Protocol of the Session on February 20, 2003

Das steht Ihnen frei, das ist Ihr Recht!

Frau Ströver! Ich finde es ausgesprochen positiv, dass wir ein solches erfolgreiches Ereignis haben,

[Beifall bei der PDS und der SPD]

ohne dass wir öffentliche Mittel aus dem Landeshaushalt dazugeben müssen. Ich finde das beispielhaft. Die Tatsache, dass sich daran Sponsoren mit 3 Millionen € beteiligt haben, sollte an anderer Stelle Schule machen. Das halte ich für eine gute Sache und ist nicht zu kritisieren.

[Beifall bei der PDS und der SPD]

Frau Ströver, Sie haben eine weitere Nachfrage?

Ich sprach von öffentlichen Mitteln und möchte Sie noch einmal fragen: In welchem Umfang gibt Berlin öffentliche Mittel in die Förderung der Infrastruktur für diese Veranstaltung? Welche Tätigkeiten leistet zum Beispiel der Medienbereich in Kooperation mit der Berlinale? Wie bewerten Sie, dass der Bund inzwischen vollständig die Berlinale finanziert, und zwar aus öffentlichen Mitteln?

Herr Senator Wolf, bitte!

Frau Ströver, ich bewerte das positiv.

[Beifall bei der PDS und der SPD]

Danke schön, Herr Senator! – Dann hat der Abgeordnete Steuer von der Fraktion der CDU das Wort zu seiner Mündlichen Anfrage über

Gewalt an Schulen

Bitte, Herr Steuer!

Danke schön, Herr Präsident! – Ich frage den Senat:

1. Wie viele Meldungen von Gewalt, Waffenfunden oder Bedrohungen an Berliner Schulen hat es im Jahr 2002 gegenüber dem Vorjahr gegeben?

2. Wie reagiert der Senat auf die „Brutalisierung“ der Gewalt unter Jugendlichen innerhalb und im Umfeld der Schule?

Das Wort zur Beantwortung hat Herr Senator Böger. – Bitte sehr, Herr Böger, Sie haben das Wort!

Nun zu Ihrer zweiten Frage: Der wichtigste Punkt ist, dass die Devise gilt: „Hinsehen statt wegsehen“. Zudem ist wichtig, dass das Tolerieren von Gewalt gleichbedeutend mit der Förderung von Gewalt ist. Deshalb haben wir veranlasst, dass die Schulen alle Gewaltvorfälle melden sollen. Nur so können wir einen Überblick bekommen und gegensteuern.

Parallel haben wir unsererseits eine intensive Zusammenarbeit mit den Jugend- und Präventionsbeauftragten der Polizei. Ich habe zudem eine enge Zusammenarbeit mit dem Kollegen Körting und der Landeskommission gegen Gewalt. Diese Vernetzung findet auf Senatsebene statt. Zugleich gibt es ein dauerhaftes Programm meines Hauses zur Unterstützung der pädagogischen Arbeit der Schulen. Dort finden Fortbildungen statt. Im LISUM ist beispielsweise ein Konzept von Streitschlichtern entwickelt worden, das sich über Berlin hinaus verbreitet hat. Diesem Konzept werden wir weiterhin Raum geben. Schließlich hat meine Behörde zwei Broschüren für Lehrer herausgegeben, in denen Maßstäbe und Verhaltensverläufe formuliert sind. Wir hoffen, dass wir das Gewaltproblem – das sich in der Tat an den Schulen zeigt, jedoch ein gesamtgesellschaftliches Problem ist – künftig noch besser in den Griff bekommen.

Kollege Steuer, Sie haben eine Nachfrage. – Bitte!

Herr Senator Böger! Warum haben Sie Ihre Ankündigung nach der Bluttat von Erfurt, 25 neue

Danke schön! – Nun hat Frau Senftleben eine Nachfrage. – Bitte schön!

Ich komme auf die erste Frage von Herrn Steuer nach der Anzahl der Vorfälle zurück. Sie nannten uns zwar eine Zahl, aber wir gehen davon aus, dass die Dunkelziffer hoch ist. Können Sie einschätzen, weshalb seitens der Schulleitung „gemauert“ wird? Wie wollen Sie damit umgehen?

