Protocol of the Session on February 20, 2003

Fristen gab es bereits in der Vergangenheit. Im letzten Jahr sind – glaube ich – in dreimonatigen Abständen von meiner Verwaltung entsprechende Briefe an die zuständigen Fachverwaltungen und an die Bezirke mit der Aufforderung versandt worden, sich dieses Problems anzunehmen und die Abrechnungen vorzunehmen.

Ich habe vorhin bereits gesagt, dass wir im Moment unsere Energie darauf konzentrieren, den Rückstand abzuarbeiten. Die Ursachenanalyse, an welchen Verfahrensabläufen es gescheitert ist, dass offensichtlich Anträge in der Verwaltung liegen geblieben sind und nicht auf den Termin 31. März hingearbeitet worden ist, werden wir hinterher vornehmen. Beides parallel zu machen, ist im Moment nicht zielführend. Nach der Schlussabrechnung werden wir an die Aufarbeitung und die Fragestellung gehen, was verändert und verbessert werden muss.

Frau Dr. Klotz hat nunmehr das Wort zu einer Nachfrage. – Bitte sehr!

Herr Senator! Berlin bekommt sowohl aus dem Europäischen Sozialfonds als auch aus dem Europäischen Regionalfonds Mittel. Wie erklären Sie es sich, dass es seit Jahren – das war schon unter der großen Koalition so, und das ist unter Rot-Rot genau so – nicht gelingt, Mittel aus dem Europäischen Regionalfonds zu binden, zu verausgaben und damit für das Land Berlin nutzbar zu machen? Warum gelingt es bei den ESF-Mitteln sehr wohl, warum gelingt es bei den EFRE-Mitteln seit Jahren und hier wiederum erneut nicht?

[Beifall des Abg. Niedergesäß (CDU)]

Herr Senator Wolf!

Danke schön, Herr Senator!

Frau Abgeordnete Radziwill von der Fraktion der SPD hat das Wort zu einer Mündlichen Anfrage über

Leistungen für Asylbewerber

Bitte schön, Frau Radziwill!

Danke schön, Herr Präsident! – Ich frage den Senat:

2. Sieht der Senat Möglichkeiten, im Land Berlin zu einer einheitlichen Verfahrensweise bei der Leistungsgewährung für Asylbewerber zu

Frau Dr. Knake-Werner hat das Wort zur Beantwortung durch den Senat.

Vielen Dank, Herr Präsident! – Meine Damen und Herren Abgeordnete! Frau Abgeordnete Radziwill! Gestatten Sie mir, dass ich zunächst einige Sätze zum Sachverhalt sage.

Ich als Sozialsenatorin habe mich entschlossen, den Chipkartenvertrag zu kündigen

[Beifall bei der PDS und den Grünen]

und zukünftig zu ermöglichen, dass Asylbewerberinnen und Asylbewerber in Berlin Barleistungen bekommen.

[Niedergesäß (CDU): Toll! Sie haben zu viel Geld!]

Ich habe das aus humanitären Gründen getan, weil ich glaube, dass die Benachteiligung durch die Ausgabe von Chipkarten nicht länger hinnehmbar ist.

Ich weiß, dass es in Berlin diesbezüglich schon eine sehr unterschiedliche Praxis gegeben hat. Ich habe jetzt diesen Chipkartenvertrag für jene Asylbewerberinnen und Asylbewerber gekündigt, für die ich zuständig bin, jene, die in der zentralen Stelle des Landes versorgt werden. Die anderen Asylbewerberinnen und Asylbewerber sind in der Zuständigkeit der Bezirke, und hier gibt es in der Tat eine unterschiedliche Praxis.

ben.

Dank der Kündigung des Chipkartensystems durch mich ist die Diskussion noch einmal in die Öffentlichkeit geraten, wie es den Menschen ergeht, die hier mit Chipkarten leben müssen. Da ist sehr deutlich geworden, dass die Wege teilweise sehr lang sind und dass es sehr kompliziert ist, auf dieser Chipkarte einzukaufen, da nur bestimmte Läden genutzt werden können, Billigläden kaum zur Verfügung stehen und bestimmte Gegenstände über Chipkarte überhaupt nicht zu kaufen sind. Es ist bekannt, dass Flüchtlinge und Asylbewerber nur ein sehr geringes Taschengeld zur Verfügung haben, mit dem sie allen anderen Bedarf abdecken müssen. Dieses System erschwert die Lebensbedingungen von Asylbewerbern sehr.

