Protocol of the Session on April 29, 2004

anderenorts noch immer oder schon wieder Praxis ist. Diese Praxis hat sich bewährt, denn die Finanzverwaltung gewährleistet noch am ehesten eine sparsame Planung und Durchführung öffentlicher Bauvorhaben.

Unsere Forderung: Gerade Berlin, eine Stadt, in der die Kosten öffentlicher Bauvorhaben auffällig häufig außer Kontrolle geraten, muss sich angesichts der Haushaltslage wieder auf diese Tradition besinnen.

[Beifall bei der FDP – Beifall des Abg. Gram (CDU)]

Auch Herrn Sarrazin würden wir gern ein Stück des Ressorts abtreten.

Zum Wohnungswesen nur Folgendes: Der heilsame Zwang leerer Kassen führt dazu, dass der oberste Wohnungsvermieter in dieser Stadt bald nicht mehr das Land ist. Die ersten Wohnungsunternehmen sind verkauft, weitere werden folgen. Auch die frühere Wohnungsbauförderung mit ihren desaströsen Folgen für den Landeshaushalt ist so gut wie tot und bleibt das hoffentlich auch für immer.

Bleibt noch der bürokratische Luftballon „Soziale Stadt“ mitsamt dem Quartiersmanagement, dessen Absturz wir gerade erleben. Die FDP schlägt vor, die Angelegenheit auf eine sachlich fundierte Wirtschafts- und Sozialpolitik umzustellen und entsprechend ressortmäßig aufzuteilen.

Berlin braucht eine durchgreifende Staatsaufgabenkritik, eine umfassende Verwaltungsreform. Das Mammutressort des verflossenen Senators Strieder eignet sich hervorragend als Einstiegsprojekt für einen mutigen Um- und Rückbau der viel zu großen Berliner Verwaltung.

[Beifall bei der FDP – Doering (PDS): Das hat Friedrich der Große auch schon gesagt!]

Sie behindert den Aufschwung Berlins und fördert Mittelverschwendung und fragwürdige Projekte. Dies wäre eine Tat ganz im Sinne einer wirklich sozialen Stadt. Auch die Grünen könnten zufrieden sein, denn eine bessere Grundlage für ein Antikorruptionsmodell gäbe es gar nicht.

Herr Regierender Bürgermeister, in Sachen Stadtentwicklungsverwaltung können Sie jetzt Ihre Reformbereitschaft unter Beweis stellen, dem Tempodrom sei Dank. Geben Sie sich einen Ruck, und stellen Sie den Mentalitätswechsel unter Beweis!

Wir gehen zwar davon aus, dass unser Antrag die Zustimmung der überwiegenden Mehrheit dieses Hauses erhalten wird, aber die Koalition hat schon deutlich gemacht, dass die Wahl beschlossene Sache ist. Das zeigt eine dpa-Meldung vom gestrigen Tag:

[Klemm (PDS): Wir sind der Zeit voraus! – Frau Michels (PDS): Wie kleinkariert!]

[Unruhe]

Diesem vorauseilenden Gehorsam werden Sie nun sicher folgen.

[Beifall bei der FDP]

Danke schön, Herr Kollege von Lüdeke! – Das Wort für die Fraktion der PDS hat nunmehr der Kollege Klemm. – Bitte schön, Herr Klemm!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Zur Beratung liegen uns zu diesem Tagesordnungspunkt zwei Anträge und zahlreiche mit unglaublich viel populistischem Gesülze beschriebene Zettel vor.

[Beifall bei der PDS und der SPD]

Kommen wir zuerst zu den Anträgen, die beide von den Grünen gestellt worden sind. In einem fordern sie, die neue Senatorin müsse den Problemstau im Stadtentwicklungsbereich auflösen. Eine gute Idee, das machen wir selbstverständlich.

[Beifall des Abg. Niedergesäß (CDU)]

Aber bevor man über Problemstau redet, sollte man Bilanz ziehen, und da fällt auf, hier haben sich weniger Probleme angestaut, hier wurden in sehr kurzer Zeit zahlreiche Probleme gelöst. Einige Beispiele:

Die Anschlussförderung im sozialen Wohnungsbau wurde eingestellt.

[Niedergesäß (CDU): Das ist wohl ein Witz!]

Genau ein Jahr nach dem Beschluss des Berliner Abgeordnetenhauses hat die BSR jetzt den Gewinner der EU-weiten Ausschreibung zur Restmüllentsorgung bekannt gegeben, dabei wurden alle Forderungen des Berli

Der Koalition ist es ernst mit diesem Thema. Wir debattieren darüber. Die PDS unterstützt Ihre Forderung nach Einführung eines Antikorruptionsregisters. Wir sind auch für die Aufstellung eines Public-Corporate-Governance

Codex. Wir unterstützen auch die Forderung nach Einführung eines Antikorruptionsbeauftragten, wobei wir erst Ihre Vorschläge sehen wollen, wie seine Aufgaben definiert sind. Vernünftigen Lösungen werden wir uns nicht verschließen.

