Protocol of the Session on April 29, 2004

[Beifall bei der CDU – Vereinzelter Beifall bei der FDP]

[Beifall bei der CDU – Vereinzelter Beifall bei der FDP]

Was uns nach den unbefangenen Worten des Kollegen Gaebler auch sehr interessiert, ist eine Auskunft über die politische Zukunft Ihres bisherigen SPD-Landesvorsitzenden. Lassen Sie mich raten. Macht er es so, wie Ihr famoser SDP-Freund Hartmut Meyer, der einen hochdotierten Beratungsvertrag bei der Bahn ergattert hat, nachdem er zuvor als Minister noch wichtige Verträge mit der Bahn abgeschlossen hat? Oder geht es dieses Mal nach dem Modell Bielka oder nach dem Modell Nagel, der auch nahtlos vom Bausenator in die Immobilienbranche gewechselt ist und sich dort, wie man hört, Verdienste erworben hat?

[Frau Oesterheld (Grüne): Oder nach dem Modell Klemann? – RBm Wowereit: Er wird Anwalt von Landowsky, Herr Wellmann muss zittern!]

Seit Monaten halten sich in der Stadt hartnäckig Gerüchte, Strieder wolle in die Immobilienbranche. Strieder wird schon länger mit der HSH Nordbank in Verbindung gebracht, Herr Wowereit. Denen gehören 85 Prozent der GEHAG mit 21 000 Wohneinheiten. Die sind auch dabei, die GSW zu kaufen, zusammen mit jenem amerikanischen Konzern, der gerade dabei ist, sich in Deutschland ein Immobilienimperium zusammenzukaufen.

Entschuldigen Sie, Herr Kollege Wellmann, wenn ich Sie unterbreche, weil auf der linken Seite des Hauses die Aufmerksamkeit unzureichend ist, was offenbar durch den Internetzugang des Kollegen Nelken gegeben ist. Entweder wir lösen die Versammlung dort auf oder der Rechner kommt raus, eines von beidem geht nur, bitte!

[Beifall bei der CDU, den Grünen und der FDP]

Bitte, Herr Kollege Wellmann, fahren Sie fort!

Herr Stimmann ist mit so wichtigen Sachen wie Architekturwerkstatt, Denkmalschutz und Freiraumplanung, wie ich meine, bestimmt nicht voll ausgelastet. Ich finde, Herr Stimmann, Sie könnten auch ruhig einmal etwas Substantielles übernehmen. Deshalb ist es richtig, was die Grünen sagen, dass wir einen dritten Staatssekretär nicht benötigen.

Die gelernte Stadträtin für Soziales und Staatssekretärin für Soziales, Frau Junge-Reyer, ist nun einmal nicht vom Fach. Da hört man, Herr Gaebler, Frau DungerLöper solle aushelfen. Das passt nun wirklich. Als gelernte Literaturwissenschaftlerin und als Fachmentorin für ausländische Studenten kommt man bei der Besetzung von Führungspositionen in der Bauverwaltung nun wirklich nicht mehr an ihr vorbei.

Sie ist auch Mitglied des Aufsichtsrates des Liegenschaftsfonds, und das trägt auch nicht zur Hebung der Stimmung bei. Mir sind keine Aktivitäten der Frau Kollegin bekannt, wie man den Liegenschaftsfonds veranlassen könnte, Investitionen auszulösen und nicht ausschließlich zu behindern. Was man dort täglich ansehen muss, ist ein Musterbeispiel an empörender Inkompetenz bei diesem Fonds.

Werden wir, meine Damen und Herren, Herrn Strieder dort als Berater wiederfinden? Wird Herr Strieder dort in der Immobilienbranche seine Verbindungen, seine internen Kenntnisse vom Markt, von der Konkurrenz, von den Berliner Strukturen nutzbringend an den Mann bringen? – Ich bin bereit, Wetten größeren Ausmaßes mit Ihnen abzuschließen, Herr Gaebler, dass wir das demnächst hören werden.

[Frau Oesterheld (Grüne): Die CDU hat es genauso gemacht! – Liebich (PDS): Die CDU kennt das überhaupt nicht!]

Ich prophezeie Ihnen eines, wir werden einmal wieder das altbekannte SPD-System erleben, deren Funktionäre zur besseren Durchsetzung ihrer Interessen an allen vier Seiten des Tisches gleichzeitig Platz nehmen.

[Beifall bei der CDU und der FDP]

Sie kommen von Herrn Strieder auch deshalb nicht los, weil Sie sich entschieden haben, eine nahtlose Kontinuität in seiner Nachfolge darzustellen. Frau Junge-Reyer war schon Stadträtin in Kreuzberg.

[Zurufe der Abgn. Frau Oesterheld (Grüne) und Zackenfels (SPD)]

Kein Zweifel, sie kommt aus der politischen Kita des alten Strieder.

