Protocol of the Session on March 13, 2003

Herr Präsident! Meine verehrten Damen und Herren! Herr Braun, wenn wir gewusst hätten, dass Sie so fürsorglich sind, dann hätten wir Ihrem Antrag natürlich ganz anders diskutiert. Das war eine rührende Rede. Ganz überzeugt hat sie mich allerdings nicht. In den letzten Monaten werden wir mit Vorschlägen überschüttet, wie man der Korruption und dem Berliner Sumpf zu Leibe rücken kann. Diejenigen, die dieses Geschäft schon früher betrieben haben, freuen sich darüber. Allerdings habe ich zunehmend den Eindruck, dass es sich um Aktionismus handelt und dass hier nicht nur nach Möglichkeiten gesucht wird, die Berliner Situation zu verbessern, sondern versucht wird, die Politiker aus dem jeweils anderen Lager zu treffen und so den Eindruck zu erwecken, als verbessere man die Situation tatsächlich.

[Borgis (CDU): Der Eindruck ist falsch!]

Ich gebe Ihnen einen guten Rat, den ich selbst beherzige: Prüfen Sie alles, was Sie tun, unter dem Blickwinkel, ob es das verhindert hätte, was dieses Land tatsächlich ins Unglück gestürzt hat.

[Beifall bei der SPD – Vereinzelter Beifall bei der PDS]

Die Tatsache, dass wir uns in Zukunft sehr viel kritischer auseinander setzen werden mit Privatisierungen, ist eine Folge von Analysen, die wir hier vorgenommen haben und wo wir sagen: Wir werden uns das in Zukunft ganz genau überlegen. Wir werden es eben nicht so unbedenklich privatisieren, wie wir es früher gemacht haben. Das, meine Damen und Herren von der CDU-Fraktion – wobei ich wirklich glaube, dass Sie dabei mitmachen –, sind die Wege, wie wir an diese Dinge herankommen. Ich bitte Sie, konzentrieren Sie sich darauf und verwässern Sie nicht unser gemeinsames Bemühen, der Bürgerschaft klar zu machen, dass mit uns eine solche Korruption, wie sie stattgefunden hat und woran Ihre Partei ebenso wie meine beteiligt gewesen ist – gleichmäßig möchte ich fast sagen –, nicht wieder zugelassen wird. In den nächsten Tagen erscheint ein Buch, das das nachweist. Wir haben alle Veranlassung, uns viel Mühe zu geben und nicht nur fragmentarische Gesetze zu machen, die in Wahrheit nichts bessern.

[Beifall bei der SPD – Vereinzelter Beifall bei der CDU und der PDS]

Vielen Dank, Herr Kollege Lorenz! – Für die Fraktion der FDP spricht Herr Dr. Lindner – Sie haben das Wort – bitte schön!

Herr Präsident! Verehrte Damen! Meine Herren! Sie haben gerade, mein geschätzter Vorredner,

Aber diese Details wollten Sie gar nicht diskutieren. Sie haben den ganzen Antrag statt dessen einfach abgetan. Damit haben wir ein Problem. Es gibt eine Reihe von Einzelanträgen oder Initiativen, die aus der Opposition

gekommen sind, die jedoch von der Koalition in den letzten Tagen und Wochen einfach vom Tisch gewischt worden sind. Es reiht sich ein in dieses unsägliche Verhalten von SPD- und PDS-Fraktion bei den Initiativen zur Aufklärung des Bankenskandals. Es ist doch absurd, was Sie da getrieben haben. Sie haben im Hauptausschuss kleine, geradezu bescheidene Anträge, deren Inhalt es war, zu prüfen, inwieweit Personen, die in diesem Gestrüpp tätig waren, zur Rechenschaft gezogen werden können, in den Rechtsausschuss überwiesen.

Es ist überhaupt nicht verständlich, weshalb SPD- und PDS-Fraktion bei der Aufklärung und auch der Prävention vor Korruption so zögerlich handeln, wie wir es in diesen Wochen erleben.

Ich bitte Sie, sich zu überlegen, welches Signal Sie damit setzen. Das ist kein richtiges Signal. Sie sollten sich überlegen, ob Sie sich nicht lieber diesen Initiativen, die zumindest in die richtige Richtung gehen, konstruktiv anschließen, um zu passablen Ergebnissen zu kommen, anstatt ständig Anträge abzublocken, die Verfilzung aufklären oder besser noch beenden wollen. – Herzlichen Dank!

