Wir favorisieren dagegen das Modell einer Stiftung „Oper in Berlin“. Unter dem Dach einer solchen Stiftung sollten alle drei Häuser in ihrer künstlerischen Eigenständigkeit erhalten bleiben. Es geht nicht an, kraft der Wassersuppe eines Oberintendanten den Häusern Repertoire und Inszenierungsstile vorzuschreiben. Die inhaltliche Profilierung eines Hauses muss aus diesem heraus erwachsen. Genau das ist der Kardinalfehler dessen, was uns Frau Kollegin Grütters heute vorgestellt hat. Ich lese in Ihrem Konzeptvorschlag wieder haargenau denselben Unsinn, den Sie schon im Jahr 2000 verfochten haben. Damit sind Sie schon einmal gescheitert. Lassen Sie das bitte in Zukunft! Beschwören Sie auch nicht wieder den toten Fetisch „Berlin-Ballett“! Was da an Ergebnis herauskam, Frau Kollegin, ist lediglich das Abwürgen der Tanztheatertradition der Komischen Oper gewesen.
Noch einmal: Die Profilierung eines Institutes muss aus diesem heraus erwachsen. Weshalb die Beschäftigten – jetzt muss ich Sie wieder zitieren – „an ihren alten Eigeninteressen festhalten“ und so eine Reform verhindern, ist mir schleierhaft. Kollegin, im Gegensatz zu Ihnen haben wir mit den Beschäftigten gesprochen, und sie tragen unser Modell durchaus mit und sind bereit, sich in den Erarbeitungsprozess einzubringen. Ich denke, diese Signale werden auch vom Kultursenator wahrgenommen.
Ein Stiftungsdach, unter dem die Verwaltungsbereiche „Marketing“ und „Ticketing“ bis hin zu „Catering“ und „Werkstätten“ zusammengefasst werden, ist machbar. Künstlerisch müssen die Institute autonom bleiben. Berlin hat eine Theaterlandschaft, die bewahrens- und pflegenswert ist. Das ist ein Erbe, um das uns andere beneiden. Wir müssten tatsächlich mit den babylonischen Plagen
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Liebe Frau Lange! Ich finde, ein Photo mit Daniel Barenboim, Christian Thielemann, Kirill Petrenko, Herrn Rattle, Herrn Nagano, Herrn Inbal und Herrn Jurowski ist ein großes Photo. Deswegen ist es auch wichtig, dass wir nicht immer nur bejammern, was geschehen muss, sondern auch einmal alles daransetzen, die Kultur und die großen Namen, die wir in Berlin haben, zu zeigen. Wir sollten nicht nur den 20er Jahren nachweinen, sondern offensiv und positiv feiern, was wir jetzt an großen Namen in Berlin haben.
Die bisherige Diskussion kommt mir ein bisschen wie eine Phantomdebatte vor. Nicht nur, weil mein Lebensmotto „Frau muss skeptisch bleiben!“ ist, muss ich sagen: Ich bin skeptisch in Bezug auf das, was bisher hier gesagt worden ist. – Herr Senator Flierl! Ist nicht das Problem, dass Sie selbst für die von Ihnen skizzierten Leitlinien – wo wir in wesentlichen Punkten ja vollständig d’accord sind – in Ihrer eigenen Basis, im Berliner Senat und auch in den Koalitionsfraktionen kein Gehör finden oder dort keine Mehrheit vorfinden? – Deswegen wäre es gut gewesen – ich hoffe, die einzelnen Herrschaften fühlen sich jetzt nicht auf den Schlips getreten –, wenn wir heute bei der Diskussion über die Zukunft der Kulturpolitik und der Opern vielleicht einmal Herrn Hahn, Herrn Gram, Frau Spranger, Frau Oesterheld oder Herrn Klemm hätten reden lassen. – Ich habe die Namen ganz willkürlich ausgewählt. Verstehen Sie das bitte nicht persönlich! Ich meinte nur Kollegen, die ich noch nie in einem Opernhaus getroffen habe. Was würden diese Kollegen zur Zukunft der Opernhäuser sagen?
[Heiterkeit – Gram (CDU): Ich stehe dort auf der Bühne und singe. Ich habe immer ein Kostüm dabei. Kein Wunder, dass Sie mich nicht sehen! – Weitere Zurufe – Frau Abg. Dr. Lötzsch (PDS) meldet sich zu einer Zwischenfrage.– Unruhe]
wäre natürlich Herr Sarrazin besonders geeignet. Vielleicht auch Herr Strieder! Der reserviert ja immer Karten, die er nicht in Anspruch nimmt.
