Protocol of the Session on November 28, 2002

Diese Zentralisierungstendenz halte ich für falsch, weil sie Verwaltung eher auf- als abbaut. Das gilt auch für Ihren Ansatz zur Denkmalschutzbehörde. Gerade in dem Bereich haben wir eine relativ straffe Behörde. Von einer Überausstattung kann man in diesem Zusammenhang nicht reden. Wenn Sie bei der Denkmalschutzbehörde die bezirklichen Denkmalschutzämter abschaffen wollen, dann verlagern sie Entscheidungen auf höhere Ebenen, verlangsamen Prozesse wie die Erarbeitung von Bebauungsplänen und erreichen genau das Gegenteil dessen, was Sie wollen.

[Zuruf des Abg. Ritzmann (FDP)]

Es ist vernünftig, Aufgaben zunächst unten anzusiedeln und sich dann zu überlegen, wie viel Überbau man braucht. Wenn Sie sich mit den bezirklichen Denkmalämtern befassen würden, würden Sie feststellen, dass hier die zweistufige Verwaltung einen Sinn macht. Wenn man an diesem Punkt etwas verändern will, dann sollte man bei der Denkmalschutzbehörde ansetzen.

Zu den Wohnungsämtern sagte Herr Schimmler schon die Grundtendenz. Ich stimme ihm dazu voll zu. Die Bezirke sind weiter, als Sie vermuten. Es geschieht schon viel von dem, was in Ihren Anträgen enthalten ist. Vor dem großen Wurf sollten Sie zunächst die jeweiligen Gegebenheiten und die Praxis prüfen und erst anschließend einen Antrag schreiben. Dann kann man vielleicht etwas mehr damit anfangen.

Wenn man schon keine besonders guten Anträge schreibt – kleiner Tipp aus meiner Anfangzeit in diesem Parlament –, dann sollte man nicht gleich bei der ersten Rederunde sagen: Ich will dazu sprechen. – Tun Sie das in den Ausschüssen. Dort kann man ordentlich diskutieren. Dann können wir die wenigen praktischen Punkte in

Ihren Anträgen gemeinsam beraten und zu einem guten Ergebnis führen.

[Beifall bei der PDS – Ritzmann (FDP): Vielen Dank, Herr Klemm, Sie sind mein väterlicher Freund]

Danke schön! – Für die Fraktion der Grünen hat nun Frau Oesterheld das Wort. – Bitte!

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Es wurde schon einiges gesagt. Der erste Antrag ist so allgemein wie richtig. Ob man das in Form eines Antrag vorlegen muss, weiß ich nicht. Ich halte es für unsinnig. Richtig finde ich, dass, wenn das Land Berlin 60 000 Stellen abgeschafft hat und in Zukunft noch weitere 20 000 abschaffen will, irgendwann gefragt werden muss, welche Aufgaben das Land weiterhin ausführen soll. Das ist korrekt, aber das haben Sie nicht gemacht. Ich habe gehofft, dazu eine Auskunft zu erhalten.

Zum ersten Antrag möchte ich Ihnen Ihre Widersprüchlichkeit zeigen: Im letzten Absatz steht:

Im Ergebnis muss ein dauerhafter Abbau von Subventionen stehen.

Das hört sich gut an. – Was Sie als erstes in Ihrem Gesetz zum Denkmalschutz fordern, sind mehr Subventionen für Ihr Klientel, nämlich die Hauseigentümer. Gleichzeitig erzählen Sie uns, Ihnen gehe es um Subventionsabbau. Das finde ich widersprüchlich. Dabei machen wir nicht mit.

Zum Thema Stadtplanung: Herr Schimmler sagte schon etwas zur Bereichsentwicklungsplanung. In der Tat hat die FDP keine Ahnung von Bezirkspolitik und von der Bedeutung und Aufgabe der Bereichsentwicklungsplanung. Sie ist in der Lage, die Defizite in den Bezirken zu erkennen und zu versuchen, sie anzugehen. Die BEP ist ein Bereich, an dem sich die Bürger intensiv beteiligen können. Sie haben gerade erzählt, Sie wollten die Bürgerbeteiligung und das Bürgerengagement. Das ist in der BEP möglich, aber gerade die wollen Sie abschaffen. Mit diesem Widerspruch komme ich nicht klar.