Danke schön, Herr Dr. Lindner! – Für die PDS-Fraktion spricht Herr Lederer – bitte schön!

[Gaebler (SPD): Lorenz!]

das Problem angesprochen, um das es hinter der Frage der Unternehmensbeteiligungen tatsächlich geht. Das Problem sind die Beteiligungen selbst. Die effektivste Weise, hier eine Art Interessenskollision zu vermeiden zwischen Politik und den Unternehmensbeteiligungen des Landes, ist ganz einfach, nämlich die Beteiligungen zu verkaufen.

[Beifall bei der FDP – Zuruf des Abg. Liebich (PDS)]

Die brauchen wir gar nicht in staatlichem Eigentum, das ist das Grundproblem.

[Doering (PDS): Lindner steht für einfache Lösungen!]

Ja, Sie können natürlich völlig an dem Problem vorbei manövrieren und dann hoffen, dass Sie an den Symptomen herumdoktern, Herr Doering. Das Problem ist aber, dass Sie die Grundfrage nicht gelöst haben.

[Liebich (PDS): Wir haben die Grundfrage zum Glück gelöst!]

Solange der Staat Unternehmen hält, solange dieses Gestrüpp von Beteiligungen existiert, wird es auch immer wieder Fälle von Korruption geben. Da brauchen wir uns überhaupt nichts vorzumachen. Alles, was die Geschichte Berlins auf diesem Gebiet zeigt, muss auf diese Weise endlich einmal beendet werden. Es sind vor allen Dingen die großen Parteien – jetzt versucht die PDS, sich auch mit an das Töpfchen zu setzen –, die immer diese Posten wahrgenommen haben.

[Frau Oesterheld (Grüne): Die FDP war auch dabei!]

Und nicht zu vergessen sind die Gewerkschaften, Herr Pagels, Herr Lange und andere, die da untergebracht worden sind, das ist die eigentliche Frage, um die es geht. An die müssen wir herangehen.

[Beifall bei der FDP]

Was nun den Gesetzentwurf der CDU-Fraktion anbelangt, der geht in die richtige Richtung. Das ist ganz klar. Wir hätten uns auch gern im Ausschuss über die Einzelfragen näher unterhalten. Es gibt, Herr Braun, einige Probleme, die wir gern vertiefter mit Ihnen erörtert hätten. Wenn man sich beispielsweise die Generalklausel ansieht, dann stelle ich dazu fest: Nicht jeder, der einen Vor- oder Nachteil aus Unternehmen des Landes Berlin hat, gerät in den Verdacht, dass er eine weitergehende Interessenskollision hat. Wenn man die Generalklausel wörtlich nimmt, handelte es sich beinahe um jeden, der die BVG oder die BSR benutzt. Das hätte man aber regeln können. Man hätte beispielsweise auch Bagatellgrenzen einziehen können, damit nicht schon eine Kleinstbeteiligung dazu führt, dass man Interessenskollision annehmen kann. Wenn jemand ein Girokonto bei der Sparkasse hat, kann es nicht sein, dass er grundsätzlich nicht geeignet ist, in den Aufsichtsrat zu gehen.

[Dr. Flemming (SPD): Ja, klar!]

[Beifall bei der FDP]

[Beifall bei der FDP – Beifall der Frau Abg. Dr. Klotz (Grüne)]

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Kollege Lindner! Sie haben natürlich immer auf alles eine Antwort, es ist aber immer dieselbe: Alles verkaufen! Ich gehe davon aus, dass Sie eigentlich gar kein Interesse daran haben, die Sache hier zu diskutieren, sonst würden Sie nämlich zuhören. Die Strategie ist immer gleich: Die Opposition reicht irgendwelche Anträge ein, die unsinnig sind, anschließend fordert man die Regierungskoalition auf, sie in Ordnung zu bringen und dann zu beschließen. Oder aber: Der Koalition bleibt nichts anderes übrig, als sie wegzustimmen, und dann kreischt man auf den Oppositionsbänken laut, dass in dieser Stadt alles vertuscht, bei Seite geschoben und nichts aufgeklärt wird.

