Die Regionalisierung von Dienstleistungen haben Sie ebenso nicht angesprochen. Die Flexibilisierung für Sozialräume und nicht mehr das Festhalten an Bezirken, sondern das Festhalten an Sozialräumen – so richtig haben
Sie haben nicht darüber gesprochen, welche Kompetenzzentren Sie sich vorstellen und wer dann der Lotse sein soll. Soll der Lotse weiterhin der Amtsarzt in der Immobilie sein, die niemand erreicht, oder soll der Gesundheitsdienst mehr aufsuchenden Charakter haben. Viel haben Sie dazu nicht gesagt.
Dann gibt es die Frage, welche Aufgaben wir zentral regeln wollen. Zentral wollen wir die Grundsicherung stärker definieren, und Sie müssen die Mindeststandards endlich einführen, die Sie im öffentlichen Gesundheitsdienst haben wollen. Planungssicherheit für das Personal, das seit 1993 von 3 800 Mitarbeitern auf 1 551 Mitarbeiter abgebaut worden ist, muss ebenso gegeben sein wie für die Frage, welche Aufgaben sie zukünftig wahrnehmen sollen. Wenn immer die gleichen Aufgaben bleiben und die Mitarbeiter immer weiter abgebaut werden, wird das nicht zur Motivation der meist über 50-Jährigen führen, sondern eher zur Demotivation dieser Mitarbeiter.
Sie müssen die Kosten-Leistungsrechnung verbessern. Zu den Kosten-Leistungsblättern haben Sie nichts gesagt. Wir hören nur, dass die Bezirke das haben. Sie müssen auch die Entgelte für die ausgelagerten Aufgaben sehr deutlich formulieren und definieren, welche Aufgaben damit abgedeckt werden sollen und ob freie Träger diese Aufgaben vollziehen können.
In der Beantwortung der Großen Anfrage beschreiben Sie, dass der öffentliche Gesundheitsdienst in den Bezirken nicht einheitlich organisiert ist. Jeder Bezirk macht etwas anderes – ein Stadtrat entwirft Pläne für Zigarettenautomaten und legt fest, in welchem Umfeld von Schulen diese nicht mehr aufgestellt sein sollen, der andere kümmert sich mehr um die Fixerstuben, dieser kümmert sich um das eine, jener um das andere, aber so richtig passiert nichts. 1 551 Mitarbeiter arbeiten im öffentlichen Gesundheitsdienst, aber so richtig viel merken wir von der sozialkompensatorischen Aufgabe nicht. Frau Senatorin, Sie haben nichts dazu gesagt, wie Sie damit umgehen wollen, Sie haben nichts dazu gesagt, wie Sie mit der Altersstruktur im öffentlichen Gesundheitsdienstes umgehen wollen – mehr als 50 % der Mitarbeiter im öffentlichen Gesundheitsdienst sind über 50 Jahre alt und werden in Zukunft viele Aufgaben, die Sie sich vorgenommen haben, nicht mehr wahrnehmen können. Sie haben sich nicht dazu geäußert, wie Sie in der aktuellen Haushaltsdebatte mit der schlechten materiellen Ausstattung des öffentlichen Gesundheitsdienstes umgehen wollen. Sie haben nichts gesagt zu den ständigen Kürzungen und der Aufgabenkritik, obwohl Sie seit anderthalb Jahren dafür Verantwortung tragen.
Sie haben nichts dazu gesagt, welche Dienste Sie auslagern wollen und welche Dienste Sie belassen wollen.
Sie haben auch nichts dazu gesagt – was anscheinend Ihre Verwaltung und selbst die letzten Bezirksverordneten kennen – zu dem Papier, das Sie erarbeitet haben. Das bekommt jeder in dieser Stadt, nur niemand aus dem Fachausschuss. Jeder kann es einsehen, nur die Parlamentarier nicht, obwohl wir das Thema seit September auf der Tagesordnung haben, und sie es verzögert, verzögert und nochmals verzögert haben.
Deswegen möchte ich Ihnen sagen, was wir uns vorstellen, was wir wollen, dass es im öffentlichen Gesundheitsdienst passiert.
Die erste Frage lautet: Was lässt sich zentral regeln, und was muss dezentral geregelt werden? – Fangen wir mit den dezentralen Regelungen an; diese haben Sie nicht angesprochen, aber viele Therapieangebote, die es derzeit im öffentlichen Gesundheitsdienst gibt, sind subsidiär zu leisten und können ausgelagert werden. Viele Doppelstrukturen können abgebaut werden. Viele Beratungsangebote, die es derzeit gibt, finden auf dem freien Markt statt. Es gibt keine Analyse darüber.
