Vielen Dank, Herr Senator Dr. Flierl! – Wir kommen jetzt zur zweiten Runde. Für die Fraktion der Sozialdemokraten hat das Wort Frau Dunger-Löper. – Bitte schön!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wenn ich die Debatte bisher Revue passieren lasse, kann ich nur sagen: Die Diskussion, die wir jetzt eben von Herrn Dr. Flierl als Grundlage vorgetragen bekommen haben, ist ein guter Ausgangspunkt, um die Probleme, denen wir hier gegenüberstehen, einordnen zu können.
Das, was allerdings die Oppositionsparteien zuvor geliefert haben, ist kein Ausgangspunkt und war auch eindeutig unter Niveau. [Beifall bei der SPD und der PDS – Wieland (Grüne): Ach ja? – Niedergesäß (CDU): Ihr Niveau ist doch gar nicht mehr zu unterbieten!]
Herr Wieland! Was Sie hier vorgetragen haben – anfänglich habe ich mir aufgeschrieben „mit viel rhetorischem Getöse“, aber dann sank es ab auf flache Polemik, die versuchte zu kaschieren, dass Sie eine lange vorhandene Vorgeschichte versuchten vergessen zu machen
und dass Sie versuchten zu kaschieren, dass der Auftrag, eine Expertenkommission einzusetzen, von der von Ihnen gestellten Senatorin und Ihrem Spezialisten für Hochschulmedizin nicht eingelöst worden ist.
Das, was hier von den Liberalen, von Herrn Dr. Lindner, vorgetragen worden ist, fand ich auch ganz spannend. Ich wusste gar nicht, dass die Liberalen unter „Zukunft gestalten“ verstehen, dass man Mehrausgaben tätigt. Das ist sicher nicht unser Verständnis, und insofern, denke ich, gehören Sie ebenso wie die CDU zu denjenigen, die immer noch nicht an dem Mentalitätswechsel teilhaben.
Denn Herr Steffel hat uns hier etwas ganz Besonderes vorgeführt. Vor dem Hintergrund der Wirtschafts- und Finanzkompetenz der CDU hat er uns gesagt: Wir setzen auf Mehreinnahmen.
Dem kann ich übrigens folgen, Herr Dr. Steffel. Aber wenn Sie dann weiter davon sprechen, deshalb müssten die Ausgaben nicht gesenkt werden, es könne alles so bleiben, wie es ist,
Ich möchte jetzt nicht weiter auf das eingehen, was hier alles an Märchen vorgetragen worden ist, in der Art „Abwickeln“ des Klinikums oder „automatischer Wegfall von Drittmitteln“. Hier ist genug Nebel produziert worden. Deshalb will ich kurz versuchen, die Sachlage auf einige Kernpunkte zurückzuführen. Was hier heute ansteht, das muss man deutlich hervorheben – auch dem Präsidenten der Freien Universität gegenüber, der heute noch Mails an die Abgeordneten versandt hat –, ist nicht das Aus für irgendeine Institution, sondern es geht um die Überweisung von Anträgen in Fachausschüsse, um einen Diskussionsprozess einzuleiten. Wer hier immer behauptet, die Hochschulverträge würden an dieser Stelle gebrochen, auch der ist mit der Wahrheit nicht ganz auf dem richtigen Weg. Die Hochschulverträge sind abgeschlossen und gelten bis 2005. Aber natürlich kann ein verantwortlich handelnder Mensch in diesem Land nicht sagen, dann warten wir auch bis 2005, bevor wir etwas Neues einleiten, sondern das muss heute eingeleitet werden.
Wir sind im Land Berlin in einer Situation, die wir offenbar immer wieder vor Augen führen müssen, weil sie so grausam ist, dass viele sie nicht zur Kenntnis nehmen wollen. Wir leben hier in Berlin im am stärksten verschuldeten Bundesland, mit einer hohen Arbeitslosigkeit, einer geringen Wirtschaftskraft – bedauerlicherweise, mit einem extrem niedrigen Anteil an eigenem Steueraufkommen.
Wir sind trotzdem bewusst das Land mit den höchsten Pro-KopfAusgaben in Bildung, Schule und Hochschule. Das sollten Sie sich auch immer wieder vor Augen führen. Wir bilden, für einen Stadtstaat sicherlich angemessen, aber trotzdem erwähnenswert, überproportional viele Studenten aus und zwar auch im Vergleich mit anderen Bundesländern aus denen diese Studenten dann nach Berlin kommen, zum Beispiel im Vergleich mit Baden-Württemberg, das sehr viel finanzkräftiger ist, und natürlich kommen auch viele ausländische Studenten hierher.
Wir haben uns trotz dieser desolaten Finanzsituation vorgenommen, Berlin zu einer Stadt des Wissens zu machen, und zwar mit 85 000 Studienplätzen. Das heißt, wir müssen die Mittel im Bereich der Hochschulen optimal einsetzen und darauf achten, dass die verschiedenen Sparten auch angemessen ausgebildet sind. Betrachtet man die Hochschullandschaft in Berlin unter finanziellen Gesichtspunkten, fällt sofort ins Auge – und das ist hier bereits mehrfach angesprochen worden –, dass die Medizinausbildung einen sehr großen Anteil an der Gesamtsumme verbraucht. Gleichzeitig klagen wir aber über zu wenig Fachhochschulplätze, haben kein Geld zum Beispiel für zusätzliche Ausbildungsplätze im Bereich der Informatik. Dass hier Handlungsbedarf besteht, ist, glaube ich, unbestritten. Handlungsbedarf, ich habe es eben schon gesagt, der sich nicht erst
ab 2005 planen lässt, sondern der jetzt die Vorgaben für die Zeit nach Ablauf der jetzigen Hochschulverträge legt – und bereits in diesem Jahr zu Ergebnissen kommen muss.
