Für die von Ihnen auf meine Bitte in der Tagesordnung der Sitzung des Abgeordnetenhauses am 29. April 2004 vorgesehene Wahl eines Senatsmitgliedes für die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung schlage ich gemäß Art. 56 Abs. 2 der Verfassung von Berlin Frau Ingeborg Junge-Reyer vor.
Die Geschäftsführer haben sich bei der nun folgenden Aussprache auf eine Redezeit von bis zu 12 Minuten pro Fraktion bei maximal zwei Redebeiträgen verständigt. – Ich stelle fest, dass dem niemand widerspricht. Dann verfahren wir so und beginnen mit der Rederunde! – Es beginnt die FDP. Herr von Lüdeke hat das Wort. – Bitte schön!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir haben heute die 50. Sitzung in dieser Legislaturperiode. In der Überlegung zur Situation des zurückgetretenen Senators Strieder kam wieder in Erinnerung, dass es eigentlich noch gar so lange her ist, dass wir uns in Koalitionsverhandlungen befanden.
Da ich in der FDP den Bereich Stadtentwicklung zu diesem Zeitpunkt betreut habe, ist es mir also noch gegenwärtig. Es ist daher für mich überraschend, dass dem Verfahren bereits 50 Sitzungen gefolgt sind. Da Herr Strieder nicht ohne Bedeutung im Parlament war, ist festzustellen, dass der Super-Senator Strieder nun geht. Das ist eigentlich ein wenig schade. Ich war zwar selten seiner Mei
Schließlich wurde Senator Strieder Chef der Umweltverwaltung, der sie nach der Wahl von 1998 kurzerhand mit der Bauverwaltung fusionierte. Für Berlin wäre es si
cher besser gewesen, er hätte dies unterlassen. Ich habe natürlich nicht vergessen, dass die Umweltverwaltung zeitweilig von zwei FDP-Senatoren geleitet wurde. Es waren die Herren Senatoren Vetter und Professor Starnick. Aber nach den mir bekannt gewordenen Erfahrungen kann ich sagen, dass sich die Struktur der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und damit die Behörde insgesamt nicht bewährt hat. Sie ist aus meiner Sicht ein verwaltungsreformerischer Entsorgungsfall.
Sie stellt eine Kombination von Verwaltungsstellen dar, die nichts oder nur wenig miteinander zu tun haben und von denen man in einigen Fällen leider auch sagen muss, dass sie nur mühsam das ABC der Marktwirtschaft lernen. Das ABS überzogener staatlicher Planungen dagegen beherrschen Sie mustergültig. Investoren in dieser Stadt wissen davon ein Lied zu singen.
Ich möchte einmal ein paar Einzelheiten zum Thema Stadtentwicklungsverwaltung und notwendige Verwaltungsreform anbringen. Man mag seinerzeit geglaubt haben, dass die Kombination aus Stadtplanung, Naturschutz und Umweltschutz eine innovative Sache ist, dazu geeignet, Berlin in ein Ökotopia zu verwandeln. Heute wissen wir, dass sich Natur und Umweltschutz zwar recht gut miteinander vertragen, der Berliner Stadtplanung ist diese Ehe jedoch nicht bekommen. Aus einer Stadtplanung mit Biss in früheren Zeiten wurde ein schwungloser Bedenkenträger. Das Planwerk Innenstadt des Senatsbaudirektors ist sicherlich eine ordentliche Sache, der eigenen Verwaltung jedoch eher abgetrotzt als ihr zu verdanken.
Wenn ein Senator geht, kann man dazu sicherlich einiges über die Leistung des Zurücktreters Strieder und natürlich auch etwas über die vorgesehene Nachfolgeregelung sagen.
Um über die Leistung des Senators Strieder etwas sagen zu können, dafür haben wir einen Untersuchungsausschuss zum Tempodrom. Er wird die Leistung abarbeiten. Insofern wird er uns noch einige Zeit in Erinnerung bleiben. Über die Nachfolgeregelung, unser heutiges Thema, gibt es sicherlich noch einiges mehr zu sagen. Ich gebe zu, dass auch ich den Rücktritt des Senators Strieder zunächst nur dazu benutzen wollte, die fast personalratsfähige Anzahl der Staatssekretäre in der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung zu thematisieren.
