Protocol of the Session on June 2, 2005

Antrag der SPD und der PDS

Es ist in der Bundesrepublik Deutschland üblich, dass in den Gemeinden auch die Bürger über die Angelegenheiten – neben der repräsentativen Stadtvertretung – durch Bürgerbegehren und -entscheide mit entscheiden können. Dies ist in Berlin nur in einem sehr beschränkten Maß möglich und kaum angewandt worden. Bundesweit liegt Berlin an letzter Stelle – wenn man sich einmal ansieht, welche Möglichkeiten andere Gemeinden haben, um die Bürger zu aktivieren. Es wird immer wieder das Argument gebracht, dass das ein Problem für die repräsentative Demokratie sei. Aber das Bundesverfassungsgericht hat – ich glaube, im 83. Band der Entscheidungen nachzulesen – deutlich entschieden, dass das Grundgesetz weder Konformität noch Uniformität herbeiführen will, sondern lediglich ein gewisses Maß an Homogenität vorgeben will. Insgesamt sind sich die Verfassungsrechtler einig, dass die mittelbare Demokratie durch unmittelbare demokratische Elemente zwar ergänzt, nicht jedoch ersetzt werden sollte, aber das will auch dieser Gesetzentwurf der PDS, der SPD, der Grünen und der FDP nicht.

Schimmler

Wir sind in diesem Land gebrannte Kinder. Weimar hat dazu geführt, dass auch durch Volksentscheide extremistische Gruppierungen gestärkt wurden. Nationalsozialisten haben mit Hilfe von Volksbefragungen, die ein bereits vorher festgelegtes, gewünschtes Ergebnis hatten, das noch einmal pervertiert. Wenn man sich das alles jedoch einmal genau ansieht, sieht man: So dumm waren die Bürger in der Weimarer Republik nicht. Es gab acht Volksbegehren, von denen drei durchgeführt wurden und

zwei zu einem Volksentscheid führten. Beide erreichten nicht das erforderliche Quorum. Selbst in der Weimarer Republik waren die Bürger manches Mal schlauer, als viele von uns es ihnen stets unterstellten oder wie es die Väter des Grundgesetzes sahen.

Deshalb ist zwar die Zurückhaltung der Väter des Grundgesetzes verständlich, aber auch sie haben bereits durch Artikel 28 Abs. 1 Nrn. 2 und 3 des Grundgesetzes deutlich gemacht, dass direktdemokratische Elemente in Gemeinden möglich sind. Ja, es gab vielfach Bürgerversammlungen in Kleinstgemeinden, die ganz normal in Schleswig-Holstein und anderen Ländern üblich waren. Sie sind abgeschafft worden, weil es die Kleinstgemeinden auf Grund von kommunalen Gebietsreformen nicht mehr gibt. Sie wurden aufgehoben. Aber gleichzeitig sind in diesen Ländern quasi als Äquivalent Bürgerentscheide und Bürgerbegehren eingeführt worden.

(D

Wer glaubt, dass die Bürger hier nicht zu aktivieren sind, der sollte sich einmal ansehen, wie die durchschnittlichen Abstimmungsbeteiligungen sind. Sie liegen in kleinen Gemeinden über 60 %, in größeren darunter. Größere Gemeinden können eben schlechter mobilisieren. Aber selbst im Bundesdurchschnitt erreichen sie bei den bisher durchgeführten Bürgerentscheiden im Durchschnitt 30 %. Das wären in meinem Bezirk Mitte 70 000 bis 80 000 Wählerinnen und Wähler. Das haben nicht einmal die Gruppierungen zusammen bekommen, die versucht haben, das Parlament aufzulösen. Wer sich die Hamburger Ergebnisse vom Inhalt her ansieht, der wird feststellen, dass in dieser Stadt die Mehrheit der Bürgerentscheide durch andere Regeln, nämlich durch die Stadtvertreter, aufgenommen und entschieden wurden und dass die Bürgerentscheide, vor denen wir stets Angst haben, gegen Drogen, Druckräume und ähnliche Dinge, alle nicht durchgekommen sind.

