Protocol of the Session on April 1, 2004

Themenbereichen

"Besserer Zugang zu und Teilhabe an allen Ebenen

des Arbeitsmarktes",

"Gleichstellung in der allgemeinen und beruflichen

Bildung",

"Vermehrte Beteiligung von Frauen und am

Wachstum von Unternehmen" und

"Vereinbarkeit von Familie und Beruf"

untergliedert ist und dem Antragsteller bei der Antragsberatung ggf. gesondert erläutert wird. Leistet ein Antragsteller gemäß den in der Checkliste vorgegeben Kriterien keinen Beitrag zur Chancengleichheit, wird der Antrag abgelehnt. Bei Übernachfrage und wissenschaftlich-technischer bzw. wirtschaftlichen Gleichwertigkeit der Anträge werden solche Projekte bevorzugt, deren Antragsteller das Kriterium der Chancengleichheit in besonderem praktizieren und unterstützen.

Im Oktober 2000 hat sich der „Gender-Beirat“ zur Begleitung der Interventionen der Europäischen Strukturfonds in Berlin unter Vorsitz der Abteilung Frauenpolitik der Senatsverwaltung für Arbeit, Soziales und Frauen – jetzt: Wirtschaft, Arbeit und Frauen – konstituiert. Der GenderBeirat berät fondsübergreifend die Mitglieder des Berliner Begleitausschusses bei der Implementierung und Durchführung des Gender-Mainstreamings bei den Berliner Strukturfonds-Interventionen. Der Gender-Beirat nimmt Stellung und gibt Empfehlungen zur Umsetzung des Gender-Mainstreamings in den Strukturfonds im Land Berlin. Der Beirat hat eine Vertreterin der Frauenverbände als Sachverständige für den Berliner Begleitausschuss benannt. Bei der Ausgestaltung der ergänzenden Programmplanungsdokumente in Berlin wurden die Hinweise des Gender-Beirats bezüglich Fragen der begleitenden Evaluierung und der Öffentlichkeitsarbeit weitgehend berücksichtigt. So werden alle Personen bezogenen Indikatoren zu den Auswirkungen der Fördermaßnahmen – wie Anzahl erhaltener und neu geschaffener Arbeitsplätze – geschlechtsspezifisch erhoben.

Umsetzung des Landesgleichstellungsgesetzes (LGG)

Zu 1 und 2: Das Land Berlin hat mit dem Erlass der

Verordnung über die Förderung von Frauen und die Vereinbarkeit von Beruf und Familie – kurz Frauenförderverordnung (FFV), die den § 13 des Landesgleichstellungsgesetzes (LGG) umsetzt –, eine wegweisende Regelung zur Förderung der Gleichstellung von Frauen und Männern in der Privatwirtschaft geschaffen.

Die Umsetzung der gesetzlich normierten Koppelung

der öffentlichen Auftragsvergabe mit Gleichstellungsmaßnahmen gestaltete sich in der Anfangsphase schwierig. Die praktische Umsetzung der Verordnung ließ sowohl seitens der Vergabestellen als auch seitens der Bewerber und Bewerberinnen um öffentliche Aufträge zunächst größere Unsicherheiten und Widerstände erkennen.

In Reaktion auf diese Entwicklung hat die für Frauen

und Wirtschaft zuständige Senatsverwaltung eine vielbeachtete Handreichung – „Mit Frauen erfolgreich in Wettbewerb und Zukunft“ – und einen – speziell auf die Tätigkeit der Vergabestellen zugeschnittenen – Leitfaden erarbeitet. Darüber hinaus wurde angeregt, die FFV und damit die Koppelung der öffentlichen Auftragsvergabe mit Gleichstellungsmaßnahmen zum Bestandteil der einschlägigen Fortbildungsveranstaltungen der Verwaltungsakademie zu erklären.

Es zeichnet sich heute ab, dass die in der Implementie

rungsphase aufgetretenen Schwierigkeiten weitgehend abgebaut werden konnten, wenn auch im Hinblick auf die Umsetzung der FFV durchaus weiterer Handlungsbedarf zu erkennen ist.