Der systematische Problemaufriss, den der Senator geliefert hat, ist durchaus gelungen. Ich meine allerdings, den hätte man auch schon vor einem Dreivierteljahr hier vortragen können. Aber das Kernproblem ist, dass Sie, Herr Senator, kein einziges Wort zu den finanziellen Rahmenbedingungen gesagt haben, unter denen diese ganzen Strukturmaßnahmen, vor denen wir stehen, ablaufen sollen. Das macht das ganze Problem gravierend.
Noch einmal zu den einzelnen Vorschlägen und zu der Frage, warum wir diese Große Anfrage heute diskutieren: Ich habe mir eigentlich gedacht, sie sei überflüssig, und in gewisser Weise zeigt sich das ja auch, denn der Senat hat sich ausbedungen, eine Planung zum Jahresende vorzulegen, und diese Zeit sollten wir ihm auch geben. Dagegen habe ich überhaupt nichts, es muss aber sichtbar sein, wo die Kriterien sind und wo das Ziel liegt. Ein bisschen Licht hat der Senator heute in das Dunkel gebracht.
Frau Grütters! Eine Große Anfrage, die schlappe acht Fragen enthält, die wirklich jeder Beliebige von der Straße hätte stellen können und die noch nicht einmal mit einer Begründung verbunden sind, ist eigentlich nicht würdig, dieses komplexe Problem, vor dem wir stehen, angemessen zu behandeln. Insofern ist auch klar, dass unsere Debatte im Grunde nur eine weitere Runde ohne Ergebnis und irgendwie zermürbend ist. Denn es ist immer noch nicht klar, ob das, was der Senator vielleicht will, etwas ist, was auch der gesamte Senat und die ihn tragenden Fraktionen wollen. Ich habe immer das Gefühl, da klafft eine riesige Lücke.
Zum CDU-Vorschlag ist von meinen Vorrednern alles gesagt worden. Frau Grütters! Ich bin dankbar, dass Sie das, was von allen anderen auch schon einmal gesagt wurde, systematisch zu Papier gebracht haben. Darüber freuen wir uns immer.
Zum Antrag der FDP-Fraktion muss ich Folgendes sagen: Frau Meister! Sie liefern einen Antrag ab, bei dem ich, als ich ihn das erste Mal las, dachte: Das kennst du irgendwie! – Und dann merkte ich: Es war wortwörtlich aus der ersten Fassung der Ampelkoalitionsberatungen abgeschrieben. Es war das, was in der Kulturverwaltung als Maßnahmen zur Opernstrukturreform protokolliert worden ist – im Rahmen der Ampel-Verhandlungen. Das finde ich jetzt als Antrag wieder. – Wir werden darüber
Was erwarten wir? – Herr Senator, wir erwarten ein Konzeptpapier, das weit über die einfache Opernfrage hinaus geht. Ich hoffe, ich habe Sie richtig verstanden, Herr Flierl, dass Sie dieses Papier auch bringen. Im Grunde brauchen wir ein neues Kreise-Papier. Ich finde es jetzt ein bisschen unfair, zu beantragen, dass ich dezidiert mit den Vorschlägen von Herrn Radunski im Kreise-Papier einverstanden gewesen wäre. Aber das war das erste Mal, dass versucht worden ist, ein Konzeptpapier vorzulegen, das die gesamte Kulturstruktur beleuchtet und Vorschläge gemacht hat. Da muss ich mal die CDU mit Herrn Radunski in Schutz nehmen. Und ich erwarte ein neues Kreise-Papier, das alle Bereiche neu ordnet und nicht nur den Blick auf die Opernfrage lenkt.
Ein bisschen leiser, auch wenn die Geschäftsführer sich um die Tagesordnung bemühen. – Nein, ich meine das Auditorium. Das Wort hat Frau Ströver. – Wenn der Geräuschpegel im Saal etwas leiser ist, dann kann man das mit dem Mikro auch steuern. – Frau Ströver hat das Wort, und wir lauschen. – Bitte schön!
Das ist auch der Beweis, dass im Grunde das Thema Kulturstruktur natürlich nur ganz wenige Leute interessiert, und schon gar nicht die koalitionstragenden Fraktionen, obwohl es nötig wäre, sich sehr dezidiert mit den Vorschlägen, die auf dem Tisch liegen, zu befassen.
[Beifall bei den Grünen und der FDP – Pewestorff (PDS): Gucken Sie mal, wie viele von den Grünen da sind!]
Es freut mich ja sehr, dass ich jetzt bei den Vorrednerinnen gehört habe, dass sie den Vorschlag aufnehmen, den ich schon lange gemacht habe, nämlich Berlin, aber nicht nur Berlin, Herr Brauer, zu entlasten, indem man eine neue Finanzierung der Gedenkstätten erarbeitet. Und ich hoffe sehr, dass es nicht nur Lippenbekenntnis ist, Herr Senator, sondern dass der Regierende Bürgermeister und Sie tatsächlich in der Runde der Ministerpräsidenten und in der Kultusministerkonferenz und wo auch immer dafür sorgen, dass bei den anderen Bundesländern ein anderes Verständnis für die Verantwortung gegenüber der Vergangenheit eintritt. Das ist dringend geboten.
