Protocol of the Session on January 31, 2002

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Bereits vor einem halben Jahr hat die CDU-Fraktion beantragt, das Berliner Pressegesetz zu ändern und die Inhaber- und Beteiligungsverhältnisse der periodischen Presse offen zu legen. Damals erzeugten die damals schon im Abgeordnetenhaus vertretenen Fraktionen den Eindruck, auch sie seien angesichts der immer stärkeren wirtschaftlichen Verflechtungen und Konzentration der deutschen Presse der Meinung, dass die in Berlin erforderlichen Impressumsangaben nicht mehr ausreichen, um die für eine freie demokratische Meinungsbildung unerlässliche Transparenz des Pressewesens zu gewährleisten. Nachdem sich bereits im August Senator Körting in einer Stellungnahme des Senats prinzipiell für den Antrag der Union ausgesprochen hat, erwarteten wir auch einen entsprechenden Antrag der Senatskoalition. Aber die Erwartungen waren offensichtlich zu hoch. Zwischen Wahlkampf und Partygetümmel war keine Zeit zur Arbeit. Erst recht ist jetzt von diesem Senat nichts zu erwarten. interjection: [Müller (SPD): Neue Ideen!]

Die lediglich umbenannte PDS steht auch in der Tradition ihres Schildes, der Stasi. Desinformation und Verschleierung gehörten ebenso zum Handwerk wie Zersetzung. Zu dieser Tradition passt, dass die PDS sich nach wie vor weigert, die StasiVerstrickung ihrer Mitglieder der Landesregierung offen zu

legen, und Gregor Gysi jegliche Diskussion um seine möglichen Stasi-Verstrickungen damit zu unterbinden versucht, dass er jeden Kritiker mit Klagen überzieht.

[Klemm (PDS): Rechtsstaat!]

Von den grundsatzlosen Berliner Sozialdemokraten ist auch nicht viel zu erwarten. Sie zeigen der Stadt gerade, dass sie um den Erhalt von Einfluss und Macht willen bereit sind, jeden ihrer Grundsätze zu opfern, warum also auch nicht den der Aufklärung? Bis einschließlich 1998 hat die SPD entgegen dem Transparenzgebot des Grundgesetzes ihre einzelnen Firmenbeteiligungen in den Rechenschaftsberichten verschwiegen. Nach öffentlichem Druck erscheint jetzt einmal im Jahr der Geschäftsbericht, meist trocken vorgetragen von der Schatzmeisterin der SPD, Frau Wettig-Danielmeyer, die zugleich Generaltreuhänderin der Medienholding der Partei, der DDVG, ist. Bei dieser Gelegenheit teilt die SPD dann mit, dass sie an Zeitungsverlagen beteiligt ist, die täglich rund 2 Millionen Exemplare verkaufen, was knapp 10 % der Gesamtauflage der deutschen Tagesblätter entspricht. Dazu gehören so auflagenstarke Titel wie die „Hannoversche Allgemeine“ mit ca. 234 000 Exemplaren, die „Neue Westfälische“ mit ca. 251 000 Exemplaren und die „Sächsische Zeitung“ mit ca. 337 000 Exemplaren. Die „Neue Züricher Zeitung“ schreibt am 19. Januar 2002, dass die SPD bemüht ist, ihre Einflussnahme mit Treuhandverträgen zu verschleiern. Übrigens: Selbst bei Minderheitsbeteiligungen behält sich die SPD häufig ein Vetorecht bei der Wahl von Chefredakteuren vor. Dass dieser Einfluss kurz vor der Bundestagswahl nicht offenbart werden soll, ist augenfällig.

Um keinen falschen Zungenschlag aufkommen zu lassen: Wir gönnen der SPD deren Vermögen.