Wir vermuten, dass es Dunkelziffern gibt. Deren Charakter ist es aber, dass man sie nicht genau beziffern kann. – Wir bemühen uns mit Nachdruck, die Schulen zur Meldung solcher Vorfälle zu bewegen. Nur so können wir einen Gesamtüberblick bekommen. Wir wollen den Schulen so weit wie möglich helfen.

(D

Neulich gab es in einer großen Boulevardzeitung einen Appell, ich solle sofort persönlich einschreiten. Das kann ich nicht. Ich möchte aber gerne mit Hilfe der vorhin angesprochenen Maßnahmen helfen. Wir müssen ein Klima schaffen, in dem die Schulen weder etwas verschweigen noch auf die erste Seite von Zeitungen gehen. Die Schulen sollen solche Vorfälle melden. Es hilft nicht, wenn die Schulen etwas verschweigen, um ihren Ruf nicht zu zerstören. Die Probleme werden dadurch nicht gelöst. Das schlimmste, was uns bei Gewaltphänomenen passieren kann, ist, dass sich in der Gesellschaft das Prinzip „Wegsehen statt hinsehen“ durchsetzt. Wer Gewalt toleriert, der fördert Gewalt. Ich bin mir sicher, dass die Schulen diese Prinzipien umsetzen wollen. Dazu benötigen sie jedoch unsere Hilfe. Für einzelne Lehrerinnen und Lehrer ist es ohne Frage schwer, konkret damit fertig zu werden.

Schulpsychologen einzustellen, um innerhalb der Schulen präventiv vorzugehen, nicht umgesetzt?

Bitte, Herr Senator!

Es wäre schön, wenn wir durch die Einstellung von Psychologen Gewalt generell abschaffen könnten. Diesen Optimismus habe ich nicht. Sie sind vielleicht optimistischer als ich. – Richtig ist, dass Psychologen und Schulpsychologen notwendig sind. Ich kann, auch wenn ich es wollte, selbst keine Einstellungen vornehmen. Ich kann nur dafür sorgen, dass Einstellungen möglich werden. Das Verfahren zur Einstellung dieser Psychologen wird im Frühjahr abgeschlossen sein. Dabei geht es nicht nach Gutsherrenart, sondern nach Verfahren des öffentlichen Dienstes mit einer korrekten Auswahl, Beteiligungsrechten usw. Wir werden diese Psychologen einstellen.

Herr Steuer, Sie haben eine weitere Nachfrage?

Könnte die Einführung eines Werteunterrichts ein Beitrag zur Gewaltprävention sein? Ihr Fraktionsvorsitzender Müller hat das vorgeschlagen. Warum ist das noch nicht Bestandteil Ihres Schulgesetzentwurfs?

Bitte, Herr Senator Böger!

Bei Vorschlägen von Fraktionsvorsitzenden werde ich immer weich. Das muss man in der Regel als Regierungsmitglied. – Unabhängig davon hat der Fraktionsvorsitzende der SPD uneingeschränkt Recht, wenn er sagt, wir sollten uns um Werteerziehung in der Schule kümmern. Unrecht haben diejenigen, die Werteerziehung auf ein Schulfach reduzieren.

[Beifall bei der SPD und der PDS]

Die gesamte Berliner Schule orientiert sich in der Erziehung an Grundwerten unserer Demokratie. Dazu gehören Toleranz, Friedfertigkeit und Gewaltlosigkeit.

Wenn Sie konkret ansprechen, dass ich mir noch ein anderes Modell für die Werteerziehung vorstellen könnte und an verbindlichen Fächern interessiert bin, dann müssen Sie berücksichtigen, dass ich nie dem Irrglauben aufsitze, durch Einführung eines Faches könnten Gewaltphänomene gänzlich beseitigt werden. In Rheinland-Pfalz gibt es beispielsweise drei Stunden Religion. Ich bezweifle, dass das in Mainz sofort zu einer Gewaltreduzierung führt. Das wäre zwar schön, aber man darf es sich nicht zu einfach machen.

