Protocol of the Session on March 13, 2003

Herr Kollege Eßer, ich diskutiere gern mit Ihnen, aber Ihr Beitrag kommt bei mir als Geblöke an. Ich hätte gern eine konkrete Fragestellung, dann kann ich auch eine Antwort geben, ansonsten ist es etwas schwierig. –

[Vereinzelter Beifall bei der SPD und der PDS]

Der Mikrozensus sagt, dass es in etwa 43 000 Wohngeldempfänger gibt. Ich bin sehr sicher, dass wir die Vorgaben des Haushalts einhalten werden können.

Wir nehmen die Zwischenrufe des Kollegen Eßer wie eine Wortmeldung, wenn er das so will. – Jetzt hat erst der Kollege Mutlu eine Nachfrage. – Bitte!

Wir wissen es jetzt: Die Lernmittelfreiheit wird aufgehoben, auch wenn der Senat hierfür kein Konzept hat und sich anscheinend immer noch berät. Eigentlich müsste das aber andersherum gehen.

[Frau Dr. Hiller (PDS): Frage!]

Es hilft nichts: Die Frage bitte!

Herr Senator Böger – bitte!

Im Übrigen möchte ich Sie darauf hinweisen, dass auch nach dem Nachtragshaushalt der Etat, den ich vertrete, mehr als 2 Milliarden € beträgt. Bei einem Gesamtetat von rund 20 Milliarden € sind das rund 10 %. Ich sehe darin sehr wohl eine politische Priorität wie auch politische Gestaltung.

[Beifall bei der SPD und der PDS]

Frau Abgeordnete Senftleben hat eine Nachfrage und das Wort.

Herr Senator Böger! Ich fände es schön, wenn es etwas konkreter werden könnte, und frage Sie, ob das unbürokratische Gutscheinmodell von Rheinland-Pfalz – auch unter den Aspekten „gerecht“ und „sozial“ – in Erwägung gezogen werden könnte, dies insbesondere im Hinblick darauf, dass Kinder aus sozial schwachen Familien dabei nicht stigmatisiert würden, da eine Anonymität gewährleistet ist und die Bücher in das Eigentum übergehen.

Herr Senator Böger – bitte!

Herr Präsident! Frau Abgeordnete Senftleben! Wir haben alle im Senat sehr häufig die Devise: Von Rheinland-Pfalz lernen, heißt siegen lernen, aus bestimmten biographischen Gründen.

[Heiterkeit]

Aber das trifft nicht immer zu und dies auch nicht immer automatisch.

Zuerst erfolgen die Wortmeldungen nach der Stärke der Fraktionen mit je einem Mitglied. Ganz spontan hat Frau Dr. Tesch für die Fraktion der PDS das Wort zu einer Anfrage!

Danke schön für das Wort. – Ich frage den Bildungssenator, was er von dem Aufruf der GEW hält, morgen um 10 Minuten vor 12.00 Uhr alle Schülerinnen und Schüler aufzurufen, dem Frieden zu gedenken und Aktionsminuten an den Schulen durchzuführen.

Ich halte dieses Gutscheinmodell für einen erwägenswerten Gedanken. Ich glaube aber, dass dies in der Praxis der Großstadt Berlin durchaus zu Schwierigkeiten kommen könnte. Deshalb sind wir dabei, dies zu prüfen. Es gibt aber auch andere Wege, das sicherzustellen, was Sie ansprechen.

Bei der Gelegenheit möchte ich, Frau Abgeordnete Senftleben, aber auch ausdrücklich sagen, dass es bei der Aufgabe der Lernmittelfreiheit so ist, dass die Eltern dann Eigentum an den Büchern erwerben. Meine Lebenserfahrung sagt mir erstens, dass man mit Eigentum anders als mit übereigneten Büchern als Leihbücher umgeht. Zweitens finde ich es gut, wenn man Eigentum erworben hat, dass man diese Bücher – sofern man es möchte – im nächsten Schuljahr auch wieder verkaufen kann. Einen Teil des Geldes erhalten die Eltern auf diese Weise zurück. Das halte ich für sehr vernünftige Schritte. Dies gehört auch zu den konzeptionellen Überlegungen, die wir anstellen, die aber im Detail – ich sagte das bereits dem Kollegen Mutlu – noch nicht dem Parlament vorliegen.

Danke schön, Herr Senator! – Nun ist der Kollege Eßer an der Reihe. – Sie dürfen laut und verständlich durch das Mikrofon sprechen. Bitte schön!

Ich bitte den Senator erst einmal um Verzeihung, dass ich sowohl bei Zwischenrufen als auch bei den Fragen leicht heiser bin. Meine Frage nach der Quadratur des Kreises, über die Sie nachdenken, lautet: Können Sie ausschließen, dass der Elternbeitrag für geliehene Bücher gezahlt wird? Sie haben vorhin gerade das Lob des Eigentums gesungen. Können Sie bei Ihren Überlegungen ausschließen, dass der Elternbeitrag nicht in einer Art Leihgebühr bestehen wird?

Herr Senator Böger – bitte!

Herr Präsident! Herr Abgeordneter! Wenn Sie klar sprechen, werden Ihre Fragen auch gleich schwieriger.

[Frau Dr. Klotz (Grüne): Mal sehen, wie es mit der Antwort ist!]

