Protocol of the Session on August 26, 2004

Vielen Dank, Herr Präsident! – Meine Damen und Herren! Herr Apelt! Genau da liegt die Crux: Sie wollen keine weiteren Hürden und sind jedoch mitten drin in dem Prozess, weitere aufzubauen.

Aber, Herr Ratzmann, man muss in einem derartigen Prozess, wenn man einen solchen Antrag stellt, den wir – wie gesagt – voll befürworten, Ross und Reiter nennen und sagen, wo bisher die Schwierigkeiten lagen. Da gehört dazu, dass man sagt, dass im Ausschuss BerlinBrandenburg, dem gemeinsamen Ausschuss, der in jeder zweiten Runde zusammen mit dem Landtag Brandenburg tagte, Frau Blechinger und ihre Fraktion der CDU des Landtages es waren, die immer wieder genau an diesem Punkt eingehakt und verhindert haben, dass es eine solche Verfassungskommission gibt.

[Beifall bei der PDS – Beifall der Frau Abg. Seidel-Kalmutzki (SPD)]

Ich finde, das gehört dann dazu, wenn man wie Herr Apelt sagt: Es ist eigentlich alles klar, aber wir wollen keine neuen Hürden aufbauen. – Die Hürden, die haben eine Adresse, und das ist nachweisbar. – Wenn von Herrn Ratzmann so ganz vage gezweifelt und gesagt wird, die PDS müsste hier Farbe bekennen, sage ich aus vollstem Herzen für beide Fraktionen, auch für die PDS-Fraktion im Landtag Brandenburg – und das kann nachgelesen werden in den Ausschussprotokollen – zur Fusion: Wir haben in Berlin eine klare Formulierung im Koalitionsvertrag. Der gilt, daran gibt es keinen Zweifel. Wir werten die Verfassungsfrage als Vorbereitung der Fusion als einen entscheidenden Punkt und werden daran weiter arbeiten.

Warum tun Sie das? – Um eine Verfassungskommission zu installieren, wollen Sie den Umweg über den Präsidenten des Abgeordnetenhauses gehen, obgleich das Gespräch dazu bereits in gemeinsamer Ausschusssitzung zwischen den Parlamentariern geführt wird und auch fortgesetzt werden kann – so jedenfalls die Brandenburger. Ganz unerwähnt bleibt, dass eine solche Kommission auch auf rechtliche Probleme stößt, was verwunderlich ist, wenn diesen Antrag auch ein Jurist mit unterschrieben hat. Indem die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen aber als unabdingbar für eine Fusion die Abstimmung darüber mit einer solchen zur gemeinsamen Verfassung durch den Wähler verbindet und dies durch das Berliner Abgeordnetenhaus auch noch beschließen lassen will, rollen Sie neben die ohnehin schon großen finanzpolitischen Hürden nun noch ein weiteres großes Hindernis für die Fusion.

Ich kann Herrn Apelt nur zustimmen. Zwar haben Sie Recht, wenn Sie sagen, die Brandenburger CDU will auf keinen Fall die Abstimmung über die Fusion mit einer Abstimmung über die Verfassung verbinden. Das ist aber auch gar nicht nötig. Eines allerdings halten wir Liberalen für dienlich und hilfreich, nämlich dass die Bürger wissen, wem sie die Stimme geben können, nämlich welche inhaltliche Positionen sie von einer Partei, die sie wählen, zu erwarten haben, und das auch in der Wahl für ein gemeinsames Parlament berücksichtigen können.

Dazu ist es sinnvoll, zunächst einmal zumindest den Versuch zu machen, eine Kommission einzurichten, die nicht, wie Sie beantragen, eine Verfassung ausarbeiten soll. Das ist nicht das, was wir den Brandenburgern vorgeschlagen haben. Wir haben den Brandenburgern vorgeschlagen – darauf sind Sie leider nicht eingegangen –, dass man wenigstens einmal die Unterschiede herausarbeitet, so dass diese in die politische Diskussion geraten und der Bürger sich daran beteiligen kann.

Der Ausschuss Berlin-Brandenburg hat inzwischen auf Wunsch der Brandenburger Seite – weil sich das Land im Wahlkampf befindet – seine Arbeit zunächst unterbrochen. Wir werden also nach dem 19. September genau an der Stelle fortfahren. Wir werden sehen, wie die politischen Mehrheiten dann aussehen. Uns ist klar, dass eine der wesentlichen Aufgaben nach dem Wahlergebnis in Brandenburg sein wird, die Fusion so vorzubereiten, dass sie Vertrauen schafft. An dieser Stelle sind sich die Brandenburger und die Berliner PDS einig. Wir haben die Grundlagen dazu in der Hand. Wir müssen jedoch unsere Schulaufgaben machen. Dazu sind wir bereit. Ich hoffe, alle anderen Fraktionen in diesem Haus ebenfalls.

