Die Geschichte des Tempodroms wurde schon vielfältig erzählt; das möchte ich nicht noch einmal im Detail tun. Wir erinnern uns alle an Sponsoringessen, an die Spenden von Herrn Specker. Und wir erinnern uns auch an den Vorgang der Finanzierung des Tempodroms über die IBB
und an die Anzeige der CDU-Fraktion. Mir wäre es lieber gewesen, wir hätten diese Anzeige nie erstatten müssen.
Aber die Schuld dafür tragen Sie, links und rechts von mir, ganz allein. Die Schuld tragen Herr Strieder – der nun nicht mehr im Senat sitzt –, Herr Sarrazin, sicherlich zu einem guten Teil auch Herr Strauch und der Rest des Senats. Nicht derjenige, der das Unrecht ans Tageslicht bringt, ist der Übeltäter, sondern derjenige, der es begeht. Und das sind im Zweifelsfall Sie.
und 36 verurteilt worden. 13 von diesen 50 sind suspendiert worden. Der Innensenator hat uns erklärt, es habe etwas mit der Art und Schwere des Vorwurfs zu tun. Deswegen wäre es passender gewesen, wir hätten uns nicht über Polizeibeamte unterhalten, wo es einen bunten Strauss von Anzeigen gibt, sondern wir hätten uns über das unterhalten, was hier einschlägig ist. Wir hätten uns unterhalten müssen über Vorwürfe wie Korruption und über Vorwürfe wie Untreue, noch dazu Untreue zu Lasten des Dienstherrn.
Dann hat Herr Körting noch etwas gesagt. Er hat auf die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts abgestellt, dass bei bestimmten Tatvorwürfen eine Suspendierung zwingend ist, nämlich dann, wenn eine Verurteilung die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis zur Folge hätte. Bei einer Untreue zu Lasten des Dienstherrn, bei einer Untreue zu Lasten des Landes Berlin ist die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis zwingend. Deswegen ist auch eine Suspendierung in solch einem Fall zwingend. Für einen Politiker kann kein anderer Maßstab gelten.
Aber wir unterhalten uns heute nicht nur über die Frage, wie es beamtenrechtlich aussieht; Herr Sarrazin ist
Letztlich ist der Berliner Haushalt eine anspruchsvolle Aufgabe, die anspruchsvollste Aufgabe, die die Berliner Politik zur Verfügung hält. Mit einem Strafverfahren belastet zu sein, Herr Sarrazin, das Ihre politische, sicherlich auch Ihre persönliche Existenz in gewissem Rahmen extrem gefährdet, und dann noch sein Amt mit voller Kraft ausüben zu können, das verlangt schon Übermenschliches. Ich traue Ihnen eine ganze Menge zu, aber auch Sie werden nicht in Abrede stellen können, dass Sie sich nicht mehr mit voller Kraft diesen Aufgaben widmen können. Deswegen ist es die Verantwortung eines Sena
tors, der für Finanzen zuständig ist, es ist die Verantwortung einer Regierungskoalition, es ist letztlich auch die Verantwortung des Regierenden Bürgermeisters, da für klare Verhältnisse zu sorgen.
Und eines sei an der Stelle noch am Rande bemerkt, Herr Sarrazin, bei aller Wertschätzung für Ihre Tätigkeit als Finanzsenator: Es würde in Berlin auch nicht die Welt zusammenbrechen, wenn Sie nicht mehr Finanzsenator wären. Sie haben den Ruf eines Haushaltssanierers. Wenn wir uns allerdings angucken, wie sich die Verschuldung in Ihrer Amtszeit entwickelt hat, dann muss man klar konstatieren: Im Zeitraum 2002 bis 2005 ist ungefähr ein Drittel der Gesamtverschuldung Berlins nach dem Zweiten Weltkrieg angehäuft worden.
Herr Sarrazin, es ist falsch, wenn Sie im Amt bleiben. Sie kennen meine Meinung dazu. Aber Sie dürfen an dieser Stelle subjektiv sein, Sie dürfen glauben, nichts Unrechtes getan zu haben. Das ist Ihr gutes Recht, und es ist menschlich auch allzu verständlich.
kein Beamter, er ist Senator. Es geht hier um die politisch-moralische Vorbildfunktion von Politikern und vor allen Dingen um den öffentlichen Anspruch der Bürger, der Wählerinnen und Wähler – auch wenn man Sie nicht gewählt hat; nicht jeder in dieser Stadt hat Sie gewählt –, dass die Regierung die ihr geliehene Macht nicht missbraucht, sondern sich an hohen Maßstäben messen lässt. Und ein Finanzsenator, der wegen einer Untreue zu Lasten des Landes Berlin angeklagt wird, genügt diesen Maßstäben mit Sicherheit nicht.
Aber es gibt noch mindestens zwei weitere Gesichtspunkte, Herr Sarrazin, und das werden auch Sie nicht bestreiten können jenseits der Frage, wie es mit Moral und Anstand aussieht; diese Frage kann man im Zusammenhang mit dem Senat durchaus kritisch stellen.
Es geht um die Schwächung der Position des Senators beispielsweise in Karlsruhe. In Karlsruhe unterhalten wir uns darüber, ob das Land Berlin alles getan hat, was in seiner Macht stand, um zu konsolidieren. Und dann tritt dort ein Finanzsenator auf, der mit dem Vorwurf konfrontiert wird – und zwar nicht mit dem Vorwurf der Opposition, sondern mit dem Vorwurf der Staatsanwaltschaft –, dass öffentliche Mittel in Höhe von Millionen € an Recht und Gesetz vorbei verschwendet worden sind. Das schwächt unsere Verhandlungsposition in Karlsruhe mit Sicherheit.
