Protocol of the Session on December 12, 2002

Wir erleben seit Tagen eine weitere Posse, nämlich die Vermögensteuerdiskussion. Diese Diskussion hat offensichtlich auch die Berliner SPD erreicht. Der Vorsitzende Strieder, der an seiner Vorstandssitzung nicht teilnahm, sagt, die Vermögensteuer dürfe nicht kommen. Der Vorstand beschloss, dass sie kommen müsse. Ich bin gespannt, wie sich die Berliner SPD letztlich dazu verhält.

Offensichtlich zeichnet sich ein Streit ab, der genauso inhaltslos ist und in die falsche Richtung führt wie die Bundespolitik.

In fünf Minuten konnte ich nur einige Aspekte nennen. Ich habe das versucht, um deutlich zu machen, dass dies der falsche Weg ist. Ich bitte Sie, unseren Antrag zu unterstützen, denn die volle Umsetzung der ursprünglichen Koalitionsbeschlüsse käme einem programmierten Desaster gleich. Das sollten wir im Interesse Berlins verhindern. Ich bitte Sie um Zustimmung zu unserem Antrag. – Vielen Dank!

Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Lieber Herr Dietmann! Der heimliche Kanzlerkandidat der CDU bläst aus Hessen zum Angriff. Die hauptstädtischen Christdemokraten spuren eifrig, hörig hinterher. Wir hören etwas von gebrochenen Wahlversprechen. Und Sie fordern keine neuen Steuern. Darüber wollen Sie heute reden.

und Abgabenerhöhungen würgen Unternehmen und auch privaten Verbrauchern letztendlich die Handlungsfähigkeit ab. Die Folgen sind die Erhöhung der Arbeitslosigkeit und die Erosion der öffentlichen Haushalte. Die schwierige wirtschaftliche Situation der Unternehmen in Berlin haben wir letztes Mal diskutiert. Insbesondere das, was die öffentlichen Haushalte betrifft, bekommt jetzt eine zusätzliche Dramatik.

Wir entziehen dem Konsum allein im nächsten Jahr knapp 25 Milliarden €, wenn wir einem solchen Konstrukt zustimmen. Diese Mehrbelastung resultiert aus rd. 40 Steuererhöhungspunkten von Rot-Grün, die vor der Wahl natürlich nicht diskutiert wurden. Wir nutzen das nicht etwa, um reduzierte Ausgaben besser auszugleichen. 1998 hatten wir im Bund eine Gesamtverschuldung in Höhe von 648 Milliarden €. Heute beträgt sie schon 725 Milliarden €. Der Bund will mit seinen Gesetzesvorlagen weitere Steuern einnehmen, aber an seiner Ausgabenpolitik nichts verändern. Das wird auf Dauer nicht funktionieren und in den Exodus führen.

Ich greife aus dem, was jetzt beschlossen wurde, ein paar Dinge heraus: Die Dienstwagenbesteuerung trifft nicht die Reichen, die S-Klasse-Fahrer, sondern eine Vielzahl von kleinen und mittleren Verdienern, die von ihrem Dienstherrn einen Golf oder einen VW-Polo bekommen haben, um als Außendienstmitarbeiter o. Ä. tagtäglich unterwegs zu sein. Sie toppen das natürlich durch die Ökosteuer, die Sie schon durchgewinkt haben. Sie reduzieren die Eigenheimzulage und behaupten noch, dass sei positiv für die Familien. Das stimmt nicht, denn die erhalten danach eine geringere Förderung. Sie heben die Grenzen an. Damit zerstören Sie nicht nur die Möglichkeit für viele ganz einfache Menschen in diesem Land, sich ein eigenes Heim zu leisten, sondern Sie zerstören damit zusätzlich weite Teile der Infrastruktur in der Baubranche, die schon gebeutelt genug ist, und verzichten darauf, darüber nachzudenken, ob Sie weitere Unternehmen zerstören wollen. Die Besteuerung von Gewinnen aus Aktien- und Grundstücksgeschäften schädigt nicht nur den Standort Deutschland, sondern sie wird eine massive Kapitalflucht zur Folge haben. Investitionen werden demnach zurückgehen. Dabei bleiben Arbeitsplätze auf der Strecke. Letztlich werden viele Menschen in diesem Land spüren, dass sie wieder einmal eine falsche Steuerpolitik unterstützt haben.

Wir fordern mit unserem Antrag dazu auf, dass wenigstens das Land Berlin an dieser Stelle nicht mitmacht, ein deutliches Zeichen setzt und diesen Gesetzen nicht zustimmt.

[Beifall bei der CDU – Vereinzelter Beifall bei der FDP]

Für die SPD-Fraktion hat der Abgeordnete Zackenfels das Wort. – Bitte sehr!

[Dr. Lindner (FDP): Der steuerpolitische Sprecher der SPD-Fraktion!]

Lassen Sie mich schnell den oberflächlichen Teil Ihres Antrags abhandeln,

[Goetze (CDU): Sie wissen gar nicht, um was es geht!]

nämlich das Einhalten von Wahlversprechen. Der Untersuchungsausschuss auf Bundesebene wird es zeigen, da bin ich zuversichtlich:

[Beifall und Gelächter bei der CDU]

Die Grundlagen des Mythos „Kanzler der Einheit“ sind die Steuerlüge und die Staatsverschuldung. Mehrwertsteuer, Solizuschlag, Pflegeversicherung, Erblastentilgungsfonds, blühende Landschaften, Neubewertung der Bundesbankreserven – hinter jedem dieser Stichworte stecken 16 Jahre Lug und Trug.

[Beifall bei der SPD, der PDS – Vereinzelter Beifall bei den Grünen]

Wissen Sie, was Ihr Problem ist, meine Damen und Herren von der CDU? – Sie haben ein Glaubwürdigkeitsdefizit.

[Zurufe von der CDU]

Damit bin ich beim Kern dieses Antrags, nämlich bei seiner offensichtlichen finanzpolitischen Unausgegorenheit und Widersprüchlichkeit. – Ich beginne mit der Besteuerung von Aktiengewinnen. Haben Sie sich einmal die Internetseite www.Regierungsprogramm.de angeschaut? Das ist die Homepage der CDU/CSU. Ich zitiere aus dieser Homepage:

Wir wollen die Rechtsformneutralität der Unternehmensbesteuerung wiederherstellen. Die Steuer

Auch Stoibers 49-Punkte-Plan ist nicht gerade transparent. Doch wer das Programm liest, findet viele sinnvolle Vorschläge. Allerdings kosten die Unionsvorschläge auch viel Geld. Genau an diesem Punkt bleibt die Union undeutlich.

Haushaltskonsolidierung schafft Freiräume zur Entfaltung privatwirtschaftlicher Dynamik. Im

Hinblick auf das Wachstumsziel muss der eingeschlagene Konsolidierungskurs geschlossener als bislang fortgesetzt werden. Langfristig führt eine Rückführung der Staatsverschuldung auf einen höheren Wachstumspfad.

Das Einkommen der inländischen Bevölkerung nimmt zu.

Danke schön! – Herr Zackenfels, es wird Sie nicht wundern, dass der Abgeordnete Dietmann das Wort zu einer Kurzintervention wünscht. – Bitte sehr!

Sehr geehrter Herr Zackenfels! Ihre rhetorischen Qualitäten zwischen Rumpelstilzchen und Märchenerzähler haben mich inspiriert eine Antwort zu geben. – Ich möchte zwei Punkte gerade rücken. Das, was Sie eben aus unserem Wahlprogramm zitierten, war das, was einer Arbeiterpartei würdig ist, nämlich die Freistellung von Körperschaftsteuer, die dazu geführt hat, dass dieses Land allein im letzten Jahr 16 Milliarden € Einnahmen weniger hatte. Das, meine Damen und Herren, hat mit Sicherheit nichts mit Altlasten der Regierung Kohl zu tun.

freiheit für Beteiligungsveräußerungen wird einer Überprüfung unterzogen.

Mit anderen Worten: Das, was wir machen, ist Teil Ihres Programms, verehrte Damen und Herren von der CDU.