[Heiterkeit bei der SPD]

Wir fordern aber Transparenz in Politik und Wirtschaft. Zur Wirtschaft gehören auch die Medien. Wir wissen nicht, welchen Einfluss andere Parteien auf Presseorgane haben. Bei der PDS und ihrem Zentralorgan, dem „Neuen Deutschland“, bedarf es sicher keiner Erklärung. Die Union unterhält nur Parteizeitungen, die deutlich gekennzeichnet sind. Ob und inwieweit andere Parteien Einfluss auf Presseorgane haben oder an ihnen beteiligt sind, ist uns nicht bekannt. Wir, die Bürger, und auch Politiker sind Bürger, haben einen Anspruch darauf zu wissen, ob die von uns gelesenen Zeitungen, die sich sämtlichst unabhängig nennen, wirklich so unabhängig sind, wie sie vorgeben.

[Vereinzelter Beifall bei der CDU]

Mit unserem heutigen Antrag haben wir die Anregung aufgenommen, eine Regelung vorzuschlagen, die dem brandenburgischen Pressegesetz entspricht. Dies ist auch ein Beitrag zur Rechtsangleichung mit den Vorschriften im Lande Brandenburg. Wir sind gespannt, wie lange die Regierungsfraktionen noch versuchen, die Veröffentlichung ihrer Beteiligungen an Presseorganen zu verhindern. – Vielen Dank!

[Beifall bei der CDU]

Danke schön! – Für die Fraktion der SPD hat nunmehr das Wort der Abgeordnete Zimmermann. – Bitte schön!

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Kollegen von der CDU! Ich bin ja froh und dankbar, Herr Braun, dass Sie eigentlich das Petitum schon erfüllt haben. Sie haben ja schon alle Beteiligungen genannt, die die SPD an den verschiedenen Presseorganen hat. Dann ist doch im Grunde der Antrag längst erfüllt. Ich weiß nicht, warum Sie hier einen alten Hut wieder hervorzaubern. Sie kennen das doch alles schon.

[Beifall bei der SPD und der PDS]

Sie befassen hier das Haus heute mit einer Reihe von Anträgen, später in der Tagesordnung noch, mit denen Sie sich gegen eine Menge Maßnahmen der Koalition wenden, die hier zur Reform

überholter Strukturen und auch zur Sanierung des Landeshaushalts notwendig sind. Ich weiß nicht, ob Sie sich mit Ihrer Abwehrhaltung dagegen einen Gefallen tun.

Im Unterschied zu diesen Anträgen hebt sich dieser vorliegende Antrag zum Pressegesetz durchaus ein Stück ab, ist ein gewisser Lichtblick. Er kostet kein Geld und hat jedenfalls den Anschein einer gewissen Gestaltung. Insofern lohnt es sich wirklich, sich auch damit auseinander zu setzen. Nur – es bleibt wirklich dabei: Es ist ein alter Hut, den Sie herausholen. Und Sie erwecken wirklich nur den Anschein von Verbesserung, aber nicht wirklich gestaltende Politik. Beispiel: Es scheint so nach Ihrem Antrag, als kümmerten Sie sich um die Persönlichkeitsrechte Einzelner gegen rechtsverletzende Publikationen – als ob jetzt zivilrechtlich, strafrechtlich etwas getan werden müsste, um den Einzelnen besser zu schützen. Das erreichen Sie mit diesem Antrag aber gar nicht, denn alles das, was Sie damit wollen, ist bereits längst festzustellen. Man kann jederzeit die Verantwortlichkeit für bestimmte Publikationen feststellen. Da brauchen wir keine Neuregelung.

[Beifall bei der SPD]

Es scheint auch weiterhin nur so, als wollten Sie den Einfluss wirtschaftlicher Macht auf die Medien begrenzen.

[Braun (CDU): Transparenz!]

Ja, die Transparenz; Sie können das doch aber nicht mit dem Impressum schaffen, dass Sie die Machtfaktoren ausschalten oder dass Sie den Einfluss auf Medien ausschalten. Das ist doch eher daneben. Dann müssten Sie sich nämlich mal um andere Dinge kümmern, nämlich darum, wie es mit der Zusammenballung von Verwertungsrechten bei Filmgroßhändlern ist. Das sind ja atemberaubende Größenordnungen, wo die öffentlich-rechtlichen Anstalten gezwungen sind, zu pokern bis zum Ende. Da ballt sich wirtschaftliche Macht zusammen. Oder man könnte auch durchaus darüber reden, was in Bayern passiert, was Herr Stoiber mit der Landesbank dort für Herrn Kirch tut, um ihm aus der Klemme zu helfen.