Herr Kollege Braun hat zu Beginn blumig vom bösen Schein gesprochen, den es zu vermeiden gelte. Wie sollte es anders sein! Er hat dafür einen Ausweg angeboten: Das ist einer dieser glorreichen Anträge der Opposition zum Komplex Bankgesellschaft. Es ist offenbar nicht nötig, sich mit der geltenden Rechtslage auseinander zu setzen. Die §§ 5 und 6 des Senatorengesetzes schreiben Amtspflichten für die Senatoren vor. Sie haben sich aller Amtshandlungen zu enthalten, durch die sie sich selbst oder Familienangehörigen einen Vorteil verschaffen würden. Analoges gilt für den Nachteil. Es gibt ein allgemeines Verbot, eine Beschäftigung berufsmäßig auszuüben oder einer Leitung, einem Aufsichtsrat, Verwaltungsrat

Es gibt ein Problem, Korruption rechtlich zu fassen. Da ist dann allerdings, folgt man dem Gesetzesantrag, die

Frage zu beantworten, ob ein Senator künftig Tarife genehmigen soll, die er möglicherweise selbst zahlen muss: BSR, U-Bahn, ähnliche Geschichten. Wir wissen alle ganz genau, was der Grund für diesen Gesetzesentwurf war: Fondszeichnungen von Herr Strieder. Man kann dieses Verhalten als politische Dummheit kennzeichnen – das hat der Kollege Wieland in der I. Lesung auch getan – , weil dadurch der Eindruck entsteht, die Landespolitik bewege sich generell zwischen Selbstbedienungsmentalität, Intransparenz und Machtmissbrauch. Man muss aber an dieser Stelle noch darauf hinweisen, dass das eigentliche Problem nicht die Inanspruchnahme von Fonds war, sondern die Tatsache, zu welchen Bedingungen sie aufgelegt wurden.

Und da stehlen sich diejenigen, die Verantwortung tragen, absolut aus der Verantwortung. Ich kann in dem Antrag der CDU keine praktikable Lösung finden, um künftig einer solchen Art Machtmissbrauch vorzubeugen. Da gibt es statt dessen, so stelle ich fest, einen Sinneswandel bei FDP und Grünen gegenüber der Haltung in der I. Lesung, wo das alles noch ein bisschen offener gehalten wurde, wo man auch Kritik an einem solchen Antrag geübt hat, weil er handwerklich schlecht war. Jetzt gibt es eine Einheitsfront der Oppositionsfraktionen: populistische Bürgerrechtsfront. Alle Anträge einer solchen Fraktion, die irgendwie den Eindruck erwecken, dieser Senat setze sich nicht auseinander mit dem, was vor seinem Amtsantritt in dieser Stadt passiert sei, werden gemeinsam unterstützt, müssen durchgekämpft, mit Presseerklärungen verbreitet werden usw. Und alle vernünftigen Einwände, die man dagegen vorbringt, sind dann Vertuschung, nicht wahr, Herr Kollege Ratzmann?

oder sonstigen Organen und Gremien von Erwerbsunternehmen anzugehören. Von diesem Verbot gibt es Ausnahmen. Diese gelten dann, wenn ein öffentliches Interesse des Landes Berlin vorliegt, dass Senatoren in solchen Unternehmensgremien sitzen. All diese gesetzlichen Amtspflichten gelten grundsätzlich auch für wirtschaftliche Interessen und Vermögensbeteiligungen, so dass eigentlich eine gesetzliche Sicherung eingebaut ist, um Missbräuchen der Amtsstellung vorzubeugen.

Nun gibt es bei jeder Sicherung das Problem, dass sie abstrakt ist und möglicherweise im konkreten Fall eine vergleichbare Situation nicht erfasst. Macht, Entscheidungshoheit und Einfluss können immer missbraucht werden. Da hat der Kollege Lindner Recht. Und den Staat und alles abzuschaffen, was öffentliche Verwaltung macht, wäre die Vorbeugung, um zu verhindern, dass irgendeine Art Machtmissbrauch in einem dann nicht mehr vorhandenen Staat stattfände.

[Beifall bei der PDS]

Das sind die Antworten der FDP. Wir sehen das anders. Wir sagen, wenn das so ist, dass Macht, Entscheidungshoheit und Einfluss immer missbraucht werden können, dann kann das Anlass sein für den Gesetzgeber, über Nachbesserungen oder Neuregelungen nachzudenken. Dabei bedarf es allerdings einer gewissen Präzision in der Gesetzesformulierung und des Ziehens klarer Grenzen, um tatsächlich – und nicht nur behauptet, Herr Kollege Lindner – Klarheit, Transparenz und Rechtssicherheit zu schaffen.

