Protocol of the Session on April 28, 2005

Da ich davon ausgehe, dass der Abgeordnete Wellmann noch sprechen wird, kann er später eine Frage stellen.

Senator Flierl berief daher im Sommer 2004 eine Arbeitsgruppe aus Experten der Senatsverwaltungen für Stadtentwicklung und für Kulturelle Angelegenheiten, der Senatskanzlei, der Bundesbeauftragten für Kultur und Medien, dem Berliner Forum für Geschichte und Gegenwart, dem Verein Berliner Mauer und weiteren Partnern ein. Die Opferverbände, von Ihnen oft beklagt, waren von Anfang an in die Debatte einbezogen, auch wenn die Arbeitsgemeinschaft 13. August es vorzog, sich auf die höchst umstrittenen Mauerkreuze am Checkpoint Charlie zu konzentrieren. Aber ich habe die Hoffnung, dass sich auch dies im Lauf des Prozesses ändern wird.

Die Ergebnisse der Arbeitsgruppe wurden bereits am 18. April 2005 – nehmen Sie bitte zur Kenntnis, dass das ein halbes Jahr intensive Arbeit bedeutet – auf einer Veranstaltung der Stiftung zur Aufarbeitung der SEDDiktatur im Abgeordnetenhaus vorgestellt. Sie waren nicht zu sehen, Frau Grütters, und der Kollege Zimmer leider auch nicht. Die Öffentlichkeit wurde demnach einbezogen, bevor ein vom Senat beschlossenes Konzept vorlag. Die Berliner Öffentlichkeit nahm dieses Diskussionsangebot an. Allein meine unvollständige Sammlung von Pressereaktionen füllt inzwischen einen dicken Aktenordner. Das Papier der Arbeitsgruppe ist mit „Gedenkkonzept Berliner Mauer – Bestandsaufnahme und Handlungsempfehlungen“ überschrieben und bedarf noch der vertiefenden Debatte und detaillierter Festlegungen zur Umsetzung. Dieses Konzept wird im Herbst 2005 vorliegen.

Das Parlament wurde frühzeitig und intensiv einbezogen. Der Ausschuss für Kulturelle Angelegenheiten debattierte bereits am vergangenen Montag darüber. Die Debatte wird fortgesetzt. Da von einem inakzeptablen Vorgehen zu sprechen, geht an den Realitäten vorbei. Ihr eigentliches Problem, liebe Kolleginnen und Kollegen von der CDU, besteht darin, dass ein Jahrzehnt lang von Ihrer Seite nichts erfolgte und es tatsächlich erst eines rotroten Senats und eines PDS-Senators bedurfte, um das Thema Umgang mit den Resten der Berliner Mauer ernsthaft und mit der gebotenen Sachlichkeit angehen zu können. Wir werden dies auch weiter tun. Ich sage mit Nachdruck: Für ideologische Grabenkämpfe auf dem Niveau eines Zehlendorfer CDU-Ortsvereins ist der Umgang mit den Relikten der Mauer und dem immer noch tief wirkenden Leid ihrer Opfer das untaugliche Objekt.

Wir konzentrieren uns stattdessen auf die Erfahrbarkeit der Reste der Berliner Mauer in ihren Gesamtzusammenhängen. Wir unterstützen einen notwendigen Ort der Information im Umfeld des Brandenburger Tors, und wir wollen eine deutliche Aufwertung und Qualifizierung des historischen Ortes Bernauer Straße. In diesem Zusammenhang ist aus unserer Sicht dafür Sorge zu tragen, dass das individuelle und öffentliche Gedenken an die Opfer der Mauer an einem würdigen Ort möglich gemacht wird. Die Situation um den Checkpoint Charlie dagegen bedarf einer sensiblen Lösung unter Abwägung aller Interessen. Schweres rhetorisches Geschütz, wie es auch vorhin wieder aufgefahren wurde, ist da nicht sehr hilfreich. – Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit!

[Beifall bei der PDS und der SPD]

Danke schön! – Das Wort zu einer Kurzintervention erhält der Abgeordnete Wellmann. – Bitte sehr!

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Kollege Brauer, nachdem Sie sich eben so vollmundig über die Verbrechen des Kommunismus und das schreckliche Grenzregime ausgelassen haben, frage ich Sie: Sind Sie bereit, dem Haus noch einmal darzulegen, auf welcher Seite Sie und Herr Flierl damals standen?

