Abschließend möchte ich an Sie, an den soeben gewählten Senator appellieren, die unsägliche Praxis der Unterlassungserklärungen zu beenden, und an Sie, meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordneten appelliere ich, unserem Antrag zuzustimmen. – Vielen Dank!
Vielen Dank Herr Kollege Cramer. – Für die Fraktion der SPD hat das Wort gewünscht der Herr Abgeordnete Benneter. – Sie haben das Wort!
[Frau Ströver (Grüne): Den Regierenden Bürgermeister scheint das Thema nicht zu interessieren. Er plaudert lieber in der Hinterbank!]
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich denke, dass das Thema uns alle interessiert, auch den Regierenden Bürgermeister. Auch wenn er nicht an seinem Platz sitzt.
Was wir hier besprechen, sind die uns vorgelegten Anträge, einmal die Einsetzung eines parlamentarischen Ehrenrates, den wollen alle Fraktionen in diesem Haus. Da gibt es überhaupt keine Unterschiede. Deshalb sollte man, Herr Cramer, solche Unterschiede auch nicht herbeireden wollen. Wir wollen keine Neuerungen, wir wollen auch keine Sonderbehandlung für die neuen Senatsmitglieder. Die Frage des Ehrenrates richtet sich an alle Abgeordneten. Dabei ist es immer auch in der Vergangenheit die Frage gewesen, inwieweit wir alle Abgeordneten verpflichten können, sich freiwillig einer solchen Überprüfung zu unterziehen oder ob wir es uns leisten können, das öffentliche Untersuchungsinteresse so auszugestalten, dass das Abgeordnetenhaus für den Fall, dass bestimmte hinreichende Verdachtsmomente vorhanden sind, von sich aus eine solch weitergehende Überprüfung einleiten kann, auch wenn nicht die Zustimmung des Einzelnen vorhanden ist. Das ist die entscheidende Frage bei dem Thema des Ehrenrates. So, wie der Antrag jetzt von allen Fraktionen eingebracht ist, besteht hier Zustimmung. Deshalb brauche ich zu so vorgerückter Stunde nicht mehr im Einzelnen weiter darauf einzugehen. Auch wir wollen, dass hier die Praxis, die in den letzten Legislaturperioden immer von allen Fraktionen gehandhabt wurde,
Was die Frage der Senatsmitglieder angeht, so haben wir hier dezidierte beamtenrechtliche Vorschriften, die aus dem Senatorengesetz und auch aus dem Stasi-Unterlagengesetz hervorgehen. Hier ist es so, dass die Ergebnisse der Überprüfung dem jeweiligen Dienstherrn bekannt gegeben werden.
Diese Ergebnisse werden nicht einfach kommentarlos in den Personalakten verwahrt, sondern sie werden dem Dienstherrn zur Kenntnis gegeben und der Dienstherr hat auf Grund dieser Erkenntnisse zu entscheiden, was damit zu tun ist. Das ist ein ganz rechtsstaatliches Verfahren, wie es jeden im öffentlichen Dienst betrifft – auch die Senatoren. Deshalb ist es nicht gerechtfertigt, jetzt nach der Neuwahl des Senats zu einer Sonderbehandlung zu kommen.
Wir erwarten eine korrekte Amtsführung. Diese muss auch nach solch einer Überprüfung gewährleistet sein. Dann ist es Sache des jeweiligen Dienstherrn – im Fall der Senatoren Sache des Regierenden Bürgermeisters –, auf Grund der Erkenntnisse aus der Überprüfung bei vorliegenden Verdachtsmomenten die entsprechenden dienstrechtlichen Konsequenzen zu ziehen, sollte sich herausstellen, dass eine Senatorin oder ein Senator nicht mehr tragbar sind. Dann ist diese Auseinandersetzung politisch – das wollten Sie auch – und nicht mehr auf irgendeine juristische Ebene gehoben.
Ich denke, dass sich der Senator Gysi gegen nach seiner Ansicht ungerechtfertigte Vorwürfe mit Hilfe der Gerichte zu Wehr setzt, ist sein gutes Recht.
Dieses gute Recht sollten wir auch dem Senator Gysi in diesen Fragen zugestehen. [Beifall bei der PDS]
Die Art und Weise, wie hier die Diskussion über die Überprüfung – schon in einer Art Vorverurteilung, gerade auch von Ihnen, Herr Cramer – zum Gegenstand gemacht wurde, das halte ich nicht für angemessen.
Sie zitieren hier aus dem Beschlussbericht des Immunitätsausschusses des Bundestages. Der ist mit Mehrheit zu entsprechenden Entschließungen gekommen. Nicht nur der PDS-Vertreter, sondern auch der FDP-Vertreter hat dieser Entschließung im Bundestag widersprochen, wie Sie wissen.