[Heiterkeit bei der CDU und der FDP]

Sie ist seit Jahr und Tag bei der Stadtentwicklungsverwaltung in der Verantwortung und hat deshalb auch etwas zu tun mit den verschiedenen Debakeln, die Herr Strieder da verursacht hat.

[Klemm (PDS): Ich glaube, Sie ist sogar in der selben politischen Partei wie Strieder!]

Sie ist nach der Zuständigkeitsverteilung zuständig für Projektvorbereitung und Projektprüfung Hochbau und damit doch wohl auch für das Tempodrom und die Akademie der Künste am Pariser Platz, oder etwa nicht?

[Zuruf des Abg. Brauer (PDS)]

Wir werden das kritisch begleiten und die Frau Kollegin nicht aus ihrer Verantwortung entlassen.

[Zuruf des Abg. Brauer (PDS)]

Nur einen kurzen Satz, Herr Kollege Lindner, zu Ihrem Antrag. Ich habe ihn als Scherzantrag empfunden, wobei sich mir der humoristische Hintergrund nicht ganz erschlossen hat. Aber einmal im Ernst: Wie man klaren Geistes auf die Idee kommen kann, weitere Aufgaben auf Senator Flierl zu übertragen, das verstehe ich wirklich nicht.

[Heiterkeit und Beifall]

Ich unterstelle, dass Sie das nicht gelesen haben, das hat der Kollege von Lüdeke gemacht. Kann ja mal durchgehen, so etwas.

[Pewestorff (PDS): Kann der Lindner nicht lesen?]

[Heiterkeit bei der CDU und den Grünen – Beifall bei der CDU]

Bei dieser Personalpolitik der Koalition fällt mir eigentlich nur noch Wilhelm Busch ein:

So blickt man, klar wie selten nur, ins innere Walten der Natur.

Ein glasklarer Fall des altbekannten sozialdemokratischen Versorgungswerks. Sie sind unbeeindruckt von allen Skandalen und Affären und begleiten das Ganze noch mit der scheinheiligen Beteuerung über einen Mentalitätswechsel in der Stadt. Das nimmt Ihnen niemand mehr ab, Herr Gaebler.

[Beifall bei der CDU]

Auf die richtige Idee der Grünen, in den Fundus der hochbezahlten Vorruheständler zu blicken, kommt Herr Wowereit offenbar nicht. Ich sage Ihnen nur eines: Wir werden diese Verschwendung der Steuergelder nicht mitmachen. Dafür tragen ausschließlich Sie und Ihre Koalition die Verantwortung.

Ich bin übrigens gespannt auf die weitere Rolle der PDS. Das Ausmaß der Selbstverleugnung bei Ihnen ist ganz erstaunlich. Sie von der PDS stecken mittendrin im Strudel, Sie machen die schlimme Abbruchpolitik der SPD klaglos mit,

[Pewestorff (PDS): Machen Sie sich mal darum keine Sorgen!]

und Sie schweigen, Herr Klemm, zu Filzokratie und Sumpf. Dazu sagen Sie überhaupt nichts.

[Beifall bei der CDU]

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir hatten eine zweite Rederunde auf Wunsch der CDU vereinbart. Ich weiß nicht, ob Sie dem Beitrag von Herr Wellmann noch etwas hinzufügen wollen. Ich wollte mir die zweite Rederunde aufheben, um Argumente mitschreiben zu können und darauf eingehen zu können.

Ich weiß: Parteidisziplin ist bei Ihnen besonders ausgeprägt, das erklärt sich aus der Geschichte Ihrer Partei, das wissen wir schon.

[Heiterkeit bei der PDS]

Sie müssen wissen, wie weit Sie gehen. Eines nahen Tages, Herr Klemm, wird es heißen: Mitgefangen, mitgehangen. Und dann werden Sie vom Wähler die bittere Quittung für Ihre Mitwirkung am Sozialabbau, am Abbau von Bildung und Wissenschaft, an der Friedhofsruhe in der Wirtschaft, an den Millionengräbern von Vivantes über die Messe bis hin zum Quartiersmanagement erhalten. Das garantiere ich Ihnen.

[Beifall bei der CDU]

Die Medien haben die anstehenden Personalentscheidungen ganz übereinstimmend gewertet. Die Kommentare waren überall gleich.

[Pewestorff (PDS): Die waren positiv!]

Sie dürfen nicht nur das „Neue Deutschland“ oder die „Rote Fahne“ lesen! Dann wird das nichts mit Ihnen! –

[Doering (PDS): Nein, wir lesen noch andere Tageszeitungen!]

Übereinstimmende Kommentierung in der seriösen, ernstzunehmenden Presse: Die Kandidaten stehen dafür ein, dass der Mangel in Berlin nur noch verwaltet wird. Auf Visionen, auf Gestaltung, gar Aufbruch, auf das verzichtet Wowereit.

[Doering (PDS): Welche Zeitung haben Sie denn zitiert? Die CDU-Zeitung?]

Dieser Umstand ist zwar gut für die Opposition, aber katastrophal für Berlin. – Ich danke für die Aufmerksamkeit.