So hat eine stichprobenartige Überprüfung der Amts

blätter des Jahres 2003 ergeben, dass die Vorgaben der FFV bei Ausschreibungen grundsätzlich eingehalten werden. Die erforderlichen Hinweise auf die FFV sind in den Ausschreibungstexten in hohem Maße vorhanden, soweit der Anwendungsbereich der FFV betroffen ist. Die Stichprobe zeigt, dass sich ca. 90 % der Ausschreibungen auf Bauleistungen beziehen und/oder sich unterhalb des Auftragsvolumens von 50 000 Euro bewegen.

Es kann jedoch keine Einschätzung darüber gegeben

werden, inwieweit die FFV nach der Vergabe eines Auftrags auch tatsächlich beachtet wird. § 4 Nr. 3 FVV sieht vor, dass auf Verlangen der Vergabestellen Auftragnehmer/-innen die nach der FFV übernommenen vertraglichen Verpflichtungen in geeigneter Form nachzuweisen haben. Es liegen jedoch keine Erkenntnisse darüber vor, ob und wie die Vergabestellen von diesem Instrument Gebrauch machen. Die Frauenförderverordnung (FFV) normiert keine Pflicht der Vergabestellen, statistische Daten an die für Frauen bzw. Wirtschaft zuständige Senatsverwaltung zu liefern.

Weder § 13 LGG noch die FFV normieren darüber

hinaus verbindliche Controllinginstrumente der für Frauen bzw. Wirtschaft zuständigen Senatsverwaltung zur Einhaltung der FFV. Eine Überprüfung kann nach geltender Rechtslage lediglich durch Anrufen der Vergabekammer oder der VOL-Beschwerdestelle durch betroffene Unternehmen erfolgen.

Ein wirksames Controlling könnte durch eine gesetz

lich normierte Verpflichtung der Vergabestellen zur Führung einer Statistik zur Umsetzung der FFV installiert werden. Diese Daten könnten an die für die Umsetzung

der FFV zuständige Senatsverwaltung zur Dokumentation und zusammenfassenden Auswertung übermittelt werden. Das damit einhergehende Verfahren könnte dadurch Vereinfachung erfahren, dass die einschlägigen Angaben gemeinsam mit der Erhebung zu § 19 LGG übermittelt und die Auswertung im Anhang zum Bericht über die Umsetzung des Landesgleichstellungsgesetzes gemäß § 19 LGG erfolgt.

Zu 3: § 14 LGG sieht die Möglichkeit vor, staatliche

Leistungsgewährung von der Verpflichtung der Empfängerin oder des Empfängers zur Durchführung von Maßnahmen zur aktiven Förderung der Beschäftigung von Frauen abhängig zu machen. Der Erlass einer Rechtsverordnung zu § 14 LGG begegnet jedoch rechtlichen und tatsächlichen Hindernissen.

§ 14 LGG bietet neben § 13 LGG die Möglichkeit,

Frauenförderung in der Privatwirtschaft in Berlin voranzutreiben. Hierbei ist jedoch zu berücksichtigen, dass sich aufgrund der rechtlich umfassend geschützten Privatautonomie nur ein sehr schmaler Handlungsspielraum für den Gesetzgeber bietet.

Daran haben auch europarechtliche Veränderungen

nichts geändert. Vor dem Hintergrund der europarechtlichen Zulässigkeit der Verknüpfung von staatlicher Leistungsgewährung mit Auflagen beziehungsweise Verpflichtungen ist nach wie vor darauf zu achten, dass die staatliche Leistungsgewährung keine europarechtlich unzulässige Beihilfe darstellt oder als solche ausgelegt werden kann.

Zu 4: Durch § 1 Abs. 2 bis 5 LGG besteht für das

Land Berlin die Verpflichtung, auch in seinen privatrechtlich geführten Unternehmen auf die Beachtung der Grundsätze des Landesgleichstellungsgesetzes hinzuwirken. Dies gilt bei der Veräußerung von in privater Rechtsform geführten Unternehmen entsprechend. Errichtet das Land Berlin juristische Personen des privaten Rechts ist gesetzlich eine entsprechende Regelung im Gesellschaftsvertrag vorzusehen. Bei Rechtsformänderungen, die durch Gesetz erfolgen, sind in diesem Maßnahmen zur Frauenförderung entsprechend den Regelungen des Landesgleichstellungsgesetzes vorzuhalten.