Gerade weil wir das Schlusslicht sind, wollen wir mit diesem Gesetzentwurf einiges erreichen, und das ist in Berlin – wenn man in die Geschichte hineinschaut – gar nichts Neues. Die alte Berliner Verfassung von 1948/1950 sah sogar die Möglichkeit der Volksgesetzgebung und einer vorzeitigen Parlamentsauflösung durch Volksbegehren und Volksentscheide vor, was ohne Themenbeschränkungen ermöglicht wurde, und auch eine Verfassungsänderung war durch einen Volksentscheid möglich. Darum geht es diesmal noch gar nicht! Diese Themen haben sich alle anderen Parteien noch einmal vorgenommen, dabei sind wir noch gar nicht. Wir üben jetzt nur noch einmal im Bereich der Bezirke mit diesem Gesetzentwurf, und an dieser Stelle gibt es schon die ersten Probleme und Ängste.

Ich glaube, dass wir durchaus auf dem richtigen Weg sind. Der Kollege Henkel hat vorhin, als wir von TVBerlin befragt wurden, gesagt: Na ja, da würde die Repräsentation ausgehöhlt. Die Bezirksverordneten machen doch eine gute Arbeit, und deshalb müssen wir deren Rechte nicht noch einmal durch die Bürger einschränken. – Das wollen wir gar nicht. Im Gegenteil! Dieser Gesetzentwurf sieht vor, dass die Rechte der Bezirksverordnetenversammlung und auch Rechte der einzelnen Bezirksverordneten gestärkt werden. In den verschiedenen Anhörungen in den Parteien und in den Ausschüssen hat einmal ein Stadtrat gesagt: „Dann kriegen wir ja den investigativen Bezirksverordneten.“ – Da kann ich nur sagen: Ich würde mich freuen, wenn wir ihn denn hätten, und wenn viel mehr Engagement der einzelnen Bezirksverordneten da wäre.

Zur Geschichte der Repräsentation muss vielleicht auch einmal angemerkt werden, dass, als die amerikanischen Gründerväter mit ihren Federalist-Papers angefangen haben, ihren Staat zu strukturieren, daran dachten, dass eine Regierung – damals immerhin die Regierung eines neuen Kontinents vielleicht – vielleicht sechs Monate im Amt bleiben und dann ausgewechselt werden sollte, damit die Bürger viel mehr Entscheidungsmöglichkeiten haben. Heute wissen wir, wie lang Legislaturperioden sind. Aber wir wissen auch, dass dies häufig dazu führt, dass die Menschen nur noch einmal alle vier oder fünf Jahre, je nachdem, wie es von der Verfassung vorgesehen ist, wählen gehen und dazwischen kaum gefragt werden. Deshalb ist es gut, dass wir uns daran erinnern, dass es die Bürger sind, von denen die Staatsgewalt ausgehen soll. Die geht nämlich gemäß unserer Verfassung vom Volk aus.

Vielfach sind übrigens die Probleme des Parteienstaates die gewesen, bei denen die Bürger oder auch die Presse daran dachten, dass man jetzt vielleicht etwas durch mehr demokratische Elemente tun müsse. Wir sollten es nicht darauf ankommen lassen, dass wieder Krisen dazu führen, so wie damals bei den Parteispendenaffären, als selbst ein konservativer Journalist wie Robert Leicht von der „Zeit“ schrieb: „Gegen den Parteienstaat helfen nur noch Volksentscheide.“ Insoweit sollte man hier vorwärts gehen. Wir haben dabei einen richtigen Weg beschritten.

[Vereinzelter Beifall bei der SPD]

Der CDU – ich weiß ja nicht, wer von Ihnen redet, ich sehe Herrn Wambach nicht, also scheint das Thema von dem eher liberalen Befürworter in die Ebene des Generalsekretärs abgewandert zu sein, also wird Herr Henkel reden – kann ich sagen: In Ihrem Grundsatzprogramm steht, dass Sie „Elemente der unmittelbaren Demokratie nicht ausschließen“. Weiter heißt es:

Sie können das repräsentative System vor allem auf den regionalen Ebenen sinnvoll ergänzen. Wer mehr Bürgerbeteiligung ermöglichen will, muss

Schimmler

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Dass die Koalition heute eine Aktuelle Stunde zum Thema „Mehr Demokratie in den Bezirken – Bürgerbeteiligung stärken“ beantragt, ist bei den strittigen Punkten, die es in der Sache zwischen der SPD und der

PDS noch gibt, ein ziemlich gewagtes Unterfangen. Andererseits ist es verständlich, dass sie über die wahren Probleme in der Stadt nicht sprechen wollen.

