Protocol of the Session on December 11, 2003

werdet ihr sehen und werdet es nicht erkennen, denn das Herz dieses Volkes ist verstockt, ihre Augen sind geschlossen, ihre Ohren hören schwer.

[Hoffmann (CDU): Blasphemie!]

Den Pessimismus des Propheten teilen wir nicht, wir halten es da eher mit Markus, Kapitel 13, der im Gleichnis vom Sämann sagt:

Einiges fiel auf gutes Land und trug Frucht, einiges hundertfach, einiges sechzigfach, einiges dreißigfach.

[Gram (CDU): Was hat denn Karl Marx gesagt?]

Bitte lassen Sie uns gemeinsam daran arbeiten, dass hier die Vision des Evangelisten in einem konkreten Fall aufgehen kann. Beteiligen wir uns gemeinsam daran, dass die „Stiftung Oper in Berlin“ hundertfach gute Frucht trägt. Die Künstlerinnen und Künstler, das Publikum dieser Stadt werden es uns danken. Bitte stimmen Sie unserem Gesetzesentwurf zu. – Herzlichen Dank, auch für die Zwischenrufe!

[Beifall bei der PDS und der SPD – Gram (CDU): Bisschen früher in der Heiligen Schrift gelesen, wäre manches nicht gekommen! – Zuruf von der CDU: Frohe Weihnachten!]

Herzlichen Dank, Herr Kollege Brauer! – Das Wort für die Fraktion der FDP hat nunmehr Frau Meister! – Bitte schön, Frau Meister, Sie haben das Wort!

[Zuruf von der CDU: Das ist wohl wahr!]

Bis zum Schluss ging es in dieser Diskussion um Detailfragen. Es ist durchaus einiges geändert worden, das gestehe ich Ihnen zu. So ist die fünfjährige Planungssicherheit jetzt einigermaßen sicher, die baulichen Investitionen sollen dem Land obliegen, die weiteren Mitglieder des Stiftungsrates vom Abgeordnetenhaus gewählt werden, und die Querfinanzierung will man ausschließen.

[Frau Ströver (Grüne): Wie denn?]

Leider tat man sich schwer bei der Formulierung des Stiftungszweckes. Genau hier funktionierte es nicht, dass man den Erhalt der einzelnen Häuser festgeschrieben hat.

[Brauer (PDS): Wer Augen hat zu sehen, der lese!]

Abgesehen von den gerade angesprochenen Details, die wir wirklich nicht noch einmal in aller Ausführlichkeit diskutieren müssen, wird es dann besonders schwierig, wenn man sich die Finanzen ansieht. Das ist ein Problem, denn selbst mit sehendem Auge weiß man nicht, wohin man sehen soll: Der alte Haushalt ist ungültig, und den neuen gibt es noch nicht. Insofern war der häufig gebrauchte Begriff sowohl am Montag im Kulturausschuss als auch am Mittwoch im Unterausschuss „Theater“ die „wahre Herausforderung“. Deswegen brauche es besonders viel Vertrauen und Risikobereitschaft. Herr Brauer sprach eben von dem Mut, den es jetzt brauche.

Frau Meister

Sie hätten in der Bibel ruhig noch ein bisschen weiterlesen können. Sie hätten noch einiges mehr gefunden. – Ich werde gegen dieses Gesetz stimmen. Ich begründe das einerseits mit dem § 2, dem Stiftungszweck, und andererseits mit dem Vorblatt – Seite 3 – dieser Vorlage. Ich werde dann noch kurz auf den Vorschlag der Grünen eingehen, zwei Stiftungen zu gründen.

Zum § 2: Der Stiftungszweck ist die Seele einer jeden Stiftung. Dem Stiftungszweck würde ich zustimmen, wenn er lauten würde: Zweck der Stiftung ist, die drei Opernhäuser – Staatsoper Unter den Linden, Deutsche Oper Berlin, Komische Oper – zu erhalten. – Alles andere, das im Stiftungszweck enthalten ist, ist nichts anderes als eine blumigere Interpretation des Artikels 20 unser Berliner Verfassung. Darin steht:

[Brauer (PDS): Ja!]

