Protocol of the Session on June 2, 2005

Herr Senator Wolf, bitte!

[Beifall bei der PDS –Vereinzelter Beifall bei der SPD]

Jetzt hat die Abgeordnete Kubala von den Grünen das Wort für eine Frage zu dem Thema

Senat schröpft Bürger/-innen durch unverantwortliche Wasserpolitik

Bitte schön, Frau Kubala!

Ich frage den Senat:

1. Wird der Senat seine unsoziale Wasserpreispolitik der vergangenen Jahre noch verschärfen, indem er die von Wirtschaft und Wasserbetrieben geforderte Staffelung der Tarife in Grundpreis und Verbrauchspreis genehmigt?

2. Was wird der Senat unternehmen, damit die Wasserbetriebe endlich ihre Anlagen an den seit Jahren sinkenden Wasserverbrauch anpassen und damit den hohen Fixkostenanteil von 80 % senken?

Der Senator für Wirtschaft, Herr Wolf, hat das Wort!

Zudem wird im Unternehmen die Personalkostenbelastung reduziert, und zwar durch die Reduzierung des Personalaufwands in Höhe von 900 Vollzeitäquivalenten. Das ist eine erhebliche Leistung auf der Seite der Beschäftigten.

(D

Wir sind in der Diskussion über eine neue Tarifstruktur. Diese Diskussion ist noch nicht abgeschlossen. Derzeit werden unterschiedliche Modelle im Unternehmen geprüft. Der einzige Zweck dieser Diskussion ist es, langfristigen eine Preisstabilität herzustellen und den Teufelskreis – sinkender Verbrauch einerseits, steigende Wasserpreise andererseits – zu durchbrechen. Das ist im Interesse aller Verbraucherinnen und Verbraucher und somit sozial sinnvoll. Bei der Auswertung der verschiedenen Modelle wird besonders auf eine soziale Ausgewogenheit geachtet. Eine unverhältnismäßige Belastung einzelner Verbrauchergruppen soll vermieden werden.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Sehr geehrte Frau Kubala! Da es keine unsoziale Wasserpolitik des Senats von Berlin gibt, sieht er auch keine Möglichkeit, diese zu verschärfen. Wir haben allerdings die Situation, dass wir vor zwei Jahren einen erheblichen Tarifsprung bei den BWB hatten – vor dem Hintergrund, dass über sechs Jahre hinweg der Wasserpreis eingefroren war, während andere Kostenstrukturen sich nach oben entwickelt haben. Das sind nicht nur die Tarife der Beschäftigten, die die üblichen Tarifsteigerungen bekommen haben, sondern das sind z. B. auch erhöhte Kosten durch Ökosteuern, die sich kostenwirksam im Unternehmen auswirken und dann auf die Verbraucher umgelegt werden.

[Niedergesäß (CDU): Hört, hört!]

Ich will ausdrücklich sagen, dass ich die Einrichtung von Ökosteuern für ein sinnvolles Instrument halte und deshalb auch nicht sagen würde, dass das unsozial ist, aber ich will darauf hinweisen, dass dies ein Kostenfaktor in Unternehmen ist, der nach dem Gebührenrecht in die Kalkulation bei den Wasserbetrieben einfließt.

Es ist völlig klar – das ist auch das Bestreben des Senats –, dass wir derartige Tarifsprünge in der Zukunft verhindern müssen, dass wir zu einer Verstetigung der Gebührenentwicklung bei den Berliner Wasserbetrieben kommen müssen und dass keine unverträglichen Tarifsteigerungen mehr stattfinden dürfen. Ich weise in diesem Zusammenhang auch darauf hin – das ist Ihnen auch bekannt, Frau Kubala –, dass der Senat von Berlin bzw. in diesem Fall das Land Berlin in seiner Gesamtheit vor dem Hintergrund der Privatisierungsverträge, die nicht in der Verantwortung dieser Regierung geschlossen worden sind, und der dort den privaten Investoren zu gesicherten Verzinsung auf das betriebsnotwendige Kapital auf einen erheblichen Anteil aus der ihm zustehenden Verzinsung verzichtet und diese stattdessen zur Tarifdämpfung einsetzt. Allein daraus können Sie ablesen, dass die Tarifpolitik des Senats an dieser Stelle nicht unsozial ist. Vielmehr unternehmen wir erhebliche Anstrengungen, um zu Änderungen zu kommen.

