Protocol of the Session on January 20, 2005

Im Verlauf dieses Diskussionsprozesses wurden allein vom Senat drei Berichte vorgelegt, die ebenfalls diskutiert wurden. Angesichts der öffentlichen Debatte um die Rolle Berlins als Hauptstadt hatte der Ausschuss dem Abgeordnetenhaus zwei Mal entsprechende Entschließungen zur Beschlussfassungen empfohlen. Unsere parlamentarische Entschließung hatte sich damit wiederholt als vorbildhaft auch für die anderen Landtagsparlamente erwiesen und war sogar wirksame Unterstützung der entsprechenden Position des Senats und der Verhandlungsführung des Regierenden Bürgermeisters sowie des Chefs der Senatskanzlei als Kommissionsmitglieder.

Frau Kollegin! Gestatten Sie eine Zwischenfrage von Herrn Lindner?

Nein, am Ende, Kurzintervention macht er ja sowieso. – Bitte, das überlasse ich Ihnen. –

Das Abgeordnetenhaus hat sich damit sehr wohl verantwortungsbewusst in die Debatte eingebracht. Trotz dieser Anstrengungen – auch unsererseits – müssen wir nun bedauernd zur Kenntnis nehmen, dass sich die Bundesstaatskommission nicht auf einen gemeinsamen Vorschlag hat verständigen können. Die dringliche Modernisierung der bundesstaatlichen Ordnung und die Stärkung der jeweiligen Handlungsfähigkeit von Bund und Ländern ist damit vorerst gescheitert.

Obwohl bereits – Herr Zimmermann hat darauf hingewiesen – ein erheblicher Konsens erreicht war, blieb wegen mangelnder Kompromissbereitschaft einzelner Akteure in nur einem Teilbereich, nämlich der Bildung, die Arbeit vieler Monate insgesamt ohne Ergebnis. Damit gibt es für Berlin die wichtige Hauptstadtklausel im Grundgesetz nun bedauerlicherweise auch nicht.

Für uns ist und bleibt die Reform des Bundesstaates notwendig, und wir bestärken ausdrücklich alle Anstrengungen des Regierenden Bürgermeisters, den Diskussionsprozess weiterzuführen und sich für die Wiederaufnahme der Arbeit der Kommission einzusetzen. Wir haben uns gestern im Ausschuss mit dem Regierenden Bürgermeister und dem Abgeordneten Ratzmann darüber verständigt und unterstützen das Engagement um die Fortsetzung der Arbeit und den Versuch eines möglichst kurzfristigen positiven Abschlusses des Reformprozesses.

Nun zum vorliegenden FDP-Antrag: Der Vorschlag, Herr Lindner, der Einberufung eines unabhängigen Föderalismuskonvents erscheint uns nicht zielführend, denn er ist nicht das geeignete Mittel zur Lösung. – Sie wollen offensichtlich die Diskussion auch gar nicht, denn Sie ziehen es vor, sich untereinander zu unterhalten. Sei es drum. – Der Antrag verkennt klar die Ursachen der entstandenen Situation. Sie liegen unseres Erachtens im Kompetenzgerangel der einzelnen Entscheidungsträger.

Auch wenn, Herr Hahn, ein neuer, breit diskutierter Vorschlag vorliegen würde: Es bleiben am Ende wieder diejenigen, die darüber entscheiden müssen, genau jene, die sich nicht einigen können. Es sind auch nicht die Leute, die im Tagesgeschäft Politik betreiben, wie Herr Lindner sagte, „die Ursache“. Sondern jene Leute bleiben am Ende übrig, die laut Verfassung die Entscheidung zu treffen haben. Dieses Problem lösen Sie auch mit einem Konvent nicht.

Die Bundesstaatskommission hat zudem vernünftige und zukunftsweisende Vorschläge – auch unter Hinzuziehung von externem Expertenwissen – zur Genüge produziert. Es lagen diverse Gutachten vor. Es fehlen lediglich die notwendigen politischen Verständigungen und die entsprechende gesetzliche Umsetzung durch die dafür vorgesehenen Verfassungsorgane.

Fazit für uns: Wir sind klar für eine rasche Wiederaufnahme der Arbeit der Kommission und appellieren an das Verantwortungsbewusstsein der jeweiligen Akteure, zumal der Konsens bereits unerwartet breit erreicht worden war. Wir sind gewiss, dass, wenn man an die Verantwortung appelliert und die politischen Entscheidungsträger diese auch wahrnehmen, ebenfalls im Bereich der Bildung ein Konsens möglich ist und würden uns gern dafür einsetzen. – Herzlichen Dank!

[Beifall bei der PDS und der SPD]

Vielen Dank, Frau Kollegin Michels! – Nun folgt die Fraktion der Grünen. Das Wort hat der Kollege Ratzmann.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich frage mich natürlich schon, woher der Herr Kollege Hahn seinen Glauben nimmt, dass der Herr Bundespräsident auf einen Antrag unseres Hauses eine Kommission, einen Konvent einberuft, den er schon längst hätte einberufen könne, was er aber nicht getan hat.

