Protocol of the Session on November 28, 2002

beitszeitmodelle hinzugezogen werden, ebenso wie die empirischen Untersuchungen, die bereits vorliegen. Ein Blick in unsere europäischen Nachbarländer ist da recht hilfreich: Österreich, Holland, Schottland und Dänemark haben interessante Konzepte. Auch Hamburg bietet neue Anregungen, und Nordrhein-Westfalen hat sich bereits vor einigen Jahren mit der Arbeitszeitungerechtigkeit auseinandersetzt. Ich fordere Sie auf: Wagen Sie den Blick über Berlin hinaus! Es könnte mal wieder hilfreich sein.

Drittens: Es muss die Frage beantwortet werden, ob es

weiterhin noch richtig ist, dass sich die Arbeitszeit der Lehrkräfte ausschließlich daran orientiert, wie viel Unterrichtsstunden an der jeweiligen Schulart wöchentlich unterrichtet werden müssen. Oder wäre es nicht sinnvoller, über die Einführung der Jahresarbeitszeit nachzudenken? Das hätte einen gewissen Charme, und außer den unterrichtlichen Aktivitäten würden auch die Fort- und Weiterbildungskurse mit einberechnet und eingefordert werden. Und im Rahmen der Einführung der Ganztagsschule könnten die Präsenzzeiten in den Schulen neu definiert werden. Die Einführung der Jahresarbeitszeit für Lehrkräfte brächte eine größere Transparenz und daher auch eine größere Akzeptanz mit sich. Ich halte das für eine überlegenswerte Variante zu dem bisher doch starren und bürokratischen Modell.

Viertens gilt es eine Antwort zu finden auf die Frage,

ob wir weiterhin die einzelnen Unterrichtsfächer gleich bewerten wollen. Trauen wir uns endlich an eine gerechtere Lösung heran! Es wird Zeit, endlich Farbe zu bekennen! Jeder weiß, dass es Fächer mit einem hohen Vor- und Nachbereitungsaufwand gibt, aber es gibt auch andere.

Mehr Flexibilität im Arbeitsalltag der Lehrkräfte be

deutet ein Mehr an Transparenz, und das wird dann auch endlich dazu führen, dass der pädagogische Beruf die Anerkennung bekommt, die er dringend braucht. Mehr Flexibilität im Arbeitsalltag der Lehrkräfte wird auch der Eigenverantwortung der einzelnen Schule stärken. Wir wollen ja gerade, dass Schulen selbständiger, eigenverantwortlicher handeln. Und wenn wir das konsequent zu Ende denken, dann ist ein Mehr an Flexibilität der Arbeitszeitregelung ein Mehr an Gestaltungsspielraum.

Wir werden diesen Antrag nun im Ausschuss behan

deln, und ich gestehe: Ich bin – wie immer – optimistisch. Denn ich habe Ihre positiven und aufmunternden Äußerungen zu unserem letzten Antrag noch im Ohr, als Sie tatsächlich meinten, flexiblere Arbeitszeitregelungen seien ein gutes Thema. – Nun liegt das gute Thema auf dem Tisch. Ich weiß, dass es immer Mut erfordert, Reformen einzuleiten. Althergebrachtes fördert die Ungerechtigkeit und entmutigt. Deshalb fordere ich Sie und uns auf: Machen wir es uns nicht zu leicht! Gehen wir neue Wege!

Das Thema Lehrerarbeitszeit ist seit Jahren ein Dauerbrenner in Berlin. Wenn die Arbeitszeitdebatte tatsächlich unter pädagogischen Gesichtspunkten geführt würde, wäre das nichts Schlechtes. E wäre sogar zu begrüßen, wenn in Berlin endlich eine konstruktive, nach vorne gerichtete Debatte um die Ausgestaltung der Lehrerarbeitszeit stattfände – und zwar mit der Zielsetzung, die Arbeitszeit der Lehrer so zu gestalten, dass sie den größtmöglichen Nutzen für die Schülerinnen und Schüler bringt.