Das Zweite ist der Bereich der Bundeszuständigkeit. Ich glaube, wir brauchen eine deutliche und klare Definition der Bundeszuständigkeit, und das heißt dann auch tatsächlich, dass man sagt, ein Deutsches Historisches Museum, ein Jüdisches Museum, eine Berlinale sind einmalige Institutionen von herausragender internationaler Bedeutung, die ausschließlich und nur vom Bund finan
ziert werden können. Unseren Vorschlag zur Stiftung Preußischer Kulturbesitz, Herr Brauer, haben Sie immer noch nicht verstanden: Meines Erachtens ist es vollkommen klar – und ich glaube, die Reden, die hier gehalten worden sind, sind insofern Volksreden, weil sie nicht dem realen Kern und Wahrheitsgehalt der Aufgabe entsprechen –,
dass wir die Entlastung Berlins von einem Opernhaus brauchen, und zwar unter dem Dach der Stiftung Preußischer Kulturbesitz in der Trägerschaft der Länder und des Bundes, und das aus folgendem Grund: Wir brauchen innerhalb der Bundesrepublik Deutschland insgesamt einen Mentalitätswechsel für die Verantwortung gegenüber der Geschichte, aber auch für die aktuelle Verantwortung für die Hauptstadt der Bundesrepublik Deutschland. Und hieran müssen wir arbeiten. Dazu gehört auch, eine Staatsoper unter das Dach des Preußischen Kulturbesitzes zu bringen. Im Ergebnis hieße das dann, dass wir dem Stiftungsmodell einer Landesoper, bestehend aus der Komischen Oper und der Deutschen Oper, sehr gut nahe treten könnten und da dann die Strukturreformen so durchführen können, wie wir es im Grunde hier alle diskutiert haben. Wir sollten darüber nachdenken und es vortesten. Aber, Herr Senator, Sie testen es ja gar nicht vor. Aber Sie sehen ja selbst, die jetzige Entscheidung von Seiten der Länder, sich weiter im Preußischen Kulturbesitz finanziell zu beteiligen, zeigt doch, dass es langsam ein verändertes Interesse gegenüber der Hauptstadt und der Geschichte der Hauptstadt gibt. Und wenn uns nicht der Regierende Bürgermeister immer in die Quere kommen würde und selber den Beitrag Berlins in der Stiftung in Frage stellen würde, dann könnte man da einen wichtigen Schritt tun. Und es wäre gut, wenn wir etwas weiter denken würden als immer nur in der Klein-klein-Frage der Opernfinanzierung.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Beinahe hätte ich gedacht, heute gibt es eine Diskussion über die Fragen, die uns so unter den Nägeln brennen.
Herr Dr. Jungnickel, einen kleinen Moment! – Darf ich die Geschäftsführer bitten, ihre Beratungen draußen fortzuführen? Es ist wirklich unheimlich schwer für die Damen und Herren Abgeordnete, die hier vorn reden müssen.
Mich stört es nicht. Wenn noch ein paar gehen, dann kommen wir vielleicht in eine Runde, wo wir uns über Kulturpolitik richtig unterhalten können.
Ich wollte den Herrn Senator Sarrazin fragen, ob es wirklich so stimmt, dass er gesagt haben solle, er möchte nur eine Oper. Nicht nur das, dort soll populäres Programm abgespielt werden, so, dass die Oper sich selber tragen kann. Und er will die Zuschüsse dann senken. Herr Strieder hat ja wohl in diesen Chor eingestimmt, zumindest hat er sich für eine Oper entschieden. Ist das richtig?
Fusion, na gut. Und wir haben jetzt auch noch einen Berater aus Wien bekommen – wo ich immer noch nicht weiß, wer den Herrn Senator Flierl dazu gebracht hat, ihn einzuladen –, der ja eine ganz eigentümliche Position einnimmt. Das muss man einmal Revue passieren lassen. Er will zum einen „den Saustall leeren, säubern“; er möchte das Programm kontrollieren, täglich; er möchte eine seiner Wiener Aufführungen nach Berlin bringen. Er möchte alles Mögliche, aber es gibt keinen Hinweis darauf, wie diese Konstruktion eigentlich aussehen soll. Er will Korrekturen, eine neue Identität. Und der Herr Senator Flierl soll in München gesagt haben, dass diese Beraterfunktion zum Ziel haben soll, dass die Oper ihr Profil erhalten kann. Ich frage mich aber, wie das möglich ist. Es war ja – um etwas zu sagen, was noch nicht angesprochen worden ist –,