[Hoff (PDS): Oh Mann, bist du peinlich!]

Wollen Sie erwidern, Herr Brauer? – Bitte, Sie haben die Möglichkeit dazu!

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich glaube, die Geschäftsordnung dieses Hauses sieht für die Beantwortung von Kurzinterventionen nur eine minimale Zeit vor. – Herr Kollege Wellmann! Ich bin gerne bereit, mich mit Ihnen auf einen intensiveren Diskurs über meine persönlich Biographie einzulassen und Ihnen darüber detailliert zu berichten. Ich war kein Angehöriger der Grenztruppen der DDR. Ich hatte allerdings auch nicht die Gnade einer Grunewaldgeburt. – Herzlichen Dank!

Danke schön! – Für die FDP-Fraktion hat Frau Abgeordnete Meister das Wort. – Bitte sehr!

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Nun ist es also soweit. Das lang – seit über 15 Jahren – erwartete Gedenkstättenkonzept zum Thema Berliner Mauer liegt vor. Es geht erst einmal nur um die Mauer und noch lange nicht um den Aspekt SEDDiktatur, der auch noch aufgearbeitet werden muss. Es geht um die Mauer, die Mauergedenkstätten und um die Mauerreste, von denen wir aus heutiger Sicht nur noch verhältnismäßig wenige haben. Ich erinnere noch einmal an die unsägliche Freude im Moment des Mauerfalls, die uns sicher alle sehr bewegt hat, und an die damalige Angst, man könne nur durch ganz schnelles Abreißen dieses trennenden Elements Schlimmstes verhindern. Man hat versucht, durch den Abriss der Mauer eine gewisse Unumkehrbarkeit des Freiheitsprozesses sicherzustellen. Ich denke, dass es den damals Verantwortlichen nicht darum ging, nur die Mauer aus dem Stadtbild zu tilgen, sondern es ging auch um die Unsicherheit.

Zurück zum Gedenkstättenkonzept: Um was geht es dabei? Was hat uns Herr Flierl vorgelegt? – Ich glaube – das sagten auch die Vorredner –, dass es eine recht gute Bestandsaufnahme ist. Alles, was es hier in Berlin gibt, wurde akribisch aufgelistet. Es ist – das wurde am Abend der öffentlichen Vorstellung zutreffend gesagt –

noch an vielen Stellen sehr SED-frei.

Auch das stimmt. Es stellt die Mauer als ein Instrument der Teilung dar, aber es spricht sehr wenig von der Unterdrückung, die die Mauer symbolisiert hat. Es gibt Sätze, die zum Nachdenken darüber anregen, wer dieses Gedenkstättenkonzept geschrieben hat. Dort heißt es:

Ein Museum soll eine Brücke schlagen zu den Lebensverhältnissen in der DDR und zu den heutigen musealen Institutionen, in denen mehr über eine Gesellschaft zu erfahren ist, die zu ihrer externen Existenzsicherung einer geschlossenen Grenze bedurfte.

Aha! – Der Geist, der in diesem Gedenkstättenkonzept vorherrscht, ist sehr wohl zu erkennen. Es ist an vielen Stellen allerhöchstens eine „konjunktive“ Bemühenszusage. Deswegen fehlt sicher auch jeglicher Hinweis auf Finanzierungsmöglichkeiten.

Aber es enthält auch ein paar Dinge, die hier im Haus Konsens sind, nämlich die Stärkung der Bernauer Straße – vom Nordbahnhof, über die Einbeziehung des Dokumentationszentrums bis hin zur Versöhnungskirche – und damit die Stärkung der authentischen Orte. Ich halte es für richtig, dass sich Gedenken an authentischen Orten widerspiegelt, weil das Erlebbarmachen für die nachfolgenden Generationen nur dort möglich ist. Es war der Wunsch vieler Fachleute in der Stadt, die authentischen Orte zu unterstützen. Ich halte das für richtig.