Die Diskussion über die Tarifstruktur bei den Berliner Wasserbetrieben hat den Hintergrund, dass wir in Berlin seit Jahren einen sinkenden Wasserverbrauch haben – einerseits, weil private Haushalte einsparen, und andererseits, weil Unternehmen in zunehmendem Maß zu der in Berlin zulässigen Eigenförderung greifen. Wir haben somit die Situation, dass der Wasserverbrauch insgesamt sinkt und der spezifische Preis pro Kubikmeter – nicht unbedingt der Gesamtpreis, den ein Haushalt oder ein Unternehmen zahlen muss – steigt, weil sich der Kostenapparat nicht verändert. Dieser Entwicklung muss Einhalt geboten werden. Deshalb haben wir im Senat und im Aufsichtsrat der Berliner Wasserbetriebe eine ganze Reihe an kostensenkenden Maßnahmen eingeleitet und teilweise auch schon umgesetzt. Manche werden gerade eingeleitet.

Ein wichtiger Punkt ist, dass die Berliner Wasserbetriebe in diesem Jahr aus dem BAT ausgeschieden sind und sich stattdessen in das Gefüge des Tarifvertrags Versorgung begeben haben. Daraus resultiert, dass beim Unternehmen die Personalkosten sinken, über mehrere Jahre hinweg sogar deutlich. Bereits in der nächsten Kalkulationsperiode wird sich das tarifsenkend auswirken.

Außerdem wird die Investitionsstrategie überprüft, um das betriebnotwendige Kapital nicht weiter anwachsen zu lassen und Preissteigerungen zu verhindern.

Zu den von Ihnen in der zweiten Frage angesprochenen Fixkosten: Ihr Vorwurf, die Anlagen der Berliner Wasserbetriebe würden dem sinkenden Verbrauch nicht angepasst, ist unzutreffend. Richtig ist vielmehr, dass die Wasserbetriebe ihre Anlagen in den vergangenen 15 Jahren regelmäßig an den sinkenden Verbrauch angepasst haben. Ich erinnere in diesem Zusammenhang an die Stilllegung des Klärwerks Adlershof in der Mitte der 90er Jahre, des Klärwerks Marienfelde Ende der 90er Jahre und zuletzt an die Schließung des Klärwerks Falkenberg im Jahr 2003. Außerdem sind in diesem Zeitraum insgesamt sechs Wasserwerke aufgegeben worden. Im Rahmen der Überprüfung der Investitionsstrategie werden weitere Fragen geklärt.

Wir haben bei den Berliner Wasserbetrieben und auch bei den Kosten der Anlagen im Vergleich mit anderen Versorgern eine vergleichbare Preisstruktur. Der Großteil der Anlagekosten, nämlich 60 %, besteht in den Fixkosten der Netzwerke. Hier ist aus nahe liegenden Gründen keine Stilllegung möglich. Wir brauchen die Wasser- und Abwasserrohre, um eine angemessene Versorgung zu gewährleisten. Allerdings setzen die Berliner Wasserbetriebe, um auch diesen Fixkostenteil weiter zu reduzieren, im Rahmen der Instandhaltung nicht auf eine teure vollständige Auswechslung, sondern auf ein kostengünstiges so genanntes Inline-Verfahren. Dabei werden keine neuen Kanalisationen und neuen Rohrleitungen verlegt, sondern

Bm Wolf

Ich habe zudem anhand von Fakten darauf hingewiesen, dass das Unternehmen die Anlagen dem sinkenden Wasserverbrauch angepasst hat. Außerdem habe ich erwähnt, dass der Großteil der Anlagekosten aus dem Leitungsnetz resultiert. Das Leitungsnetz werden auch Sie nicht abbauen wollen. Wir werden weder Abwasserrohre noch Rohre zur Wasserversorgung beseitigen. Klär- und Wasserwerke kann man zurückbauen. Was diesbezüglich geschehen ist, habe ich dargestellt. Im Zusammenhang mit der künftigen Investitionsstrategie stehen die Anlageinvestitionen erneut auf dem Prüfstand. Es wird demnach nicht wild investiert, um die Kosten in die Höhe zu treiben, sondern das Gegenteil ist der Fall.

die bestehenden Rohrleitungen werden durch ein spezielles Verfahren ausgekleidet.

