Protocol of the Session on September 15, 2005

[Beifall bei den Grünen und der SPD]

Vielen Dank, Herr Kollege Ratzmann! – Eine Kurzintervention von Herrn Dr. Lindner. – Bitte sehr!

Lieber Herr Ratzmann! Das war eine glatte Themaverfehlung, denn es war nicht ich, der zunächst von Radikalisierung und Fortsetzung von Hartz IV gesprochen hat.

[Brauer (Linkspartei.PDS): Aha!]

Was will er denn damit? – Er hat sich über die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ national darüber verbreitet. Er soll doch erklären,

[Zurufe von der Linkspartei.PDS]

was er sich unter Radikalisierung und Fortsetzung von Hartz IV und den Hartz-Gesetzen allgemein vorstellt. Er soll doch erklären, welche Initiativen er ergreift, um das Steuerrecht zu vereinfachen. Die FDP auf Bundes- und Landesebene hat das hinreichend getan.

Herr Kollege Ratzmann! Wir sind die einzige Partei im Deutschen Bundestag, die einen kompletten Gesetzentwurf zur Reform der Einkommen- und Körperschaftsteuer vorgelegt hat. Die einzige Fraktion! Alle anderen reden über Bierdeckel und über alles mögliche. Wir haben einen Gesetzentwurf. Sie sagten gerade, da sei nichts Konkretes – selbstverständlich gibt es da etwas Konkretes. Wir haben in allen Punkten vorgetragen, was wir unter einer Fortsetzung der Hartz-Gesetze verstehen. Punkt für Punkt. Ein kleiner Abriss steht übrigens in der Begründung, wenn Sie sich der Mühe unterziehen wollen,

sie zu lesen. Wir sind doch konkret geworden. Nur derjenige, der sich hinstellt, um so ein bisschen Applaus von ein paar Wirtschaftsvertretern zu ernten, wie der Herr Wowereit, der soll Ihnen doch mal erklären, was er darunter versteht.

Wenn Sie immer wieder gebetsmühlenartig vorführen und ausführen, dass wir einzelnen Gesetzesvorschlägen Ihrer Partei nicht zugestimmt haben, wie z. B. der Abschaffung der Eigenheimzulage und anderem, das ist doch eine Selbstverständlichkeit, dass wir das, was wir zur Finanzierung unserer Gesamtreform benötigen, nicht einfach irgendwo „verballern“, damit wir Ihnen helfen, Ihre Haushaltslöcher zu stopfen. Das ist doch eine völlig abwegige Vorstellung! Wir werden am Sonntag gewinnen! Erstens.

[Gelächter und Zurufe von der SPD und der Linkspartei.PDS]

Zweitens werden wir dann eine solide Regierung bilden, die drittens dann eine Einkommensteuerreform durchführen wird. In diesem Zug können Sie sich hundertprozentig darauf verlassen, dass Häuslezulage und Pendlerpauschale wegfliegen werden. Aber dann eben – und das unterscheidet unsere Parteien fundamental –

[Doering (Linkspartei.PDS): Ihr wollt eine Ampel machen!]

im Zuge eines Gesamtkonzeptes, eines Gesamtwurfes und nicht dieses stümperhafte Stückwerk, das Sie sieben Jahren vorgeführt haben.

Herr Ratzmann! Am Montag wird es so sein, dass Sie als höchstes Mitglied in der deutschen Exekutive Frau Dubrau aufzuweisen haben. So wird es sein!

[Beifall des Abg. Ritzmann (FDP) – Heiterkeit bei der PDS]

Und das ist auch richtig so, weil Sie versagt haben. Sie haben dann keinen Landesminister, keinen Bundesminister, keinen Kommissar mehr. Sie sind marginalisiert auf die Größe, die Ihnen zusteht. – Herzlichen Dank!

[Beifall bei der FDP]

Danke schön! – Herr Ratzmann! Möchten Sie erwidern? – Nein! – Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Die FDP bittet um die sofortige Abstimmung. Wer dem Antrag Drucksache 15/4230 zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Danke schön! Das ist die FDP. Die Gegenprobe! – Das sind Koalition und Bündnis 90/Die Grünen. Damit ist der Antrag abgelehnt.

Ich rufe als Priorität der Fraktion der SPD unter

lfd. Nr. 4 e:

I. Lesung

Keine Doppelarbeit zwischen Senat und Bezirken bei den Bebauungsplänen – Änderung des Gesetzes zur Ausführung des Baugesetzbuches

Antrag der Grünen Drs 15/4240

in Verbindung mit

Dringliche Beschlussempfehlung

Neue Bauordnung Berlin (BauO Bln)

Beschlussempfehlung BauWohnV Drs 15/4251 Antrag der CDU Drs 15/2909

in Verbindung mit

Dringliche II. Lesung

Gesetz zur Vereinfachung des Berliner Baurechts (Bauvereinfachungsgesetz – BauVG Bln)

Beschlussempfehlungen BauWohnV und Haupt Drs 15/4256 Vorlage – zur Beschlussfassung – Drs 15/3926

Das ist der Tagesordnungspunkt 7. – Der Dringlichkeit zu den beiden letzten Beschlussempfehlungen wird nicht widersprochen.

Ich eröffne die I. Lesung zu Drucksache 15/4240.

Ich eröffne die II. Lesung und schlage vor, die Einzelberatungen der 80 Paragraphen bzw. 6 Artikel zu verbinden. – Dazu höre ich keinen Widerspruch.

Ich rufe also auf die Überschriften und die Einleitungen sowie die §§ 1 bis 80, Drucksache 15/2909, bzw. die Artikel I bis VI, Drucksache 15/3936, hier unter Berücksichtigung der Beschlussempfehlungen Drucksache 15/4256. – Für die Beratung steht eine Redezeit von fünf Minuten zur Verfügung. Es beginnt die Fraktion der SPD. Der Abgeordnete Schimmler hat das Wort. – Bitte sehr!

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Es ist ja ein bisschen langweilig geworden, weil die Stimme von Herrn Niedergesäß nicht mehr im Hintergrund zu hören ist.

Wir haben drei verschiedene Anträge, alle dienen eigentlich dem Ziel, das Baurecht zu reformieren. Sie werden sich nicht wundern, dass die Koalition dem Antrag der Fraktion der CDU für eine neue Bauordnung – hierüber haben wir schon bei der Einbringung des Gesetzes und in den Ausschussberatungen sehr deutlich geredet – nicht wird zustimmen können, da sich dieser Entwurf an die Regelungen in Brandenburg und an die alten Regelungen hält und nicht an die neue Musterbauordnung, die sicherstellen soll, dass Architekten, Bauingenieure und Bauherren in ganz Deutschland halbwegs einheitliche Bedingungen vorfinden, wenn sie jenseits ihrer Landesgrenzen etwas bauen wollen. Deshalb kann diesem Gesetz nicht zugestimmt werden, wie schon damals sehr deutlich formuliert wurde.

Der Entwurf des Senats im Rahmen des Bauvereinfachungsgesetzes ist dagegen ein dringender Schritt zur Vereinfachung und Beschleunigung des Baugeschehens.

Mehr Bauten sind genehmigungsfrei möglich oder im vereinfachten Verfahren durchzuführen, langwierige Prüfungen entfallen. Was in anderen Ländern Europas und in Nordamerika möglich ist – natürlich mit der Folge der höheren Verantwortung für die Architekten –, dem nähern wir uns in Deutschland langsam an. Ebenso wurden komplizierte Verfahren vereinfacht, so z. B. das Abstandsflächenrecht; die Regelungen für barrierefrei zu errichtende Bauten sind ausgeweitet worden. Die zahlreichen Beispiele wurden in den Sitzungen des Ausschusses für Bauen, Wohnen und Verkehr einschließlich der Anhörungen und einer zusätzlichen Arbeitssitzung ausführlich besprochen. Deshalb muss dies hier nicht wiederholt werden. Ich empfehle denjenigen, die es an diesem späten Abend noch interessiert, ausdrücklich, sich diese Protokolle noch einmal anzusehen.

Berlin hat mit der Bauordnung nunmehr Anschluss an die zahlreichen Bundesländer, die bereits nach der Musterbauordnung arbeiten. Ich danke der Senatsverwaltung für die äußerst umfangreiche Beratung bereits im Vorfeld dieses Gesetzes mit zahlreichen Sitzungen und mit den Vertretern der verschiedenen Berufsverbände. Es hat selten eine so umfassende Einbeziehung aller Beteiligten gegeben. Das Ergebnis kann sich daher auch sehen lassen. Daher gilt auch mein ausdrücklicher Dank hinsichtlich guter Zusammenarbeit an die Frau Senatorin.