[Beifall bei der FDP]

In der Bernauer Straße wird es eine Herausforderung sein, bei dem bestehenden Kunstwerk – ich glaube, es ist für alle nicht ausreichend – zwischen einer Rekonstruktion – Wie war die Mauer wirklich? Wie unüberwindbar war sie für alle Berlinerinnen und Berliner? – und einer Darstellung, die zu einem Disneyland verkommt, abzuwägen. Man kann Angst und Grauen nicht permanent wiederholen und reproduzierbar machen.

Die Einbeziehung der Mauerreste und der Ausbau des Berliner Mauerweges ist zu begrüßen, zumal die vielen kleineren Orte, die erhalten wurden, gestärkt werden, beispielsweise das Parlament der Bäume, die Niederkirchnerstraße und der Wachturm, der hinter unserem Haus steht. Diese Idee ist richtig.

Auch das Brandenburger Tor soll einbezogen werden. Es soll zu einem Ort werden, der auf die anderen Gedenkstätten verweist, der als Informationsstelle dient und auf die Erinnerungslandschaft aufmerksam macht. Auch das halte ich für eine richtige Deutung. Ich wünsche mir, dass das Brandenburger Tor noch viel mehr in den Mittelpunkt gestellt wird, auch als ein Ort der Freude, als ein Ort der Versöhnung und der Überwindung der Diktatur, verbunden mit vielen Bildern, an die wir uns alle erinnern können, weil sie damals um die Welt gegangen sind. Ich möchte nicht, dass das Brandenburger Tor zu einer „Meile des Grauens“ verkommt. Ich möchte dort keine Vermahnmalung, nicht die Möglichkeit, innerhalb von zehn Minuten aller möglicher Toten zu gedenken und es damit abzuhaken.

[Beifall bei der FDP – Beifall des Abg. Brauer (PDS)]

Unklar ist für mich nach wie vor – auch das Konzept lässt diese Frage unbeantwortet –, wie wir mit dem Checkpoint Charlie umgehen. Ich glaube nicht, Frau Lange, dass man sagen kann, ein Privater dürfe keine Gedenkstätte unterhalten, das ist aus meiner Sicht zu kurz gegriffen. Es gebührt Frau Hildebrandt – darauf ist bereits mehrfach hingewiesen worden –, dass sie die Diskussion angestoßen hat. Gleichwohl hat die Gedenkstätte am Checkpoint Charlie einen zwar kleinen, aber entscheidenden Schönheitsfehler, denn das Grundstück gehört weder Frau Hildebrandt noch dem Land Berlin. Aus meiner Sicht kommt ein Kauf – wie von der CDU gefordert – überhaupt nicht in Frage, wenn man nur einen kurzen Moment über die Haushaltslage nachdenkt. Die bislang angebotene Lösung mit der Infobox greift zu kurz. Der Checkpoint Charlie sollte meiner Ansicht nach zu einem Museum über den Kalten Krieg werden. Hier muss sowohl das private Engagement von Frau Hildebrandt eingebunden werden, als auch dem Anspruch, den die Geschichte an diesen Ort stellt, genüge getan werden. Dieser Ort stellt mehr dar als die bloße Konfrontation zweier Weltmächte, er steht immer noch für das Gegeneinander von Freiheit und Unfreiheit. Dass Sondernutzungen für Verkaufsstände mit russischen Mützen an diesem Ort völlig inakzeptabel sind, sei nur noch einmal am Rande erwähnt.

Auch an einer anderer Stelle bleibt das Konzept nebulös: Es ist die Frage, wie mit dem Tränenpalast umgegangen werden soll. Ich habe ein wenig die Befürchtung, dass wir noch über den Tränenpalast reden, obwohl er schon längst verkauft ist. – Es ist bedauerlich, dass der Finanzsenator nicht anwesend ist. Er könnte Antworten auf die Fragen nach der völlig unklaren Terminlage geben. – Ebenfalls im Nebel liegt die Darstellung, wie die vielen Vorschläge dieses Konzepts überhaupt finanziert werden sollen. Es ist unklar, was mit den Grundstücken ist und welche Rolle der Bund spielt. Ich befürchte, dass allein das Drängen, der Bund solle seine Verantwortung wahrnehmen, uns nicht weiterbringt. Wir brauchen an dieser Stelle keine Sonderrolle für Berlin, sondern eine Sonderrolle für Gedenkstätten.