Zur Sache selbst: Richtig ist, dass das Thema unter dem Motto „Mehr Demokratie in den Bezirken“ intensivst beraten und kontrovers diskutiert wurde. Jetzt liegen Anträge vor, von denen zumindest zwei von allen Fraktionen unterstützt werden. Die CDU – das ist vom Kollegen Schimmler angemerkt worden – lehnt diese Anträge ab. Dabei ist uns bewusst, dass eine Ablehnung von Anträgen, die unter dieser Überschrift laufen, also „Mehr Demokratie in den Bezirken“, eine heikle Sache sein kann und immer Interpretationsspielräume für bewusste Missverständnisse bietet. Deshalb, Kollege Schimmler und alle anderen Kolleginnen und Kollegen, klipp und klar: Auch für uns sind die Strukturen der demokratischen Mitwirkungsmöglichkeiten das Rückgrat einer lebendigen Bürgergesellschaft.

Aus diesem Grund haben wir auch einen eigenen Antrag zu diesem Thema eingebracht. Wir verfolgen sehr wohl das Ziel einer stärkeren Einbindung der Bürger. Für uns heißt das aber nicht, auf bewährte Strukturen unserer repräsentativen Demokratie zu verzichten. Für uns geht es nicht um die Delegation von Entscheidungsbefugnissen, sondern um eine stärkere Einbindung der Bürger in die einer Entscheidung vorgeschalteten Prozesse. Das heißt, wir wollen keine Volksentscheide, aber beratende Gremien vor Ort, wie etwa die von uns vorgeschlagenen Ortsteilbeiräte.

verstärkt dort ansetzen, wo die Menschen den stärksten Bezug zu ihrem Umfeld erfahren. Dort werden die meisten Entscheidungen getroffen, die den Bürger konkret in seinem Lebensbereich betreffen.

Da hat die CDU Recht, deshalb sollte sie unseren Anträgen zustimmen. Selbst Herr Rüttgers – ob er jetzt noch für das ist, was er damals gesagt hat, weiß ich nicht – hat gesagt, man sollte aus den guten Erfahrungen auf der kommunalen Ebene in NRW lernen und dies auf Landes- und Bundesebene einführen. Ich weiß nicht, ob er heute noch so viel Freude bei anderen Mitgliedern des Vorstands der CDU erreicht. Aber halten wir uns doch einfach an die CSU. In Bayern heißt es bei ihr, man habe mit Bürgerentscheiden positive Erfahrungen gemacht, in Zeiten der Politikverdrossenheit hätten sie die Bürger enger an ihre Gemeinden gebunden. Genau das wollen wir an dieser Stelle.

Wir haben zahlreiche Vorschläge gemacht, die Ihnen alle vorliegen. Wir wollen nicht nur die Verfassung entsprechend ändern, wir wollen die Rechte der Bezirksverordneten erweitern, die Kompetenzen der einzelnen Bezirksverordneten. Wir wollen die Unterrichtungspflicht des Bezirksamtes konkreter festlegen, denn es ist auch schon vorgekommen, dass Stadträte schlicht und einfach den Bezirksverordnetenversammlungen nie geantwortet haben. Wir wollen den Bürgern, den Einwohnern insgesamt, ermöglichen, sich verstärkt einzubringen, selbst wenn sie nicht Wahlbürger sind. Wir wollen jetzt eine Einwohnerfragestunde rechtlich regeln, wie sie bereits in vielen Bezirksverordnetenversammlungen existiert.

Schließlich wollen wir das Bürgerbegehren und den Bürgerentscheid auf eine neue Grundlage stellen. Die dort geregelten Quoren – das wird die CDU ja wahrscheinlich gleich bemängeln – sind nicht zu niedrig, sondern sie liegen in einem Bereich, der erst einmal erreicht werden muss. 15 % der Wahlbevölkerung des Bezirkes dazu zu bekommen, sich überhaupt zu beteiligen, damit eine Mehrheit entstehen kann, das ist schon etwas, was wirklich bedeutsam ist. Das können wir nur erreichen, wenn wir gemeinsam versuchen, dieses nicht nur durchzusetzen, sondern anschließend mit Leben zu erfüllen. Das heißt aber auch, dass auf der kommunalen Ebene neue Formen der Interaktion zwischen Bürgern und der Politik stattfinden müssen. Daran werden sich alle gewöhnen müssen, auch wir. Aber wir haben das noch vor uns, denn wir wollen ja für die Landesebene Entsprechendes regeln.