[Hahn (FDP): Den Glauben habe ich gar nicht!]

Ich frage mich auch, woher Sie , Herr Hahn, den Glauben nehmen, dass die Einwendungen, die Sie gegen eine erfolgreiche Fortsetzung der Kommission eingebracht haben und die auch Herr Lindner noch einmal aufgezählt hat, nicht auch gegen eine erfolgreiche Durchführung eines Konvents sprechen sollten.

Gerade diese Kommission und das Scheitern der Kommission haben uns deutlich gemacht, wie fragil das Gebilde zwischen Bund und Ländern ist. Es hat ebenfalls deutlich gemacht – dazu genügt auch ein Blick in das Grundgesetz –, dass wir in diesen Strukturen zu einer Veränderung kommen müssen. Die Kommission ist gescheitert, aber wir alle wissen – das ist eben auch deutlich geworden –, dass der Auftrag, den die Kommission erhalten hatte, nach wie vor bestehen bleibt. Sie sollte eine Empfehlung abgeben, um einen Ausweg aus der blockierten Republik zu finden. Das hat sie nicht getan, sondern sie hat selbst beredtes Beispiel für die Reformunfähigkeit dieses Landes in diesem Bereich abgegeben.

Es war eben nicht die Richtschnur der rationalen Erkenntnis, dass wir grundgesetzliche Entscheidungsstrukturen brauchen, die sich an der politischen Gestaltungsfähigkeit unseres Landes ausrichten, die das Handeln bestimmt hat, sondern es war das eigennützige Denken der staatlichen Organe. Hier muss man wohl in der Tat sagen, dass in erster Linie das eigennützige Denken der BLänder dazu geführt hat, dass die Kommission ihren Auftrag nicht erfüllen konnte.

Dies wird insbesondere daran deutlich – da unterscheide ich mich in der Bewertung von Ihnen, Herr Lindner –, dass sich die B-Länder nicht dazu durchringen konnten, den Knackpunkt „Bildung“, der von Anfang an auf dem Tisch lag, in der entscheidenden Phase auszuklammern und sich dazu durchzuringen, das, was tatsächlich konsensfähig war, zum Abschluss zu bringen und eine weit reichende Reform in dieser Republik durchzusetzen.

Das, was wir auf dem Tisch hatten, konnte sich doch sehen lassen. Wir haben mehrfach im Haus darüber geredet. Herr Lindner, ich weiß, dass Ihre Fraktion – und im Übrigen auch die FDP in der Kommission – immer mit dem Konventsgedanken herumphantasiert hat und meinte, das Ganze würde ohnehin schon an einem Geburtsfehler kranken. Aber wir sind zu Ergebnissen gekommen.

Wir hatten einen konsensfähigen Vorschlag, wie mit Artikel 84 – das war doch die „Mutter der Problem“ in dieser ganzen Verflechtung – hätte umgegangen werden sollen. Dabei wäre etwas für die Landtage herausgekommen. Wir hatten einen Vorschlag zum Beamtenrecht. Gerade heute haben wir wieder einen Vorschlag zur Änderung des Landesbeamtengesetzes auf dem Tisch, bei dem es um die Versorgung der Beamten geht. All dies hätten wir zukünftig viel klarer und eindeutiger regeln können, wenn wir uns mit den Vorschlägen hätten durchsetzen können. Da waren die B-Länder verantwortungslos.

Ich kann auch nicht verstehen, warum sich die A-Länder an dieser Stelle der Vasallentreue zwischen den Ländern ergeben haben und in dieser Situation und Phase der Verhandlung nicht selbst im Bildungsbereich offen Position für den Bund bezogen haben. Herr Wowereit hat es nun ja öffentlich getan und gesagt: Natürlich muss der Bund in der Bildung mit im Spiel bleiben, und natürlich können wir ihn nicht ganz außen vor lassen. Diese Positionierung in der Endphase der Kommission hätte entscheidend dazu beitragen können, dass die Kommission nicht ohne Empfehlung auseinander gegangen wäre. Das ist auch die Richtschnur für das, was wir zukünftig machen müssen, nämlich klar und deutlich Position beziehen, und Druck auf diejenigen ausüben, die sich verhakeln, um dann letztlich nach vorne zu gehen.

Gerade für uns Berliner wäre – das ist von Herrn Hahn angesprochen worden – noch einmal eine ganze Menge mehr herausgekommen, weil wir die Hauptstadtklausel,

Frau Michels

ob mit oder ohne den ominösen zweiten Satz, erreicht hätten. In dieser Situation, Herr Lindner, können Sie doch nicht ernsthaft meinen, dass, wenn wir einen Kongress der Honorigen und Noblen dieses Landes zusammenführen, die Beteiligten etwas anderes auf den Tisch legen werden als das, was wir in der Kommission bereits erarbeitet haben.