Die derzeitig überall stattfindende Eigenevaluation führt zu gar nichts. Sie haben nämlich bereits alle Fragen beantwortet, wollen nun alle nur nett einbinden, auch wenn sie am Ende wenig Entscheidungen treffen können. Diesen Schritt hätten Sie sich sparen können. Sie hätten gleich Entscheidungen treffen und uns heute ein Konzept vorlegen können, wie Sie es in Zukunft mit dem öffentlichen Gesundheitsdienst sehen, und nicht erst die gesamte Evaluation durchführen, die derzeit stattfindet.
Ihr Staatssekretär Schulte-Sasse hat in der letzten Ausschusssitzung darüber gesprochen, welche Kunst des Findens von Gedanken er während einer Rede erlernt hat.
Die Kunst des Findens von Gedanken beim Sprechen einer Rede, davon hat er bei der Berichterstattung über das Gesetz zum öffentlichen Gesundheitsdienst gesprochen. Ich glaube, Sie sollten sich dieser Idee Ihres Staatssekretärs anschließen, und hoffe, dass Sie aus dieser Rede die eine oder andere Idee aufgreifen konnten. – Vielen Dank!
Das ist keine Unverschämtheit. Ich habe es auch nicht von der Senatsverwaltung, aber es gibt Mittel und Wege, sich dies zu besorgen. Herr Czaja, auch Sie haben Gesundheitsstadträte, die alle an diesen Sitzungen teilge
nommen haben. – Die Auswertungen der Bestandserhebungen sind also da. Die Antworten auf die an die Arbeitsgruppe gestellten Fragen werfen meines Erachtens einen sehr interessanten Blick auf die Zukunft der Aufgaben des öffentlichen Gesundheitsdienstes im Gesamtrahmen der gesundheitlichen Versorgung der Berliner Bevölkerung, insbesondere vor dem Hintergrund der im politischen Raum geäußerten Zielvorstellungen.
Hierzu hatten wir am vergangenen Donnerstag im Gesundheitsausschuss bereits eine kurze Diskussion an Hand eines Antrags der FDP, wobei deutlich wurde, dass das Papier der FDP bei den anderen Fraktionen als etwas dünn bewertet wurde. Der Kollege Czaja vermutete sogar, dass dieser Antrag gar nicht vom Kollegen Matz, von dem wir sonst Gehaltvolleres gewohnt sind, sondern von Herrn Dr. Lindner stamme.
Sie haben das ja zurückgewiesen, Herr Matz! Seit dem Freitag glaube ich Ihnen das auch. Denn da beglückte uns der Fraktionsvorsitzende der FDP mit seiner Sicht der Dinge. Er brachte es nämlich auf den Punkt – ich muss das jetzt nicht aus dem Protokoll zitieren, denn die Frau Senatorin hat es bereits angesprochen – und sagte: Wozu Gesundheitsämter? – Bei der Dichte von niedergelassenen Ärzten in dieser Stadt hat sich da sowieso alles erledigt.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Reform des öffentlichen Gesundheitswesens ist ein ambitioniertes Vorhaben, dem sich der Senat auf der Grundlage der Koalitionsvereinbarung von SPD und PDS frühzeitig gewidmet hat.
Wie die schriftliche Antwort auf die Große Anfrage der CDU zeigt, ist das Vorhaben an einem Punkt angekommen, an dem man aufbauend auf einer intensiven Evaluation der derzeitigen Verhältnisse des öffentlichen Gesundheitsdienstes in den Bezirken einen Blick in die Zukunft werfen kann.
Herr Czaja, ich widerstehe jetzt der Versuchung, hier auf Ihre allumfassenden Anwürfe bezüglich des Gesundheitswesens in Berlin noch einmal einzugehen. Ich fasse das so zusammen: Es ist das allbekannte. Ihre Aussage war es: Wir wollen, dass alles so bleibt, wie es ist. Ich kann darauf nur antworten: Wer das will, dass alles so bleibt, wie es ist, der will nicht das es bleibt. Sie haben wohl immer noch nicht erkannt, wie die Zeichen der Zeit in dieser Stadt sind.
Zum Beispiel Ihre Anwürfe, es gebe keine Reaktionen auf die Ergebnisse der Bestandsaufnahme, was die Altersstruktur des öffentlichen Gesundheitsdienstes anbelangt. Da sage ich: Genau aus diesem Grund, weil wir diese Ergebnisse haben, ist es wichtig, jetzt hier diese Strukturreform zu besprechen und durchzuführen.