Die Koalitionsvereinbarung macht hier eine klare Vorgabe, deren Ziel die Einsparung von circa 100 Millionen Euro ist und eben auch die Umwandlung des UKBF, wohlgemerkt die Umwandlung und nicht die Abwicklung, mit dem Ziel des Erhalts von 85 000 Studienplätzen in Berlin insgesamt. Darin sind natürlich 3 600 Studienplätze im Bereich der Medizinerausbildung enthalten. Natürlich ist eine Umwandlung eines Universitätsklinikums ein harter Einschnitt, darüber kann es gar keinen Zweifel geben. Aber wer hier kritisiert, ist auch gefordert zu sagen, wie es anders gehen soll. Da kann man nicht nur sagen: Bringt ihr die Alternativen – da muss man auch selbst konstruktive Vorschläge machen. [Beifall bei der SPD und der PDS]
Es sei auch hier der Hinweis gestattet, dass die wohlfeilen Ratschläge von anderen Bundesländern, und seien sie uns auch so lieb und teuer wie Brandenburg, nicht ganz so glaubwürdig sind, wenn sie uns nicht die Mittel zur Verfügung stellen, die wir zum Weiterbetrieb des Universitätsklinikums brauchen.
Mit der Überweisung der Anträge in die Ausschüsse treten wir hoffentlich in einen Prozess ein, dessen Ziel klar ist. Wir werden hier Alternativen diskutieren, aber es kann sich keiner zurücklehnen und sagen, die anderen mögen sie dann bitte auf den Tisch legen. [Beifall bei der SPD und der PDS – Borgis (CDU): Erst schließen, dann Alternativen!]
Vielen Dank, Frau Kollegin Dunger-Löper! – Das Wort hat jetzt für die Fraktion der CDU Frau Kollegin Grütters. Die verbliebene Redezeit beträgt – das haben wir zuvor auch liberal gehandhabt – vier Minuten.
Entschuldigung, zitiert, bei Herrn Wowereit fällt mir immer finanziert ein, am besten das Klinikum. Also, Herr Wieland hat Herrn Appenzeller – ich kann Ihnen das nur zur Lektüre empfehlen –, schon damit treffend zitiert, wie „unverfroren sich die Arroganz der Macht“ bei Ihnen zeigt. So bestätigen sich laut Appenzeller eben „alle Vorurteile geradezu auf schauerliche Weise“.
Vielleicht, Herr Gaebler, wird ja noch ein Lehrstück daraus, ein Lehrstück gegen Ihre Regierung, Herr Wowereit, wenn Sie nicht aufpassen. Von vielen der teilweise abenteuerlichen Beschlüsse der Koalitionsvereinbarung ist die Idee, aus dem Uniklinikum Steglitz ein Regionalkrankenhaus zu machen, sicher die anstößigste.
Anstößig übrigens deshalb, weil Sie, Herr Wowereit – und das muss ich auch Ihnen, Frau Dunger-Löper, offensichtlich doch noch einmal sagen – und Ihr rot-grüner Senat gerade im Juli 2001 die Hochschulverträge verlängert haben,
die Sie jetzt, kein halbes Jahr später brechen wollen. Dort sind zum Beispiel Zusagen in ein Professorenerneuerungsprogramm gemacht, [Zuruf des Abg. Gaebler (SPD)]
da wird die leistungsbezogene Mittelvergabe innerhalb der verschiedenen Hochschulen angesprochen. Alles das können Sie überhaupt nicht einhalten, auch im Jahr 2005 nicht, wenn Sie jetzt schon Beschlüsse fassen, das ganze Klinikum zu schließen. Abgesehen davon, dass es jegliches Vertrauen in die Politik unterhöhlt – das wäre dann Ihr Problem –, das haben die Einrichtungen unseres Erachtens einfach nicht verdient. Vor allen Dingen dann nicht, wenn man bedenkt, unter welch unwürdigen Umständen diese Verträge im Sommer, fast möchte man sagen, erpresst wurden. Denn schon im Sommer war es ausgerechnet die leistungsstarke Medizin, die mit 145 Millionen DM Einsparung das Opfer für genau diese Hochschulvertragsabschlüsse bringen musste. Diese willkürliche Summe ist bis heute unbegründet– und zwar seit einem Jahr, seitdem Sie, Herr Wowereit, die Summe in die Runde geworfen haben. Es ist kein Zufall, dass es bis heute keine Expertenkommission gibt. Sie haben Leute angeschrieben, die nicht nur wegen des Stils dieser Briefe nicht kommen wollten, sondern die sich zu schade dafür sind, als Experten nachträglich törichten Beschlüssen ihren Segen zu geben.