Nun zum Populismus der Opposition, den übrigen Zetteln: Es mag ja schön sein, in einer solchen Situation die Verkleinerung des Senats zu fordern, aber dabei wäre es fair, wenn man sich wenigstens an Realitäten orientieren würde. Ich habe in das Organigramm des Senats von 1995 geschaut. Da gab es die Senatsverwaltung für Bau- und Wohnungswesen mit zwei Staatssekretären und 12 Abteilungen, die Senatsverwaltung für Verkehr und Betriebe mit einem Staatssekretär und 5 Abteilungen

und die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung, Umweltschutz und Technologie mit zwei Staatssekretären und 6 Abteilungen. In der Summe also drei Senatoren, 5 Staatssekretäre und 22 Abteilungen. Wir haben heute einen Senator – beziehungsweise ab gleich eine Senatorin –, drei Staatssekretäre und 10 Abteilungen. Das zeigt, dass all ihre so genannten Argumente nichts als Populismus sind.

Wir können noch tiefer in die Verwaltung schauen und stellen dann fest, Rot-Rot hat mit einer umfassenden Umstrukturierung und teilweisen Neuausrichtung genau in dieser Verwaltung begonnen. Die Zahl der Stellen in dieser Verwaltung wurde von 3 450 in 1999 auf weniger als 2 400 in 2005 reduziert. Die Ausgaben in diesem Bereich wurden im gleichen Zeitraum um 715 Millionen € reduziert. Ein derartiger Straffungsprozess von Verwaltung ist bisher in Berlin ohne Beispiel.

ner Parlamentes, insbesondere die ökologischen, umgesetzt.

Unter Rot-Rot hat es einen Mentalitätswechsel in der Verkehrspolitik gegeben.

[Unruhe]

Mit dem Stadtentwicklungsplan Verkehr wird eine besondere Schwerpunktsetzung auf den Fußgänger- und Fahrradverkehr deutlich. Die U-Bahnsanierung, die von der großen Koalition jahrelang liegen gelassen worden ist, wird vorangetrieben und ist ausfinanziert.

[Gram (CDU): Von welcher Stadt reden Sie?]

Die Erschließung des Lehrter Bahnhofs mit der Straßenbahn und die Realisierung von Alex II sind gesichert. Die Flughafenholding wurde aufgelöst, die Entschuldung des Baufeldes Ost vorangetrieben. Das Schließungsverfahren für Tempelhof läuft. Ein qualifizierter Mietspiegel 2003 wurde eingeführt. Ab 2005 wird es auf Antrag der Koalition auch einen Betriebskostenspiegel geben. Ein Kleingartenentwicklungsplan wurde erarbeitet. Noch kein Senat zuvor hat so viele Kleingartenanlagen so langfristig gesichert wie dieser.

[Beifall bei der PDS und der SPD]

Unter Rot-Rot erfolgte der Ausstieg aus den städtischen Entwicklungsmaßnahmen und die Übernahme der Kreditverpflichtungen in den Landeshaushalt. Ich hatte beim Schreiben meiner Rede eine viel längere Liste, aber dies vorzutragen, würde man in 12 Minuten nicht schaffen.

[Beifall bei der PDS]

Die Leistungen dieses rot-roten Senats können sich sehen lassen, auch und gerade in diesem Ressort.

Fazit: Peter Strieder war ein guter Senator. Fachlich gab es keinen Grund für ihn, zurückzutreten, deshalb bedauere ich auch diese Entscheidung persönlich sehr. Seine Entscheidung verdient jedoch Respekt. Sie zeugt von dem neuen Politikstil des Senats.

[Unruhe und Heiterkeit bei der CDU]

Peter Strieder ist im Interesse des Landes Berlin zurückgetreten, obwohl es keinen Beleg für eine politische Verfehlung seinerseits gab und gibt.

[Beifall bei der PDS und der SPD]

Wechseln wir, da Sie meine Ausführungen offensichtlich schwer verkraften, zum zweiten Antrag der Grünen: Berlin zur Antikorruptionsmodellstadt machen. Diese berechtigte Forderung gerade mit Strieders Rücktritt zu verbinden, halte ich für hochgradig stillos. Ich meine, dass diese Verbindung den Eindruck erwecken könnte, als wäre es Ihnen gar nicht ernst mit diesem Thema.

[Pewestorff (PDS): Ist es auch nicht!]

[Frau Dr. Klotz (Grüne): Da gab es noch keine extreme Haushaltsnotlage!]

[Beifall bei der PDS und der SPD]

[Beifall bei der PDS und der SPD]

Wir erwarten nicht, dass die Opposition für Senatoren oder Staatssekretäre vorab Vorschusslorbeeren verteilt. Das wäre zwar gerade bei dem Vorschlag Frau JungeReyer berechtigt, aber das haben wir von Ihnen nicht erwartet. Bekommen haben wir von Ihnen das Gegenteil. Diese Art des Heruntermachens von designierten Verantwortungsträgern seitens der Opposition im Vorfeld entsetzt mich. So etwas fördert Politikverdrossenheit, die ab einem gewissen Punkt auch auf den Verursacher zurückfällt.