen und beträchtliche Einnahmeausfälle – und das ist das Problem – bei einerseits den Sozialversicherungen und andererseits dem Staat, der Steuer, verursacht.
Wenn im Übrigen die Arbeit, die schwarz erbracht wird, legal der Wertschöpfungskette hinzugefügt würde – so haben Wissenschaftler errechnet –, würden rund 5 Millionen Vollzeitarbeitsplätze in Deutschland geschaffen werden können, d. h. wir hätten Vollbeschäftigung, wir hätten keine Arbeitslosigkeit. Ich denke, vor diesem Hintergrund wird die Bedeutung der Schwarzarbeit und deren Bekämpfung erst besonders wichtig.
Lassen Sie mich noch etwas zu Ansätzen in der Bekämpfung sagen. – Ich bin der Auffassung, dass festgestellt und ausgesprochen werden muss, dass die Schwarzarbeit kein Kavaliersdelikt ist. Dennoch ist sie in Deutschland leider an der Tagesordnung. Durch illegale Beschäftigung entsteht jährlich ein volkswirtschaftlicher Schaden in Milliardenhöhe – das habe ich dargestellt. Dieser gefährdet auch und vor allem kleine und mittelständische Unternehmen, die auf Grund ihrer Arbeitskosten mit der Schwarzarbeit nicht konkurrieren können, aber auch nicht konkurrieren sollen – und nicht dürfen, wenn man so will. Hier muss angesetzt werden. Gerade in Berlin wissen wir, dass rund 90 % der Arbeitsplätze, die wir hier haben, vom Mittelstand abhängen, dort angesiedelt sind. Da das Phänomen der Schwarzarbeit nicht ausschließlich straf- und ordnungspolitisch bekämpft werden kann, ist ein präventives Vorgehen unabdingbar.
Ich hätte Ihnen gern noch das Beispiel von dem Fliesenleger genannt. Wenn Sie eine solche Arbeit korrekt in
Auftrag geben, zahlen Sie 45 € für den Quadratmeter, wenn Sie auf die Rechnung verzichten, zahlen Sie 20 €, wenn Sie osteuropäische Scheinselbständige nutzen, zahlen Sie 8 €. Da kann man sich lebhaft vorstellen, wo man ansetzen muss.
Die Zeit reicht allerdings nicht, um das weiter auszuführen. Deshalb möchte ich zum Abschluss verdeutlichen, dass wir bei diesem Antrag die Bundesregierung – es ist ja eine Initiative des Bundesrates –, übrigens Bundesregierung gleich welcher Couleur, flankieren wollen. Wir hoffen, dass dadurch eine Verbesserung der Zusammenarbeit von Bundes- und Landesbehörden sichergestellt werden kann und die Ahndung von illegalen Arbeitgebern – auch das muss gesehen werden – eine Verschärfung erfährt. Am effektivsten bekämpft man die Schwarzarbeit natürlich dadurch, dass man sie nicht erst entstehen lässt. Das erreicht man mit einem einfachen und gerechten Steuersystem, durch das mehr legale Arbeitsplätze entstehen. Für beides steht die CDU. – Schönen Dank!
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! „Im Schatten des Bundes – Initiativen Berlins im Bundesrat zur effektiven Bekämpfung der Schwarzarbeit“ – das ist ein spaßiger Titel für einen Antrag, bei dem es um Schattenwirtschaft geht. Aber das ist bereits alles, was daran bemerkenswert ist. Binsenweisheiten über den volkswirtschaftlichen Schaden der Schwarzarbeit, wie wir das gerade gehört haben, in der Antragsbegründung vermengt mit sinnlosen Schuldzuweisungen an die Adresse der rot-grünen Bundesregierung anhand von spekulativen Zahlen sollen den Hintergrund für einen Antrag liefern, der als typischer Schaufensterantrag einzustufen ist.
Aber betrachten wir die einzelnen Punkte des Antrags genauer. Es fällt sofort auf, dass sich von den sieben hier aufgeführten Punkten – ganz im Kontrast zur Begründung – nur einer mit wirtschaftlichen Aspekten befasst, während die sechs übrigen Punkte das Thema Schwarzarbeitsverfolgung und -sanktionierung zum Gegenstand haben. Dahinter steht die polizeistaatliche Wahnvorstellung, der die CDU stets allzu gern erliegt: Man müsse nur überall einen Polizisten oder Zollbeamten hinstellen, das Strafrecht entsprechend verschärfen, und alles wird gut. Dem ist jedoch keineswegs so, sondern wir müssen uns schon mit einer ökonomischen Betrachtung des Problems beschäftigen.
Schwarzarbeit – das bestätigen alle Untersuchungen – besteht nur zum geringeren Teil aus den gelegentlich spektakulär in die Öffentlichkeit gelangten Fällen, dass ganze Bautrupps aus Osteuropa oder anderswoher, womöglich ohne Arbeitserlaubnis, ohne Aufenthaltsgenehmigung, hier ihrer unerlaubten Arbeit für 2 € die Stunde
nachgehen. Diese Fälle gibt es auch. Aber das eigentliche Ausmaß der Schwarzarbeit resultiert aus der stillschweigenden Akzeptanz von Schwarzarbeit innerhalb unserer Gesellschaft. Ich möchte Ihnen ein Beispiel dazu nennen – Herr Atzler hat es eben bereits angedeutet. Wenn der rechtschaffene deutsche Handwerker einen unbescholtenen Kunden fragt, ob dieser eine Rechnung benötige und beide zu Lasten der Allgemeinheit übereinkommen, das sei doch nicht nötig, ist dieses solch ein Fall. So etwas geschieht hierzulande vermutlich tausendfach täglich. Keine polizeiliche Maßnahme könnte es verhindern, solange wir zumindest unsere freiheitliche Gesellschaft behalten und nicht zum totalen Überwachungs- und Denunziantenstaat werden wollen!
Die Frage lautet daher, wie man die Grundlagen dieser gesellschaftlich stillschweigend akzeptierten Schwarzarbeit beseitigt. Die CDU schreibt in dem Punkt, der sich mit den wirtschaftlichen Gründen beschäftigt, vage, die zu hohe Steuer- und Abgabenlast müsse deutlich abgebaut werden. Na, wunderbar! Welche Steuer ist es denn, die bei dem eben genannten Beispiel Handwerker und Auftraggeber einvernehmlich prellen? – Es ist die Mehrwertsteuer! Und wer will diese Steuer um zwei Prozentpunkte erhöhen? – Es sind die CDU und ihre Kanzlerkandidatin. Sie wollen dies erklärtermaßen im Fall eines Wahlsiegs tun.
Diese Maßnahme kann wohl nicht mit der deutlichen Steuersenkung der Abgabenlast gemeint sein, von der die CDU in ihrem Antrag spricht, um die Hauptursache der Schwarzarbeit zu beseitigen, wie es dort vollmundig heißt.
Ich möchte Ihnen ein anderes Beispiel nennen: Schwarzarbeit im Rahmen ganz normaler Arbeitsverhältnisse entsteht auch dann, wenn ein normalerweise ehrbarer Arbeitgeber und sein ebenso ehrbarer Arbeitnehmer beschließen, dass über die offizielle Arbeitszeit hinaus Überstunden geleistet werden, von denen niemand etwas zu wissen braucht. Unter dem Aspekt der Schwarzarbeitsbekämpfung könnte daher sogar argumentiert werden, dass Überstunden steuerfrei zu stellen sind. Dies wird man aus gutem Grund nicht tun, weil dann vermutlich noch weniger neu eingestellt würde. Nur, ist es vor diesem Hintergrund sinnvoll, vermeintliche Steuerprivilegien der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer bei Nachtarbeit und Wochenendarbeit zu streichen, wie es das Konzept von Herrn Kirchhof vorsieht? – Wohl kaum. Es würden noch mehr Anreize geschaffen, geleistete Arbeit zu verschleiern, also wiederum das Ausmaß der Schwarzarbeit vergrößern.
Tatsächlich scheint es so zu sein, wie meine Kollegin Frau Fugmann-Heesing eingangs formuliert hat, dass die Berliner CDU unter einer ziemlichen Orientierungslosigkeit leidet und selbst gar nicht weiß, was ihre eigene Bundespartei beabsichtigt. Wahrscheinlich glaubt die Berliner CDU gar nicht daran, dass ihre Partei demnächst bundes
politische Verantwortung tragen könnte. Wie anders wäre dieser Antrag an den rot-roten Senat sonst anders erklärlich, er möge sich für die Umsetzung der CDU-Forderungen im Bundesrat einsetzen?
In der Tat hoffen auch wir von der SPD, dass uns die Umsetzung der finanz- und wirtschaftspolitischen Ziele von Frau Merkel und Herrn Kirchhof erspart bleibt.
Die rot-grüne Bundesregierung hat ganz im Gegensatz zu der Behauptung im Antrag der CDU durchaus zur Verringerung von Schwarzarbeit beigetragen, indem sie geringfügige Beschäftigung auf legaler Basis bei äußerst geringer Abgabenlast ermöglicht hat. Herr Atzler behauptet zwar das Gegenteil, bleibt aber den Beweis schuldig. Alle seriösen Schätzungen gehen davon aus, dass die Schwarzarbeit daher in der letzten Legislaturperiode nicht zugenommen, sondern abgenommen hat.
Dies ist gewiss kein Grund, sich zufrieden zurückzulegen. Die Verfolgung von Schwarzarbeit im Rahmen der geltenden Gesetze muss natürlich konsequent umgesetzt werden. Inwiefern aber ein eigener Straftatbestand im Strafgesetzbuch eine entscheidende Verbesserung wäre, wie der CDU-Antrag in seinem letzten Spiegelstrich fordert, bleibt schleierhaft. Es bedarf eines verstärkten gesellschaftlichen Diskurses über die Ursachen und Auswirkungen von Schwarzarbeit, über solidarische Finanzierung des Staates und der Sozialsysteme in der gesamten Gesellschaft und hier im Parlament. Dem werden wir uns stellen. – Danke!