[Beifall bei der CDU – Liebich (PDS): Das ist nicht der Vorwurf der Staatsan- waltschaft, sondern ein ganz anderer Vorwurf!]
Herr Liebich! Das ist kein anderer Vorgang. Worüber reden wir denn hier? – Über die Argumentation des Senators, er habe das Geld deswegen gegeben – jetzt lassen wir einmal den strafrechtlichen Vorwurf beiseite –, um eine Insolvenz zu vermeiden.
Und ist die Insolvenz eingetreten? Ja oder nein, Herr Liebich? – Die Insolvenz ist eingetreten. Sie haben teuer eine Insolvenzverschleppung bezahlt aus Mitteln, die dafür nicht hätten zur Verfügung gestellt werden dürfen. Das ist der Kern der Wahrheit an dieser Stelle.
Aber: Der Regierende Bürgermeister, Herr Wowereit, ist letztlich derjenige, der die politisch-moralische Integrität des Senates bewahren muss. Das ist Ihr Job als Regierungschef auch ohne Richtlinienkompetenz. Dabei ist die rechtliche Prüfung an dieser Stelle, auf die Sie sich immer gern zurückziehen, mit Sicherheit nicht das Entscheidende. Dass Sie mit Ihren rechtlichen Einschätzungen gern mal daneben liegen, ist allgemein bekannt. Ich will gar nicht auf Ihre Prüfung im Bundesrat abstellen, ich will gar nicht auf Ihre Einschätzung der Verfassungswidrigkeit des Landeshaushalts eingehen. Darauf kann sich jeder selbst seinen Reim machen. Aber, Herr Wowereit, sich an dieser Stelle auf so einen Formalismus zurückzuziehen, das ist eine ganz schwache Leistung, weil Sie sich nicht mal im Ansatz argumentativ mit dem eigentlichen Problem auseinander setzen. Sie versuchen, sich darum herum zu lavieren, und das kann man Ihnen nicht durchgehen lassen.
Verantwortung für die Stadt und deren Ansehen zu übernehmen, das wäre an dieser Stelle das Entscheidende. Verantwortung zu übernehmen, Herr Wowereit – das weiß ich nur zu genau –, das liegt Ihnen nicht. Ich kann Ihnen eines sagen: Herr Sarrazin ist nicht zu halten. – Aber: Herr Wowereit, machen Sie diesem traurigen Schauspiel Ihres Senates ein Ende und bewahren Sie
Nur zu Ihrer Erinnerung: Wir haben Einsparungen in Höhe von rund 500 Millionen € pro Jahr im öffentlichen Dienst durchgesetzt, weil es auf Dauer nicht mehr hinzunehmen war, dass wir alle Einnahmen, die wir in dieser Stadt aus eigener Kraft erzielen, 1:1 für den öffentlichen Dienst ausgeben.
Wir haben es durchgesetzt, dass die ruinöse, milliardenschwere Wohnungsbauförderung gestoppt wird, von der nur einige wenige in Berlin profitiert haben.
Und wir haben es durchgesetzt, dass es zu handfesten Umstrukturierungen in der Hochschullandschaft, in der Hochschulmedizin kommt, mit der wir zu rund 98 Millionen € Einsparungen kommen werden. Im Kulturbereich hat es wichtige Strukturveränderungen gegeben.
[Anhaltender Beifall bei der CDU – Vereinzelter Beifall bei der FDP – Oh! und Ah! von der SPD und der PDS]
Meine Damen und Herren! Bevor ich den Kollegen Müller aufrufe, habe ich die Freude, auf der Besuchertribüne auf der Westseite eine Delegation des Stadtrates von Warschau herzlich zu begrüßen, die zum Parlamentsbesuch bei uns sind.
Herzlichen Dank! – Die Delegation hat gestern auch ein Gespräch mit dem Ausschuss für Europa- und Bundesangelegenheiten geführt und mehrere andere Gespräche, natürlich hauptsächlich die Stadt gesehen. Wir freuen uns, dass die Städtepartnerschaft zwischen Warschau und Berlin auch durch unsere Aktivitäten hier im Parlament so lebendig unterstrichen wird. – Jetzt ist der Kollege Müller dran, der Vorsitzende der SPD-Fraktion. – Bitte, Herr Müller!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Kollege Zimmer! Wir haben uns nach der Berichterstattung in den letzten Tagen natürlich schon gefragt, was Sie heute für eine Rede halten würden. Ich muss zugeben, ich hatte eine Menge erwartet, aber kein juristisches Seminar. Ich dachte schon, da würde ein bisschen mehr politischer Angriff kommen und vor allen Dingen ein Gegenentwurf.
Aber auch an der Stelle ist wieder nichts von Ihren Ankündigungen in den letzten Tagen übrig geblieben, selbst der Misstrauensantrag, den Sie angekündigt haben, nicht.
Da haben Ihre Kollegen aus der Opposition Sie ausgebremst, und nun ist die Frage übrig geblieben: Wie weit sind wir mit dem Mentalitätswechsel? – Ich glaube, das ist zu dünn, Herr Kollege Zimmer, um hier wirklich als Oppositionsführer auftreten zu können.
Dass Sie, Herr Zimmer, sich beim Thema Mentalitätswechsel verheben, wundert nicht, und das müssen wir uns auch durchaus selbstkritisch eingestehen. Wir haben es nicht geschafft, Sie und die Berliner CDU an der Stelle mitzunehmen.