Das Bundesverfassungsgericht, das hier von Herrn Gysi immer angerufen wurde, hat die Anträge von Herrn Gysi abgelehnt. Das ist richtig, aber Sie müssen dann der Korrektheit halber schon hinzufügen, dass dies mit der Begründung geschah, dass die Anträge teils deshalb unzulässig sind,
weil hier eine Beweisfrage mit Mehrheit entschieden wurde, damit aber noch lange kein Beweis für die entsprechenden Feststellungen gegeben sei. Deshalb seien die Rechte des Bundestagsabgeordneten Gysi hier nicht verletzt worden.
Herzlichen Dank! – Sie sagten vorhin, der Dienstherr der Senatoren sei der Regierende Bürgermeister. Sie meinen wahrscheinlich: der Dienstvorgesetzte. Seit wann, Herr Kollege Benneter, ist der Regierende Bürgermeister der Dienstvorgesetzte der Senatoren? Und welche dienstrechtlichen Maßnahmen, meinen Sie, hat der Regierende Bürgermeister gegenüber Senatoren, die hier vom Abgeordnetenhaus gewählt werden?
Der Regierende Bürgermeister ist der Zuständige, an den die Berichte über Senatoren bei einer StasiÜberprüfung gehen. Er ist dann auch derjenige, der darüber zu verfügen hat, was mit solchen Berichten zu geschehen hat – ob die lediglich in den Personalunterlagen abgeheftet werden oder ob die dazu benutzt werden, um entsprechende Sanktionen herbeizuführen. Hier im politischen Rahmen bei Senatoren wäre es dann ganz klar die Sache des Regierenden Bürgermeisters – das ist dann auch für ihn eine politische Frage –, ob er dies dem Abgeordnetenhaus zur Entscheidung vorträgt. Darauf habe ich abgestellt und nicht auf irgendwelche funktionalen dienstrechtlichen Unterschiedlichkeiten.
[Eßer (Grüne): Genau das ist die Lücke! – Dr. Lindner (FDP): Sie merken doch an Ihrer Antwort, dass es nicht passt!]
Nein, das ist keine Lücke! Der Senator Gysi hat doch vorhin nach meiner Überzeugung darauf hingewiesen, dass – gerade was seinen Fall angeht – nichts unter der Decke bleibt,
aber auch gar nichts unter der Decke bleibt, wenn hier irgendwelche Erkenntnisse bestehen. So war es jedenfalls bisher. Diese Erkenntnisse waren immer schon Tage vorher in den entsprechenden Zeitungen zu lesen. Deshalb habe ich da überhaupt keine Sorge, dass uns das nicht bekannt würde, wenn es zu neuen Erkenntnissen käme.
Daher meine ich, dass Ihr Antrag, der jetzt eine Neuerung und eine Sonderbehandlung herbeiführen will, dies nicht rechtfertigt, was die Senatsmitglieder angeht. Insofern werden wir einer Überweisung in die Ausschüsse zustimmen, aber uns dort dagegen wenden, dass nun eine Sonderbehandlung für die neu gewählten Senatsmitglieder stattfindet.
[Vereinzelter Beifall bei der SPD – Beifall bei der PDS – Zurufe von der CDU und der FDP – Dr. Lindner (FDP): Dann sagt doch, dass ihr es nicht veröffentlichen wollt!]
Es ist offensichtlich und ein signifikantes Zeichen des Senats, dass er sich mit moralischen und humanen Kriterien nicht mehr auseinander setzt, sondern hier den Versuch unternimmt, über die Vergangenheit hinwegzutuschen.
und dass wir damit der Tradition, die in diesem Hause vorherrscht, auch weiterhin folgen werden. Darüber brauchen wir nicht länger zu reden.
Ich finde – und das sage ich gleich vorab –, dass der Antrag der Grünen, der weiter geht als unserer, nachher unsere Zustimmung finden wird. Wir werden uns dem Antrag der Grünen anschließen.
Auch wir fordern eine Überprüfung der Mitglieder der Landesregierung, sowohl für Senatoren als auch für Staatssekretäre, und zwar auf eine Mitarbeit für das ehemalige Ministerium für Staatssicherheit der DDR. Diese Auffassung der CDU-Fraktion wird die wenigsten von Ihnen überraschen, ebenso unsere Feststellung, dass wir fest davon überzeugt sind, dass dieser Senat aus Altjusos und Alt-FDJlern der Stadt schweren moralischen Schaden zufügen wird.
Herr Benneter, zu Ihrer Information – und ich fand die Zwischenfrage von Herrn Lindner berechtigt –: Ich hätte mir auch gewünscht, wir hätten diesen Antrag vor der Senatswahl nicht nur diskutiert und verabschiedet, sondern wir hätten auch die Ergebnisse vor der Senatswahl gehabt, damit jeder einzelne Wähler und jeder Abgeordnete in diesem Haus, der heute für diesen Senat gestimmt hat, auch weiß, was er getan hat und mit welchen Damen und Herren er es künftig zu tun hat.
Über Gregor Gysi haben bereits die Gauck-Behörde und der Immunitätsausschuss des Deutschen Bundestages ein eindeutiges Urteil gefällt, übrigens mit den Stimmen der Sozialdemokraten. Wörtlich heißt es in diesem Bericht des Immunitätsausschusses: