Wird der Dringlichkeit hinsichtlich des zuletzt genannten Antrags widersprochen? – Das ist nicht der Fall.
Ich eröffne die II. Lesung und schlage vor, die Einzelberatung der drei Paragraphen zu verbinden. Hierzu höre ich keinen Widerspruch. – Ich rufe auf die Überschrift, die Einleitung sowie die §§ 1 bis 3 Drucksache 15/3369. Für die Beratung steht den Fraktionen jeweils eine Redezeit von bis zu 5 Minuten zur Verfügung. Es beginnt die Fraktion der CDU. Das Wort hat der Kollege Braun. – Bitte schön!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Nach dem Aufruf des Tagesordnungspunktes durch den Präsidenten bekommt man den Eindruck, hier handele es sich um eine ganz schwierige Materie. Tatsächlich kann man es relativ kurz machen. Es geht darum, ob der öffentlich-rechtliche Rundfunk vom Gebührenzahler mehr Gebühren bekommen soll oder nicht. Das ist die Kernfrage. Darüber haben wir heute zu einer Entscheidung zu kommen. Die Mitarbeiter des RBB kann ich beruhigen. So, wie die Mehrheitsverhältnisse hier im Hause aussehen, wird es dazu kommen. Es wird dazu kommen, wie wir auch in anderen Fällen – bei der Stadtreinigung, bei der BVG, beim Wasser – immer wieder zu Gebührenerhöhungen kommen, so werden wir auch hier dazu kommen. Es ist ja auch einfach, das auf den Bürger zu übertragen, wenn man selbst nicht in der Lage ist, in seinem eigenen Haus zu massiven Einsparungen zu kommen. Und dann wird die Grundsatzdebatte nicht mehr geführt.
Ich hätte mir gewünscht, dass wir wenigstens in den Ausschüssen etwas intensiver und genauer, und zwar auch etwas grundsätzlicher, über die Frage diskutiert hätten. Tatsächlich wurden die wesentlichen Fragen nicht angesprochen. Wir haben die Gelegenheit verpasst, sowohl in der Plenardebatte als auch im Ausschuss, die Grundsatzdiskussion darüber zu führen, wo beispielsweise Abgrenzung ist zwischen öffentlich-rechtlichem Rundfunk und dem Einfluss der Politik, den wir nun einmal auch beispielsweise bei der Gebührenzuordnung haben. Wir haben auch nicht darüber diskutiert, wie weit eigentlich die öffentlich-rechtliche Grundversorgung geht. Wir haben nicht darüber diskutiert, was zum Umfang gehört: Wie viele öffentlich-rechtliche Radioprogramme brauchen wir eigentlich? – Wir haben nicht darüber diskutiert, wie das Verhältnis und die Sicherung des dualen Systems ist. Das wurde alles sehr oberflächlich angerissen. Aber eine ernsthafte und intensive Diskussion haben wir nicht geführt.
Wir haben auch nicht darüber diskutiert, was eigentlich als Gebührenhöhe angemessen ist. Dabei will ich gern einräumen: Wir sind nicht die Buchhalter der Sen
der. Aber wir haben schon die Aufgabe, heute in dieser Abstimmung darüber zu diskutieren, was eigentlich angemessen und was den Bürgern zumutbar ist.
Wir haben auch keine Debatte darüber geführt, wie eigentlich der Zustand des RBB, unserer landeseigenen Rundfunkanstalt, ist und wie wir die Entwicklungsmöglichkeiten des RBB einschätzen. Auch darüber wurde keine Diskussion geführt.
Und wir haben auch nicht ernsthaft darüber debattiert, wie beispielsweise die Verdienste beim RBB sind, die sich deutlich erhöht haben – anders als das, was wir beispielsweise bei uns im Hause diskutieren. – Nun kam eben der Einwand, wir hätten eine Anhörung gemacht. Die Anhörung sah so aus, dass wir lapidare, banale Ausführungen von der Intendantin gehört haben. Eine ernsthafte und tiefgreifende Diskussion hat nicht stattgefunden.
Stattdessen beschäftigen wir uns auch heute in der Debatte mit einigen Nebenschauplätzen. Ich will gar nicht bestreiten, dass das Anliegen der Grünen, was den Datenschutz betrifft, wichtig ist, dass man darüber auch hätte sprechen können und dass wir auch im Ausschuss gehofft haben, dass Herr Garstka schneller ist. Aber auch Sie von den Grünen kommen ein wenig aus dem Mustopf. Die Diskussion geht länger, und heute bekommen wir einen Dringlichkeitsantrag. Aber auch das möchte ich Ihnen nicht vorhalten.