Sie sehen, dass es eine Vielzahl von Hebeln gibt, an denen wir im Unternehmen bezüglich des Kostenapparats und der Tarifstruktur ansetzen, um das Ziel der Preisstabilität zu gewährleisten. Ich glaube, das ist unter sozialen Gesichtspunkten im Interesse von privaten Verbrauchern. Aber die Stabilität der Wasserpreise ist auch im Hinblick auf den Wirtschaftsstandort Berlin entscheidend. An diesen Punkten arbeiten wir. Wir haben schon viele Hebel in Bewegung gesetzt. Wir werden im Jahr 2006 deutlich unter den Wassertarifen bleiben, die bisher in der Öffentlichkeit gehandelt wurden.

[Vereinzelter Beifall bei der PDS und der SPD]

Danke schön, Herr Senator! – Frau Kubala hat eine Nachfrage. – Bitte!

Regelmäßige Preiserhöhungen, die allein dazu dienen, die Rendite der Anteilseigner zu sichern, kann man durchaus als unsozial bezeichnen. Sie sind Ausdruck einer verfehlten Privatisierungspolitik der Wasserbetriebe.

Frau Kubala, Sie müssen eine Frage stellen und keine Gegenrede halten!

Herr Wolf, Sie sagten, der Wasserpreis solle verstetigt werden. Wie wollen Sie das machen, wenn der größte Batzen, nämlich die Fixkosten für die Anlagen, weitgehend unverändert bleiben soll? – Die Wasserbetriebe haben auf unsere Nachfrage hin keine Veränderungen zugesagt. Die Fixkosten, die zu großen Anlagen, die nicht an den sinkenden Wasserverbrauch angepasst sind, bleiben bestehen. Dieser Kostenfaktor wird uns wahrscheinlich über die nächsten Jahre und Jahrzehnte begleiten.

Frau Kubala! Ihr Kommentar war zu umfänglich. Eine Frage wäre ausreichend gewesen. – Bitte, Herr Senator Wolf, zur Beantwortung!

Frau Kubala! Es kann nichts schaden, wenn man sich auch als grüne Politikerin in betriebswirtschaftliche Zusammenhänge vertieft. Es ist falsch, die Tarifsteigerung bei den Berliner Wasserbetrieben alleine auf die Verzinsungsgarantie in den Privatisierungsverträgen zurückzuführen. Es gab in der Vergangenheit eine Vielzahl preistreibender bzw. tarifsteigernder Faktoren.

Ein anderer wichtiger Punkt, auf den ich bereits hinwies, ist das Anwachsen des betriebsnotwendigen Kapitals. Ich habe ausführlich dargestellt, an welchen Hebeln wir ansetzen. Wir setzen an der Kostenstruktur des Unternehmens, den Personalkosten, den Investitionskosten und den sonstigen Sachkosten, an, um zu Kostensenkungen zu kommen. Einige Effekte werden sich bereits in der nächsten Tarifkalkulation auswirken. Das habe ich klar und deutlich gesagt.

Man darf die Hebelwirkung jedoch nicht falsch einschätzen. Es liegt in der Natur von Wasserversorgungsbetrieben, dass sie einen ausgesprochen hohen Fixkostenanteil haben. Das resultiert aus der Tatsache, dass es sich hier um ein Unternehmen handelt, das seine Leistung leitungsgebunden erbringt, und deshalb ein hoher Aufwand für Leitungen erbracht werden muss.

Herr Buchholz hat das Wort zu einer Nachfrage. – Bitte!

Vielen Dank, Herr Präsident! – Herr Senator! Das Bündel an Maßnahmen, das Sie erwähnt haben, wird auch nach meiner Auffassung zu einer Begrenzung eines weiteren Anstiegs der Wasserpreise führen. Aber dennoch eine Nachfrage: Im Wirtschaftsplan der Wasserbetriebe ist noch ein deutlicher Anstieg des betriebsnotwendigen Kapitals vorgesehen. Das sagt die Wirtschaftsplanung des Vorstandes. Wie können Sie sich als Senator konkret einbringen, damit das betriebsnotwendige Kapital und damit die Verzinsung für die privaten Anteilseigner nicht weiter erhöht wird und wir somit auch keine höheren Wasserpreise bekommen?