[Beifall bei der SPD und der PDS]

Da sind ganz andere Dimensionen, über die man reden muss, aber nicht über Ihre Fragen. Wir würden gern mit Ihnen darüber reden und nicht über solche abseitigen Fragen.

Was Sie eigentlich wollen, das haben Sie in der Begründung zart angedeutet, ohne es auszusprechen. Das ist, dass Sie nämlich in der Öffentlichkeit den Eindruck erwecken wollen, dass in Berlin oder in Deutschland, was die Verflechtungen von Medien und Politik angeht, hier so etwas wie italienische Verhältnisse herrschen. Sie sagen, Herr Berlusconi regiert in Italien etwas eigenwillig mit seinem Riesenpresseimperium, und deswegen nehmen Sie gleich die Bundesregierung oder etwa auch den Senat, ich weiß es nicht, mit in Verdacht.

[Braun (CDU): Die SPD!]

Sie wollen einen öffentlichen Eindruck erwecken, als sei das hier wie bei Berlusconi in Italien. Und das kann ich nur für die SPDFraktion in aller Schärfe zurückweisen.

[Beifall bei der SPD – Vereinzelter Beifall bei der PDS – Braun (CDU): Das tut Berlusconi auch!]

Es ist insgesamt mit diesem Antrag doch eher eine etwas untaugliche Stimmungsmache verbunden. Das macht uns nicht besonders aufgeregt. Wir werden aber trotzdem in den Ausschussberatungen noch einmal hören, ob Ihnen noch ein vernünftiger Grund einfällt für diese Regelung. Dann werden wir uns das anhören und darüber diskutieren und werden dann auch zu einem Ergebnis kommen. – Danke schön!

[Beifall bei der SPD und der PDS]

Danke schön! – Für die FDPFraktion hat das Wort der Abgeordnete Dr. Lindner!

Frau Präsidentin! Verehrte Damen, meine Herren! Wenn es um Offenlegung von Eigentums- und Besitzverhältnissen geht, sind Liberale naturgemäß vorsichtig und

[Wieland (Grüne): Zurückhaltend!]

zurückhaltend. [Heiterkeit]

Und das hat auch einen guten Grund.

[Wieland (Grüne): Die Erfinder des schwarzen Koffers sind die Liberalen!]

Es gibt indes ordnungspolitisch gebotene Anforderungen – entgegen dem Grundsatz, dass das, was einer hat, seine Privatsache ist –, die für eine Offenlegung sprechen.

[Zuruf von der SPD: Hört, hört!]

Gerade ein Liberaler versteht und ist daran interessiert, dass, um den Wettbewerb zu erhalten, um Kartelle zu vermeiden, selbstverständlich Regelungen stattzufinden haben, die Transparenz schaffen. Das ist für freie Demokraten nicht absurd, sondern das Gegenteil. Ein funktionierender Markt setzt klare Regelungen voraus.

Im Bereich der Medien ist ein besonders heikler Punkt erreicht, denn es ist abseits der Fragen des Kartell- und Wettbewerbsrechts für die Leser, Zuhörer, die Bürger erforderlich zu wissen, wer hinter Verlagen bzw. Medien steht. Deswegen haben wir eine grundsätzliche Sympathie für diesen Antrag. Ob die geplante Gesetzesänderung und die vorgeschlagenen Einzelheiten tatsächlich geeignet sind, Transparenz zu erzeugen, werden wir in der Ausschussberatung prüfen.

Herr Braun, das, was Sie bezüglich der SPD ansprechen, sind existierende Treuhandverhältnisse. Darüber, ob diese mit den Maßnahmen, die Sie ergreifen möchten, verhindert werden können, müssen wir reden.