Die Fraktionen von CDU und den Grünen haben dies vor. Sie wissen aber, dass die Liberalen konsequenter an das Werk gehen. Meiner Fraktion ist dabei schnell klar geworden, dass die Frage der Strieder-Nachfolge eine Frage für das Thema Verwaltungsreform ist. So würden wir das Thema gern behandeln.
Wir haben den Antrag auf Auflösung der Senatsverwaltung im Abgeordnetenhaus gestellt. Brauchen wir wirklich noch eine Senatsverwaltung für Stadtentwicklung? –
Wir können natürlich auch die Frage stellen, ob wir eine PDS brauchen. – Das ist auch so. Die FDP ist überzeugt, dass wir keine Senatsverwaltung für Stadtentwicklung benötigen. Berlin braucht keine Behörde, deren Zuschnitt den Grundsätzen einer sachbezogenen, übersichtlichen und nicht zuletzt kostensparenden Ressortbildung widerspricht. Die Behörde ist nun bald fünf Jahre alt und entstanden aus einer Fusion von Bauverwaltung und Umweltverwaltung. Die Bauverwaltung war eine klassische Behörde. Sie ist so alt wie das Land Berlin. Die Umweltverwaltung hingegen ist eine noch junge Verwaltung. Sie ist 1982 in der Planungs- und Umwelteuphorie der 70er Jahre entstanden. Sie war ein Zögling des früheren Senators Hassemer von der CDU. Das war übrigens der Senator, der sich nach der Wiedervereinigung der Stadt durch eine enorme Personalvermehrung in der Umweltverwaltung hervortat.
Über den Natur- und Umweltschutz sage ich nur, dass die FDP die zuständigen Stellen nur zu gern einmal einer Evaluation unterziehen würde. Die Stadtplanung muss endlich mit der Wirtschaftsverwaltung fusioniert werden, denn dort gehört sie hin. Vielerorts ist das mit Erfolg geschehen, denn im Aufgabengebiet der räumlichen Planung wird ein wesentlicher Beitrag zur Wirtschaftspolitik geleistet. – Schade, dass der Wirtschaftssenator nicht anwesend ist, sonst könnte er es hören. Wir wollen sein Ressort verstärken. – Das trifft sogar auf die Freiraumplanung zu. Sie muss nämlich einen Beitrag zur Attraktivität Berlins auch als Ort des Tourismus leisten.
Die Verwaltungspraxis zeigt jedoch jedenfalls, dass zwischen den Ressorts Stadtentwicklung und Wirtschaft vielfältige Verbindungen bestehen. Denken Sie nur an die Themen großflächiger Einzelhandel- oder Gewerbeflächenentwicklung. Die Fusion von Stadtentwicklung und Wirtschaft muss zwingend auch die Berliner Verkehrsplanung umfassen, der mehr Wirtschaftsnähe mit Sicherheit sehr gut täte. Der von der Berliner Wirtschaft nahezu einhellig abgelehnte Stadtentwicklungsplan Verkehr sähe unter diesen Bedingungen mit Sicherheit anders aus.
Eine Anmerkung zur Bauverwaltung möchte ich noch machen: Es gibt die gute Tradition, den öffentlichen Hoch- und Tiefbau der Finanzverwaltung zuzuordnen – Herr Senator Sarrazin, bei Ihnen –, eine Tradition, die
erst am Donnerstag erfolgen sollte, war sie im Internetauftritt des Landes bereits im Voraus befördert worden. Über ihrem Foto und Lebenslauf der Homepage der Landesregierung stand schon am Mittwoch der künftige Titel „Senatorin für Stadtentwicklung“
Wie kleinkariert muss man sein, dass man zulässt, dass die dpa eine derartige Meldung machen kann. Kaum war die Meldung heraus, hat es nur wenige Minuten gedauert, bis man dies korrigiert hat. Aber irgendjemand hat im vorauseilenden Gehorsam dies ins Internet gestellt, sonst hätte dpa nicht so eine wunderbare Meldung bringen können.
Frau Junge-Reyer, ich wünsche Ihnen alles Gute, aber ich befürchte, dass Ihnen die Schuhe des Senators Strieder zu groß sind, deshalb noch einmal meine Forderung und die Bitte der FDP: Lassen Sie uns keinen Nachfolger wählen, sondern lassen Sie uns darüber Gedanken machen, wie wir das Riesenressort des Supersenators vernünftig aufteilen können. – Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit!