Protocol of the Session on June 2, 2005

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Dr. Lindner! Dem Senat liegen keine konkreten Erkenntnisse darüber vor, dass bei der BSR Streikmaßnahmen geplant sind – über das hinaus, was man in der Presse lesen konnte. Sowohl im Unternehmen wie außerhalb gibt es keine konkreten Ankündigungen.

Das wäre wegen der Situation bei der BSR eigentlich auch gar nicht möglich: Dort ist zwar der Zusatztarifvertrag zu den Lohnregelungen und zum Leistungsbereich ausgelaufen respektive gekündigt worden. Dieser Vertrag wirkt nach. Ein Scheitern der Tarifgespräche ist nicht erklärt worden, und zwar weder von der Gewerkschaftsseite noch von der Arbeitgeberseite. Insofern sehe ich keine Möglichkeit für einen Streik.

Lassen Sie mich aber an dieser Stelle noch einmal grundsätzlich etwas zu der Diskussion sagen, die wir gegenwärtig in der Stadt zu diesem Thema haben! Es ist auch bereits in den Begründungen für die Aktuelle Stunde angesprochen worden. Bei der aktuellen Diskussion – das sollten auch die Kolleginnen und Kollegen bei BSR und

BWB wissen – geht es um die Frage der Zukunftsfähigkeit des Unternehmens BVG. Es geht darum, einen Weg zu finden, wie das Unternehmen BVG als Nahverkehrsunternehmen im öffentlichen Auftrag und in der öffentlichen Hand erhalten werden kann, und es geht darum, wie wir die Voraussetzungen dafür schaffen können, dass dieses Unternehmen auch nach 2008 im Namen einer so genannten marktorientierten Direktvergabe EU-konform mit den Verkehrsleistungen in Berlin beauftragt werden kann und damit Arbeitsplätze und die Existenz dieses Unternehmens gesichert werden können. Wir wissen alle, dass die gegenwärtigen Kostenstrukturen bei der BVG eine solche Regelung EU-konform nicht ermöglichen.

Deshalb noch einmal an dieser Stelle: Es hat keinen Sinn, bei dieser Frage „aufzumuskeln“ und gegeneinander Drohungen auszusprechen, sondern die einzige Möglichkeit besteht darin, an den Verhandlungstisch zurückzukehren und zu einer Lösung zu kommen, die dem Unternehmen eine Zukunft gibt. Wenn auf der Kostenseite – beim Personal – entsprechende Maßnahmen eingeleitet werden – aber auch auf der Sachkostenseite wird im Unternehmen noch etwas zu tun sein –, dann wird es von Seiten des Landes Berlin und von Seiten dieser Koalition bzw. dieses Senats eine entsprechende Erklärung zur Sicherung des Unternehmens und zur marktorientierten Direktvergabe geben. Deshalb appelliere ich an alle, jetzt nicht irgendwelche Gerüchte zu streuen, dass es um die Zerschlagung des Unternehmens gehe oder dass eine Privatisierung oder ähnliches vorgesehen sei, sondern es geht darum, das Unternehmen so aufzustellen, dass es dem Vergleich mit anderen Stand hält und die EU-rechtliche Vorgabe erfüllt, wonach es zu den Kostenstrukturen eines durchschnittlich gut geführten Unternehmens arbeiten muss. Darum geht es in dieser Auseinandersetzung. Deshalb kann ich nur sagen: Alle müssen das Interesse haben, zu einer Lösung und zu einer Vereinbarung zu kommen. Die Kostenstrukturen des Unternehmens senkt man nicht durch einen Streik, sondern dadurch, dass man sich zusammensetzt und versucht, eine Lösung zu finden.

[Beifall bei der PDS – Vereinzelter Beifall bei der SPD]

)

Herr Hoff! Zur Frage, ob man etwas buchstabieren kann, habe ich keine Zweifel, dass Herr Lindner in der Lage ist, Betriebsfrieden zu buchstabieren.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich frage den Senat:

1. Welche Gründe haben dazu geführt, dass die Charité sämtliche Servicebereiche von Reinigung und Catering bis zum technischen Dienst ausgliedert und als ein Paket ausschreibt, und welche Gründe sprechen gegen eine Ausschreibung in einzelnen Losen getrennt nach der Art der Dienstleistungen?