[Beifall bei der SPD und der PDS]

Danke schön! – Für die Fraktion der CDU hat das Wort Herr Abgeordneter Henkel. – Bitte sehr!

[Beifall bei der CDU]

Mit dem jedoch, was die politische Linke unter der Handreichung der FDP hier will, wird deutlich, dass eine vielfache Durchbrechung des Modells der repräsentativen Demokratie angestrebt werden soll. Genau vor diesem Hintergrund sind die vorliegenden Pläne über mehr Demokratie für Berlin zu betrachten und zu bewerten.

[Brauer (PDS): Genau!]

In dem Antrag, der sich mit der Verfassungsänderung befasst, wird unter Punkt A deutlich, dass an die Stelle von Beschlüssen der Bezirksverordnetenversammlung Bürgerentscheide treten sollen. Wir halten dies für verfassungsrechtlich problematisch. Offensichtlich hat auch der Senat Bauchschmerzen damit. Ich bin sehr gespannt, welches Placebo er uns nachher hier im Plenum verordnen wird.

Der Teil Ihres Antrags, Herr Schimmler, der eine Stärkung der Einflussmöglichkeiten der BVV vorsieht, wird von uns positiv bewertet. Die Art der Mitwirkung der Einwohnerschaft jedoch und das, was dabei neu eingeführt werden soll, sehen wir eher kritisch. Das fängt bei der Unterrichtung der Einwohnerschaft durch das Bezirksamt und die BVV an – hier sagt selbst der Senat, dass das in der Praxis kaum durchführbar sei – und geht dann über die Einwohnerversammlung bis hin zur so genannten Einwohnerfragestunde und zum Einwohnerantrag. Bei letzterem soll dieser schon gültig sein, wenn er von 1 %

Henkel

Danke schön! – Für die PDS-Fraktion hat der Abgeordnete Dr. Zotl das Wort. – Bitte sehr!

Uns geht es nicht vordergründig darum, den Menschen etwas mehr Einfluss zu gewähren, was Sie uns gerade vorgehalten haben. Nein! Wir wollen gewährleisten, dass sich die Bürgerinnen und Bürger vom bisherigen Obrigkeitsstaat und seiner Ordnungsverwaltung emanzipieren können und dass sich zugleich das Verhältnis von Staat und Gesellschaft vor allem bei der Entscheidungsfindung grundlegend wandelt.

der Einwohner unterstützt wird. Wir halten diesen enormen Aufwand, der damit verbunden ist, für stark kritikwürdig.

Die Paragraphen, die sich mit Bürgerbegehren und Bürgerbescheid befassen, regeln den Bürgerentscheid neu und beschreiben, dass mit einem Bürgerbegehren erreicht werden kann, dass Beschlüsse, die in der Zuständigkeit der Bezirksverordnetenversammlung liegen, direkt von der Einwohnerschaft getroffen werden. Problematisch sind für uns in der Tat – Sie haben das vorausgeahnt – die Quoren, denn ein Bürgerbegehren ist dann zu Stande gekommen, das heißt, es kommt dann zu einem Bürgerentscheid, wenn es innerhalb von sechs Monaten von 3 % der Wahlberechtigten unterstützt wird. Angenommen ist dieser Bürgerentscheid, wenn sich mindestens 15 % der Wahlberechtigten an der Abstimmung beteiligt haben und die Mehrheit mit Ja entscheidet. Im Ergebnis können so Entscheidungen von nur 7,5 % der Wahlberechtigten erzwungen werden, wenn die Beteiligung an Entscheidungen entsprechend niedrig ausfällt. Die Stellungnahme des Senats und die formale Kritik werden von uns im Kern geteilt ebenso wie die Anmerkung des Senats zu den Quoren im Ergebnis des Bürgerentscheids. Aus unserer Sicht ist das Zustimmungsquorum zwingend anzuheben. Unser Vorschlag liegt bei 20 bis 25 %.