Die Phase der Bestandserhebung ist in der Zwischenzeit abgeschlossen, und es liegen sehr detaillierte Ergebnisse vor – detaillierter, als noch in der schriftlichen Beantwortung, was – das will ich gern zugeben – an der gewissen Unschärfe der Fragen gelegen haben mag. Schon die erste Phase der reinen Bestandsaufnahme der Aufgaben und des Personalbestands machte deutlich, dass es den öffentlichen Gesundheitsdienst in Berlin nicht gibt. Nicht nur in der Personalausstattung und den Strukturen, sondern auch in den Schwerpunkten unterscheiden sich die einzelnen Bezirke zum Teil erheblich.
Allein schon diese berlinweite Bestandserhebung war den Aufwand wert, stellt sie doch erstmals eine Grundlage für Vergleiche und Bewertungen dar. Die zur ersten Auswertung der Bestandserhebung gebildeten Arbeitsgruppen haben inzwischen ebenfalls einen ersten umfassenden Bericht vorgelegt. Ich weiß nicht, Herr Czaja, ob Sie dieses Papier meinen, dass Sie nicht haben. Ich habe es jedenfalls. Ich habe auch kein Problem damit gehabt, es zu bekommen.
Das ist die schlichte Sicht der Dinge in der kleinen, einfachen Welt des Herrn Dr. Lindner. Ich glaube, Herr Matz kann es da in Ihrer Fraktion besser, und insofern ist es auch gut, dass er dieses Feld beackert.
Dieses umfangreiche Arbeitsgruppenergebnis zeigt deutlich, wie unterschiedlich die rechtlichen und fachlichen Möglichkeiten der Ausgliederung der einzelnen Aufgaben aus staatlicher Verantwortung sind. Auf der Grundlage der Untersuchung einzelner Produkte, also der Leistungen des öffentlichen Gesundheitsdienstes, kamen die Arbeitsgruppen zu sehr unterschiedlichen Ergebnissen.
Während die Arbeitsgruppe „Spezielle medizinische Leistungen und Beratung von Behinderten“ zu dem Ergebnis kommt, dass von 51 untersuchten Produkten 18 keiner staatlichen Verantwortung mehr bedürfen und 14 nur noch einer staatlichen Gewährleistung, das heißt, der Staat muss nur sicherstellen, dass es auch stattfindet, sieht das bei der Arbeitsgruppe „Zahnärztlicher Dienst“ ganz anders aus. Dort werden die Möglichkeiten der Ausgliederung als viel geringer angesehen.
Die Arbeitsgruppe „Verbraucherschutz“ kommt gar zu dem Ergebnis, dass eine weitere Anbindung an den öffentlichen Gesundheitsdienst überhaupt in Frage zu stellen ist, und es wird eine Ressortierung des gesundheitlichen Verbraucherschutzes bei der zuständigen Senatsverwaltung angeregt. Sie sehen, auf der Grundlage des Papiers gibt es eine Reihe von Diskussionen, in die wir uns als Politiker einmischen sollten.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Pape, ich kann das Papier auch hochhalten und sagen: Ich habe es auch. – Aber wenn wir die parlamentarische Beratung ernst nehmen, kann das nicht der richtige Weg sein, wie man diese Beratung organisiert. Es kann nicht sein, dass Abgeordnete, die für die Gesundheitspolitik die Sprecherfunktion innehaben, diese Unterlage nur erhalten, wenn sie irgendwo in einem Bezirk jemanden kennen, der ihnen das zustecken kann. Das kann keine Grundlage für eine parlamentarische Beratung über die Neuausrichtung des öffentlichen Gesundheitsdienstes sein. Ich finde weder das Verfahren noch Ihren Lösungsvorschlag in Ordnung.
Momentan reden wir über die Reform des öffentlichen Gesundheitsdienstes überhaupt nur auf Grund von Initiativen der Opposition. Mir persönlich würde genügen, wenn man das im Fachausschuss täte. Das muss nicht unbedingt zum jetzigen Zeitpunkt im Plenum stattfinden. Aber ich kann schon verstehen, dass die CDU irgendwann gesagt hat: Wenn wir hier gar nichts hören, dann machen wir einmal eine Große Anfrage. Dann muss der Senat uns etwas darüber erzählen. – Insoweit haben Sie es sich selbst zuzuschreiben, dass wir hier eine Debatte führen müssen. Denn man kann ein Reformprojekt wie das des öffentlichen Gesundheitsdienstes nicht über Monate – und fast schon Jahre – angehen, indem man mit den Bezirken und Gesundheitsämtern hinter verschlossenen Türen redet. Das allein reicht nicht aus. Es reicht auch nicht aus, wenn man Facharbeitsgruppen unter Beteiligung derjenigen, die im öffentlichen Gesundheitsdienst arbeiten, einrichtet. Das ist zwar richtig, weil man die in dem Reformprozess mitnehmen muss und auf deren Sachverstand aufbauen muss, aber wenn Sie nur die fragen, dann ist das so, als ob Sie die vielzitierten Frösche dazu befragen würden, wie der Teich in ihren Garten trocken gelegt werden kann. Das ist nicht ausreichend. Man muss mehr tun als das.