[Beifall bei der PDS – Vereinzelter Beifall bei der SPD]

Vielen Dank, Frau Kollegin Michels! – Nun folgt die Fraktion der FDP. Herr Kollege Dr. Augstin hat das Wort. – Bitte schön!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es ist zu begrüßen, dass auch die Grünen mit diesem Antrag an dem Ziel eines gemeinsamen Landes bis 2009 festhalten und den Senat auffordern, alle notwendigen Schritte einzuleiten. Leider wird die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen nur deklaratorisch tätig.

Anders bereits vor der Sommerpause die Fraktion der FDP, die einen Antrag eingebracht hat, dass das Land Berlin endlich eine detaillierte Fusionskonzeption benötige.

[Pewestorff (PDS): Ihr seid doch die besseren Grünen!]

Die Liberalen gehen einen wesentlichen anderen Schritt, nämlich weiter, indem sie in ihrem Antrag auch die finanz- wie rechtspolitischen und inhaltlichen Probleme sowie die Rolle Berlins als Hauptstadt zum Fusionsprozess berücksichtigen. Offensichtlich ist den Grünen das entgangen, und so haben sie es für nötig befunden, uns diesen Antrag heute vorzulegen. Denn selbstverständlich haben wir zwar auch eine Kommission gefordert, aber unter ganz anderen Gesichtspunkten, und zwar nicht solchen, die den Zusammenschluss eher behindern.

[Doering (PDS): Diskussion der Unterschiede oder der Gemeinsamkeiten?]

Es ist schade, dass die CDU dies behindert hat.

Im Ergebnis ist der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen bei ihrem Antrag allenfalls zugute zu halten, dass ihnen durch den Weggang des Abgeordneten Wieland juristischer und inhaltlicher Fachverstand und durch den Abgang des Ausschusssprechers Cramer auch die fachliche Kompetenz und zugleich die Kenntnis der Probleme der Fusion verlorengegangen ist. Ich kann nur hoffen, dass die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen sich in der zukünftigen Ausschussarbeit besser an den wirklichen Problemen orientiert, die wir mit der Fusion haben, und nicht neue Steine und Schwierigkeiten für den Fusionsprozess vom Abgeordnetenhaus beschließen lassen will. – Danke!

[Beifall bei der FDP]

Danke schön, Herr Kollege Dr. Augstin! – Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Der Ältestenrat empfiehlt die Überweisung an den Ausschuss Berlin-Brandenburg. – Ich höre dazu keinen Widerspruch. Dann verfahren wir so.

Die lfd. Nrn. 49 bis 51 sind bereits durch die Konsensliste erledigt.

Lfd. Nr. 51A:

Dringlicher Antrag

Misstrauensantrag gegen die Bürgermeisterin und Senatorin für Justiz Frau Karin Schubert

Antrag der CDU Drs 15/3092

Wird der Dringlichkeit widersprochen? – Das ist nicht der Fall. Für die Beratung steht den Fraktionen nach der Geschäftsordnung jeweils eine Redezeit von bis zu fünf

Vizepräsident Dr. Stölzl

Ihr Abteilungsleiter hat uns in der Sitzung des Rechtsausschusses erklärt, diese Vermerke seien angeblich am 17. oder 18. Juli gefertigt worden, also am Sonnabend oder Sonntag. Offensichtlich eine Sache mit besonderer Dringlichkeit, denn ansonsten gehe ich davon aus, dass bei Ihnen am Wochenende nicht gearbeitet wird.

Angeblich bis zur Abreise in den Urlaub am Montag Abend herrscht dann Funkstille. Sie werden über diese Vermerke, wo es immerhin um Anklagen gegen Ihre ehemaligen Senatskollegen geht, nicht informiert.

Frau Schubert! Ich werfe Ihnen persönlich vor, dass Sie die Justizverwaltung zu Hilfstruppen Ihrer Verteidigung Ihrer Senatskollegen gemacht haben. Ich werde Ihnen auch vor, dass Sie das Parlament nicht umfassend informiert und die Öffentlichkeit getäuscht haben. Sie wollten ein Ergebnis, nämlich die Vermeidung der Anklage gegen Ihre Senatskollegen, und deshalb haben Sie die wichtigen Hinweise, die in dem Vermerk Ihres Strafrechtsreferats enthalten waren, nicht genannt.

Minuten zur Verfügung. Es beginnt die antragstellende Fraktion der CDU. Herr Kollege Zimmer hat das Wort.

[Zuruf des Abg. Zimmer (CDU)]

Aha, anders als gemeldet, der Kollege Braun ergreift das Wort und hat es. – Bitte schön!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Frau Schubert! Wie immer am Montag entschieden wird, das Vertrauen der CDU-Fraktion haben Sie nicht mehr.

[Liebich (PDS): Die CDU-Fraktion ist überhaupt nicht mehr da!]

Sie haben bei Ihrem Amtsantritt gesagt, der Umgang mit der Justiz eigne sich nicht für eine parteipolitische Auseinandersetzung. Dieser Äußerung zollten wir Respekt. Deshalb sind Sie zunächst wohlwollender als andere Senatoren behandelt worden.

