Deshalb begrüßen wir den Sinneswandel von Rot-Rot, der im vorliegenden Entschließungsantrag zum Ausdruck kommt. Bislang hatte der Senat - Frau Klotz hat heute Mittag darauf hingewiesen - bei jeder Gelegenheit erklärt, Berlin habe keinerlei Einnahmeproblem. Das war angesichts von Einbrüchen in Höhe von insgesamt 500 Millionen Euro bei den Einnahmen, Herr Lindner, - von der Vermögen- über die Gewerbe- bis hin zur inzwischen negativen Körperschaftsteuer - eine sehr gewagte Behauptung des Senats. Dieses Argument haben Sie hier jetzt wiederholt, Herr Lindner, Berlin habe
kein Einnahmeproblem. Die Berliner Einnahmen liegen inzwischen - Herr Kurth, Sie wissen das - unter dem Stand von 1994. Damit kommen wir in der Tat nicht zurecht. Deswegen glaube ich- wir haben das hier auch immer wieder vertreten -, dass neben den harten Sparmaßnahmen, die wir ergreifen müssen, auch bessere Steuereinnahmen und eine Bundeshilfe bemüht werden müssen, damit wir zu einer wirklich gerechten Finanzpolitik kommen, mit der wir uns auch sozial sehen lassen können.
Wie gesagt, wir haben Konsolidierungsanstrengungen - so schätze ich das - von mindestens 2,5 Milliarden Euro vor uns, um die zerrütteten Finanzen in Ordnung zu bringen. Herr Lindner, da finde ich es nur gerecht und angemessen, jene Berlinerinnen und Berliner, die über größere Vermögen verfügen, an dieser Haushaltssanierung zu beteiligen und nicht nur über Leistungskürzungen die Armen in dieser Stadt.
Dann ist es auch noch nötig, mit einigen Legenden aufzuräumen - obwohl Herr Zackenfels dazu schon etwas gesagt hat -, die sich um dieses Verfassungsgerichtsurteil ranken. Herr Hoff, Sie haben das völlig überpolitisiert. Ich denke, es ist alles ein bisschen einfacher. Die Vermögensteuer als solche ist weder abgeschafft noch verfassungswidrig. Sie darf derzeit nur nicht erhoben werden, weil die Steuergesetze Immobilienbesitz ungleich niedriger bewertet und besteuert haben als sonstigen Kapitalbesitz. Das Verfassungsproblem ist nicht die Vermögensteuer, sondern die zu niedrige Besteuerung von Immobilien. Jetzt dürfen Sie sich, Herr Dr. Lindner, wieder aufregen. Und die Lösung des Problems liegt deswegen auf der Hand: Immobilienbesitz ist ähnlich zeitnahen Bewertungsgrundsätzen zu unterwerfen wie sonstiges Kapitalvermögen. Das lässt sich relativ einfach erreichen, indem z. B. Haus- und Grundbesitz zum Verkehrswert, eventuell mit einem Abschlag - das wird diskutiert werden - von 10 bis 20 %, besteuert wird. Damit ist diese ganze Verfassungsdiskussion erledigt.
Das Zweite, worauf Sie anspielen, ist der so genannte Halbteilungsgrundsatz, wobei dieses Wort schon eine ideologische Verdrehung ist. Wenn ich das Urteil wörtlich lese, dann steht dort, die Gesamtsteuerlast soll sich in der Nähe einer hälftigen Teilung befinden. - Herr Kurth nickt. In der Nähe einer hälftigen Teilung heißt für mich
Dies werden wir mit den inzwischen durch die Steuerreform der Bundesregierung gesenkten Steuersätzen allemal hinbekommen, auch im Spitzensteuerbereich. Insofern gibt es inzwischen keinerlei Probleme mehr, die Vermögensteuer wieder zu erheben.
[Beifall bei den Grünen, der SPD und der PDS - Dr. Lindner (FDP): Nur der Bundesrat sieht ganz klar dieses Problem!]
Nur der Bundesrat, sagen Sie! Dazu sage ich Ihnen: Sie haben sich da vorhin schon sehr weit aus dem Fenster gelehnt, aber ich weiß nicht, ob die CDU das dann auch noch so sieht.
Mit einer solchen verfassungskonformen Immobilienbewertung wäre dann auch gesichert, dass die Erbschaftsteuer weiterhin erhoben werden kann, denn auch in Bezug auf die Erbschaftsteuer ist die unterschiedliche Besteuerung von Immobilienbesitz und sonstigen Vermögensanlagen inzwischen angegriffen worden und wird dem Bundesverfassungsgericht vorgelegt. Das Gericht wird gar nicht anders entscheiden können als im Falle der Vermögensteuer, dass nämlich Gleichbehandlung bei den Vermögensarten herrschen muss. Deswegen komme ich zum Schluss und appelliere an Sie, die Abgeordneten von CDU und FDP: Wollen Sie ernsthaft die verfassungskonforme steuerliche Bewertung von Immobilienvermögen im Bundesrat blockieren?
Wollen Sie ernsthaft in Kauf nehmen, dass in Zukunft außer der Vermögensteuer auch keine Erbschaftsteuer mehr bezahlt werden muss?
Wollen Sie ernsthaft, dass dann in Zukunft in Berlin nicht nur 150 Millionen Euro an Vermögensteuer fehlen, sondern zusätzlich auch noch 180 Millionen Euro jährlich aus der Erbschaftsteuer? - Wenn Sie noch einen Rest an Realitätssinn für die Finanzlage unserer Stadt und für die Gebote sozialer Gerechtigkeit haben, dann können Sie das nicht wollen. Statt der Ankündigung, die Sie hier machen, sollten Sie auf Ihre Parteifreunde einwirken, konstruktiv an der Lösung des Immobilienbewertungsproblems in unserem Land mitzuarbeiten und jede Blockadepolitik zu unterlassen.
Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Mir liegt ein Antrag auf sofortige Abstimmung vor. Erhebt sich dagegen Widerspruch? - Ich höre dies nicht.
Demzufolge lasse ich zunächst über den Änderungsantrag der Fraktion der CDU - Drucksache 15/872-1 - abstimmen, der den Ursprungsantrag ersetzen soll. Wer diesem Änderungsantrag der Fraktion der CDU seine Zustimmung zu geben wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Damit ist dieser Antrag mit Mehrheit abgelehnt.
Wir kommen zum Antrag - Drucksache 15/872 -, dem Antrag der Fraktion der SPD und der Fraktion der PDS. Wer diesem Antrag seine Zustimmung zu geben wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Damit ist dieser Antrag gegen die Stimmen der Fraktionen der CDU und der FDP mit den Stimmen von PDS, SPD und Grünen angenommen.
Antrag der Fraktion der Grünen über 30 Jahre Berlin-Marathon 2003 - laufen und feiern ohne Autostaus
Eine Beratung ist nicht vorgesehen. Der Ältestenrat empfiehlt die Überweisung an den Ausschuss für Jugend, Familie, Schule und Sport - federführend - sowie an den Ausschuss für Bauen, Wohnen und Verkehr. - Hierzu gibt es keinen Widerspruch. Dann haben wir dies so überwiesen.
Darüber hinaus beantragt die Fraktion der FDP eine Überweisung an den Ausschuss für Wirtschaft, Betriebe und Technologie. Da dies von dem Konsens abweicht, lasse ich darüber abstimmen. Wer dieser Ausschussüberweisung seine Zustimmung zu geben wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Damit ist dies mit großer Mehrheit abgelehnt.
Eine Beratung ist nicht mehr vorgesehen. Es ist die Überweisung an den Ausschuss für Inneres, Sicherheit und Ordnung - federführend - sowie an den Verwaltungsreformausschuss vorgesehen. - Hierzu erhebt sich kein Widerspruch. Dann haben wir dies so überwiesen.
Auch hier wird keine Beratung mehr gewünscht. Der Ältestenrat empfiehlt die Überweisung an den Ausschuss für Bauen, Wohnen und Verkehr. - Ich stelle fest, dass Sie damit einverstanden sind.
Beratung ist nicht mehr vorgesehen. Die antragstellende Fraktion bittet nach Abstimmung mit den anderen Fraktionen um Überweisung an den Ausschuss für Kulturelle Angelegenheiten - federführend - sowie an den Ausschuss für Stadtentwicklung und Umweltschutz. - Widerspruch erhebt sich nicht. Dann ist dies so beschlossen.
Wie zu Beginn unserer Sitzung bereits angekündigt wurde, hat nunmehr der fraktionslose Abgeordnete Dr. Jungnickel das Wort zu einer Erklärung, und zwar zu einer p e r s ö n l i c h e n B e m e r k u n g n a c h § 6 6 u n s e r e r G e s c h ä f t s o r d n u n g. - Bitte sehr, Herr Dr. Jungnickel, Sie haben das Wort!
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Am 22. Oktober 2002, während einer Sitzung der FDPFraktion im Abgeordnetenhaus von Berlin, habe ich mein bereits vor der Sommerpause angekündigtes Ausscheiden aus der Fraktion erklärt und der Fraktion die Beendigung meiner Mitgliedschaft in der FDP mitgeteilt. Ursache für das Ausscheiden aus Partei und Fraktion ist die von Jürgen W. Möllemann im Frühjahr ausgelöste politische Kontroverse, die so genannte Antisemitismusdebatte, die in einem Affront gegenüber dem Zentralrat der Juden, einer Attacke gegen die israelische Regierung und einer Agitation gegen Michel Friedman gipfelte und in einer sich ausweitenden und eskalierenden, offenen und verdeckten Ressentiments auslösenden Polemik ihren Ausdruck fand. Wir kennen alle die offenen und unterschwelligen Nuancen antisemitischen Strukturverhaltens, aber es ist das Antisemitische nicht allein.
Es gibt in gleicher Weise abwehrende Strömungen gegen Ausländer und Minderheiten, die sich auf unterschiedliche Weise Ausdruck zu verschaffen wissen. Wir haben es hier - und darin liegt das politisch Verwerfliche - mit einer wiederbelebenden Aktivierung von Vorurteilen zu tun.
Meine Schritte sind deshalb als Zeichen für alle diejenigen zu verstehen, die sich außer Stande sehen, der FDP in der jetzigen politischen Phase der FDP verbunden zu bleiben. Die FDP hat stillschweigend den besonderen, Richtung gebenden Wahlkampfstil und die damit transportierten Inhalte des damaligen FDPFraktionsvorsitzenden von Nordrhein-Westfalen und ehemaligen stellvertretenden Bundesparteivorsitzenden hingenommen - möglicherweise in der Hoffnung, dem fiktiven Ziel 18 Prozent ohne Rücksicht auf die Folgen mit einer pointierten Öffnung in eine bestimmte politische Richtung näher zu kommen. Diese Hoffnung ist glücklicherweise in sich zusammengebrochen. Die öffentliche Debatte und das zögerliche Verhalten der FDP-Führung, insbesondere des