Herr Senator Wolf – bitte schön!

Das betrifft die Überprüfung der Investitionsstrategie. Das ist eingeleitet worden. Den Auftrag an den Vorstand gibt es bereits, und wir haben schon damit begonnen, darüber Gespräche im Gesellschafterkreis zu führen. Die Investitionsstrategie muss sich in einem Korridor bewegen, wo einerseits alles getan werden muss, was notwendig ist, um die Betriebssicherheit z. B. der Netze zu gewährleisten. Wir dürfen die Infrastruktur nicht auf Verschleiß fahren. Wir dürfen andererseits aber auch nicht darüber hinaus investieren, weil das die Gebührenzahler – ganz im Wortsinne – über Gebühr belasten würde. Wir sind dabei, diesen Korridor zu bestimmen.

Die Berliner Wasserbetriebe haben es geschafft, u. a. bei den Aufträgen Kostensenkungen zu erwirtschaften. Diese Kostensenkungen müssen sich dann auch in einer Investitionsstrategie niederschlagen, denn es kommt nicht darauf an – und das sollte auch nicht unser Ziel sein –, für

Bm Wolf

Deshalb ist sich der Senat in zwei Dingen einig: Er will erstens die Voraussetzungen dafür schaffen, dass eine solche so genannte marktorientierte Direktvergabe und damit Sicherung des Unternehmens möglich wird. Das setzt gleichzeitig voraus, dass die notwendigen Kostenstrukturen hergestellt werden. Das betrifft zum einen die Personalkostenseite, und dazu muss ich klar sagen: Die Zahlen, die uns zurzeit vorliegen, machen Folgendes deutlich: Eine Erklärung des Landes Berlin, dass auf dieser Grundlage das Unternehmen mit einem langjährigen Vertrag gesichert wird, reicht noch nicht aus. Das sagen wir nicht, um die Beschäftigten zu quälen und weil wir besonderes Gefallen daran finden, Einkommen abzusenken, sondern weil es darum geht, die Zukunft des Unternehmens zu sichern. Das ist sicherlich auch im Interesse der Beschäftigten und der Gewerkschaften.

die Investitionen eine bestimmte Summe Geld garantiert auszugeben, was sich dann in der Kalkulation niederschlägt, sondern entscheidend ist, ob die Kanäle und Netze in einem vernünftigen Zustand sind und vernünftig instand gehalten werden. Das sollte zu einem möglichst günstigen Preis geschehen. Das gehen wir in dieser Investitionsstrategie an.

[Zuruf des Abg. Niedergesäß (CDU)]

Zweiter Punkt: Sie wissen, dass das folgende Thema ansteht und auch bereits im Laufen ist, nämlich die Eintragung von Grunddienstbarkeiten im Ostteil der Stadt, die in der Vergangenheit nicht in den Grundbüchern eingetragen wurden, weil das in der DDR nicht üblich war. Jetzt ist es aber notwendig. Da das als immaterieller Vermögensgegenstand bilanziert werden müsste, würde es zu einem deutlichen Aufwuchs des betriebsnotwendigen Kapitals führen. Auch hier wird gerade geprüft, inwieweit dieses gestreckt werden kann, um den Aufwuchs zu verhindern bzw. zu dämpfen.

[Beifall des Abg. Buchholz (SPD)]

Nun hat Herr Dr. Lindner das Wort zu seiner Mündlichen Anfrage über

Gemeinsame Front der Monopole BVG und BSR gegen die Berliner Steuerzahler?

Herr Präsident! Verehrte Damen! Meine Herren! Ich frage den Senat: Wie bewertet der Senat das Vorhaben der BSR-Belegschaft, eigene Arbeitskampfmaßnahmen zur Unterstützung der Interessen der BVG-Beschäftigten in deren Tarifauseinandersetzung mit dem Senat zu ergreifen?

Das Wort zur Beantwortung hat Herr Senator Wolf. – Bitte schön!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Dr. Lindner! Dem Senat liegen keine konkreten Erkenntnisse darüber vor, dass bei der BSR Streikmaßnahmen geplant sind – über das hinaus, was man in der Presse lesen konnte. Sowohl im Unternehmen wie außerhalb gibt es keine konkreten Ankündigungen.