Herr Dr. Lindner hat das Wort zu einer Nachfrage. – Bitte schön!

Kommen wir zu meiner Frage zurück! – Zunächst einmal entnehme ich dem ersten, knappen Teil Ihrer Antwort, dass Sie meine Auffassung teilen, dass die Unterstützung der BVG-Beschäftigten durch die BSR-Mitarbeiter illegal wäre. Würden Sie, falls gemäß der Ankündigung des stellvertretenden BSR-Gesamtpersonalrats doch solche Maßnahmen ergriffen würden, im Aufsichtsrat und in anderer Weise darauf hinwirken, dass die Geschäftsleitung der BSR darauf mit den notwendigen arbeitsrechtlichen Maßnahmen wie Aussperrung und Kündigung antwortet?

Herr Senator Wolf – bitte schön!

Sehr geehrter Herr Dr. Lindner! Ich gehe davon aus, dass die Geschäftsleitung der BSR in ihrem Verantwortungsbereich das Gebotene tun wird. Ihre Frage ist allerdings rein hypothetisch,

[Dr. Lindner (FDP): Es ist angekündigt!]

weil sie mit mehreren Wenn verbunden ist.

[Dr. Lindner (FDP): Nein, nein!]

Ich habe Ihnen gerade geantwortet: Mir liegen keine Erkenntnisse vor, dass bei der BSR ein Streik ansteht. Insofern gehe ich davon aus, dass auch die Gewerkschaften und die Belegschaft wissen, wie die Rechtslage ist.

Nun hat Herr Kollege Hoff das Wort zu einer Nachfrage. – Bitte schön!

Herr Senator! Können Sie in der Opposition – also bei Grünen, CDU und FDP – in der Frage des Umgangs mit BVG und BSR ein einheitliches Vorgehen erkennen?

Zum Zweiten: Meinen Sie, dass Herr Dr. Lindner den Begriff „Betriebsfrieden“ buchstabieren könnte?

[Zurufe]

Herr Senator Wolf – bitte!

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Hoff! Ich kann nicht erkennen, dass die Opposition in dieser Frage eine einheitliche Position hat. Das ist aber auch nicht die Aufgabe der Opposition. Ich habe aber mit Interesse zur Kenntnis genommen, dass Herr Kaczmarek die Wiederkehr von Herrn Diepgen versucht hat zu inszenieren. Ich habe allerdings auch zur Kenntnis genommen, wie dieses vor wenigen Tagen noch in der Presse unisono kommentiert worden ist und mit Freude gelesen, dass man doch festgestellt hat, dass in der Berliner Diskussion ein Mentalitätswechsel gegriffen hat, weil man auch bei Teilen, die dem rot-roten Senat kritisch gegenüberstehen, eines nicht will, den Rückfall in alte Zei

ten, die uns genau in diese schwierige Lage gebracht haben, in der wir jetzt sind.

[Niedergesäß (CDU): Dann müsstet ihr als PDS über- haupt abtreten!]

[Dr. Lindner (FDP): Danke schön!]

Ob er weiß, welchen hohen Wert das hat und welchen hohen betriebswirtschaftlichen Wert das haben kann, darüber bin ich mir manchmal nicht im Klaren.

[Beifall bei der PDS]

Danke schön, Herr Senator!

Es geht jetzt weiter mit der Anfrage der Frau Abgeordneten Grosse von der Fraktion der SPD zu dem Thema

Ausschreibung bei der Charité

Bitte schön, Frau Grosse!

2. Welche Möglichkeiten sieht der Senat, die Förderung des Berliner Mittelstandes durch Auftragsvergaben in kleinen Losen in Zukunft sicherzustellen und das Facility-Management der Charité auch durch Berliner Betriebe ausführen zu lassen?

Danke schön, Frau Grosse!

Jetzt ist der Kollege Wegener von der Fraktion der CDU an der Reihe mit seiner Anfrage zu dem Thema

Wie wichtig ist dem Senat der Berliner Mittelstand?

Bitte schön, Herr Wegener!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich frage den Senat:

1. Wie beurteilt der Senat die 140-Millionen-€-Ausschreibung der Charité, die von weiten Teilen der mittelständischen Wirtschaft als mittelstandsfeindlich und rechtswidrig angesehen wird?

2. Wie wirkt der Senat auf die Geschäftsführung der Charité ein, um auch eine die Interessen des Berliner Mittelstandes wahrende Lösung zu finden?