Wir müssen den Erziehungsgedanken der Toleranz und Gewaltlosigkeit im gesamten Schulleben und Schulklima uneingeschränkt durchsetzen. Wir müssen alle dazu beitragen, dass in unserer Gesellschaft Gewalt keinen Raum bekommt.

[Beifall bei der SPD und der PDS]

Bitte, Herr Senator!

Danke schön, Herr Senator! – Frau Dr. Tesch hat eine Nachfrage. – Sie haben das Wort!

Herr Senator, sind Sie mit mir der Meinung, dass der in der „BZ“ zitierte Schulleiter rechtswidrig gehandelt hat, als er den Journalisten Zutritt zu seiner Schule gewährte, anstatt den Vorfall, der im Übrigen ein halbes Jahr zurücklag, dem Senat oder dem zuständigen Bezirksstadtrat zu melden?

Und zweitens: Sind Sie mit mir der Meinung, dass diese Vorfälle, so bedauerlich sie sind, kein Grund dafür sind, die Schulen zu Festungen auszubauen?

Herr Senator Böger!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Frau Abgeordnete Tesch! Ich bin Dienstvorgesetzter aller Beamten im Schulwesen des Landes Berlin. Das Dienstrecht von Beamten folgt rechtsstaatlichen Prinzipien. Deshalb gebe ich keine konkrete Beurteilungen und Verurteilungen.

Danke schön, Herr Kollege Hoff! – Zur Beantwortung hat der Senator für Wirtschaft das Wort. – Herr Wolf, bitte!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Abgeordneter Hoff! Das Urteil des Amtsgerichts Tempelhof-Kreuzberg ist zu der Entscheidung gekommen, dass die besagte Festsetzung der Tarife von der BSR im Verfahren nicht substantiiert hat dargelegt werden können. Vor diesem Hintergrund gab es die Entscheidung, weil die BSR nach Auffassung des Gerichts ihrer Darlegungslast nicht hinreichend nachgekommen ist.

(D

Das ist für mich kein neuer Anlass, aber ein zusätzliches Indiz dafür, dass die Tarifkalkulation bei der BSR auf eine zuverlässige und rechtlich sichere Grundlage gestellt werden muss. Wir haben über das Thema hier schon mehrfach gesprochen. Ich habe hier auch schon angekündigt, dass wir in meinem Haus eine Novellierung des Gesetzes über Gebühren und Beiträge vorbereiten, mit dem klar Kalkulationsgrundsätze und Kalkulationsprinzipien festgelegt werden, so wie es in anderen Kommunalabgabengesetzen anderer Bundesländer klar und eindeutig geregelt ist. Damit werden hier sowohl für das Unternehmen als auch für die Kunden des Unternehmens klare Rechtsgrundlagen und Rechtssicherheit gewährleistet, wie kalkuliert werden darf, wie kalkuliert werden muss, was in die Kalkulation eingeht und was nicht in die Kalkulation eingehen darf.

Ich möchte diesen Einzelfall wie folgt hier charakterisieren: Es ist richtig, dass in dieser Schule Waffen gefunden wurden, und zwar über einen Verlaufszeitraum von mehreren Jahren. Es komplett falsch, dass die Schule diese Waffen archiviert hat. Das ist rechtswidrig. Es ist zweitens richtig, dass der konkrete schlimme Vorfall im Juni 2002 passiert ist. Dadurch wird er nicht besser. Er ist nicht in der Schule, sondern auf dem Nachhauseweg passiert. Es ist drittens richtig, dass uns dieser Vorfall nicht gemeldet wurde. Und es ist viertens wenig sinnvoll, die Dinge über große plakative Ankündigungen so darzustellen, als sei an dieser Schule Brutalität an der Tagesordnung. Es hat andere Berichte gegeben und ich habe das auch recherchieren lassen, dass das Kollegium dieser Schule – übrigens auch der Schulleiter – über die Art dieser Veröffentlichung sehr entsetzt war und dort ganz anders verfahren wird.