Danke schön! – Es gibt eine Nachfrage des Kollegen Henkel! – Bitte!

Frau Senatorin! Stimmen Sie mit mir darin überein, dass das Asylbewerberleistungsgesetz derzeit keine Wahlmöglichkeit zwischen Sachleistungen und Barleistungen beinhaltet? Wenn das so ist, richte ich die Frage an Sie, ob Sie glauben, sich mit Ihrem Vorstoß auch gesetzeskonform zu verhalten.

Es gibt Bezirke, die das Chipkartensystem nutzen, und andere, die Barleistungen zahlen wie zum Beispiel Friedrichshain-Kreuzberg oder Marzahn-Hellersdorf. Ich weiß vom Bezirk Spandau, dass dort die BVV gerade beschlossen hat, am Chipkartensystem festzuhalten. Ich weiß, dass in Mitte und in Reinickendorf das Chipkartensystem genutzt wird, und ich weiß, weil ich darüber heute eine Nachricht erhalten habe, dass die BVV TempelhofSchöneberg mit den Stimmen von PDS, Grünen und SPD gerade beschlossen hat, das Chipkartensystem abzuschaffen.

[Beifall bei der PDS]

Sie fragen nun, wie man es ermöglichen kann, ein einheitliches Vorgehen im Land Berlin zu erreichen. Sie wissen, dass ich die Bezirke nicht anweisen kann. Das will ich auch gar nicht tun. Ich setze darauf, dass sich eine Diskussion zu dieser Problematik entwickelt. TempelhofSchöneberg ist hierfür ein gutes Beispiel. Ich gehe davon aus, dass auch in anderen Bezirken die BVVen auf Antrag von Fraktionen diskutieren werden. Ich weiß, dass die PDS-Fraktion in Reinickendorf die Absicht hat, die Angelegenheit dort noch einmal zum Thema zu machen. Wir werden sehen, wie sich dies weiter entwickelt.

Danke schön, Frau Senatorin! Eine Nachfrage von Frau Radziwill. – Bitte sehr, Sie haben das Wort!

Vielen Dank! Könnten Sie sich zusätzlich noch andere Anreize vorstellen, um die Bezirke dazu zu bringen, das Chipkartensystem zu kündigen?

Frau Senatorin Dr. KnakeWerner!

Solche Anreize kann ich mir nicht vorstellen, außer dass man den Bezirken deutlich macht, dass es ein humanitäres Gebot ist und es sich immer lohnt, Menschen, die in dieser Stadt leben, gleichberechtigt zu behandeln. Insofern lohnt es sich, die kritische Diskussion um das Chipkartensystem zu führen.

[Beifall bei der PDS – Beifall des Abg. Dr. Arndt (SPD)]

Danke schön, Frau Senatorin! Frau Radziwill hat eine weitere Nachfrage. – Bitte sehr, Frau Radziwill!

Sie haben erwähnt, dass es eine humanitäres Gebot ist: Stimmen Sie mit mir überein, dass dadurch die Betroffenen kürzere Wege zum Einkaufen haben und teilweise auch günstiger einkaufen können? Hier schließt sich die zweite Frage an: Sparen wir dadurch Geld?

Frau Senatorin Dr. KnakeWerner, bitte!

Ich habe noch eine zweite Nachfrage: Ist zu erwarten, auch wenn Sie zu derselben Erkenntnis gelangen, dass der rot-rote Senat eine Bundesratsinitiative ergreift, um das Asylbewerberleistungsgesetz in den Stand vor dieser Regelung zu versetzen?

Das waren genau gezählt 3 Fragen, Herr Henkel! – Bitte Frau Senatorin!

[Henkel (CDU): Danke für Ihre Großzügigkeit!]

Das fiel mir auch auf, Herr Henkel! – Zunächst stimme ich selbstverständlich nicht mit Ihnen überein. Ich gehe davon aus, dass wir uns vollständig gesetzeskonform verhalten, weil das Asylbewerberleistungsgesetz – wie sie wissen – gleichrangig das Ausgeben von Sach- und Barleistungen vorsieht. Das scheint im Übrigen nicht nur die Rechtsauffassung Berlins zu sein. Auch in anderen Ländern werden Barleistungen gezahlt.