Dass der Senat die jetzt beginnende Phase der Leitbildfindung und Strukturierung des öffentlichen Gesundheitsdienstes mit einer großen Fachöffentlichkeit diskutieren will, begrüßt die SPD-Fraktion ausdrücklich. Auch die Einrichtung des hier bereits genannten Beirats wird von uns begrüßt. Ich kann insofern die Kritik an der bisherigen Informationsarbeit des Senats über die Bestandsaufnahme, die in der letzten Woche im Gesundheitsausschuss geäußert wurde, nicht ganz nachvollziehen. Schließlich ging es bisher im Wesentlichen um Erhebungen und Bewertungen, die sich auf den jetzigen Verwaltungsvollzug beziehen. Da kann eigentlich nur die Verwaltung intern richtig mitreden.
Wir haben in dieser umfangreichen Vorlage alle Daten, die uns in die Lage versetzen, auf einer fundierten Grundlage das zu tun, was unsere Aufgabe ist, nämlich politische Ziele zu definieren und diese in den Prozess einzubringen. Die SPD wird dabei besonderes Augenmerk auf die sozialkompensatorische Wirkung des öffentlichen Gesundheitsdienstes haben, wobei es gilt, diese zu erhalten und zu stärken. Uns ist das ein besonderes Anliegen. – Die Senatorin hat bereits Ausführungen dazu gemacht, inwieweit Armut zu schlechter Gesundheit führen kann. – Dies erfordert eine größere Flexibilität, als sie zum Teil heute vorhanden ist. Die soziale Lage ist eben nicht nur von Bezirk zu Bezirk unterschiedlich, sondern auch innerhalb eines Bezirks bedarf es einer flexiblen Antwort auf die Lage der Bevölkerung in den einzelnen Kiezen. Hier ist jeweils zu prüfen, welche Ressourcen in jedem Bereich vorhanden sind, und auf dieser Grundlage ist zu entscheiden, welche Aufgaben der öffentliche Gesundheitsdienst zur Beseitigung eines speziellen Problems bei anderen anregen kann oder welche er selbst durchführen muss. Hierbei ist natürlich immer die Steuerungsfunktion in den Vordergrund zu stellen, denn auch hier gilt: Hilfe zur Selbsthilfe geht vor.
Aber es muss auch sichergestellt werden, dass der öffentliche Gesundheitsdienst weiterhin die Ressourcen erhält, die ihn befähigen, in den Bereichen, die es nötig haben, schnell und am Bedarf orientiert zu handeln. Diese Ressourcen müssen in Zukunft verstärkt auf das Ziel der Prävention und Gesundförderung gerichtet werden. Die Senatorin hat dazu die entsprechenden Ausführungen gemacht.
Zur Erreichung all diese Ziele durch eine bessere Struktur des öffentlichen Gesundheitsdienstes, die auf die Anforderungen einer komplizierter gewordenen Lage in der Stadt sozial wie finanziell reagieren kann, wird eine umfangreiche Diskussion erforderlich sei. Wir sind bereit, uns konstruktiv zu beteiligen, und rufen alle an diesem Prozess Interessierten ebenfalls dazu auf. An Schnellschüssen zur völligen Privatisierung staatlicher Daseinsvorsorge werden wir uns aber nicht beteiligen. – Danke!
Das damit zu überdecken, Frau Senatorin, dass Sie sich bezüglich der Ziele der FDP im Zusammenhang mit dem öffentlichen Gesundheitsdienst im Nebelkerzenweitwurf betätigen, ist nicht in Ordnung. Sie können der Drucksache 15/1830 entnehmen, dass die FDP bezüglich der Grundrichtung des öffentlichen Gesundheitsdienstes einen Antrag gestellt hat. Deswegen entbehrt es jeglicher Grundlage, wenn hier darüber gemutmaßt wird, ob wir etwas abschaffen wollen oder nicht. In dem Antrag steht alles drin. Derjenige, den Sie zitiert haben, hat ihn auch unterschrieben. Deswegen können Sie davon ausgehen, dass alle in der FDP-Fraktion diese Ziele teilen.
Nun kommt es darauf an, dass man dem öffentlichen Gesundheitsdienst, der derzeit in der Tat ausfasert, sehr verschiedene Dienstleistungen anbietet und von Bezirk zu Bezirk unterschiedlich strukturiert ist, ein neues Leitbild