Es ist also ein selbstverständliches Anliegen der Öffentlichkeit, Herr Benneter, zu wissen, wer hinter den Medien steht. Ich habe es nicht so verstanden, dass es in diesem Antrag darum geht, wirtschaftliche Macht oder das Halten von Beteiligungen zu verhindern, sondern darum, die Dinge offen zu legen. Gegen die Offenlegung von Beteiligungsverhältnissen bei Medienunternehmen wird doch auch ein Sozialdemokrat nichts haben? Die Einzelmaßnahmen werden wir im Ausschuss in aller Ruhe, jenseits von Feldgeschrei beraten. Wir stimmen der Überweisung an den Ausschuss zu.

Danke schön! – Für die PDSFraktion hat die Abgeordnete Dr. Lötzsch das Wort. – Bitte schön!

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich begreife nicht, Herr Kollege Braun, warum Sie die Wiedereinbringung Ihres Antrags genutzt haben, um einen Angriff auf die Koalition zu starten. Sie hätten eigentlich sagen müssen: Vielen Dank an Herrn Senator Körting, Sie haben uns eine Stellungnahme geliefert. – Sie haben die Stellungnahme im Prinzip übernommen, sie abgeschrieben, das eingearbeitet, was an redaktionellen Fehlern – die in der letzten Debatte zugegeben wurden – vorhanden war. Warum kommt nun dieser Angriff? Wollen Sie erreichen, dass der Antrag abgelehnt wird, haben Sie den Ansatz zu sagen: Ich stelle Anträge im Parlament, will damit aber nicht durchkommen und etwas erreichen? Wenn Sie aber hier gleich einen aggressiven Angriff starten, obwohl noch niemand – weder in der Debatte in der letzten Legislaturperiode oder in der Stellungnahme des Senats – Ihren Antrag verurteilt oder heruntergemacht hat, dann ist das sehr merkwürdig.

[Vereinzelter Beifall bei der PDS]

Das Anliegen Ihres Antrags, mehr Transparenz zu schaffen, ist in anderen Bundesländern bereits geregelt. Senator Körting hat darauf hingewiesen, dass es günstig wäre – daran haben Sie sich gehalten –, Änderungen so zu gestalten, dass sie auch im Sinn der Rechtsvereinheitlichung dem Brandenburger Pressegesetz entsprechen. Ich verstehe Ihre aggressive Haltung nicht.

Auf ein Argument gehe ich ein, das wir sicher auch im Ausschuss produktiv diskutieren können: Ein zentrales Argument in Ihrer Begründung ist, dass Sie wünschen, dass die Verwischung der Trennung von Berichterstattung und gestaltender Politik aufhört. Hierfür habe ich viel Verständnis, denn Sie haben im letzten Wahlkampf – betrachtet man das Ergebnis – mit dieser Vermischung schlechte Erfahrungen gemacht. Ein Journalist in dieser Stadt hat über Presse, Funk und Fernsehen versucht, den Wahlkampf für die CDU zu machen und zu gestalten. Siehe da: Das Wahlergebnis war vernichtend. Auch das zu Zeiten der großen Koalition übliche tägliche Morgengespräch zwischen dem ehemaligen Senatssprecher Herrn Dr. B. und dem Journalisten Herrn G. hat nicht dazu beigetragen, dass Ihre Politik befördert wurde. Die Wahlergebnisse sprachen ihre eigene Sprache. Ich kann demnach verstehen, dass Sie nun ein großes Interesse an der Trennung von Berichterstattung und gestaltender Politik haben, denn Sie denken natürlich auch an die nächsten Wahlen.

Vielleicht können wir aber auch in die nähere Zukunft denken: Sie möchten die Verflechtung von Politik und Medien reduzieren. Das möchten Sie diskutieren. Das möchten wir auch. Ich empfehle Ihnen zwei Initiativen: 1. Versuchen Sie den Einfluss Ihres Kanzlerkandidaten auf die Wahl des ZDF-Intendanten zu reduzieren. Dabei hat er bisher bekanntlich eine unrühmliche Rolle gespielt. [Beifall bei der PDS]