Dann ist der Abgeordnete Dr. Augstin von der Fraktion der FDP an der Reihe mit einer Frage zu dem Thema
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich frage den Senat: Wie beurteilt der Senat das Votum der BVV Lichtenberg – getragen von der PDS-Mehrheit –, die Kriterien zur Übertragung von
kommunalen Kindertagesstätten dramatisch zu verschärfen und damit die Empfehlung des Jugendhilfeausschusses und der AG Kita-Übertragung zu ignorieren?
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Dr. Augstin! Ich kenne das Votum der BVV Lichtenberg nicht!
Ich kenne auch weder die Voten des Jugendhilfeausschusses noch kenne ich die Voten irgendwelcher AGs. – Das ist vielleicht auch gut so. – Ich kenne aber die Berliner Verfassung. Diese schreibt Kompetenzen und Verantwortlichkeiten zu. Ich werde den Verdacht nicht los, lieber Kollege Dr. Augstin, dass Sie mich „verführen“ wollen, bei meiner bekanntermaßen positiven Einschätzung der Arbeit der Berliner Bezirke hier etwas Negatives zu äußern. Das tue ich nicht.
Ich bin sehr für die Übertragung kommunaler Kitas auf freie Träger. Dieser Senat hat sich zum Regierungsprogramm gemacht, außerordentlich ehrgeizig, die Mehrheit der Kitaplätze auf freie Träger zu übertragen. Nach meiner Kenntnis sind für dieses Jahr mehr als 100 solcher Übertragungen angestrebt. Das ist gut so. Ich weiß allerdings auch, dass es in dieser Frage hier und da bei den Bezirken ganz unterschiedliche Mehrheitsverhältnisse gibt. Wie könnte ich diese in meiner Rolle als Senator beurteilen? – Ich weiß zum Beispiel vom Bezirk Reinickendorf, dass es dort keine PDS-Mehrheit gibt.
Sie haben auch ein Votum eines Ausschusses, ich glaube des Bezirksamts, umgedreht und dann wieder verändert. Das ist manchmal schwierig. Ich glaube aber, dass die Bezirke ihrer Verantwortung gerecht werden. Ich glaube auch, dass sie gemeinsam das Ziel tragen, möglichst zügig und möglichst vernünftig möglichst viele Kitas von kommunaler in freie Trägerschaft zu übertragen.
Danke schön, Herr Senator! – Eine weitere Nachfrage von Herrn Dr. Augstin? – Bitte schön, Herr Dr. Augstin! Sie haben das Wort.
Gestatten Sie eine ganz winzige Anmerkung, Herr Momper! – Verführen wollte und kann ich Herrn Senator Böger sicher nicht.
Allerdings kann ich eine Bewertung erwarten. Daher frage ich: Ist die Konterkarierung der Arbeit des Jugendhilfeausschusses durch die PDS-Fraktion der BVV Lichtenberg sowie die Missachtung des partizipativen Rechts auf Anhörung des Gremiums ein auf Lichtenberg begrenzter Einzelfall, oder ist es geboten, auch innerhalb der PDS-Fraktion demokratische Aufklärungsarbeit zu leisten?
[Frau Matuschek (PDS): Fragen Sie mal bei der BVV nach! – Hoff (PDS): Ist die FDP da eigentlich in der BVV?]
Herr Präsident! Herr Dr. Augstin! Noch einmal: Ich sehe mich außer Stande, in dieser Funktion, in der Sie mich hier fragen, in irgendeiner Art und Weise Erziehungsarbeit für frei gewählte Abgeordnete und Fraktionen in Bezirksverordnetenversammlungen zu leisten.
Für die Frage, ob dort etwas Rechtswidriges passiert ist – mein Kollege Körting schaut schon ganz aufmerksam –, ist wohl er zuständig. Falls in den Bezirken etwas geschieht, was gegen Recht und Gesetz verstößt und wo man intervenieren müsste, muss man ihn fragen.
