Herr Kollege Matz! Vielen Dank, dass Sie diese Debatte heute trotzdem noch geführt haben. Die Anträge sind in großen Teilen ein begrüßenswerter Anstoß, um eine Diskussion darüber zu führen, wie sich die Gesundheitslandschaft und der Gesundheitsmarkt in Berlin, wo viele andere Bereiche der Wirtschaft nicht existieren bzw. ziemlich lahmen, entwickeln.
Ich denke, dass wir uns zu Recht, lieber Herr Pape, Gedanken machen müssen, warum sich 54 % der 21 000 Betten, die wir in Berlin haben, in öffentlicher Verantwortung befinden und wir parallel dazu eine Debatte führen, dass wir den Giftnotruf, die Präventionskampagnen, die Impfoffensive und vieles andere mehr nicht mehr finanzieren können. Wir müssen uns schon darüber Gedanken machen, ob es richtig ist, ein Staatsunternehmen, ein Kombinat, zu subventionieren oder ob es nicht besser ist, dieses Geld in die vielen anderen Projekte der Stadt zu stecken, die es nötiger haben und nach meinem Empfinden auch besser ausgeben als für 7er BMWs.
Lieber Kollege Brauer! Für den Mercedes hat sich nur Ihr Bezirksbürgermeister entschieden. Die Geschäftsführer von Vivantes fahren 7er BMWs.
Ein zweiter Punkt, zum Krankenhausplan: Lieber Kollege Pape, es ist eine einmalige Aktion gewesen, dass der Gesundheitsausschuss einen Antrag nicht behandelt hat, nämlich den der CDU-Fraktion, den Krankenhausplan so zu modifizieren, wie es in Ihrer Koalitionsvereinbarung steht, dieser Antrag dann in den Hauptausschuss gegangen ist und der Hauptausschuss diesen Antrag dann zurücküberwiesen hat. Er hat gesagt, das geht nicht, liebe Koalition, ihr müsst diesen Antrag im Gesundheitsausschuss behandeln, ihr könnt diesen Antrag nicht einfach so abledern; und dann wurde dieser Antrag im Gesundheitsausschuss debattiert. Da haben wir festgehalten, Herr Kollege Pape, dass ein Krankenhausplan bis zum 31. Dezember 2002 vorzulegen ist, so wie es in Ihrer Koalitionsvereinbarung steht.
Last but not least komme ich zu dem entscheidenden Punkt, weshalb dies heute sicher auch beraten werden muss. Es geht um die europawidrigen Beihilfen für das städtische Kombinat Vivantes. Es ist ziemlich fraglich, ob dieses Parlament erneut 230 Millionen €, nicht mehr DM, wie es noch vor 2 Jahren an Schulden waren, in dieses Unternehmen pumpen soll, obwohl das Strukturkonzept für so viel taugt, dass jede Bank nur dann einen Kredit geben will, wenn es eine Landesbürgschaft gibt. Dann sollte man sich wohl die Frage stellen, ob diese Beihilfen nicht doch den Europarichtlinien widersprechen und es nicht sinnvoller ist, die weiter entfernten Häuser von Vivantes, die dem Innenstadtunternehmen nicht entsprechen, zu privatisieren, im Innenstadtbereich ein kleineres und wettbewerbsfähiges Unternehmen zu schaffen und die nicht betriebsnotwendigen Grundstücke endgültig zu veräußern und privates Kapital in die Stadt zu lassen.
Bei Klaus Wowereit laufen die Investoren die Türen ein. Sie werden reihenweise abgewiesen. Es wird gesagt, dass es nicht in Frage komme, es werde daran festgehalten. Die 17 000 Mitarbeiter wären froh, wenn es endlich Kapital geben würde, das ihre Häuser wettbewerbsfähig machen würde. Momentan sind die Mitarbeiter der ehemals städtischen Häuser schlechter gestellt als die Mitarbeiter der frei-gemeinnützigen Krankenhäuser.
In Ihrem Antrag II ist von einem gefährlichen Ungleichgewicht zu Lasten der frei-gemeinnützigen und privaten Träger die Rede. Was ist ein gefährliches Ungleichgewicht? Herr Pape ist schon kurz darauf eingegangen. Erstens ist es kein gefährliches Ungleichgewicht, sondern ein gewünschtes Ungleichgewicht zu Lasten der öffentlichen Häuser. Ursprünglich hat es nämlich nur öffentliche Häuser gegeben. Man hat dann die Trägervielfalt – wir haben Zeit, uns im Ausschuss darüber zu unterhalten, jetzt möchte ich keine Wortmeldungen zulassen – eingefordert und gesetzlich festgeschrieben, um auch den gemeinnützigen und privaten Häusern bestimmte Anteile an der Krankenversorgung zuzubilligen. Wir erleben in Berlin inzwischen, dass die öffentlichen Bettenzahlen sinken, während die frei-gemeinnützigen und privaten zunehmen. Sie kommen sich für mein Empfinden schon bedenklich nahe. Aber von einem gefährlichen Ungleichgewicht zu sprechen, ist eine Diskriminierung des im Gesetz festgeschriebenen Gebots der Trägervielfalt.
Letztlich – da kommt es heraus – haben Sie, Herr Matz, ein Vivantes-Syndrom. Dieses Vivantes-Syndrom ist bei Ihnen überall Aufhänger für großartige Anträge, die aber letztlich immer auf das Problem Vivantes zurückkommen. Nun fordern Sie die echte Privatisierung von Vivantes. Dazu sage ich Ihnen, dass ich sieben Jahre in diesem Haus gegen die Privatisierung von Krankenhäusern gekämpft habe. Leider ist mir das im Fall Vivantes in der Opposition nicht geglückt, und wir haben leider heute bei Vivantes eine formale Privatisierung. Wir werden aber alles daran setzen, dass Sie die materielle Privatisierung nicht erleben werden.
Danke schön, Herr Kollege Czaja! – Für die PDS spricht Frau Simon. – Bitte schön, Sie haben das Wort!
In fünf Minuten hier grundsätzliches zur Krankenhausplanung zu sagen ist etwas abwegig. Ich hätte mich sehr gefreut, wenn es eine direkte Überweisung gegeben hätte. Aber es soll nun nicht sein.
Herr Matz, ich werde Ihnen jetzt zu Ihrem Antrag I einiges sagen müssen. Primäres Ziel der Krankenhausplanung soll, wenn ich Ihren Text lese, der Abbau der Spezialversorgung zu Gunsten der Grund- und Regelversorgung sein. Herr Matz, es tut mir Leid, das ist natürlich überhaupt nicht das Primärziel einer Krankenhausplanung. Da Sie die Koalitionsvereinbarung inzwischen in Ihrem Laptop haben, um sie immer rechtzeitig zitieren zu können, empfehle ich Ihnen, jetzt das Landeskrankenhausgesetz, insbesondere § 1 dazuzunehmen. Darin steht, was Krankenhausplanung primär zu tun hat. Sie ist für eine bedarfsgerechte, humane Versorgung mit Betten für die Bevölkerung zuständig. Das ist das Primärziel der Krankenhausplanung.
Ich gebe Ihnen eine zweite Nachhilfe, Herr Matz! Kostengünstig arbeitende Krankenhäuser der Grund- und Regelversorgung sollen gemäß ihres Antrages sämtlich in den Krankenhausplan 2002 aufgenommen werden. Da empfehle ich Ihnen nun wiederum, den § 109 des Sozialgesetzbuches V in Ihren Laptop einzuspeisen. Dort werden Sie nämlich finden, dass die Voraussetzung für die Aufnahme in den Krankenhausplan allein darin besteht, als Krankenhaus bedarfsgerecht, wirtschaftlich und leistungsfähig zu sein. Das sind die Kriterien und nicht nur, kostengünstig zu sein. Was ist ein kostengünstiges Krankenhaus, und wer formuliert das?
Drittens machen Sie Empfehlungen zu den Universitätskliniken. Ich muss Sie darauf aufmerksam machen, dass der Krankenhausplan, der nicht zum 31. Dezember 2002, sondern mit zweimonatiger Verspätung vorgelegt wird, was nicht der Senatsverwaltung anzulasten ist, einen Planungshorizont bis 2005 vorsieht. Von der Aufgabe eines Universitätskrankenhauses ist da überhaupt noch nicht die Rede, das geschieht frühestens im Jahr 2010. Somit kann das gar nicht Gegenstand des derzeitigen Krankenhausplans sein.
Ich komme zum letzten Punkt, der DRGAuswirkungen auf den ambulanten Bereich. Auch hier muss ich feststellen, dass Sie keine Ahnung davon haben, was mit DRGs bewerkstelligt werden soll. Sie müssen uns Ihre Forderung erst einmal erklären. Die DRGs sollen in den nächsten fünf Jahren überhaupt erst eingeführt werden. Sie aber fordern das Vorlegen eines Konzeptes zeitgleich mit dem Krankenhausplan, das Aussagen darüber machen soll, wie sich die DRGs auf die ambulante Versorgung und die Pflege auswirken werden. Dabei sind alle
Zu Ihrem Antrag III muss ich anmerken, dass Sie nach dem Kadi rufen sollten oder zum Rechnungshof gehen und prüfen lassen sollten, ob Ihr Antrag die Überschrift trägt „uroparechtswidrige Beihilfen für Vivantes“ zu Recht trägt. Letztlich enthält dieser Antrag nichts anderes als die Behauptung, dass Vivantes auf Goldhänden getragen wird, dass die öffentlichen Häuser mit Steuermitteln üppig ausgestattet werden können, während die anderen darben und sich dem harten Wettbewerb stellen müssen. Nun fragen Sie einmal den Geschäftsführer Schäfer von Vivantes, wie der sich durch den öffentlichen Haushalt unterstützt fühlt. Das hat er gerade gestern noch einmal deutlich gemacht. Vivantes wäre sehr froh, wenn das, was Sie hier behaupten, bei den öffentlichen Häusern an Positivem tatsächlich geschehen würde und diese finanziellen Zuwendungen wirklich wären.