Auch unsere Bezirke, die inzwischen seit Jahren Barleistungen zahlen, scheinen sich rechtskonform zu verhalten, sonst hätte es darüber schon weiter gehende Auseinandersetzungen gege

Jetzt gibt es eine Nachfrage des Kollegen Hoffmann von der Fraktion der CDU. – Bitte schön, Herr Hoffmann!

Frau Senatorin! Es ist nur eine vorübergehende Phase, in der die Asylbewerber betroffen sind. Ist es nicht doch richtig, die Finanzmittel so sachgerecht einzusetzen, dass sie wirklich für die notwendigen

Zuerst erfolgen die Wortmeldungen bei der Spontanen Fragestunde nach der Stärke der Fraktionen mit je einem Mitglied. Es beginnt der Kollege Nolte für die Fraktion der SPD. – Bitte schön, Herr Kollege Nolte, Sie haben das Wort!

Danke schön, Herr Präsident! – Ich habe eine Frage an Herrn Senator Böger! Man konnte heute einer Tageszeitung entnehmen, dass der Vorsitzende des Landeselternausschusses für Kindertagesstätten befürchtet, dass viele Eltern nicht wissen, dass die Anmeldefrist für einen Kitaplatz im nächsten Kitajahr am 28. Februar abläuft. Halten Sie diese Sorge für begründet?

Herr Präsident! Herr Abgeordneter Nolte! Ich halte diese Sorge für unbegründet. Ich möchte die Gelegenheit gern nutzen, da wir in der Öffentlichkeit tagen und uns einige Menschen zusehen, darauf hinzuweisen, dass es in der Tat so ist, dass für das Kitajahr 2003/2004 der Bedarf gemäß Kitagesetz bis zum 28. Februar bei den bezirklichen Jugendämtern angemeldet werden muss. Es gibt sicherlich auch Möglichkeiten der Nachmeldung. Diese Frist ist jedoch sehr vernünftig, weil wir planen müssen. Die bezirklichen Jugendämter und auch die Träger müssen planen. Insofern ist es wichtig, diese Frist zu beachten. Weitergehende Sorgen, die Plätze würden nicht ausreichen und Eltern keinen Platz für eine entsprechende bedarfsgemäße Betreuung ihrer Kinder finden, halte ich für unbegründet.

Lebensmittel verwendet werden und damit auch eine bessere Kontrolle erfolgen kann? Man darf nicht dahin kommen, einem Missbrauch Vorschub zu leisten, der doch immer wieder droht. Durch die Abschaffung des Systems entstehen wieder Kosten. Die Aufwendungen, die mit der Einführung des Chipkartensystems verbunden waren, sind noch nicht in dem nötigen Maß ausgeschöpft worden. Ist dies gerade angesichts der jetzigen Haushaltslage notwendig?

Frau Senatorin!

Herr Abgeordneter Hoffmann! Ich gehe davon aus, dass auch Menschen, die sich vorübergehend in unserem Land aufhalten, wie alle sich in diesem Land aufhaltenden Menschen – ob vorübergehend oder nicht – behandelt werden sollen.

[Beifall bei der PDS – Vereinzelter Beifall bei der SPD]

Das setzt voraus, dass man ihnen auch die Möglichkeiten eröffnet, die sie haben. Wenn wir ihnen sagen, dass sie Barleistungen statt Chipkarten erhalten, bekommen die Asylbewerber nicht mehr Geld. Sie erhalten das sonst auf den Chipkarten Gespeicherte als Bargeld. Sie können damit allerdings einkaufen, wie sie es für richtig halten, beispielsweise in Billigläden und mit einer Reihe anderer Vorteile, die sie jetzt nicht haben. Ich halte es für ein Gebot der Humanität, genau so zu verfahren.

Kosten, beispielsweise die Vertragskosten, die die Betreiberfirma von uns bekommt, weil sie dieses System vorhält, können eingespart werden. Das ist eine Einsparung, die dem klammen Land Berlin ganz bedeutend zu Gute kommt.