Nach § 1 Abs. 3 LGG hat das Land Berlin darauf

hinzuwirken, dass bei einer Veräußerung von Einrichtungen gemäß Abs. 1 die Grundsätze dieses Gesetzes auch von den juristischen Personen des privates Rechts beachtet werden. Bei Rechtsformänderungen, die nach Inkrafttreten dieser Vorschrift eingeleitet wurden, hat der Senat darauf hingewirkt, dass diese gesetzliche Vorgabe umgesetzt wird – z. B. BEHALA.

Sofern in einem Gesetz die Möglichkeit einer Teilpri

vatisierung eröffnet wurde, erfolgte eine entsprechende Verpflichtung, Maßnahmen der Frauenförderung vorzusehen – z. B. Stiftung Oper in Berlin.

Bei gemeinsam von den Ländern Berlin und Branden

burg angestrebten Rechtsformänderungen besteht die gesetzliche Verpflichtung zur Sicherung der Frauenförderung nur für das Land Berlin. Trotz dieser Rechtslage wurde bei einer gemeinsamen Rechtsformänderung eine entsprechende Regelung durchgesetzt – z. B. Feuersozietät/Öffentliche Lebensversicherung Berlin-Brandenburg.

Die Frage „Sicherung der Frauenförderung nach

Rechtsformänderung“ soll auf einer von der Senatsverwaltung für Wirtschaft, Arbeit und Frauen für Ende 2004 geplanten Fachveranstaltung thematisiert werden.

Ich glaube deshalb, dass ich die Fragen nicht nochmals im Detail beantworten muss. Ich will vielmehr einige grundsätzliche Anmerkungen machen und auf einige Punkte besonders hinweisen.

Der Ressortzuschnitt Wirtschaft, Arbeit und Frauen ist in der Bundesrepublik einzigartig. Ich glaube, er ist ein deutliches Signal dafür, dass wir in unserer Politik Wirtschaft nicht als geschlechtsneutralen Bereich betrachten, in dem Wirtschaftssubjekte ohne Geschlecht agieren, sondern dass in der Wirtschaftspolitik das Thema der Geschlechtergerechtigkeit und der gleichberechtigte Zugang der Geschlechter zu Ressourcen ein zentrales und integrales Thema sein muss. Das Thema Geschlechtergerechtigkeit birgt aus meiner Sicht für Wirtschaft und Wirtschaftspolitik ein erhebliches Zukunftspotential. Das sieht man, wenn man sich im europäischen Ländervergleich die Länder mit den besten Wachstumsquoten ansieht, die Länder mit der erfolgreichsten Wirtschaftspolitik. Dort haben wir interessanterweise den höchsten Anteil von Frauen an der Erwerbsquote. Das macht deutlich: Frauenerwerbsquote, gleiche Teilhabe am Erwerbsleben ist keine Wachstumsbremse, kein Kostenfaktor, sondern ist ein Faktor der Wettbewerbsfähigkeit und Wachstum der Wirtschaft verbessert.

[Beifall bei der PDS – Beifall der Abgn. Gaebler (SPD) und Zimmermann (SPD)]

Ich möchte an dieser Stelle Barbara Kux, eine Topmanagerin von Ford Europe zitieren, die in einem Interview aus dem Februar diesen Jahres darauf hingewiesen hat, dass im Übergang von der Industrie- zur Wissensgesellschaft der Ideenwettbewerb der Zukunft vor allem auf Kreativität basiert. Sie sagt:

Verschiedene Untersuchungen haben erwiesen, dass heterogene Teams kreativer sind als homogene. Heterogenität in Firmen kann im Wesentlichen durch drei Merkmale geschaffen werden: Alter, Nationalität und Geschlecht. Für Unternehmen, die im Ideenwettbewerb der Zukunft

schlussfolgert sie –

nachhaltig erfolgreich sein wollen, ist deshalb die Rolle von Frauen bedeutend.