Darum bemühe ich mich, Frau Abgeordnete! Ich denke gerade eine Sekunde nach. Wenn der Senat noch keine abgeschlossene Position hat, gehört es auch dazu, Punkte nicht ausschließen zu können. Insofern möchte ich gegenwärtig nichts ausschließen. Eines können wir allerdings ausschließlich, dass die Lernmittelfreiheit nicht aufgehoben wird.

[Beifall der Frau Abg. Dr. Hiller (PDS)]

Danke schön, Herr Senator! – Die Fragestunde ist jetzt nach einer Stunde beendet. Die heute nicht beantworteten Anfragen werden gemäß

§ 51 Abs. 5 Geschäftsordnung mit einer Beantwortungsfrist von bis zu drei Wochen wieder schriftlich beantwortet werden.

Ich rufe nun auf zur

Spontanen Fragestunde

Herr Präsident! Ich bin immer noch Mitglied der SPD.

Ja, SPD! Ich bitte um Entschuldigung!

[Wieland (Grüne): Da bin ich gespannt! – Henkel (CDU): Das sind wir alle!]

Herr Senator Böger!

Herr Präsident! Frau Abgeordnete Dr. Tesch! Es ist richtig. Ich habe gestern per Fax einen Aufruf der GEW zu Gedenkminuten zum Frieden morgen erhalten. „Es ist 10 vor 12“, so heißt der Aufruf.

Ich möchte bei meiner Antwort zwei Dinge unterscheiden. Das, was ich politisch von einer solchen Aktion halte, ist das Erste. Dafür habe ich politisch sehr große Sympathie. Es ist legitim und auch sehr vernünftig, in solchen Zeiten zu appellieren und darauf aufmerksam zu machen, dass man keine kriegerische Auseinandersetzung im Irak will.

Ich bin hier zum Zweiten von der GEW als zuständiger Senator und damit als Exekutive gefragt und aufgefordert, in den Schulen administrativ eine Aufforderung dergestalt zu geben, dass man morgen zum Friedensappell heraustreten soll. Von solchen administrativen Anweisungen halte ich gar nichts. Ich habe dies in keinen Punkten bisher während meiner Amtszeit getan und gedenke, das auch nicht machen zu müssen. Ich glaube, dass es zum Bildungssystem und zur Schule gehört, dass die Institutionen selbst abwägen und dann eben entscheiden.

Im Übrigen ist es die wichtigste Aufgabe der Schule, diese Fragestellungen im Rahmen des Unterrichts zu diskutieren. Aber auch dabei gilt, dass dies dialogisch geschieht und nicht derart, dass eine Position indoktriniert wird. Das ist nicht Aufgabe der Schule.

Vielen Dank, Herr Präsident! Ich frage den Finanzsenator: Herr Sarrazin! 1992 hat das Land Berlin an einen privaten Investor historischen Boden am Checkpoint Charlie verkauft. Nun frage ich Sie,

ob Ihnen in diesem Zusammenhang bekannt ist, dass der Investor, der derzeit eine Bretterbudengasse auf diesem Areal aufbaut, sich damals verpflichtet hat, auf dem Gelände eine Mauergedenkstätte einzurichten.

Ihren Worten entnehme ich, dass dem wohl so war, Herr Abgeordneter! Ich selbst kann jetzt zu dem Fall nichts sagen.

Herr Abgeordneter Wegner, möchten Sie nachfragen? – Bitte!

Herr Sarrazin! Diese Angelegenheit sollte den Senat schon interessieren. Es hat eine gewisse politische Bedeutung und Brisanz. Ist Ihnen eventuell bekannt – es ist aktueller –, dass der Investor des Grundstückes noch immer nicht einen großen Teil des Kaufpreises entrichtet hat und insbesondere den Teil des Kaufpreises nicht geleistet hat, der nach baulicher Ausnutzung des Grundstückes zu berechnender flexibler Kaufpreisteil ist? Ist Ihnen das bekannt?

Erstens war mir nicht bekannt, dass das mal im Eigentum des Landes Berlin stand. Zweitens war mir nicht bekannt, wann es verkauft wurde. Drittens ist mir nicht bekannt, was bezahlt wurde.

Ich fände es auch nicht richtig, wenn Kinder für bestimmte Aktionen gebraucht würden. Das halte ich auch nicht für richtig. Mit Kindern lassen sich auch diese Fragen sehr vernünftig diskutieren. So hatte beispielsweise am vergangenen Sonnabend der „Tagesspiegel“ eine hervorragend aufbereitete Seite, weil sich Kinder Gedanken über den Krieg machen. Das kann man sehr vernünftig vermitteln. Das findet meine volle Unterstützung, weil es zum originären Bildungsauftrag der Schule gehört.

[Beifall bei der SPD – Vereinzelter Beifall bei der PDS]

Danke schön! – Frau Dr. Tesch hat eine Nachfrage und hat dazu das Wort!

Danke! – Herr Senator! Ich entnehme Ihren Ausführungen, dass Sie inhaltlich keine Bedenken haben, und gehe hoffentlich recht in der Annahme, dass es auch keine Disziplinarverfahren geben wird, wenn sich Lehrer an solchen Aktionen beteiligen und auch in der Öffentlichkeit dazu Stellung nehmen.