Protocol of the Session on April 29, 2004

Wir erwarten, dass Sie das längst überfällige wohnungspolitische Konzept vorlegen.

[Beifall bei den Grünen]

Last but not least erwarten wir, dass Sie die bisher ungeklärten Kostensteigerungen beim Neubau der Akademie der Künste und anderen Bauten aufklären und die Verantwortlichen zur Rechenschaft ziehen.

Sie werden sich darüber nicht wundern – das haben wir Ihnen gestern, vorgestern bei dem Vorstellungsbesuch in unserer Fraktion gesagt –, dass wir von Ihnen auch erwarten, dass die von Peter Strieder völlig vernachlässigte Umweltpolitik bei Ihnen wieder ein Schwerpunkt wird. Deswegen begrüßen wir es ausdrücklich, dass Sie angekündigt haben, auf das unsinnige Abholzen der Linden und den exorbitant teuren Umbau der Straße Unter den Linden zu verzichten.

[Beifall bei den Grünen und der CDU]

Was wir allerdings überhaupt nicht nachvollziehen können, Frau Junge-Reyer, ist Ihr besitzstandswahrendes Verhalten – Herr Sarrazin, das habe ich heute einer Zeitung entnommen, würde das als Revierverhalten bezeichnen – bei der Zahl der Staatssekretärinnen und Staatssekretäre.

[Zuruf des Abg. Pewestorff (PDS)]

Sie sparen einerseits bei der Bevölkerung, so dass es bei den Eltern, den Sozialhilfeempfangenden und den im öffentlichen Dienst Beschäftigten quietscht. Sie selbst genehmigen sich aber eine üppige Amtsausstattung, die kein anderes Ressort in diesem Senat hat. Wasser predigen und

Danke schön, Frau Dr. Klotz! – Für die Fraktion der SPD hat nunmehr der Kollege Gaebler das Wort. – Bitte schön!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Diese Debatte lässt einen etwas ratlos werden,

vor allem hinsichtlich der Frage: Was hätten Sie in einer Aktuellen Stunde diskutiert? – Nach dem Beitrag von Herrn von Lüdeke, der eher diffuse Äußerungen über Stadtentwicklung oder nicht Stadtentwicklung gemacht hat, und vor allen Dingen von Frau Klotz, die zwölf Minuten statt 15 Minuten die Gelegenheit gehabt hätte, Ihre Halbzeitbilanz zu machen.

Wein trinken – dafür erhalten Sie von uns bestimmt keine Unterstützung.

[Beifall bei den Grünen und der CDU]

Es ist auch kein Argument, Herr Klemm, dass es 1995 noch viel mehr waren. Wir hatten 1995 eine ganz andere Haushaltslage, und deswegen können Sie sich dahinter nicht verschanzen.

[Beifall bei den Grünen – Doering (PDS): Die war nicht anders!]

Angesichts der sich verändernden Aufgabenfelder gerade im Baubereich – Stichwort Baugenehmigungen – zählt auch nicht allein das schlichte Argument der Größe einer Verwaltung, denn Aufgaben werden verlagert, reduziert, Arbeit wird verdichtet, Stellen werden abgebaut, Haushaltsmittel reduziert. – Wir finden, dies muss sich auch in der Spitze eines Hauses widerspiegeln. Wenn immer weniger Indianer da sind, braucht es auch keine vier Häuptlinge mehr.

[Beifall bei den Grünen, der CDU und der FDP]

Das ist auch eine Frage der Glaubwürdigkeit, Frau JungeReyer. Dem Vernehmen nach leidet der amtierende Senatsbaudirektor nicht gerade an Überbeschäftigung.