Sie kennen die Begründung unseres Antrags. Die CDU fordert einen Neuanfang an der Spitze der Berliner Justiz. Sie sind Ihrer Verpflichtung, die Arbeit der Staatsanwaltschaft zu unterstützen und sie vor Angriffen Ihrer Parteigenossen und Regierungsmitglieder zu schützen, nicht nachgekommen. Seit fast sechs Monaten werden die Ermittlungen in der Tempodrom-Affäre geführt. Seitdem sind die Staatsanwälte einem Dauerbeschuss durch den Senat und die ihn tragenden Fraktionen ausgesetzt.

Höhepunkt war der in Ihrem Haus gefertigte Vermerk, der laut Aussage von Herrn Generalstaatsanwalt beim Kammergericht Neumann der Startschuss für eine Steinigung der Staatsanwaltschaft war. Ich möchte den Mitgliedern des Hauses einige Einzelheiten darstellen. Auf Wunsch der Verteidigung fertigte die Staatsanwaltschaft eine Zusammenfassung der Ermittlungsergebnisse und bewertete diese richtig. Am Donnerstag, den 1. Juli 2004, geht dieser Vermerk im Haus der Justizsenatorin ein und wird ihr umgehend vorgelegt. Vier Tage später, am Montag, den 5. Juli, gibt die Senatorin das kommentierte Schreiben an den Abteilungsleiter zurück. Dieser geht damit in die Fachreferate mit der Bitte um rechtliche Überprüfung. Zehn Tage später, am Donnerstag, den 15. Juli, liegen die Vermerke vor, und zwar aus verfassungs- und haushaltsrechtlicher Sicht einerseits und aus strafrechtlicher Sicht andererseits. Sie werden angeblich der Senatorin nicht vorgelegt, sondern Frau Schubert wird nur mündlich informiert. Da stellt sich schon die Frage, weshalb des erste Schreiben am gleichen Tag vorgelegt wurde und dieses nicht. – Ich glaube Ihnen das nicht!

Frau Schubert! Ich frage Sie, ob Sie über den Inhalt der strafrechtlichen Bewertung informiert wurden. Darin heißt es – jetzt zitiere ich mit Erlaubnis des Präsidenten –, dass „weiterhin der Verdacht einer Straftat nach § 266 Strafgesetzbuch“ – der Untreuetatbestand – „besteht“, allerdings nicht zu Lasten des Haushalts des Landes Berlin – hierauf stützt die Staatsanwaltschaft die beabsichtigte Anklage –, sondern zu Lasten der IBB bzw. des Landes Berlin als Gewährträger der LBB. Die Ermittlungen zur

Erhärtung dieses Verdachts seien aber noch nicht in ausreichendem Umfang geführt. – So weit aus der strafrechtlichen Bewertung. – Das war am Donnerstag, den 15. Juli. Davon datieren jedenfalls die Vermerke.

[Heiterkeit von Sen Böger, Bm Wolf und Frau Bm Schubert]

Dann, Frau Schubert, erfolgt eine Zusammenfassung von insgesamt 19 Seiten auf 3 Seiten, mit dem gewünschten Ergebnis. Dieser Vermerk war, so Generalstaatsanwalt Neumann, der Startschuss für die öffentliche Steinigung der Staatsanwaltschaft – ein Vorwurf, den ich in Berlin so noch nicht erlebt habe.

[Beifall bei der CDU]

[Beifall bei der CDU]

Ich verstehe sehr wohl Ihre Parteinahme und inzwischen auch Ihre Aufregung. Die Vorgänge um die Finanzierung des Tempodroms zeigen, dass die Begründung zur Bildung eines rot-roten Senats, einen Mentalitätswechsel in Berlin herbeizuführen, eine Worthülse war. Auch unter Rot-Rot wurde finanziert, was man wollte, koste es, was es wolle. Deshalb sind Ihnen die Vorgänge peinlich und sollen vertuscht werden.

Ich appelliere an alle Abgeordneten, zu prüfen – ich kenne die Entscheidungen in Ihren Fraktionen –, ob die Zusammenarbeit mit einer Senatorin fortgesetzt werden kann, die jedenfalls uns gegenüber nicht immer und umfangreich die Wahrheit sagt. – Vielen Dank!

[Beifall bei der CDU]

Danke schön, Herr Kollege Dr. Braun! – Es folgt die Fraktion der SPD. Das Wort hat Dr. Felgentreu. – Bitte schön!

Reicht das schon? Nein, Herr Zimmer, denn Ihr Held ist nicht nur hinterhältig, er geht auch verlogen vor. Da erzählt uns doch im Rechtsausschuss Herr Braun voll geheuchelter Empörung, dass der von Ihnen kritisierte Sichtvermerk der Justizverwaltung schon am 4. April einem Kollegen meiner Fraktion als Grundlage für ein Pressegespräch gedient habe, –

Nein, das gestatte ich jetzt nicht. – also mehrere Tage, bevor die Justizverwaltung damit an die Öffentlichkeit ging. Damit konnte Herr Braun dann doch überraschen, denn das war tatsächlich geradeheraus bewusst die Unwahrheit – und mitten hinein in das Wortprotokoll im Rechtsausschuss. Ich will wohlwollend bleiben: Wer so ungeschickt die Unwahrheit sagt, der ist auf seine Art auch schon wieder aufrichtig.