Was ich schon gar nicht mehr verstehe, ist die Tatsache, dass Sie bei den Bebauungsplänen das Parlament draußen lassen wollen. Die Abschaffung von Demokratie als Abschaffung von Bürokratie verkaufen zu wollen, kann ich nicht nachvollziehen. In Ihrem neuen § 8 haben Sie das Parlament nicht einbezogen. Ich verstehe nicht, weshalb das Parlament an Bebauungsplänen, die der Senat erarbeitet hat, nicht beteiligt werden sollte. Ich habe die Unterlagen ordnungsgemäß gelesen. Vielleicht ist Ihnen ein Fehler unterlaufen.

Sie haben auch die Frage der Industriesicherung weggelassen. Sie haben dazu nichts gesagt. Es kann sein, dass Sie das nicht wichtig finden; ich finde es aber wichtig.

Zum nächsten Antrag: Wir können über die Frage, inwieweit zwischen den Denkmaleigenschaften und dem öffentlichen Erhaltungsinteresse unterschieden werden sollte und welche Auswirkungen es hat, eine philosophische Diskussion führen. Das will ich jedoch hier nicht tun. Das muss man genauer diskutieren.

In diesem Gesetz gibt es aber auch einen Passus, den ich richtig finde: Es muss nicht unbedingt genehmigungspflichtig sein, wenn eine Nutzungsänderung vorliegt und dadurch nichts an dem Denkmal geändert wird. Das sind Dinge, über die wir uns gerne unterhalten können.

Ein Aspekt, an dem Ihre Ideologie wieder voll durchkommt – abgesehen davon, dass die Hauseigentümer für Denkmalschutz Geld bekommen sollen –, sind die Wohnungsämter. Mir geht es nicht um die Frage, ob man das Amt beibehält oder nicht. Das ist Sache der Bezirke. Darüber haben wir schon öfters gestritten. Die Forderung, die Wohnungsaufsicht solle abgeschafft werden, ist voll in Ihrem ideologischen Bereich. Es scheint Sie ganz besonders zu wurmen, dass es jemanden gibt, der die Hauseigentümer gängeln und ihnen sagen kann: Wenn eure Häuser gefährliche Bruchbuden sind, dann habt ihr das zu ändern. – Das ist die Aufgabe der Wohnungsaufsichtsämter. Auf Grund meiner Erfahrungen in der Vergangenheit kann ich sagen, dass es für Wohnungsaufsichtsämter verdammt schwierig ist, einen Wohnungseigentümer an den Hammelbeinen zu packen, wenn sein Treppengeländer schon total kaputt ist, damit die Bewohner nicht gefährdet werden. Wenn Sie solche Dinge abschaffen wollen, dann hat das für mich nur ideologische Gründe.

Natürlich sollen nach Ihrer Ansicht auch keine Mietpreisverstöße geprüft werden. Das sind Ihre Ideologien. Darüber können wir uns ebenfalls im Ausschuss unterhalten.

Insgesamt sind die Anträge nicht das, was Sie in den Zeitungen angekündigt haben, nämlich die große Deregulierung.

[Zuruf von der FDP: Die kommt noch!]

Es gibt eine interessante Äußerung, die auch auf Ihre Gesetze zutrifft: Deregulierung bedeutet, dass die Paragraphen noch länger werden. – Wer dereguliert, muss immer Ausnahmen definieren. Alle Bausenatoren haben in der Vergangenheit dereguliert, und die Gesetze sind lang und länger geworden. Es geht also nicht darum, einfach nur zwei Abschnitte zu einem Paragraphen zusammenzufassen. Das ist noch lange keine große Deregulierung. Ich finde, Ihr Ansatz ist vielleicht ganz nett, aber die Anträge werden Ihren eigenen Ansprüchen nicht gerecht.

[Beifall bei den Grünen]

Danke schön! – Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Der Ältestenrat empfiehlt zu den einzelnen Anträgen folgende Überweisungen: Die Drucksache 15/994 – „Mehr Berlin, weniger Staat“ mit der Ziffer 1 – wird federführend an den Innen

ausschuss sowie mitberatend an den Ausschuss für Verwaltungsreform und an den Hauptausschuss überwiesen.