Der von der CDU gemachte Vorschlag, über das Thema EU-weit nachzudenken, hat viel Charme, ist aber eher von visionärem Charakter. 2011 ist ohnehin ein später Termin, sollte das Konzept erst noch mit der EU abgesprochen werden müssen, ließe sich aber auch dieser Termin nicht halten.

Abschließend weise ich darauf hin – auch das erscheint mir wichtig –, dass es von entscheidender Bedeutung ist, wie weit die wissenschaftliche Aufarbeitung dieser Zeit und ihrer Schicksale finanziell abgesichert wird. Noch weiß man viel zu wenig über die Schicksale der Mauertoten, es existieren zum Teil weder die Namen der Opfer, noch ihre Biographien, noch die Umstände, unter denen sie um das Leben gekommen sind. Auch das ist wichtig. Außerdem liegt noch der weite Weg der Aufarbeitung der SED-Diktatur vor uns, Höhenschönhausen und Normannenstraße. Es sind erst kleine Schritte getan, Herr Flierl. – Vielen Dank!

[Beifall bei der FDP]

Der Senator hat um das Wort gebeten. – Bitte sehr, dann haben Sie jetzt die Möglichkeit, Herr Flierl!

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Verehrte Kolleginnen und Kollegen von der CDU-Fraktion! Ich kann Sie wirklich gut verstehen. Ich verstehe, dass es Sie irritiert, dass ausgerechnet dieser rotrote Senat das erste Konzept zum Gedenken und zur Erinnerung an die Teilung Berlins, die Mauer und ihre Opfer in das Parlament einbringen wird. Ich verstehe, dass es Sie um so härter trifft, wenn Initiative und Ressortverantwortung für ein solches Konzept bei einem PDS-Senator liegen. Da Sie damit nicht umgehen können und wollen, müssen Sie Ihre abgestandenen Vorurteile auf diesen Senat und auf mich projizieren.

[Zuruf von der CDU: Sie sind doch krank!]

In einer Erklärung der CDU-Fraktion habe ich gelesen, der rot-rote Senat könne keine Deutungshoheit über das Thema der deutschen Teilung beanspruchen. Indirekt haben Sie damit das Thema für sich reklamiert. Sie meinten im letzten Jahr aus Anlass des Jubiläums des Mauerfalls

Frau Meister

und der temporären Installationskunst am Checkpoint Charlie den Senat treiben zu müssen. Jetzt jedoch beschweren Sie sich, dass der Senat handelt. Das ist absurd. Geschichtspolitik ist allerdings Gegenstand und Feld politischer Auseinandersetzung. Deutungshoheit muss sich in der Debatte durchsetzen. Führen wir also die Debatte.

[Beifall bei der PDS – Vereinzelter Beifall bei der SPD]

Meine Legitimation zu diesem Thema zu sprechen und das Projekt zu betreiben, ist eine demokratische. Ich bin von diesem Parlament gewählt worden und stehe in der Verantwortung auch für dieses Thema.

[Beifall des Abg. Brauer (PDS)]

Die wiederholten Versuche von Herrn Lehmann-Brauns, meine persönliche Integrität in Frage zu stellen, können wir gern einmal bei Gelegenheit aufarbeiten. Die Art, wie Sie es hier vortragen, weist auf Sie zurück. Ich bin völlig fern davon, Ihnen meine persönliche Biographie erzählen zu wollen. Ich habe eine viel zu hohe Achtung vor dem Haus, als dass ich Sie damit ausführlich langweilen wollte.

[Wellmann (CDU): Machen Sie doch!]

Aber wir können das gern machen, Herr LehmannBrauns. Frau Ströver hat mitunter auch Anwandlungen dieser Art. Lassen Sie uns einmal genauer nachfragen, wer wofür wann verantwortlich gewesen ist, und warum Sie wussten, an wen Sie sich wenden mussten, wenn Sie versucht haben, dazu beizutragen, dass die Mauer durchlässiger wird.

[Beifall bei der PDS]

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Berlin ist eine Stadt, die sich ihrer Geschichte stellt. Dazu gehört auch, sich mit der Mauer und der Teilung auseinander zu setzen, das heißt, die historischen Ursachen der Teilung begreiflich zu machen, die Folgen mit ihren brutalen Konsequenzen anschaulich zu vermitteln, der Opfer würdig zu gedenken und Verantwortung und Verantwortliche deutlich zu benennen. Das heißt aber auch zu erkennen, dass es mit einem Konzept zum Gedenken und die Erinnerung an die Berliner Mauer allein nicht getan ist, da gebe ich Frau Meister ausdrücklich Recht.