Man kann kurz und einfach festhalten: Es sollten keine Argumente gehört werden, man wollte sich nicht auseinander setzen, man wollte – das hat die Mehrheit hier deutlich gezeigt – den RBB weiter vor sich her dümpeln lassen. Und man ist arrogant, gelangweilt, wie auch heute in der Debatte, auf die Argumente nicht eingegangen. Wir können das nicht ändern. Wir wissen, wie die Mehrheitsverhältnisse sind. Aber erwarten Sie nicht, dass wir Ihnen dafür unsere Hand reichen und die Zustimmung zu solch einer Gebührenerhöhung geben. – Vielen Dank!
Danke, Herr Kollege Braun! – Es folgt die Fraktion der SPD. Das Wort hat der Kollege Zimmermann. – Bitte schön!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Dieser Staatsvertrag ist die Rechtsgrundlage für die „Tagesschau“ und die „Lindenstraße“, für „Aspekte“ und den Kinderkanal, für eine vernünftige Bundesligaberichterstattung und für vieles mehr. Er ist auch die Rechtsgrundlage für unsere Fernsehdemokratie und für Qualität auf dem Bildschirm, die viele Millionen Zuschauerinnen und Zuschauer von ihren Sendern in Deutschland erwarten. Sie werden sicher großes Verständnis haben, meine Damen und Herren auf der Rechten, wenn wir im Unterschied zu Ihnen im Sinne dieser Zuschauerinnen und Zuschauer eine verlässliche Finanzgrundlage für die Sender schaffen wollen, wenn wir eine
Sicherung des öffentlich-rechtlichen Systems wollen und wenn wir deswegen diesem Staatsvertrag unsere Zustimmung geben werden. Wir müssen das schon deshalb machen, weil Sie in diesem Politikfeld völlig ausfallen. Ich habe immer überlegt, Herr Braun, ob Sie in dieser Frage in Ihrer Fraktion eine Mindermeinung vertreten oder nicht. Aber nach der Presseerklärung von heute von Ihrem Fraktionsvorsitzenden ist inzwischen vollkommen klar, dass mit Ihnen überhaupt nicht mehr zu rechnen ist und dass Sie sich in Fragen des öffentlich-rechtlichen Systems als CDU-Fraktion insgesamt ins völlige politische Abseits gestellt haben.
Herr Zimmer fordert in seiner Presseerklärung allen Ernstes, dass erst nach Erhöhung der Programmqualität höhere Gebühren kommen können. Das ist gegen jede Regel, wie wir sie bisher gehabt haben,
es ist aber vor allen Dingen endgültig das Wandern der CDU zur FDP, wo die FDP nämlich schon immer war – nach dem Motto: Keinen Cent mehr für die Öffentlichen, alle Quotenbringer für die Privaten. Das ist offenbar Ihre Politik seit heute, seit geklärt ist, dass dies die Haltung der gesamten CDU ist. Wenn es Ihnen wirklich um Qualität ginge, würden Sie sich mit uns über eine auskömmliche Finanzierung auseinander setzen und am Ende diesem Staatsvertrag auch zustimmen.
Sie stehen aber nicht nur hier in Berlin als CDU im Abseits, sondern sie stehen im gesamten Bundesgebiet im Abseits. In allen anderen Ländern verhält sich die CDU verantwortungsbewusst, die schließlich diesen Staatsvertrag in allen Facetten mitverhandelt hat. Die CDU in den anderen Bundesländern lässt ihren jeweiligen Sender nicht hängen. Sie hingegen tun es und verlassen sich auf uns. Das ist wohlfeil aus populistischen Beweggründen, aber nicht verantwortungsbewusst. Das werden wir in Zukunft herausarbeiten.
Sie haben noch eine Chance, wenn Sie am Ende doch noch über Ihren Schatten springen und diesem Vertrag zustimmen. Dann ist klar, ob Sie in Berlin zum öffentlichrechtlichen System stehen oder nicht.
Ich will Missverständnissen vorbeugen: Auch wir sind für einen äußerst sparsamen Umgang mit Gebühreneinnahmen. Deshalb haben wir gemeinsam mit Brandenburg aus zwei Sendern einen gemacht, deswegen werden in mancher Sparte Doppelangebote abgebaut, deswegen wird verstärkt auf Produktionskosten geachtet, und deshalb sind auch Einsparungen bei den Personalkosten unvermeidbar, was einige im RBB jetzt schmerzlich erfahren. Auf der anderen Seite muss aber der ermittelte Bedarf gedeckt werden. Solange die Länder – auch die CDULänder – mit ihrem Funktionsauftrag ihre Sender geradezu dazu auffordern und dazu verpflichten, alles mögliche
vorzuhalten, müssen sie auch für die notwendige Finanzierung sorgen. Die anderen CDU-Kollegen verhalten sich zumindest so konsequent, dass sie auch das Geld bewilligen, Sie hingegen verweigern es.