Der Gesetzesantrag Drucksache 15/995 – Stichwort: Berliner Stadtplanung – soll federführend an den Ausschuss für Bauen, Wohnen und Verkehr sowie mitberatend an den Verwaltungsreformausschuss überwiesen werden.

Ich bitte im Namen des amtierenden Präsidiums, bei den Bitten, die Sie am Präsidiumstisch vortragen, davon auszugehen, dass wir hier arbeiten. Manche Bemerkungen sind dabei eher störend als hilfreich. Bei manchen Dingen denken wir uns auch etwas. Sie können sicher sein, dass wir unsere Arbeit im Sinn des Parlaments machen.

Die Drucksachen 15/996 und 15/997 – Stichworte: Wohnungsämter und Denkmalschutz – sollen federführend an den Bauausschuss und mitberatend an den Verwaltungsreformausschuss sowie an den Hauptausschuss überwiesen werden.

Ich höre zu diesen Vorschlägen keinen Widerspruch. Dann werden wir so verfahren.

Wir kommen zu

lfd. Nr. 4 A:

I. Lesung

Gesetz über die Berufsakademie Berlin

Antrag der CDU Drs 15/1029

Wird der Dringlichkeit widersprochen? – Das ist nicht der Fall.

Um Beratung ist gebeten worden. Demzufolge hat zunächst Frau Abgeordnete Grütters für die CDU-Fraktion das Wort!

Frau Präsidentin! Wir haben bisher wenig von Herrn Flierl zu diesem Thema gehört.

[Ritzmann (FDP): Da ist er schon!]

Da es aber in seine Zuständigkeit fällt, wäre es mir lieb, wenn er wenigstens bei dieser Beratung anwesend wäre. – Da ist er, das ist gut.

[Pewestorff (PDS): Er hat Ihre Stimme gehört, und schon eilt er!]

Schön, das ist gut.

Frau Präsidentin! Herr Senator! Meine Damen und Herren! Zunächst zur Dringlichkeit: Wir bringen das Gesetz zur Berufsakademie deshalb heute ein, weil die SPDPDS-Koalition das Thema zur Beratung am 4. Dezember 2002 auf die Tagesordnung im Ausschuss für Wissenschaft gesetzt hat. Wir meinen deshalb, dass es sich gehört, auch das Gesetz dann dort auf die Tagesordnung zu bringen, und das heißt, heute zu beraten. Eine Entscheidung zu dem von der Koalition angezettelten Durcheinan

der in Bezug auf die Berufsakademie steht ohnehin an und ist längst fällig, nicht zuletzt deshalb, weil die beteiligten Unternehmen die Ausbildungsverträge für das nächste Jahr abschließen müssen. Wir meinen ohnehin, dass das Vorgehen des Senats gerade in diesem Punkt eher unseriös ist. Schließlich müssen die Betroffenen alle noch angehört werden zu dieser Frage, und bis zum Jahresende ist dazu kaum noch Zeit. Es sind also die Berufsakademie, die Fachhochschulen und die Unternehmen.

Was aber ist passiert? – Vordergründig ist die BA Opfer der Sparpolitik Sarrazins geworden, der von den nachgeordneten Einrichtungen Sparbeiträge eingefordert hat. Bei der Berufsakademie sind das immerhin zwei Raten, einmal 900 000 €, einmal 400 000 € bis 2004. Das sind von derzeit 1 350 Studienplätzen immerhin 400 Studienplätze. Das heißt, innerhalb von weniger als zwei Jahren macht Rot-Rot knapp ein Drittel dieser Erfolgseinrichtung platt, und das mit der heuchlerischen Entschuldigung: Sorry, wir können doch nicht anders, wir mussten doch dem sarrazinschen Sparprinzip bei den öffentlichen Institutionen folgen, und da ist ja dummerweise auch die BA dabei.