Danke schön, Herr Kollege Wegener! – Es beantwortet der Senat in Person von Herrn

Die FM-Anbieter in Deutschland haben diesen Trend in Deutschland erkannt und positionieren sich gezielt als integrierte Facility-Management-Anbieter mit zweistelligen Wachstumsraten in diesem Segment. Von Seiten der Charité wird in diesem Gutachten verdeutlicht, dass man mit Kostenvorteilen nach der entsprechenden Marktabfrage von 3 % bis 5 % rechnen kann, dass insbesondere im Hinblick auf die effiziente Führung und Steuerung dieser Aufgaben von Vorteilen ausgegangen werden muss. Die Bündelung ermöglicht eine vereinfachte Führung und Steuerung der Gesellschaft durch die Charité, da sämtli

che Leistungen aus einer Hand angeboten werden. Die damit verbundene Reduktion von Schnittstellen senkt die Komplexität und schafft klare Zuständigkeiten und Entscheidungsprozesse. Auf operativer Ebene bietet sich zudem eine einheitliche Arbeitsplanung und Vorbereitung für Projekte und Objekte an, wodurch Überschneidungen vermieden werden und die notwendige Transparenz sichergestellt ist.

Auch die Mitarbeitermotivation kann daraus Gewinn ziehen. Gerade multifunktionale Teams sind wesentlich auch für die Erarbeitung zusätzlicher Entwicklungsperspektiven für die Charité und die Mitarbeiter. Selbst die Wahrnehmung von Doppelfunktionen – beispielsweise übernimmt ein Objektmanager die Kontrolle der Reinigungsleistungen und den Entstördienst –, erweitert das Aufgabenspektrum, steigert den Erfahrungshorizont und fördert die fachliche Weiterentwicklung der Mitarbeiter.

Sie haben Ihre Frage vor allem unter vergaberechtlichen Aspekt gestellt. Hier kann sehr klar gesagt werden, dass die Charité von einer Aufteilung in Lose absehen darf, denn eine Aufteilung in Lose kommt gerade dann nicht in Betracht, wenn sie nach Art des Auftrages unzweckmäßig ist. Dies ist bei der vorgesehenen Gründung der Facility-Management Charité GmbH der Fall, da eine Aufteilung der von dieser Gesellschaft zu erbringenden Leistungen das mit der Vergabe verfolgte Ziel eines übergeordneten Managements und die integrierte FM-Vergabe gefährden würde.

Dr. Flierl, dem Wissenschaftssenator. – Bitte schön, Herr Dr. Flierl!

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Grosse! Sehr geehrter Herr Wegener! Die Komplettvergabe des Auftrages ist Teil des Sanierungskonzepts der Charité. Dadurch sollen erforderliche Einsparungen erzielt werden, um die Ertragsminderung insbesondere im Bereich der Krankenversorgung zu kompensieren. Zu diesem Zweck hat der Vorstand der Charité die Möglichkeiten der Auftragsvergabe unter Hinzuziehung externen Sachverstandes eingehend geprüft. Im Ergebnis wurde festgestellt, dass sich mit einer Komplettvergabe die größtmöglichen Kostensenkungen bzw. Effizienzgewinne realisieren lassen.

Der Aufsichtsrat der Charité hat bei seinen Beratungen darauf Wert gelegt, dass die Ausschreibung bis zur Auftragsvergabe – das wird im Herbst sein – jederzeit aufgehoben werden kann. Diese Möglichkeit besteht insbesondere dann, wenn die Ausschreibung kein erwartetes wirtschaftliches Ergebnis bringt.

Zur Ihrer 2. Frage, die insbesondere auf die Einflussnahme des Landes abzielt: Die Ausschreibung zum Facility-Management der Charité sieht als Option die Bildung von Bietergemeinschaften vor. Insofern ist die Möglichkeit zur Beteiligung mittelständischer Berliner Unternehmen vorgesehen. Vielleicht kann ich auf die von Ihnen gestellten Fragen noch etwas detaillierter antworten, indem ich mich auf eine Argumentation stütze, die in meinem Auftrag der Charité-Vorstand erstellt hat, indem er die Vorteile der integrierten Vergabe, die in der Vergangenheit immer mehr üblich wurde, deutlich macht.