[Heiterkeit bei den Grünen, der CDU und der FDP]

Wenn Sie allen Empfehlungen zum Trotz auf einem dritten Staatssekretärsposten bestehen,

[Zuruf des Abg. Pewestorff (PDS)]

Ja, ich sehe den Senatsbaudirektor, aber er wirkt trotzdem nicht überbeschäftigt! Das habe ich nur gesagt. –

[Heiterkeit und Beifall bei den Grünen, der CDU und der FDP – Zurufe von der PDS]

Wir fordern Sie also auf – Herr Klemm, das ist unser Antrag, den haben wir auch schon 1999 unter der großen Koalition gestellt, Sie haben ihm damals zugestimmt, aber so ändern sich die Sichtweisen –,

[Zurufe von der PDS]

dem Pool der in den einstweiligen Ruhestand versetzten Staatssekretärinnen und Staatssekretäre Vorrang vor der Ernennung neuer Personen zu geben, denn unter den staatlich hoch alimentierten Spaziergängern befinden sich auch geeignete Personen. Das bringt aktuell Einsparungen und vor allem schafft es keine neuen Versorgungsansprüche. Das wäre ein richtiges Signal in dieser Zeit.

[Beifall bei den Grünen, der CDU und der FDP]

Abschließend lassen Sie mich sagen, dass es schlimm genug ist, dass Sie auf diese Idee nicht selbst gekommen sind. Wenn aber ein ehemaliger hoch qualifizierter Staatssekretär auf seine Anfrage nicht einmal eine Antwort bekommt, dann finde ich das skandalös.

[Beifall bei den Grünen, der CDU und der FDP]

Herr Klemm, völlig abwegig ist Ihre Begründung, dann komme doch eine Frau zum Zuge. Ich sage Ihnen auch in

meiner Funktion als frauenpolitische Sprecherin, das ist peinlich. Ich nenne so etwas Steinzeitfeminismus.

[Beifall des Abg. Dr. Heide (CDU)]

Verzichten Sie lieber auf diese neue Besetzung! Im Übrigen gilt auch hier, was in vielen anderen Lebensbereichen gilt:

[Dr. Lindner (FDP): Stellen Sie lieber einen Mann ein!]

Effektives Arbeiten hat oft mehr mit Klasse als mit Masse zu tun. – Das können Sie bei unserer Fraktion besichtigen. – Vielen Dank!

[Beifall bei den Grünen und der CDU]

[Zurufe von der CDU und den Grünen]

[Zuruf der Frau Abg. Jantzen (Grüne)]

Das ist qualitativ dramatisch, Frau Dr. Klotz – auch wenn Sie jetzt gerade telefonieren müssen –, aber wie gesagt: Die zwölf Minuten hätten Sie besser nutzen können. Was Sie hier gebracht haben, hat es nicht gerechtfertigt. Es wird auch dem nicht gerecht, worüber wir hier eigentlich reden.

Zum einen blicken wir zurück auf neun Jahre Arbeit für diese Stadt durch Peter Strieder an der Spitze erst der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umweltschutz, dann ergänzt um die Bereiche Bauen, Wohnen und Verkehr. Die Krokodilstränen, die von Herrn von Lüdeke oder auch Frau Klotz, die sich jetzt zumindest zu einer dezent anerkennenden Halbäußerung hinreißen ließ,

[Zurufe von den Grünen]

über den Rücktritt geweint werden, die zeigen auch, dass bei allem, was an Kritik und Angriffen dagewesen ist, letztendlich doch jeder, der fachlich im Bereich Stadtentwicklung engagiert war, versucht hat, mit Peter Strieder ins Gespräch zu kommen. Um dort auch etwas zu erreichen, weil er jemand war, mit dem man über die Themen reden konnte und mit dem man Themen bewegen konnte. Das hat Herr Cramer gemacht. Das hat Frau Kubala gemacht. Das haben die FDP- und CDU-Vertreter gemacht. Das zeigt, dass hier jemand gearbeitet hat, dem es um die Sache ging, der in seinem Ressort gestaltet hat und etwas für Berlin vorangebracht hat. Das müssen wir heute auch einmal festhalten.