[Dr. Lindner (FDP): Aber selbstverständlich!]

Herr Lindner! Sie werden das Problem haben, dass diejenigen, die die Entscheidungen treffen müssen, sich daran abarbeiten werden, auch vor dem Hintergrund der Problemstellungen, die jetzt auch Pate gestanden haben.

Kollege Ratzmann! Gestatten Sie trotz spätester Zeit noch eine Zwischenfrage von Herrn Hahn?

Herr Ratzmann! Woher nehmen Sie denn den Optimismus anzunehmen, das ein Land wie Bayern, das bildungspolitisch durchaus an der Spitze unseres Landes steht, sich darauf einlassen sollte, der Bundesregierung auf genau diesem Feld einen Einfluss einzuräumen? Das würde das Land doch herunterziehen, und deshalb kann es dies doch nicht akzeptieren. Müssen wir nicht eingestehen, dass ein Kompromiss in diesem Bereich sehr unwahrscheinlich ist?

Herr Hahn! Weil ich immer noch die Hoffnung habe, dass das, was die Länder zu Beginn der Kommission gesagt haben, dass sie so etwas wie gesamtstaatliche Verantwortung in dieser Republik mit tragen werden, auch von dem Freistaat Bayern ernst genommen wird. Weil ich hoffe, dass sie sich Gedanken darüber machen, dass nicht nur der Freistaat Bayern im Bildungswesen ganz vorne ist, nicht nur hier die höchsten Berge sind, sondern auch Mecklenburg-Vorpommern, Brandenburg und auch Berlin aus der Schlusslichtposition heraus müssen, und weil ich glaube, dass wir es im internationalen Kontext nicht diesen kleinen Gebilden regional verfasster Länder überlassen können, die Bildungslandschaft der gesamten Republik zu gestalten.

Genau das unterstelle ich den Ländern, genau diese Erkenntnis. Und wenn Sie mal genau hingeguckt haben, Herr Hahn, dann werden Sie festgestellt haben, dass es insbesondere die „Boygroup“ aus Wulff, Müller und Koch gewesen ist, die das Ganze zum Einsturz gebracht hat. Die anderen waren viel verhaltener in diesem Bereich. Das ist die eigentliche Crux, dass die CDU auf dem Rücken dieser Reform ihre parteiinternen machtpolitischen Spielchen getrieben und damit das Ganze zum Einsturz gebracht hat. Das ist das eigentlich Verantwortungslose, was da passiert ist. Und ich habe die Hoffnung, dass einige jetzt aufgewacht sind und dass wir diese kleine Chance, dieses kleine Zeitfenster, das wir haben, bis zum Sommer, nutzen können und dass das, was auf dem Tisch liegt, umgesetzt wird und meinetwegen die Bildungsfrage in einem gesonderten Konvent zum Abschluss gebracht

wird. Das wäre das richtige Vorgehen, und darüber lassen Sie uns reden. Lassen Sie uns hier aus dem Haus lieber ein klares Signal senden in Richtung von Herrn Wowereit, mit den anderen weiter zu diskutieren und das, was auf dem Tisch liegt, zum Abschluss zu bringen. Das ist das, was wir machen müssen. Wir als Landtage müssen da ein Stückchen weit Verantwortung übernehmen. – Vielen Dank!

[Beifall bei den Grünen – Vereinzelter Beifall bei der SPD]

Danke schön, Herr Kollege Ratzmann! – Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Der Tagesordnungspunkt ist für heute erledigt.

Wir kommen zur

lfd. Nr. 3:

II. Lesung

Parlamentarische Kontrolle des Verwaltungsreformprozesses – Gesetz zur Änderung des Dritten Gesetzes zur Reform der Berliner Verwaltung (Verwaltungsreform-Grundsätzegesetz – VGG)

Beschlussempfehlung VerwRefKIT Drs 15/3493 Antrag der CDU Drs 15/475

Der Ausschuss hat einstimmig beschlossen, den CDUAntrag Drucksache 15/475 für erledigt zu erklären. Wer so beschließen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind alle Fraktionen. Enthaltungen? – Ohne Enthaltungen. Dann ist das einstimmig für erledigt erklärt.

Wir kommen zur

lfd. Nr. 4:

a) II. Lesung

Gesetz zum Achten Rundfunkänderungsstaatsvertrag

Beschlussempfehlung EuroBundMedien Drs 15/3508 Vorlage – zur Beschlussfassung – Drs 15/3369

b) Beschlussempfehlung

Forderung nach einem echten dualen Rundfunksystem in Deutschland

Beschlussempfehlung EuroBundMedien Drs 15/3507 Antrag der FDP Drs 15/3400

c) Beschlussempfehlung

Zukunft des öffentlich-rechtlichen Rundfunks