Das von mir vorgelegte Gedenkkonzept „Berliner Mauer“ ist nur ein erster Baustein für ein weiterführendes geschichtspolitisches Konzept zur Aufarbeitung der deutschen und europäischen Teilung, der getrennten deutschdeutschen Geschichte und der Anatomie der mehrere Jahrzehnte umfassenden DDR-Gesellschaft. Die Berliner Mauer war das Symbol der deutschen, der europäischen, der Weltenspaltung. Eine Spaltung, die mehrfach an die Schwelle eines Dritten, möglicherweise alles vernichtenden Weltkrieges führte. Wir werden dieses weiterführende Konzept, das keineswegs nur Gedenkstätten der deutschen Teilung, sondern nach der Entscheidung der Bundesregierung zur Ressortierung der Stasi-Unterlagenbehörde bei der Kulturstaatsministerin, alle Facetten der Geschichtspolitik umfassen muss, mit dem Bund diskutie

ren. In gewisser Weise hat die öffentliche Debatte darüber bereits begonnen. Ein solches Konzept muss berücksichtigen und vermitteln, dass sich die Geschichte der Teilung nicht auf die Mauer reduzieren lässt.

Die Mauer war eine mörderische Grenze, die zwei Systeme getrennt hat, eine Grenze, hinter der sich in Ost und West fast 40 Jahre lang unterschiedliche Gesellschaften und Lebensweisen entfaltet haben. Mauer und Grenzregime bleiben das Kainsmal des DDR-Sozialismus, sie dokumentierten elementare Menschenrechtsverletzungen, sie waren das nach außen gekehrte Symbol einer auch nach innen repressiven Gesellschaft. Die repressiven Strukturen, politische Unterdrückung, der sich dagegen wehrende Widerstand und die Opposition, sind nur erklärbar, wenn man versteht, wie diese Gesellschaft dem Grunde nach verfasst war, wie sie sich reproduzierte, über mehrere Jahrzehnte entwickeln konnte, in ihre zyklischen Krisen geriet und schließlich demokratisch überwunden wurde.

Ein Konzept zum Gedenken und zur Erinnerung an die Mauer muss eingebettet sein in ein Gesamtkonzept zur Aufarbeitung der Geschichte von sowjetischer Besatzungszone und DDR. Soweit es in einem Gedenkkonzept „Berliner Mauer“ zu behandeln ist, habe ich es angesprochen. Wir haben in der Stadt zahlreiche authentische Orte, wie zum Beispiel die Gedenkstätten in Hohenschönhausen oder Marienfelde oder das Haus 1 in der Normannenstraße. Es kommt gerade darauf an, diese Bezüge zwischen der Erinnerung an die Berliner Mauer und diesen Orten herzustellen. Die richtige Forderung nach einem künftigen Gedenkstättenkonzept zu SBZ, DDR und SEDDiktatur in Berlin darf aber nicht dazu führen, das heute Mögliche zu unterlassen, nämlich zu einem Konsens zu kommen, wie wir heute die Erinnerung an die Berliner Mauer und das Gedenken an deren Opfer im Berliner Stadtraum gestalten.

Herr Zimmer, Herr Lehmann-Brauns, Frau Grütters! Fast zehn Jahre hatten Sie Zeit, mit Ihrem Regierenden Bürgermeister, mit Ihren Bau- und Stadtentwicklungssenatoren und mit Ihren Kultursenatoren ein Mauergedenkkonzept vorzulegen. Soll ich Ihnen sagen, was unter Ihrer Verantwortung passiert ist? Darf ich Sie an die Weisung von Senator Hassemer erinnern, der seinerzeit die Aufsicht über das Landesdenkmalamt führte und veranlasst hat, keine weiteren Mauerteile unter Denkmalschutz zu stellen? – Das geschah gegen den ausdrücklichen Wunsch der Denkmalschützer

[Brauer (PDS): Aha!]

und wurde erst Jahre später von Senator Strieder dankenswerterweise wieder aufgehoben. Heute sucht die ganze Welt nach authentischen Spuren.