[Beifall bei der SPD – Vereinzelter Beifall bei der PDS und den Grünen]

Das war unter anderem der Grund dafür, dass Ihnen die Großkonzerne das Vertrauen mitten im Wahlkampf entzogen haben. Sie hätten es gemacht. Wir machen es jetzt, und wir machen es, weil es für unser Land gut ist.

[Beifall bei der SPD – Beifall des Abg. Doering (PDS)]

Ein anderes Beispiel ist die Vermögensteuer: In diesem Zusammenhang gefällt es Ihnen, gegen unsere Stadt zu agieren. Ich habe Ihnen schon letztes Mal gesagt, dass für Berlin dabei jährliche Mehreinnahmen in Höhe von 230 Millionen € herausspringen. Die Bundeshauptstadt erklärt den Haushaltsnotstand, nachdem wir hier auch zum Schutz des Mittelstandes und seiner Hausbank 21 Milliarden Risikoübernahme erklärt haben. Da haben Sie allen Ernstes die Chuzpe, sich hier hinzustellen und unserer Stadt Einnahmen vorzuenthalten. Wo leben Sie denn, meine Damen und Herren von der CDU?

[Beifall bei der SPD und der PDS – Henkel (CDU): Wo leben Sie denn, Sie Sozialist?]

Die kommunalen Haushalte entgleiten uns. Wir befinden uns in schwerem Fahrwasser, was die föderale Struktur unseres Landes betrifft, und alle Ihre Versprechen und Forderungen hier im Haus und im Bund harren der Gegenfinanzierung. Das sage nicht ich – damit könnten Sie ja noch leben –, sondern ich zitiere aus der „Börsenzeitung“:

Wer wie Stoiber oder die FDP ein Steuersenkungsprogramm in Milliardenhöhe vorlegt, muss deshalb auch sagen, wie er es finanzieren will.

Das sagt die „Börsenzeitung“.

[Beifall bei der SPD]

Ich zitiere aus der „Welt“:

Das sagt die „Welt“.

[Heiterkeit bei der SPD, der PDS und den Grünen]

Die Sanierung staatlicher Finanzen im Bund und in Berlin ist und bleibt essentieller Baustein zukunftsorientierter Politik.

Das sagt der Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung. Ich zitiere ihn weiter:

Lesen Sie das einmal. Das ist richtig gut.

Sehr geehrte Damen und Herren von der CDU! Finden Sie zurück auf den Pfad seriöser und damit glaubwürdiger, stabilitätsorientierter, verlässlicher Haushalts-, Finanz- und Wirtschaftspolitik! Verabschieden Sie sich von den Methoden eines Waigels, Pieroths oder Kurths und von der Polemik eines Kochs! – Dann werden Sie in diesem Haus und in der Stadt ernst genommen – aber erst dann. – Herzlichen Dank!

[Beifall bei der SPD, der PDS und den Grünen]

Dann möchte ich Ihnen noch eine Zahl nennen, vielleicht haben Sie vorhin nicht hingehört, deswegen wiederhole ich sie. Als die SPD 1998 die Funktion der Bundesregierung übernommen hat, hatten Sie eine Gesamtverschuldung von 685 Milliarden €.

[Doering (PDS): Schlimm genug!]

Sie haben sie heute auf 725 Milliarden € erhöht und haben dabei noch 50 Milliarden UMTS-Lizenzen eingenommen. Das sind fast 100 Milliarden € Gesamtverschuldung mehr; und dann stellen Sie sich hierher und wollen uns den Vortrag halten, wie man Staatsfinanzen so reformiert, dass danach eine Prosperität in der Wirtschaft entsteht. Das glaubt Ihnen doch kein Mensch.

[Beifall bei der CDU und der FDP – Doering (PDS): Was für einen Schuldenberg haben Sie hinterlassen? Wie hoch war der?]

Mit Verlaub, Sie scheinen in den letzten 14 Tagen irgendwo in Timbuktu gewesen zu sein. Wenn Sie die Zeitungen, die Sie hier alle zitiert haben, aufmerksam gelesen hätten, dann hätten Sie in allen gefunden, dass Sie ein derartiges Desaster angerichtet haben in der Steuer- und Abgabenpolitik – abgesehen davon, dass Sie sich in