Das allerdings ist so eine Sache nach den Erfahrungen, die wir alle in Berlin gemacht haben. Wenn man allein an die Aussage denkt, das Ballett solle in Berlin gestärkt werden, dann stellt sich jetzt heraus, dass wir die Ballettcompagnie in der Komischen Oper längst abgewickelt haben. Die Nachfrage im Unterausschuss „Theater“, wie denn nun die Entschuldung der einzelnen Bühnen bewerkstelligt werden solle, führte zunächst zu langen Gesichtern. Gegen Nachmittag kristallisierte sich heraus, dass ein Teil im Etat von Herrn Sarrazin herausgebucht werden soll, der Rest soll über den Strukturfonds entschuldet werden. So wird es aber schwierig werden mit den Abfindungen für das Personal ab 2004. So laufen wir mit dieser Opernstiftung in eine gefährlich Schere: jährlich absinkende Zuschüsse und wenig Einsparmöglichkeiten. Mit den Einsparungen muss im Übrigen bereits im kommenden Jahr begonnen werden. Damit ist weiterhin ungeklärt, was wir mit der Opernstiftung machen, wenn sie defizitär dasteht. Genau das haben sich auch die SPDKollegen gefragt. Können wir dann mit einer großzügigen Finanzspritze von Herrn Sarrazin rechnen, so wie bei der Feuersozietät, oder haben wir auf einmal gar keine Oper mehr in Berlin? Ein Großteil der Personaleinsparungen sollte übrigens durch die Zusammenlegung der Deko- und Kostümwerkstätten erbracht werden. Hierzu haben wir zwar schon ein Gutachten vorliegen – das scheint obligatorisch zu sein –, nur leider gibt es absolut keinen Lösungsansatz, wie das Personal abgebaut werden soll. Auch wie es abgefunden werden soll, ist weiterhin ungeklärt.

Gestern Nachmittag im Hauptausschuss gab es eine Vorlage, wie die Entschuldung stattfinden soll. Wenn man nach ein paar Stunden dann noch einmal genauer draufgeschaut hat, könnte man sich fragen, ob wir nicht womöglich wieder Gefahr laufen, der Staatsoper ihre Rücklagen wegzunehmen. Es sind nämlich durch Zufall gerade die vier Millionen, die fehlen. Damit können wir dann alle Bühnen entschulden. Damit starten alle Bühnen bei Null, und über die Querfinanzierung brauchen wir dann nicht mehr zu reden, weil alle mit der gleichen Basis starten und die Rücklagen bei der Staatsoper mal wieder verschwunden sind.

Ich glaube, Herr Brauer, dass das der Fluch ist, der über Berlin liegt. Es gelingt uns nämlich nicht wirklich, unsere Stärken auszubauen. Sie sprachen vorhin vom Erhalt der Grundstrukturen. Das ist es auch und nicht mehr. Erst glaubt die Wissenschaft dran und dann die Kultur. Es wird eine Herausforderung bleiben, aber ich befürchte, die Opernstiftung wird eine Fusion auf Raten. – Vielen Dank!

[Beifall bei der FDP]

Danke schön, Frau Meister! – Nun hat der fraktionslose Abgeordnete Dr. Jungnickel das Wort!

Verehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Sehr geehrter Bibelexeget Brauer!

[Brauer (PDS): Ich habe nur zitiert, nicht ausgelegt!]

Das Land schützt und fördert das kulturelle Leben.

Nichts weiter sollte in § 2 stehen. Alles andere beschäftigt sich damit, wie der Stiftungszweck verwirklicht werden soll. Herr Senator – ich müsste auch die beiden Abwesenden, den Regierenden Bürgermeister und den Finanzsenator, fragen –, ich kann nicht verstehen, weshalb Sie diese Forderung nicht mit allem Nachdruck in den Stiftungszweck hineingeschrieben haben. Denn am Anfang und am Ende dieser Diskussion standen die Pressionen. Die erste Pression war: entweder die Stiftung oder Fusion. Und am Ende hieß es: entweder der Kulturvertrag oder die Stiftung. Zwischen diesen beiden Polen kann man keine Diskussion führen. Sie und viele in Ihrer und den anderen Fraktionen wissen, dass die Kapitaldecke, die diese Betriebe tragen soll, nicht ausreichen wird.