Die CDU nimmt nach ihrer Antragsbegründung genau das für ihren Gesetzesvorschlag in Anspruch. Sie hat in der Begründung vorgetragen, dass sie das Beantragte für eine eindeutige gesetzliche Regelung hält. Die vorgeschlagene Regelung ist aber alles andere als eindeutig. Denn die bisher relativ klare Anknüpfung am Vorteil, den ein Senator hat, soll ergänzt und vermischt werden mit der Gefahr einer Interessenkollision, die dann bestehen soll, wenn die Betroffenen irgendwie durch Entscheidungen des Unternehmens unmittelbar benachteiligt oder begünstigt werden. Was das bedeuten soll, dazu bleibt die CDU eine Antwort schuldig. Auch im Rechtssausschuss hat sie uns das nicht vorgetragen. Wir werden aber nicht Ihre Arbeit machen und Ihr Gesetz jetzt umbessern, da müssen Sie schon jetzt selbst ein bisschen handwerkliche Genauigkeit an den Tag legen.

[Beifall bei der PDS – Ratzmann (Grüne): Das werden aber ihre Interessen sein!]

Herr Kollege Ratzmann, Sie kommen ja gleich noch an die Reihe, Sie können dann darauf eingehen. In der I. Lesung ist im Übrigen in diesem Parlament fast übereinstimmend auf diese Ungenauigkeiten hingewiesen worden, auch von Ihrem Kollegen Wieland, lesen Sie das noch einmal nach.

[Frau Dr. Klotz (Grüne): Dass sie aufgelegt wurden!]

[Beifall bei der PDS – Vereinzelter Beifall bei der SPD – Ratzmann (Grüne): Genau, Augenwischerei!]

Meine Fraktion wird vernünftigen und angemessenen Vorschlägen zur Herstellung von Transparenz und zur Vermeidung von Interessenkollisionen und vor allem zur Verhinderung der Ausplünderung dieser Stadt für die Zukunft folgen. Aber wir sind nicht bereit – und da müsste ich eigentlich bei der FDP Freunde finden –, die bestehenden gesetzlichen Regelungen aufzublasen, undurchschaubar und vor allen Dingen nicht mehr handhabbar zu machen. Wir verlangen von den Antragstellern solcher Anträge in diesem Parlament, die daran ebenfalls ein ehrliches Interesse bekunden, sorgfältige Arbeit, Augenmaß und vor allem, dass sie dabei die Verhältnisse wahren. – Herzlichen Dank!

[Beifall bei der PDS – Vereinzelter Beifall bei der SPD]

Danke schön, Herr Kollege Lederer! – Als Letzter auf der Redeliste erhält Herr Ratzmann von Bündnis 90/Die Grünen das Wort. – Bitte schön!

[Ritzmann (FDP): Hat er was vertuscht, der Kollege?]

Der Antrag macht noch etwas anderes, und das scheint mir das Wichtige an der ganzen Geschichte zu sein. Er konstatiert nämlich eine Verpflichtung desjenigen, der in eine solche Interessenkollision hineingeraten könnte, die Umstände im Senat darzulegen, aus denen sich eine Interessenkollision ergeben könnte. Genau das ist in diesem Fall, im Fall von Herrn Strieder, nicht passiert. Es ist nicht offengelegt worden, dass die Möglichkeit besteht, dass in so einem Fall eine Interessenkollision besteht. Der Senat hatte gar keine Möglichkeiten, ohne seine Offenlegung hier zu handeln. Deswegen ist es richtig, so etwas in das Senatorengesetz hineinzuschreiben. Deswegen ist es richtig, die Realität aufzunehmen und zu versuchen, Regelungen dafür zu finden. Deswegen werden wir für diesen Antrag stimmen.

Ich schließe nun die Einzelberatungen und verbinde die Einzelabstimmung mit der Schlussabstimmung. – Der Rechtsausschuss empfiehlt mehrheitlich gegen die Stimmen der Fraktion der CDU und der Fraktion der FDP und der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen die Ablehnung des Gesetzes. Wer dem Gesetz gemäß Drucksache 15/171 jedoch seine Zustimmung zu geben wünscht, den bitte ich jetzt um das Handzeichen! – Danke schön! Die Gegenprobe! – Danke schön! Enthaltungen? – Dann ist das Gesetz mit den Stimmen der Regierungskoalition abgelehnt.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Lederer, Sie haben es ja schon dargestellt. Wir waren in der Tat dafür, dass diesem Antrag gefolgt und eine entsprechende Klarstellung in das Senatorengesetz aufgenommen wird.