Stattdessen wird die Auseinandersetzung um die Leh

rerarbeitszeit stets vor dem Hintergrund von Sparvorgaben geführt. Es geht nicht mehr um pädagogische Fragen, sondern nur noch darum, wie viele Stunden zusätzlich Lehrer arbeiten müssten, um die fehlenden Finanzmittel für Stellen auszugleichen. Dann geht es nur noch um die Frage, welche Ermäßigungstatbestände zu streichen wären, statt um die Frage, wie wir die Lehrerarbeitszeit so organisieren könnten, dass sie Raum für die Gestaltung des Schullebens und für die Schulentwicklung bietet und nicht nur für Unterricht und Unterrichtsvorbereitung.

An dieser Stelle muss ich kurz auf das Vorhaben des

Senats einzugehen, in Reaktion auf die stockenden Solidarpaktverhandlungen die Unterrichtsverpflichtung der Berliner Lehrer nochmals pauschal zu erhöhen. Ich kann in diesem Zusammenhang nur an den Senat, aber auch an die Gewerkschaften appellieren, die Verhandlungen weiter zu führen und sie zu einem für beide Seiten akzeptablen Abschluss zu führen. Es gibt keine vernünftige Alternative zum Solidarpakt! Ein Scheitern der Solidarpaktgespräche wäre eine Katastrophe auch für den Bereich der Bildungspolitik. Denn eine dauerhafte pauschale Erhöhung der Unterrichtsverpflichtung der Berliner Lehrer und der Wegfall der Möglichkeit, junge Lehrer einzustellen,

würde alle Bemühungen um eine Reform der Berliner Schule, um Qualitätsentwicklung konterkarieren. Auch der hohe Krankenstand in der Berliner Lehrerschaft und der im letzten Jahr wieder angestiegene Unterrichtsausfall an den Berliner Schulen sind deutliche Zeichen dafür, dass weitere pauschale Erhöhungen der Arbeitszeit der Lehrer zu Lasten aller am schulischen Alltag Beteiligten ginge, seien es nun Lehrer oder Schüler.

Der FDP-Antrag zur flexiblen Arbeitszeitgestaltung

der Berliner Lehrerinnen und Lehrer ist vor diesem Hintergrund allerdings nicht Fisch und nicht Fleisch. Nicht dass ich etwas gegen eine Flexibilisierung der Lehrerarbeitszeit oder gegen mehr Arbeitszeitgerechtigkeit hätte. Im Gegenteil, wir haben dies sogar im Rahmen unseres Antragspakets „Bildung hat Priorität“ im Frühjahr d. J. gefordert! Angesichts des dringenden Handlungsbedarfes in diesem Bereich greift aber ein vage formulierter Berichtsauftrag über die „Möglichkeiten einer Flexibilisierung der Arbeitszeitgestaltung unter der Berücksichtigung des Aspekts der Arbeitszeit- und Leistungsgerechtigkeit“ zu kurz.

Das Thema Lehrerarbeitszeit ist - wie oben schon an

gemerkt – ein Dauerbrenner in Berlin. Und es mangelt denn auch nicht an Ideen in diesem Bereich, sondern an der Bereitschaft, diese Ideen umzusetzen – ich erinnere hier nur an die gescheiterten Verhandlungen zwischen Senat und Gewerkschaften über neue Lehrerarbeitszeitmodelle im Jahr 1999. Schulverwaltung wie Gewerkschaften haben ihre Modelle in ihren Schubfächern, dennoch bewegt sich keine der Seiten.

Auch wenn wir dies in Zeiten knapper Kassen

manchmal aus den Augen verlieren: Die Lehrerarbeitszeit ist nicht in erster Linie ein quantitatives, sondern ein pädagogisches Problem, und dieses Problem bedarf einer strukturellen Lösung. In der Debatte darf es nicht vorrangig um eine Stunde mehr oder weniger Unterricht gehen, und selbst die Frage, wie viele Unterrichtsstunden ein Deutschlehrer im Vergleich zu einem Sportlehrer geben sollte, ist nicht die entscheidende.