Deswegen ist es richtig, auf das Vorblatt hinzuweisen, in dem auf Seite 3 ganz oben ein Hinweis auf den Artikel 135 Abs. 4 des Grundgesetzes enthalten ist. Der bezieht sich auf den Zugriff des Bundes auf Kultureinrichtungen, die nicht zur Stiftung Preußischer Kulturbesitz gehören. Ich zitiere:

Deshalb legt der Senat Wert auf die Feststellung, dass die vorgesehene Stiftung Oper in Berlin ein künftiges Engagement des Bundes nicht etwa ausschließt, sondern weiter ermöglicht.

Und weil Sie das bestätigen, komme ich jetzt zu dem Vorschlag der Grünen, nämlich zwei Stiftungen zu gründen. Herr Brauer, wenn Ihr, ich darf Sie zitieren, euphorisch ausgerufenes „Mut! Mut! Mut!“ hieße, es müssten drei Stiftungen gegründet werden, dann könnte ich zustimmen. Dann wären die verschiedenen Häuser frei und könnten sich entfalten, je nachdem, wie man ihr Konzept entwickelt.

Man wird damit rechnen, dass sich auch im Bund die Meinungen ändern werden. Es wird nicht dabei bleiben,

Zum FDP-Antrag – Stichworte: Operndreiklang erhalten – auf Drucksache 15/1849 empfehlen die Ausschüsse mehrheitlich – gegen die antragstellende Fraktion der FDP und bei Enthaltung von CDU und den Grünen – die Ablehnung. Wer dem Antrag zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen! – Das ist die Fraktion der FPD. Die Gegenprobe! – Das sind die Regierungsfraktionen. Das ist die Mehrheit. Gibt es Enthaltungen? – Das sind die Fraktionen der Grünen und der CDU. Damit ist der Antrag abgelehnt.

Zum Antrag der Grünen über Gesetz über die Opernstiftungen empfehlen die Ausschüsse – gegen die Stimmen der Grünen und bei Enthaltung der FDP – jeweils die Ablehnung. Wer dem Antrag – Drucksache 15/2221 – jedoch zustimmen möchte, den bitte ich jetzt um das Handzeichen! – Das ist Bündnis 90/Grüne. Die Gegenprobe! – Das sind die Regierungsfraktionen und die CDU. Damit ist auch dieser Antrag abgelehnt. – Gibt es Enthaltungen? – Das sind die FDP und eine Stimme der DU.

Zum Gesetzesantrag der Fraktion der FDP – Drucksache 15/2223 – empfehlen die Ausschüsse gegen die Stimmen der FDP die Ablehnung. Wer dem jedoch seine Zustimmung zu geben wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. – Das ist die Fraktion der FDP. Die Gegenprobe! – Das sind alle anderen Fraktionen. Damit ist der Antrag abgelehnt. – Gibt es Enthaltungen? – Das sehe ich nicht.

dass abgeblockt und gesagt wird: Wir zahlen euch nichts für die Akademie der Künste, nichts für den Hamburger Bahnhof und auch nichts für die Kinemathek, wenn ihr nicht das vorgelegte Stiftungsmodell akzeptiert, sondern wir überlegen uns noch einmal, ob wir nicht doch bereit sind, diese Gelder auch dann freizugeben, wenn sich andere Stiftungslösungen anbieten und bevorzugt werden sollten. Insofern geht es nicht um den hier angestrebten Strukturwandel – wofür ich sehr bin – und auch nicht darum, das Stiftungsmodell als eine moderne Organisationsform anzuzweifeln. Ich bin nur der Ansicht, dass diese Stiftung – dieses Gesetz „Stiftung Oper in Berlin“, das wir heute zur Abstimmung haben – in ihrer Struktur eine gewisse Steinzeitdemokratie beinhaltet. Denn die Pyramide im Beschlussfassungssystem ist so kompliziert, dass wir mit den Schwierigkeiten rechnen müssen, die wir schon tausendmal untereinander ausgetauscht haben.

Meine Konsequenz: Ich halte die Stiftungskonstruktion für die denkbar schlechteste Form, neue Strukturen zu schaffen, und lehne dieses Gesetz ab.

[Beifall bei den Grünen]

Danke schön, Herr Kollege Dr. Jungnickel! – Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Zuerst lasse ich über den Änderungsantrag der Fraktion der CDU abstimmen. Das ist die Drucksache 15/2346-1. Wer dem zustimmen möchte, den bitte ich jetzt um das Handzeichen! – Das waren die Fraktion der CDU und der Grünen. Die Gegenprobe! – Das sind die Regierungsfraktionen. Gibt es Enthaltungen? – Das ist logischerweise die FDP. Damit ist der Antrag abgelehnt.

Jetzt stimmen wir über den Änderungsantrag der Fraktion der Grünen – Drucksache 15/2346-2 – ab. Wer diesem Änderungsantrag zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen! – Das waren die Fraktion der Grünen und der CDU. Die Gegenprobe! – Das sind die Regierungsfraktionen. Gibt es Enthaltungen? – Das ist die FDPFraktion. Damit ist der Antrag abgelehnt.

Zur Beschlussvorlage des Senats – Drucksache 15/2149 –, zu der die separat verteilte Anlage mit der Auflistung der Liegenschaft gehört, empfehlen die Ausschüsse die Annahme, und zwar im Kulturausschuss gegen die Stimmen von FDP und den Grünen – bei Enthaltung der CDU – und im Hauptausschuss gegen die Stimmen aller Oppositionsfraktionen. Wer der Senatvorlage – Drucksache 15/2149 – mit den Änderungen der Beschlussempfehlung des Fachausschusses und der zusätzlichen weiteren Änderungen des Hauptausschusses – beides gemäß Drucksache 15/2346 – zustimmen möchte, den bitte ich jetzt um das Handzeichen! – Das sind die Regierungsfraktionen. Die Gegenprobe! – Das sind alle Oppositionsfraktionen. Gibt es Enthaltungen? – Das erstere war die Mehrheit. Damit ist der Antrag bei einer Enthaltung beschlossen.

Die Anlage ist somit Teil des Gesetzes. Damit ist auch die Streichung des Abschnitts II beschlossen und der neue

Abschnitt II, der bisher III war, in der Fassung des Fachausschusses mit der Ergänzung des Hauptausschusses.

Ich rufe auf

lfd. Nr. 5D:

Dringliche II. Lesung

Gesetz zur Änderung des Gesetzes zur Teilprivatisierung der Berliner Wasserbetriebe vom 17. Mai 1999 (GVBl. S. 183)

Beschlussempfehlungen WiBetrTech und Haupt Drs 15/2352 Vorlage – zur Beschlussfassung – Drs 15/2054

Wird der Dringlichkeit widersprochen? – Das höre ich nicht.

Dann eröffne ich die II. Lesung und schlage vor, die Einzelberatung der jeweiligen Abschnitte miteinander zu verbinden, und höre auch hierzu keinen Widerspruch. Ich rufe auf die Überschrift und die Einleitung in der Fassung der Vorlage – Drucksache 15/2054 – unter Berücksichtigung der Beschlussempfehlung – Drucksache 15/2352 –. Beratung wurde gewünscht. Die FDP beginnt. – Bitte schön, Herr Thiel, Sie haben das Wort!

Vielen Dank, Herr Präsident! – Meine sehr geehrten Damen und Herren! Jetzt geht es ums Wasser, und ich hoffe, es wird nicht zu trocken, weil wir über Gesetze reden müssen. Wir haben hier die Vorlage des

Die Änderung der Abschreibungsmethode auf den Wiederbeschaffungszeitwert – so wurde uns auch im Ausschuss deutlich gemacht – führt u. U. zu einem Rechtsproblem, denn die Verzinsung für das nächste Jahr wird im Gesetz gleichzeitig auf mindestens 6 % festgelegt. Dass das vor einem Gericht Bestand haben wird, wagen wir zu bezweifeln. Es hat auf jeden Fall einen Nebeneffekt: Der Wert des Unternehmens wird permanent steigen, und das Land Berlin wird auf Grund der Rechtsverpflichtungen, die es eingegangen ist, mittel- und langfristig permanent mehr zahlen müssen.