Aber jetzt im Ernst: Das können Sie mir doch nicht zumuten, dass ich einzelnen Fraktionen – sei es der FDP, der CDU, der Grünen oder gar der PDS – jetzt hier erklären soll, was ich für falsch oder richtig hielte. Die Demokratie lebt von Entscheidungen der Mehrheit. Ich weiß auf Grund meiner langen Erfahrung, dass Mehrheit nicht immer gleich Wahrheit oder Richtigkeit ist. Aber die Generalvermutung geht dorthin. – So ist es nun einmal!
Dann bleibt mir nur noch folgende Frage, Herr Böger – auch angesichts Ihrer politischen Zielsetzung: Glaubt der Senat, angesichts der offensichtlich ideologischen Verblendung vieler PDS-getragener Bezirksverordnetenversammlungen
Herr Präsident! Herr Dr. Augstin! In Ihrer Frage wurden „Glauben“ und „ideologische Verblendung“ nebeneinander genannt. Das trennen wir jetzt einmal!
Der Senat ist der Auffassung, dass das politische und bildungspolitische Ziel, möglichst viele kommunale Kitas an freie Träger zu übertragen, richtig ist. Der Senat hat bislang keinen Grund, an der Ernsthaftigkeit dieses Willens zur Umsetzung in den Bezirken zu zweifeln.
Herr Präsident! Ich habe keine Frage, die den Charakter eines Aprilscherzes hat, sondern eine Nachfrage in der Sache. – Herr Senator! Unter dem Stichwort „Bindungskontinuität“ würde ich gern erfahren, welche Bedeutung Sie der Überlegung beimessen, dass bei der Übertragung von Kitas in freie Trägerschaft auch die Erzieherinnen – wie man sagt – mitgehen, d. h. zum freien Träger wechseln. Welche Bedeutung hat für Sie dieser Standpunkt?
Herr Präsident! Frau Abgeordnete Schaub! Ich messe dem eine sehr hohe Bedeutung bei, wenn qualifiziertes Personal zu einem freien Träger mitgeht. Ich habe mehrfach solche Kitas besucht, die übergegangen sind – übrigens auch mit Personal aus dem kommunalen Bereich, obwohl immer gesagt wird, die Erzieherinnen dort täten das nicht. Aber das stimmt gar nicht, sondern wenn die Bedingungen der Arbeit stimmen und es auch inhaltliche Konzepte gibt, sind meines Erachtens Erzieherinnen sehr wohl bereit, überzugehen. Das ist auch in der Hinsicht wichtig – das will ich Ihnen offen gestehen –, dass wir ansonsten Überhänge im öffentlichen Bereich hätten, die schwierig zu bearbeiten sind. Insofern halte ich es für sehr bedeutsam, dass man eine solche Personalübernahme, soweit es irgend möglich ist, auch macht.
Herr Präsident! Herr Senator! Warum verschleppt der Senat schon so lange – seit einem Jahr – die Vorlage der Rahmenvereinbarung zur Übertragung der Immobilien der Kitas an freie Träger?
[Frau Jantzen (Grüne): Ach! – Frau Dr. Tesch (SPD): Herr Steuer müsste es eigentlich besser wissen!]
aber ich will Ihnen gern zugestehen, dass man es insgesamt ein bisschen zügiger hätte machen können. Es sind allerdings schwierige Abstimmungsprozesse. Sie wissen, dass mehrere Häuser beteiligt sind. Wir haben den Jugendstadträten bzw. -rätinnen schon längst die Vereinbarungen, die dem Grunde nach stehen und die nur noch – wenn Sie so wollen – ratifiziert werden müssen, mitge
teilt. Es finden dort laufend Gespräche statt. Wir haben auch gefragt, ob sie sich noch Verbesserungen vorstellen können, und sind mit der Senatsverwaltung für Finanzen im Gespräch. Insofern glaube ich, dass diese Rahmenvereinbarungen dem Grunde nach stehen. Aber ich gebe Ihnen Recht, dass es Zeit wird, dass sie auch ratifiziert werden, damit wir noch besser erklären können, wie die Rahmenbedingungen aussehen.
1. Welche vom Land Berlin vergebenen Bauaufträge – direkt oder indirekt – sind von den Absprachen des Preiskartells betroffen, und welche Schäden sind dadurch entstanden?
2. Warum hat der Senat trotz der bekannten Problematik immer noch kein Kontrollsystem zur Verhinderung von Preisabsprachen eingerichtet?