Abschließend möchte ich zum Antrag der Grünen kommen. Sie wollen eine Rechtsprüfung abschaffen. Dies halte ich wegen der Rechtseinheit im Land Berlin für wenig sinnvoll. Sie haben aber in ihrer Begründung einen durchaus respektablen Grund angegeben. Wenn Rechtsprüfungen dazu führen, dass man auf diesem Weg andere Ziele – weil der Bezirk vielleicht nicht so will wie der Senat – etwa durchsetzen will, ist das nicht das Ziel der Rechtsprüfung. Darin stimmen wir überein. Deshalb sollten wir uns im Ausschuss für Bauen, Wohnen und Verkehr alle Fälle ansehen, in denen diese Rechtsprüfung zu Kontroversen geführt hat. Ich wünsche mir, dass wir dieses große Reformvorhaben im Verwaltungsrecht mit der entsprechenden Mehrheit abstimmen. Leider sind die Kollegen der CDU nicht dabei. Ich hoffe, dass wir anschließend daran gehen können, das Baunebenrecht entsprechend auch noch zu reformieren. – Ich danke sehr!

[Beifall bei der SPD – Vereinzelter Beifall bei der Linkspartei.PDS]

Danke schön! – Für die Fraktion der Linkspartei.PDS hat nun der Abgeordnete Dr. Nelken das Wort.

[Zuruf]

Nein! Die CDU wäre an der Reihe. Sie sind jetzt nicht da. Ich kann niemanden aufrufen, der nicht anwesend ist. Deswegen sind Sie jetzt an der Reihe. – Bitte sehr!

Wenn die Reihenfolge so ist, kann ich es nicht ändern. – Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Schimmler hat es eben schon

gesagt. Das Bauvereinfachungsgesetz ist umfangreich beraten worden. Es gab eine lange Vorgeschichte. Wenn man einmal den Wahlkampfschaum beiseite räumt, kann man sich auch mit dem Ergebnis auseinander setzen und feststellen, dass sich das Ergebnis sehen lassen kann. Es ist schon darauf hingewiesen worden, dass es sich im Wesentlichen um eine Annäherung an die Musterbauordnung handelt. Annäherung heißt, dass man es natürlich auch anders hätte tun können. Darauf wird vielleicht Frau Oesterheld eingehen. Man hat sich jedoch weit an die Musterbauordnung angenähert. Regionalspezifische Abweichungen, die es in den verschiedenen Ländern gibt, werden die Bauherren und Architekten sicher bewältigen können, wenn der Grundaufbau und die Grundsubstanz der Bauordnung in den Ländern doch sehr ähnlich ist. Insofern kann man sagen, dass sich das Ergebnis sehen lassen kann.

Ich würde es mit der Würdigung jedoch auch nicht übertreiben. Es gab immer Leute, die sagten, man hätte mehr machen sollen. Es gab Leute, die sagten, man hätte weniger machen sollen. Mehr und weniger bezieht sich auf die Frage, was man hätte vereinfachen oder deregulieren sollen. Bemerkenswert ist bei diesen Diskussionen, bei diesen Übertreibungen in beide Richtungen, dass man immer die Propagandisten der Deregulierung in beiden Richtungen findet. Das ist durchaus bemerkenswert. Mitunter verstehen sie sich als Entbürokratisierer. Hier sollte man vielleicht das Augenmaß wahren. Nicht jede Regel oder Vorschrift, die abgeschafft wird, ist tatsächlich ein Schritt zur Entbürokratisierung. Der Staat sollte sich um Interessenausgleich, die Sicherung von Interessen des Gemeinwesens oder Schutz von Grundrechten und Grundgütern kümmern, sich nicht heraushalten und es einzelnen Akteuren der Gesellschaft überlassen.

Wo Entbürokratisierung drauf steht, sollte auch Entbürokratisierung enthalten sein. Der Verwaltungsaufwand sollte nicht in andere Bereiche der Verwaltung oder gar in die Judikative verlagert werden. Insofern würde ich gern noch einige Worte zu den Kollegen von der CDU sagen, die leider nicht mehr anwesend ist. Es trifft aber vielleicht auch einige andere, die letztlich doch etwas Sorge vor dem, was in der neuen Bauordnung vereinfacht werden sollte bekamen und sagten, es sei doch nicht so mit der Vereinfachung gemeint, sie hätten doch lieber die Wahlfreiheit. Wahlfreiheit hört sich natürlich gut an, die Wahlfreiheit, ob man eine Baugenehmigung haben möchte oder nicht. Wir haben es auch ausführlich diskutiert. Eine Wahlfreiheit ist einfach unsinnig. Entweder ist eine Genehmigung erforderlich oder nicht. Dass es sich der Bauherr aussuchen kann, scheint ein Unding zu sein, auch deshalb, weil der Rechtsstatus einer Anfrage sehr zweifelhaft wäre.

Es lohnt sich jetzt nicht, auf diese weiteren Wünsche einzugehen, die noch vorgetragen worden sind. Es war nur sehr interessant, dass gerade diejenigen, die sich sonst immer wieder für Entbürokratisierung einsetzen, nicht nur in dieser Frage zurückruderten, sondern auch noch mein