Protocol of the Session on February 24, 2005

Wir haben den Wowereit: Versagen bei der Föderalismusreform, Hauptstadtfinanzierung, Hauptstadtklausel,

[RBm Wowereit: Oh, oh!]

Versagen bei der Fusion Berlin-Brandenburg,

[RBm Wowereit: Oh, oh!]

Versagen bei der Wirtschaftsansiedlung, insbesondere bei den Medienunternehmen, Sony BMG, MTV und Premiere.

[RBm Wowereit: Oh, oh!]

Sie brauchen gar nicht so herumzustöhnen, Sie sind ein Versager, Herr Wowereit, und zwar auf breiter Front.

[Zurufe von der SPD]

Alle großen Projekte setzen Sie in den Sand. Und Sie fangen an, jetzt auch noch BBI in den Sand zu setzen. Das ist doch das Thema.

[Beifall bei der FDP – RBm Wowereit: Ach, Herr Lindner, Sie überzeugen nicht! – Brauer (PDS): Dann lassen Sie einmal den Lindner ran!]

Wenn Sie das nur halbwegs ernst nehmen, dieses so genannte „Chefsachenthema“ – das ist ja schon fast eine Drohung hier in Berlin –, dann verlange ich von Ihnen heute einen lückenlosen Bericht, welche Maßnahmen Sie zur Beförderung dieses Projekts machen, welche Gespräche Sie mit Bund und dem Land Brandenburg führen, um das Verfahren zu beschleunigen und welche Maßnahmen Sie vor allen Dingen ergreifen, um diesen Kapazitätsengpässen, von denen ich gerade sprach, zu begegnen.

[Zuruf des Abg. Doering (PDS)]

Und die haben wir doch, das können wir absehen. Tegel und Schönefeld umfassen zusammen 15 Millionen, maximal 16 Millionen Passagiere im Jahr. Aber die Prognosen für das Jahr 2010 liegen jetzt schon bei 20 Millionen. Nächstes Jahr haben wir hier eine Fußballweltmeisterschaft. Wir wollen doch, dass Flugverkehr nach Berlin kommt. Sie selbst kritisieren die Lufthansa, dass sie solche Direktverbindungen nach USA nicht unterhält. Was für ein Signal setzen wir denn, wenn gleichzeitig eine Debatte geführt wird, einen bestehenden Flughafen wie Tempelhof zu schließen? – Das ist völlig unverständlich. Das versteht da draußen kein Mensch, es versteht nicht die Bundesregierung, nicht die Industrie- und Handelskammer, das verstehen die einzelnen Wirtschaftsunternehmen nicht, niemand kann diesen irrwitzigen Schritt nachvollziehen, warum Sie vor dem Hintergrund dieser Fluggastzahlen eine Schließung des Flughafens Tempelhof verlangen und sich daran beteiligen.

[Beifall bei der FDP – Vereinzelter Beifall bei der CDU – Gaebler (SPD): Dann müssen Sie einmal zuhören, nicht nur reden!]

Dann kommt noch unser Wirtschaftssenator, der in der Debatte am 11. November 2004 auf die sinngemäße Frage meines Kollegen von Lüdeke, ob er gedenke, mit den potentiellen Investoren zu sprechen, gesagt hat:

Meine E-Mail-Adresse ist bekannt. Meine Telefonnummer und die Anschrift Martin-LutherStraße 105 ebenso. Bisher hat kein Investor dabei Schwierigkeiten gehabt, mir Angebote schriftlich zu unterbreiten, auch wenn nicht ausgeschrieben wird.

So gehen Sie mit diesen Investoren um. Das sind die beiden tragenden Säulen dieser Regierungspolitik: Arroganz und Ignoranz! Das ist das, was diese Regierung auszeichnet, aber nicht das Bemühen, seriös mit solchen Angeboten umzugehen.

[Beifall bei der FDP – Gaebler (SPD): Das sagt der Richtige! – Liebich (PDS): Der bescheidene Sachpolitiker, bekannt für seine Zurückhaltung!]

Jetzt ist es absolut an der Zeit. Es ist noch einmal erneuert worden von der mittlerweile drittgrößten Gesellschaft, hier beizuspringen, mitzuhelfen. Da ist es Ihre Aufgabe, die unternehmerischen, wirtschaftlichen Ziele der DBA mit den stadtentwicklungs-, verkehrspolitischen Zielen des Landes Berlin in Einklang zu bringen

[Gaebler (SPD): Die sind nicht in Einklang zu kriegen!]

und diese Kapazitäten, solange Schönefeld noch nicht als BBI existiert, aufrecht zu erhalten. Das ist die erste klare Forderung.