Eine weitere Kritik betrifft die hohen Kosten. Natürlich kostet Demokratie Geld. Aber der Aufwand, insbesondere der Verwaltungsaufwand im Vorfeld eines Bürgerentscheids steht für uns in keinem günstigen Verhältnis. Da eine präzise Berechnung offenbar nicht möglich ist, gehen Fachleute in einer Schätzung – ohne Berücksichtigung anfallender Personalkosten – je nach Größe des Bezirks von 260 000 bis 350 000 € pro Entscheid aus. Bei der Sperrwirkung wollen Sie nachbessern, Herr Kollege Schimmler, habe ich im Innenausschuss vernommen, weil das Problem offenbar erkannt wurde. Ich bin gespannt, was uns die Koalitionsfraktionen präsentieren werden.

Meine Fraktion ist sich sicher, dass nach der neuen Rechtslage zur Durchsetzung bestimmter Anliegen verschiedene Initiativen gegründet werden. Dieser Umstand wird von uns natürlich nicht kritisiert. Kritisiert wird aber, dass diese Initiativen – anders als Parteien – nicht an die strengen Bestimmungen des Parteiengesetzes gebunden sind. Im Hinblick auf Organisation und Finanzierung fehlt es u. U. an der nötigen Transparenz, die man bei Parteien als Organ der politischen Willensbildung gewohnt ist. Um es auf den Punkt zu bringen: Wir wollen keine käufliche Demokratie.

[Beifall bei der CDU – Gelächter bei der PDS und den Grünen – Ratzmann (Grüne): Geben Sie darauf Ihr Ehrenwort, Herr Henkel?]

Wir wollen auch nicht, dass eine aktive Minderheit Investitionsentscheidungen auf Eis legen kann. Wir wollen wirklich starke Bezirke und eine starke Demokratie vor Ort. Hierzu haben wir eigene Vorstellungen entwickelt

und eigene Anträge eingebracht, für die wir weiter werben werden. – Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit!

[Beifall bei der CDU]

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir haben es eben erlebt. Auch die CDU führt das Wort von der Zivilgesellschaft immer wieder im Munde. Alle Welt redet von der Stärkung der Zivilgesellschaft, aber alle verstehen darunter höchst unterschiedliche Dinge. Für uns, die PDS, beginnt die Zivilgesellschaft nicht erst bei den großen Organisationen, den Parteien, Herr Henkel, und Verbänden. Bei uns beginnt die Zivilgesellschaft beim Einwohner, bei der Einwohnerin, bei der Bürgerin, beim Bürger. Genau das, Herr Henkel, unterscheidet das Herangehen der vier Fraktionen, die diese beiden Gesetzentwürfe eingereicht haben, von Ihrem Vorgehen.

[Beifall bei der PDS – Beifall des Abg. Zimmermann (SPD)]

Wie ist die Situation? – Natürlich gibt es vielfältige und gesetzlich vorgeschriebene Formen der Bürgerbeteiligung, auch im Vorfeld von Entscheidungen. Natürlich gibt es direkte Demokratie, wenn auch in Berlin zurzeit nur auf Landesebene. Doch die Realität zeigt klipp und klar: Eine wirkliche Beteiligung an der Vorbereitung von Entscheidungen ist das nicht, denn in der Regel werden Bürgerpositionen und Bürgereinwendungen abgewiesen, wenn sie nicht in die zuvor feststehende Konzeption von Politik und Verwaltung passen. Für Volksinitiativen, Volksbegehren und Volksentscheide, also für die direkte Demokratie auf der Landesebene, gibt es schier unüberwindbare Beteiligungs- und Zustimmungsquoren. Zudem sind nahezu alle für die Bevölkerung relevanten Politikfelder – beginnend mit der Verfassung – von der direkten Demokratie ausgeschlossen. Das grundlegend zu ändern, war und ist ein zentrales Anliegen meiner Fraktion und auch ein gemeinsames Zielprojekt unserer Koalition.

[Beifall bei der PDS und der SPD]

Der vielleicht wichtigste Schritt dazu ist die gemeinsam mit den Grünen und der FDP projektierte Einführung von Bürgerentscheiden auf der bezirklichen Ebene. Ich bin mir sicher, dass wir in der nächsten Plenarsitzung, also noch vor der Sommerpause, dieses Gemeinschaftsprojekt von vier Fraktionen beschließen werden.

weil im Gegenzug auf einen detaillierten und spezifischen Ausschlusskatalog verzichtet worden ist. – Ich sage es hier nicht!