Danke schön, Herr Kollege Lehmann! – Es folgt die PDS. Das Wort hat Frau Kollegin Holzheuer-Rothensteiner. – Bitte schön!
Vielen Dank, Herr Präsident! – Meine Damen und Herren! Lieber Kollege Wegner! Sollten Sie einmal in einen Ausbildungsbetrieb gehen und dort mit Jugendlichen sprechen, dann wäre es vielleicht ganz gut zu wissen, dass diese schon seit den 70er Jahren nicht mehr Lehrlinge heißen, sondern Auszubildende. Das könnte gleich ein bisschen zur Klimaverbesserung beitragen.
Es wird in diesem Hause niemand wundern, wenn ich bei dem Thema Ausbildungsplatzabgabe ganz besonders hervorhebe: Die PDS war immer eine Befürworterin der Umlagefinanzierung und hat dafür immer viel getan. Wir haben die Umlage als Forderung in die Landtage eingebracht, und wir haben sie auf PDS-Parteitagen bekräftigt. Die PDS hat im Bundestag einen Entwurf für ein Umlagefinanzierungsgesetz und im Abgeordnetenhaus zwei Anträge für Bundesratsinitiativen zur solidarischen Finanzierung der Berufsausbildung eingebracht.
Der Rückzug der Wirtschaft aus der dualen Ausbildung und die Reaktion des Staates darauf mit Ersatzmaßnahmen, um Jugendlichen überhaupt eine Ausbildung zu ermöglichen, hat zu einer ganz verzerrten Angebotsstruktur geführt. Das muss sich ändern. Ziel muss es sein, die Ausbildung im dualen System unabhängig vom Auf und Ab der wirtschaftlichen Konjunktur zu sichern und sie so zu gestalten, dass Auszubildende auch das neueste Knowhow in den technischen und arbeitsorganisatorischen Veränderungen mitbekommen, denn es geht auch um die Sicherung der Ausbildungsqualität, um die Sicherung eines auswahlfähigen Angebotes, damit alle Jugendlichen den Beruf, den sie erlernen, auch gern ausüben.
Wie man sich denken kann, sind unsere Anträge damals von der rot-schwarzen Regierungsmehrheit abgelehnt worden. Aber das hatten wir erwartet, und das waren noch andere Zeiten; die haben sich inzwischen geändert.
Die PDS hat sich bei den Koalitionsverhandlungen mit der SPD für die Umlage stark gemacht und dafür gesorgt, dass in die gemeinsame Koalitionsvereinbarung ein Prüfauftrag für eine Bundesratsinitiative aufgenommen wird.
Und es ist gut, festzustellen, dass dieses Anliegen – hören Sie mal zu, Herr Lindner – nun wohl endlich auf Bundesebene auf den Weg gebracht wird.
Die rot-grüne Bundestagskoalition hat sich die Reform der beruflichen Ausbildung und der Ausbildungsfinanzierung vorgenommen, die SPD-Bundestagsfraktion hat sich bei nur wenigen Gegenstimmen für ein Umlagefinanzierungsgesetz entschieden, und der Bochumer SPDParteitag hat dieses Anliegen mit großer Mehrheit unterstützt. Und das ist gut so.
Auch von Senatsseite gibt es Unterstützung. Senator Wolf war der Einzige, der auf der Wirtschaftsministerpräsidentenkonferenz in Magdeburg nicht gegen die Umlage gestimmt hat. Und auch der Regierende Bürgermeister Wowereit hat sich vor Kurzem zu ihr bekannt.
Und das, obwohl in der SPD der große Streit darüber ausgebrochen ist, ob man bei der Freiwilligkeit bleiben soll oder ob es nun doch zu einer gesetzlichen Regelung kommen soll.
Ich gehe davon aus, dass die Umlage auf einem guten Weg ist, Herr Lindner. Seien Sie mit mir dafür, denn sie ist vernünftig, und es gibt überhaupt keine Alternative dazu, wenn die Fachkräfteausbildung in allen Bundesländern und Branchen im dualen System gesichert, den modernen und regionalen Anforderungen angepasst und zukunftsfähig gemacht werden soll.
1. Die Umlagefinanzierung ist nötig, damit alle Jugendlichen, die eine Berufsausbildung machen wollen, dies auch können.
2. Eine Umlagefinanzierung ist nötig, damit die Wirtschaft überhaupt wieder in die Lage versetzt wird, ihrer Ausbildungsverpflichtung nachzukommen. Dazu
steht sie auch. Dazu ist sie aber auch seit dem Bundesverfassungsgerichtsurteil von 1980 verpflichtet.
4. Eine Umlagefinanzierung ist sinnvoll, um branchenübergreifend innovative Ansätze zu verwirklichen.
5. Die Umlagefinanzierung ist ein Bestandteil der Debatte um eine Reform der Berufsausbildung und der Finanzierung des Berufsbildungssystems.
Zu 1: Es muss aufhören, dass Jugendliche schon beim Start ins Berufsleben in Sonderprogramme, Ersatzmaßnahmen und Warteschleifen gedrängt werden.
Von solch einem Zustand – man kann ihn schon als Idealzustand beschreiben – sind wir meilenweit entfernt. Bundesweit wollen pro Jahr ca. 720 000 Jugendliche eine betriebliche Ausbildung machen. Nur gut 48 % können in eine reguläre Ausbildung gehen, eben weil betriebliche Ausbildungsplätze fehlen. Das heißt auch, dass 52 % der Ausbildung staatlich finanziert werden. Von einer Verstaatlichung durch eine Umlagefinanzierung kann nicht die Rede sein – im Gegenteil, es ginge dabei um eine Reprivatisierung.