Die zweite klare Forderung ist, endlich, was die Realisierung von BBI angeht, aus dem Knick zu kommen. Endlich was zu machen, hier mit der Bundesregierung,

Wir sind in einer Entwicklung befangen, sowohl regional als auch international, dass wir bei allen auftauchenden Katastrophen immer wieder als ersten Satz hören: Man kommt an die Zentren noch nicht heran. Es fehlen Hubschrauber, die gesamte Versorgung und der Transport von Hilfsmitteln dauern zu lange. – Wir sind in der Situation – international wird das Gott sei Dank bereits diskutiert –, dass eine Vernetzung von Katastrophenflugplätzen geschaffen werden muss, um diese Einsätze, gleich welche auch immer, schnell realisieren zu können. Wir können zwar in ein paar Stunden nach New York fliegen, um Shopping zu machen, aber wir sind nicht in der Lage, innerhalb von einem oder zwei Tagen Hilfsgüter dahin zu bringen, wo sie benötigt werden.

Diese Fragen, die ich dem Innensenator gestellt habe, die er auch beantwortet hat, sind in Frageform behandelt worden, gewissermaßen im Konjunktiv, was mit diesem Flughafen Tempelhof gemacht werden könnte. Es wäre für den Innensenator möglich gewesen, in die Zukunft hinein zu antworten. Er hat jedoch nur über den Status quo und die Vergangenheit berichtet. Er hat mehr oder weniger, wahrscheinlich, weil es innerhalb des Senats so beschlossen ist, alles abgewiegelt, was an Innovationen eventuell möglich gewesen wäre.

Ich wiederhole noch einmal: Der Flughafen Tempelhof ist keine Konkurrenz zu Schönefeld und darf auch nicht als solche verstanden werden. Das ist nicht der Sinn der Anfrage gewesen. Es gibt eine ganze Reihe von Flugbewegungen, die sowohl im Katastrophenbereich als auch im medizinischen oder sozialen Bereich erforderlich sind, die auf solch einem Flugplatz angesiedelt werden sollten. Wir sollten glücklich sein, dass wir einen derartigen Reserveflugplatz haben, und nicht, Herr Gaebler, wie Sie denken: Alles ist immer nur Immobilie. Wenn der Flugplatz Tempelhof und der in Tegel nicht umgewandelt würden in Reservefläche, dann würde die Entwicklung in Berlin nicht zu Stande kommen. – Das ist doch einfach nicht richtig! Lesen Sie doch noch einmal meine Kleine Anfrage und die Antwort des Innensenators durch. Vielleicht kann dieses Gespräch noch geführt werden. – Ich danke Ihnen!

mit dem Land Berlin das Ganze voranzutreiben – da gebe ich Ihnen ausnahmsweise einmal Recht, Herr Ratzmann, in verkehrspolitischen Fragen ist das ja selten genug –, hier die Sache nicht nur luftblasenartig zur Chefsache zu machen, sondern wirklich etwas für das Projekt zu tun. Sonst haben wir in Berlin das nächste Projekt, was Sie in den Sand setzen. In allen wichtigen Fragen zu versagen, kann nicht das Resümee von insgesamt bald fünf Jahren Regierungszeit sein. Strengen Sie sich mal ein bisschen an!

[Beifall bei der FDP und der CDU]

Vielen Dank, Herr Kollege Dr. Lindner! – Das Wort hat jetzt der Herr Kollege Jungnickel, fraktionslos, fünf Minuten lang. – Bitte, Sie haben das Wort!

Vielen Dank, Herr Präsident! – Meine Damen und Herren! Herr Regierender Bürgermeister! Aus welchen Gründen auch immer Sie die politische Entscheidung getroffen haben, den Flughafen Tempelhof schließen zu lassen

[Krug (SPD): Nicht wir haben die getroffen! – Zuruf des Abg. Gaebler (SPD)]

Ja, das ist einfacher, als wenn ich alle anspreche! Herr Gaebler! Ich kann Sie dann ja auch miteinbeziehen, wenn Sie das gern möchten. –, der Beschluss ist falsch!

Ich habe nichts gegen Schönefeld, Jobcenter hin, Jobcenter her. Soll doch da so viel Geschäft wie nur möglich gemacht werden, ich bin nach wie vor der Meinung, dass Sperenberg der bessere Platz gewesen wäre.

[Niedergesäß (CDU): Richtig!]

Aber das Oberverwaltungsgericht – und es ist ja auch ein Zeichen für das Versagen der Politik, dass immer öfter Gerichtsentscheidungen getroffen werden – hat am 24. September 2004 die Entscheidung der Luftverkehrsbehörde Berlin unwirksam gemacht. Das war ein Glücksumstand, weil auf diese Art und Weise Zeit zum Nachdenken gewonnen wurde. Offensichtlich dauert das bei denjenigen, die den Flughafen Tempelhof schließen wollen, sehr lange, bis durchdringt, dass es nicht so ist, wie Herr Ratzmann vorhin gesagt hat, dass innerstädtische Flughäfen nicht mehr benötigt werden. Das wird sich in den nächsten Jahrzehnten anders entwickeln. Das ist falsch. Die Konsequenz Ihres Antrages ist deshalb falsch – unabhängig von dem Zeitpunkt, unabhängig von dem, was hier gesagt worden ist –, weil sie einen Verlust von Optionen bedeutet. Diesen Verlust von Optionen darf man sich niemals leisten.