Dann kommt der alte Vorschlag von der SPD: Ab unter das Dach der Fachhochschulen mit der ungeliebten Konkurrenz Berufsakademie, denn da könnte sie ja von dem Strukturfonds der Universitäten an die Fachhochschulen finanziell profitieren, zu dem diese im Zuge der letzten Vertragsverhandlungen genötigt wurden. Da freuen sich die Fachhochschulen aber. Da sind sie den erfolgreichen Konkurrenten Berufsakademie los, absortiert unter ihr eigenen Dach, aber für einen verdammt hohen Preis. Denn lieber hätten sie, die Fachhochschulen, das Geld aus dem Strukturfonds ja selbst bekommen, oder?

Also wird die Verantwortung an die nächste Instanz verschoben, die Unternehmen, die ja mit den BAStudenten einen Ausbildungsvertrag abschließen. Die haben sich über den schwarzen Peter übrigens auch nicht gefreut, stehen sie doch vor dem Dilemma, entweder eigenständig bleiben oder die uneingeschränkte Anzahl an Ausbildungsplätzen behalten.

Was ist das doch – Entschuldigung – für ein perfides Spiel, das Sie, Herr Sarrazin, Sie, Herr Wolf, der nicht da ist, und auch Sie, Herr Flierl, mit einer der wertvollsten Einrichtungen der Stadt betreiben. Man will es wirklich nicht glauben, wie hier mit Unternehmen, mit Studierenden, mit Auszubildenden, mit Fachhochschulen und am Ende mit der ganzen Stadt umgegangen wird. Da bleiben doch Zweifel, was Sie wirklich wollen: endlich die Leistungshochschule Berufsakademie platt machen aus ideologischen Gründen? – Ich erinnere mich, Herr Flemming, an die mühsamen drei Anläufe, die damals Senator Erhardt benötigt hat, um in der großen Koalition diese Einrichtung an den Start zu bringen. Jetzt hat natürlich RotRot die Chance, das ungeliebte Kind unter dem Vorwand einer Haushaltsfrage klammheimlich den Fachhochschulen einzuverleiben – duale Fachhochschule war hier im

mer das Zauberwort – das Profil dabei aufzuweichen und insoweit immer weiter runterzusparen.

Oder geht es tatsächlich um Finanzfragen? – Dann schauen Sie sich bitte den Vergleich der Kosten, der Effizienz und der Erfolge bei der Jobvermittlung zwischen Unis, Fachhochschulen und Berufsakademie an. Wen wundert’s, die Berufsakademie arbeitet am schnellsten. Ein Studienplatz kostet den Staat bis zu 60 % weniger als derselbe Platz an den anderen Hochschulen, und die Abbrecherquote liegt nur bei 6 % bis 7 % gegenüber 25 % bis 37 % an FH und Uni. Wenn Sie uns allen also weiterhin vormachen wollen, Sie kämen aus Ihrer selbstgestellten Falle mit den Sparbeiträgen nicht heraus, dann möchte ich von Ihnen wissen, warum Sie sehenden Auges kostengünstige gegen teuere Studienplätze tauschen wollen.

Dann noch etwas: Sie haben die UVB und die IHK ein Stück weit erpresst. Die haben gar keine ehrliche Wahl, deshalb sagen sie, lieber die Ausbildungsplätze erhalten als den Status. Und Herr Barth, die Berufsakademie selbst – Herr Flemming wird es uns gleich sagen – möchte ja auch unter die Fachhochschule, ja, weil er gerne verbeamtet werden möchte und das unter dem Fachhochschuldach besser geht als so, wie es bisher läuft.

Wir greifen mit unserem Gesetzentwurf Mängel auf, die tatsächlich gegeben sind; das ist die Anerkennung der BA-Abschlüsse über den bisherigen Stand hinaus, das sind natürlich Statusfragen der Dozenten. Seien Sie von der Koalition also ehrlich: Wenn es Ihnen um die leistungsstarke BA ginge, dann müssten Sie sie auch finanzieren. So strangulieren Sie sie. – Ich komme zum letzten Satz. – Wenn die Berufsakademie tatsächlich erfolglos wäre, wenn es keine ausreichende Nachfrage gäbe und wenn Berlin auf diese Einrichtung verzichten könnte, dann könnte ich Sie noch verstehen, aber das Gegenteil ist der Fall. Seien Sie also so ehrlich und finanzieren Sie sie in dem bisherigen Maß. Das hat Berlin und das hat die BA so verdient. – Vielen Dank!