Alles in allem hat Sie Ihr Vivantes-Syndrom auf merkwürdige Art und Weise auf Abwege geführt. Diese Abwege werden wir sicherlich noch einmal genauer in einer Ausschusssitzung besprechen können. Alles in allem kann ich nur sagen, gibt es nicht so sehr viel Zustimmungspflichtiges, aber sehr viel, was Sie noch lernen müssen, wenn ich es mir einmal genau ansehe!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es gab die Diskussion darüber, ob wir heute überhaupt noch etwas dazu sagen müssen oder ob in dieser Sache nicht alles gesagt ist.
Einige von uns kennen vielleicht noch einen alten Berliner Slogan, der in den 60er Jahren als Werbemittel eingesetzt war. Er hieß: „Berlin hat durchgehend geöffnet.“
Danke schön, Frau Simon! Die Rednerliste wird beschlossen durch Frau Jantzen von den Grünen. – Bitte schön, Sie haben das Wort!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es ist hier weder die Zeit noch der Ort für Nachhilfestunden für Krankenhausplanung, wie es Frau Simon eben getan hat. Es ist aber auch nicht der Ort, vorzeitige und vorschnelle Konsequenzen aus einem Konzept zu ziehen, das Vivantes gestern vorgelegt hat und das die Wenigsten von uns in diesem Haus gelesen haben. Immer gleich die Karte der Privatisierung als Allheilmittel zu ziehen wie die FDP, ist auch nicht die richtige Konsequenz, auch wenn wir nicht grundsätzlich gegen Privatisierungen oder Überlegungen in diese Richtungen sind.
Ich möchte deshalb meinen Beitrag kurz auf den dritten Antrag beziehen. Auch wir sehen in der Tat in den Beihilfen oder Zuweisungen und Hilfen für Vivantes ein ernsthaftes Problem. Der Senat muss uns zu den Beratungen im Ausschuss oder auch im Vermögens- und Hauptausschuss eine Vorlage nach Prüfung zuleiten, ob die weiteren finanziellen Anforderungen, die Vivantes an das Land Berlin stellt, beihilferechtliche Relevanz haben. Auf der Grundlage einer ordentlichen Vorlage können wir dann entscheiden. Ich denke, dass dies für heute Abend reicht!
Danke schön! – Damit sind wir am Ende der Rednerliste. Der Ältestenrat empfiehlt die Überweisung aller drei Anträge an den Ausschuss für Gesundheit, Soziales, Migration und Verbraucherschutz und zur Drucksache 15/1090 auch die Überweisung an den Hauptausschuss. – Ich höre dazu keinen Widerspruch.
Wird der Dringlichkeit hinsichtlich des Antrags der Fraktion der Grünen widersprochen? – Das ist nicht der Fall.
Für die Beratung beider Anträge steht uns nach der Geschäftsordnung wieder eine Redezeit von bis zu fünf Minuten pro Fraktion zur Verfügung. Es beginnt die FDP mit Herrn von Lüdeke. – Bitte schön!
Wir sind der Meinung, es ist noch lange nicht alles gesagt. Gesagt wurde vieles, getan wurde weniges. Wir werden erst einmal sehen, was dabei herauskommt.
Das betraf damals die Polizeistunde. Aber welchen Erfolg hatte das! Trotz der Schikanen der DDR und des Grenzverkehrs strömten die Leute nach Berlin. Warum? – Weil Sie in ihren Städten eine Polizeistunde hatten, und Berlin kannte die Polizeistunde nicht. Über das Weglassen der Polizeistunde hat Berlin im hohen Maße Umsätze durch Touristen erzielt und dadurch auch im hohen Maße Steuereinkünfte.
Wir kennen alle die momentane Katastrophenlage der Stadt: 7 % Umsatzrückgang im Einzelhandel in den ersten drei Quartalen, 30 % allein im Möbelhandel; Umsatzrückgänge im Einzelhandel seit zehn Jahren ohne Unterbrechung. Das ist eine ernsthafte Katastrophenlage, einmal abgesehen von einem katastrophalen Haushalt. Das ist durchaus der Flutkatastrophe an der Elbe gleichzusetzen. Deshalb haben wir den § 23 Ladenschlussgesetz aufgenommen. Hier liegt öffentliches Interesse vor. Hier kann der Senat eingreifen. Hier kann er Gebrauch machen von dem Mittel, die Ladenschlusszeiten auszusetzen, bis sie über eine Bundesratsinitiative abgeschafft werden.