Ich möchte auf eine Kleine Anfrage hinweisen, die ich am 9. Mai 2004 gestellt habe, die vom Senator für Inneres, Herrn Körting, am 16. Juli 2004 beantwortet wurde. Sie betrifft den Flughafen Tempelhof und darauf, dort einen Katastrophenflughafen einzurichten.

[Gaebler (SPD):Dafür brauchen wir Tempelhof?]

Danke schön, Herr Kollege Dr. Jungnickel! – Nun hat der Senat das Wort. Es sieht so aus, als nahe sich der Regierende Bürgermeister. – Bitte sehr, er hat das Wort!

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Das Thema Bau des Flughafens Berlin-International in Schönefeld ist das entscheidende, zentrale wirtschaftspolitische und zukunftspolitische Thema für die gesamte Region und nicht nur für die Region Berlin-Brandenburg, sondern auch für eine verbesserte wirtschaftliche Situation in ganz Ostdeutschland. Von diesem Bau wird viel an wirtschaftlicher Entwicklung ausgehen. Es ist in etlichen Reden bereits beschrieben worden, wie das auch eine Jobmaschine sein kann.

RBm Wowereit

Wir haben die Flughafengesellschaft neu aufgestellt. Wir haben sie neu geordnet, sie wirtschaftlich auf eine stärkere Basis gebracht und personell besser aufgestellt. Wir haben die notwendigen Vorbereitungen für die Verwirklichung des Flughafens getroffen. Ich verweise auf die Umsiedlungen. Wir haben Planungsleistungen vergeben. Das habe ich neulich in den Ausschüssen alles detailliert dargestellt. Wir sind also fit und vorbereitet. Wir haben ein Finanzierungskonzept vorgelegt, das relativ schonend mit den öffentlichen Haushalten umgeht. Wir haben durch die Beteiligung von Transparency International auch dafür gesorgt, dass wir ein transparentes Verfahren bekommen werden – in vorbildlicher Art und Weise, wie noch nie ein Großprojekt begleitet worden ist. In den letzten Jahren ist es also eine Erfolgsstory geworden – eine Umkehr der Politik, die auf vielen schwachen Füßen stand.

In den letzten Jahren hat sich die Flughafengesellschaft zu einer Erfolgsstory entwickelt. Das soll nicht schön geredet werden, sondern alle Zahlen sprechen dafür. Wer meint, dass Leipzig ein Erfolg ist, der kann das gern behaupten. Dass das die Leipziger tun, ist klar, aber dass das von Berliner Seite kommt, das wundert mich schon sehr. Gerade im Jahr 2004 gab es in Leipzig eine Steigerung des Flugverkehrs um 3,9 %, in Berlin dagegen eine in Höhe um 11,8 %. Die Leipziger liegen bei knapp 2 Millionen Passagieren, wir bei knapp 15 Millionen. Deshalb, glaube ich, sind alle Anwürfe, dass Leipzig so toll sei und sich im Vergleich zur Berliner Region so wunderbar entwickelt habe, ad absurdum zu führen, wenn man sich allein diese Zahlen ansieht.

[Beifall bei der SPD und der PDS]

Wir wollen einen leistungsstarken Flughafen haben. Ich wundere mich allerdings, wenn Vertreter der CDU – und, wie man durch die Zwischenrufe merkt, total gespalten: Herr Niedergesäß, der gegen Schönefeld ist –

[Niedergesäß (CDU): Das ist doch Quatsch!]

Was? Sie sind für Schönefeld? –

[Niedergesäß (CDU): Natürlich! Bis 1996!]

Ach, bis 1996 waren Sie dagegen? Und wie sind Sie heute? – Für Schönefeld? –

[Doering (PDS): Heute ist er eigentlich für Bohnsdorf!]

Sind Sie heute für Schönefeld? – Heute ist er für Schönefeld! Aber durch seine Zwischenrufe wird immer deutlich: Eigentlich ist er für Sperenberg.

Es ist manchmal sehr schön, sich zu erinnern. Es hilft zwar in der Politik nicht viel, weil man natürlich immer nur für das verantwortlich gemacht wird, was jetzt ist. Aber der Konsens 1996 war einer von drei Beteiligten: Das war der Bund, es war das Land Brandenburg, und es war das Land Berlin. Herr Gaebler hat schon geschildert, wie es zur Standortentscheidung für Schönefeld gekommen ist. Diese Entscheidung ist damals getroffen worden. Die kann man für falsch halten, die haben damals viele für falsch gehalten. Ich kann auch verstehen, dass die Menschen, die in Schönefeld und Umgebung leben und die sich potentiell beeinträchtigt fühlen, der Auffassung sind, dass es eine falsche Entscheidung ist. Es ist jedoch letzten Endes eine Abwägungsentscheidung. Es war eine gemeinsame Entscheidung der drei Gesellschafter, später dann auch eine dieses Parlaments in Mehrheit. Ich hätte mich als Regierender Bürgermeister gefreut, 2001 anzutreten und der Flughafen Berlin-International wäre schon fertig gewesen, Herr Kaczmarek! Zehn Jahre CDUVerantwortung auch dafür!

[Beifall bei der SPD und der PDS – Zurufe von der CDU]