Umweltpolitik soll nur noch als Gesundheitsproblem gesehen werden und deshalb zur Gesundheitsverwaltung kommen – das ist tatsächlich eine Ideologie, die doch sehr weit zurück liegt. Das war wohl schon Anfang der 60er Jahre überwunden. Dass Sie jetzt damit wieder anfangen, Umwelt ist eine Sache für Gesundheit – von Nachhaltigkeit haben Sie wahrscheinlich auch noch nichts gehört –, Wohnungswesen ist Sozialaufgabe und soll zur Sozialverwaltung, und Hoch- und Tiefbau ist nur noch ein Finanzproblem. Das ist die bunte Welt der FDP, die sich

auch in Anträgen wie mehr bunte Taxen, Eintritt für Parks und – wie gesagt – Nahverkehr soll jeder fahren wie er will. Damit werden Sie nicht weit kommen, damit wird die Stadt nicht weit kommen. Deswegen ist Ihr Antrag auch unsinnig und wird sicherlich nicht nur von uns abgelehnt werden.

Ich komme nun zu den Anträgen von CDU und den Grünen und zu der Frage der Staatssekretäre. Es ist ja immer populär zu sagen, da muss noch etwas weg.

Nein, es ist auch populär, das muss man gar nicht bestreiten. Es ist populistisch und populär, insofern stimme ich Ihnen zu. Es ist aber leider auch populär, immer mehr Streichungen zu fordern. Dabei wird verkannt, dass wir in den vergangenen Jahren schon eine Menge Kürzungen vorgenommen haben. Im Jahr 1995 hatten wir in Berlin 241 Abgeordnete, 16 Senatsmitglieder und 24 Staatssekretäre.

Wir haben jetzt 141 Abgeordnete – 100 Abgeordnete weniger –, wir haben 9 Senatsmitglieder – das sind 7 Senatsmitglieder weniger –, und wir haben 7 Staatssekretäre weniger, nämlich 17. Würden wir diese Bilanz auf andere Bereiche des Landes übertragen, dann würde da ein ziemliches Heulen losgehen. Politische Leitung und auch Abgeordnete sind in Vorleistung gegangen, wo andere noch nachziehen müssen. Wir sollten uns sehr hüten, leichtfertig weitere Kürzungen zu verlangen. Natürlich müssen wir in der Situation, in der das Land ist, auch gute Begründungen abgeben, warum an welcher Stelle wie viel notwendig ist. In einer Verwaltung mit knapp 3 000 Mitarbeitern und diesem breiten Aufgabenspektrum, das es in keiner anderen Stadt und in keinem anderen Land in dieser Zusammenfassung gibt, ist es aber sehr wohl nachvollziehbar, warum man eine politische Leitung mit 4 Personen, nämlich einer Senatorin und 3 Staatssekretärinnen oder Staatssekretären, braucht. Gerade wenn von der Opposition mehr Präsenz der politischen Leitung gewünscht wird – wir wollen nicht mit Verwaltungsbeamten reden, wir wollen, dass die politische Leitung präsent ist –, wenn in der Öffentlichkeit die Forderung besteht, wir wollen mit politisch Verantwortlichen reden und nicht mit Verwaltungsbeamten abgespeist werden, wenn zudem die Steuerungsaufgaben wachsen und zugleich die Anforderungen immer größer werden, ist es sehr wohl gerechtfertigt, dass man gerade bei dieser Verwaltung auch darüber nachdenkt, weiterhin 3 Staatsekretärinnen und -sekretäre zu haben.

[Beifall bei der SPD und der PDS]

Ich glaube, dass diese Leistung für Berlin Bestand hat, auch über viele kleinteilige Debatten, wie sie in der Vergangenheit, heute und auch noch in Zukunft geführt werden. Deshalb sage ich ausdrücklich für meine Fraktion, ich denke, auch für die Koalition: Wir bedanken uns bei Peter Strieder für die Arbeit, die er für diese Stadt geleistet hat, und seinen Einsatz.

[Beifall bei der SPD und der PDS]