Im Zentrum unseres Interesses müsste die Frage ste

hen, wie die Arbeitszeit der Lehrer an den pädagogischen Erfordernissen der Schule orientiert werden kann, denn die Antwort auf diese Frage ist von entscheidender Bedeutung für eine Qualitätsverbesserung in der Berliner Schule.

Auch das häufige und vor allem institutionell bedingte

“Einzelkämpfertum” von Lehrkräften ist kontraproduktiv und verhindert eine Weiterentwicklung des Lernortes Schule. Zu einer zeitgemäßen Bestimmung des Lehrberufs gehört die Kooperation: die gemeinsame Vor- und Nachbereitung des Unterrichts, die Auswertung von Unterrichtserfahrung, die Evaluation der angewendeten Methoden und Materialien. Auch hierzu bedarf es einer Veränderung der Arbeitszeit von Lehrkräften und Arbeits

zeitmodelle, die diese Kooperation als Bestandteil der regulären Arbeitszeit vorsehen und fördern.

Statt einen weiteren Berichtsauftrag zu formulieren,

sollten wir – wie von unserer Fraktion seit langem gefordert – den Berliner Schulen endlich die Chance geben, eigenständig Modelle für neue Arbeitszeitregelungen zu entwickeln und zu erproben. Setzen wir auf das Innovationspotential und die Veränderungsbereitschaft der Berliner Schulen, verzichten wir auf eine weitere Arbeitsbeschaffungsmaßnahme für die Senatsschulverwaltung!

Ich bin mir sicher: die Menschen in den Schulen und

in der Senatsschulverwaltung werden es uns danken!

Der Ältestenrat empfiehlt die Überweisung federführend an den Schulausschuss sowie mitberatend an den Ausschuss für Inneres, Sicherheit und Ordnung. – Wenn hiergegen kein Widerspruch erhoben wird, dann verfahren wir so.

Die lfd. Nrn. 17 bis 22 sind bereits durch die Konsensliste erledigt.

Wir kommen zu

lfd. Nr. 23:

Antrag

Kein Abriss von Wohnraum in der Leipziger Straße auf Grund neuer städtebaulicher Anforderungen

Antrag der Grünen Drs 15/1011

Auf eine Beratung wird inzwischen verzichtet. Der Ältestenrat empfiehlt die Überweisung des Antrages an den Ausschuss für Bauen, Wohnen und Verkehr. – Auch dazu höre ich keinen Widerspruch. Dann haben wir dies so beschlossen.

Die lfd. Nr. 24 ist bereits durch die Konsensliste erledigt.

Wir kommen zu

lfd. Nr. 25:

a) Antrag

Konsequenzen aus dem Armutsbericht (I) – Elternarbeit in den Kitas sozialer Brennpunkte verstärken

Antrag der CDU Drs 15/1015

b) Antrag

Konsequenzen aus dem Armutsbericht (II) – Konzept gegen Verschuldungskarrieren von Jugendlichen vorlegen

Antrag der CDU Drs 15/1016

c) Antrag

Konsequenzen aus dem Armutsbericht (III) – Voraussetzungen für die weitere Arbeits- und Leistungsfähigkeit der Schuldner- und Insolvenzberatungsstellen in den Berliner Bezirken schaffen

Antrag der CDU Drs 15/1017

Die Rednerinnen und Redner wollen auch hier ihre Reden zu Protokoll geben. Mir wurde allerdings signalisiert, dass der Abgeordnete Hoffmann das Wort für einen großen Redebeitrag zu erhalten wünscht. Dann soll er dies auch bekommen, und ich bitte die übrigen Rednerinnen und Redner, ihre Reden bereits zu Protokoll zu geben, das erspart uns Zeit.