Wir müssen mittlerweile froh sein, dass es überhaupt einen Vertrag gibt. Nach dem langen Gezerre zwischen den Ministerpräsidenten liegt nun ein gerade noch vertretbares Ergebnis vor. Es reißt uns nicht vom Hocker, aber es gilt: Entweder gibt es diesen Vertrag oder keinen. Deshalb muss der Vertrag ratifiziert werden.
Ich will die Einzelheiten dieses zweifelhaften Verfahrens nicht erneut vortragen. Wir haben das alles breit diskutiert. Wir haben übrigens im Ausschuss auch die Inhalte des Vertragsentwurfs ausführlich debattiert, Herr Braun. Ich sehe nicht, welche Defizite es da gegeben haben soll. Ihnen muss da etwas entgangen sein.
Zum Schluss eine Anmerkung zum letzten Bremsversuch der Kollegin Ströver: Wir werden selbstverständlich darauf achten, dass die datenschutzrechtlichen Erfordernisse eingehalten werden. Wir haben deshalb mit unserem Antrag den Datenschutzbeauftragen gebeten, diesen Prozess genau zu begleiten und darauf zu achten, ob der Datenschutz eingehalten wird. Wir haben diesbezüglich keine Sorgen. Deshalb jedoch das gesamte Verfahren stoppen zu wollen, wie soll das aussehen? Soll der Präsident an die 15 Landtage schreiben, dass alles erst einmal vertagt werden müsse? Soll es eine neue Konferenz geben und sollen die Ministerpräsidenten in das Rote Rathaus eingeladen werden, um alles neu zu verhandeln? – Das ist aus meiner Sicht unrealistisch und unangemessen. Ich freue mich auf Ihre Begründung. Ansonsten freue ich mich auf den sachlichen Streit mit der linken Seite des Hauses, mit der rechten Seite kann man an dieser Stelle nicht weiterdiskutieren.
Danke schön, Herr Kollege Zimmermann! – Bündnis 90/Die Grünen folgt, Frau Kollegin Ströver hat das Wort. – Bitte schön!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Anders als Sie, Herr Braun, stehe ich auf dem Standpunkt, dass über keinen Rundfunkstaatsvertrag so viel diskutiert worden ist wie über diesen. Wir haben uns im zuständigen Ausschuss ziemlich viel Mühe gegeben, alle Facetten an Änderungen, die in diesem Staatsvertrag vorgesehen sind, zu beraten.
Dies ist nun die achte Änderung, und in dieser liegt allerdings eine Menge medienpolitischer Sprengstoff. Zwei Tabubrüche werden mit diesem Staatsvertrag vorgenommen. Wir haben darüber im Ausschuss schon heftig gestritten, aber hier noch einmal in Kürze zum Nachvollziehen: Erstens ist das Gebot der staatsfernen Festsetzung der Rundfunkgebühren ausgehebelt worden. Die Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs der Rundfunkanstalten, die staatsfern organisiert ist, hat einen anderen Vorschlag vorgelegt als den, der anschließend wie auf
dem Basar zwischen den Ministerpräsidenten hin und her verhandelt worden ist, bis man schließlich bei 88 Cent gelandet ist. Das ist ein Vorgang, der seinesgleichen sucht. Die Leichtfertigkeit, mit der hier von einem durch das Bundesverfassungsgericht vorgegebenem Verfahren abgewichen worden ist, gibt es in anderen Politikfeldern nicht. Bei der Medienpolitik jedoch wird es gemacht. Das ist nicht in Ordnung.
Die muss man aber detailliert darlegen. In der Begründung zum Staatsvertrag machen sie vier Zeilen aus, mehr nicht. Es gibt keine dezidiert formulierten Gründe, um von diesem Votum abzuweichen.
und sagt, eine Erhöhung der Rundfunkgebühr in diesem moderaten Rahmen sei überhaupt nicht zu verantworten, nehme ich Ihnen das nicht ab. Was Sie wollen, ist eine Schwächung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks zugunsten der kommerziellen Sender. Mit diesem Argument, Herr Zimmer und Herr Braun, kommen Sie bei uns nicht durch.
[Beifall bei den Grünen und der SPD – Rabbach (CDU): Da fallen wir vor Schreck um! – Weitere Zurufe von der CDU]
Der zweite Tabubruch in diesem Staatsvertrag ist die Möglichkeit des Adressabgleichs mit privaten Firmen. Das bedeutet im Endeffekt die Zulassung von Adresshandel. Was bedeutet dies konkret? – Erstmals kann die Gebühreneinzugszentrale GEZ nicht nur einen Abgleich mit den Daten der offiziellen Meldebehörden vornehmen, sondern auch mit kommerziellen Firmen, beispielsweise mit dem Rundfunkgerätehandel. Man tauscht Käuferadressen aus, was unseres Erachtens einen Eingriff in den Daten- und Persönlichkeitsschutz darstellt. In Abwägung der Argumente wollen wir das nicht mitmachen.