Auch in Berlin-Brandenburg wird die Situation trotz großer Unterstützung ausbildender Unternehmen aus dem Landesprogramm, der Förderung der Verbundausbildung, trotz Sonderaktionen, Ausbildungsbörsen usw. immer bedrohlicher. In der Ausbildungsplatzbilanz des DGB mit Stichtag 30. September 2003 hat sich im Vermittlungsjahr 2002/2003 die Lücke zwischen Ausbildungsplatznachfragern und den betrieblichen Ausbildungsplätzen noch einmal vergrößert. 67 824 und damit 1,3 % mehr Jugendliche suchten einen Ausbildungsplatz. Das Gesamtangebot stieg um 1 %, aber die Zahl der betrieblichen Stellen innerhalb dieses Gesamtangebots sank um 4,4 %. Das heißt: Nur für 28,8 % der Bewerberinnen und Bewerber, für knapp ein Drittel, stand in Berlin und Brandenburg ein betrieblicher Ausbildungsplatz zur Verfügung. Fazit ist: Per Stand 30. September 2003 war in Berlin und Bran
Meine Damen! Meine Herren! Mit meinen 26 Jahren gehöre ich zu einer Generation, die die Lage auf dem Ausbildungsmarkt nicht anders kennt als desaströs. Das letzte Jahr war genau wie die Jahre davor, an die ich mich erinnern kann: Im Sommer geben die Arbeitsämter die Zahlen fehlender Ausbildungsplätze bekannt, die wieder einmal dramatisch hoch sind. Politiker und Gewerkschaften appellieren an die Betriebe, endlich etwas zu unternehmen. Diese wiederum geben vage Zusagen, und im Herbst stehen wir wieder vor einem Riesenloch, denn passiert ist nicht allzu viel.
So wenig Lehrstellen wie letztes Jahr, 2003, gab es jedoch noch nie. Das ist leider das traurige Fazit. Trotz aller Versprechen suchten Ende letzten Jahres immer noch Tausende Jugendlicher in Berlin einen Ausbildungsplatz, und Tausende befinden sich in Maßnahmen, die wir als Warteschleifen gut kennen. Über Tausende Jugendlicher, die seit Jahren keinen Ausbildungsplatz finden und aus den Statistiken herausgefallen sind, reden wir hier leider schon lange nicht mehr. Auch wenn wir es jedes Jahr mit viel Anstrengung und vor allem mit sehr viel Geld schaffen, die Lücke irgendwie zu schließen, ist es dennoch ein Unding, dass Tausende Jugendlicher monatelang in Unsicherheit leben, ob und wann sie überhaupt etwas bekommen. In dieser Situation ist die Freiheit der Berufswahl nur noch ein schlechter Witz.
denburg die Zahl der unversorgt gebliebenen Jugendlichen mit 6 700 die höchste je ermittelte Zahl. Und erstmals ging auch Brandenburg den Weg in Warteschleifen und legte ein einjähriges Programm zur Berufsvorbereitung für Jugendliche auf. Aber das kann mitnichten die lichte Zukunft sein.
Zu 2: Die Wirtschaft bekennt sich zur dualen Ausbildung. Sie bekennt sich deshalb dazu, weil sie eine sehr hohe Fähigkeit zur Integration in die betriebliche Praxis nach einer Ausbildung hat. Es ist deshalb völlig unakzeptabel, dass sich immer mehr und immer größere Unternehmen, die auch sehr hohe Gewinne machen, aus der Ausbildungsverpflichtung zurückziehen, sich dann aber auf dem Arbeitsmarkt – notfalls auch aus dem Ausland – die Fachkräfte holen, die sie brauchen, und sich gleichzeitig beklagen, es gebe nicht genügend gut ausgebildete Menschen.
Zu 3: Eine Umlagefinanzierung würde das duale Ausbildungssystem stärken; denn sie nutzt der Wirtschaft insgesamt, macht mehr Betriebe bereit für die Ausbildung, stärkt ausbildende Betriebe
und überbetriebliche Ausbildungsstätten, stärkt die Qualität der Ausbildung und gibt den Jugendlichen eine Chance auf ein auswahlfähiges Angebot.
Zu 4: Eine Umlagefinanzierung ist sinnvoll, um branchenübergreifend innovative Ansätze zu verwirklichen, Betreiber kleiner Unternehmer einzubeziehen und dem Weiterbildungsbedarf der Ausbilder Rechnung zu tragen. Auch dafür ist eine ausreichende Finanzierung über einen Ausbildungsfonds nötig.
Zu 5: Die Debatte um eine Reform der Berufsausbildung beginnt gerade erst. Sie wird eng verknüpft sein mit Fragen nach neuen Finanzierungsformen. Es geht um Durchlässigkeit der Ausbildung und die Verknüpfung von Ausbildung, Weiterbildung und lebenslangem Lernen.
Ein konkreter Gesetzentwurf zur Umlagefinanzierung liegt noch nicht auf dem Tisch, trotzdem werden schon wieder die uralten „Totschlagargumente“ aus der Schublade geholt: Untergang der Betriebe, Ausbildungsverweigerung, Verstaatlichung der Ausbildung, Ausbildung vorbei am Bedarf.
Dies liegt ganz neben der Realität. Wer so in die Debatte geht, nimmt sich selbst die Möglichkeit für Neues. Das Umlagefinanzierungskonzept der PDS ist ein gesamtgesellschaftliches, in dem Branchengrenzen, die sich ohnehin nach außen auflösen, überwunden werden müssen. Das Argument, lasse das mal alles wieder die einzelnen Unternehmen machen, hat sich wohl von selbst erledigt, Herr Lehmann. Vor den Trümmern dieser Politik stehen wir gerade. Nur Wirtschaft, Gewerkschaften und Politik in Zusammenarbeit mit allen Akteuren in der Berufsaus