Protocol of the Session on September 21, 2002

Herr Niedergesäß, eine Frage bitte! Wir haben eine Geschäftsordnung.

Außerdem frage ich Sie, ob die SPD damals nicht mit in der Koalition war.

[Beifall bei der CDU]

Ja, na klar, Herr Niedergesäß. Wir sitzen jetzt auch in der Koalition. Ich kann verstehen, dass Ihnen das Leid tut, aber es ist so. – Wir reden aber über den Inhalt von Listen aus der Finanzverwaltung. Das ist das, was Sie in Unruhe versetzt hat. Deshalb haben Sie diese Sondersitzung gewollt. Damit nicht weitere Indiskretionen kommen. Es gibt auch so etwas wie Kontinuität der Verwaltung. Deshalb sage ich lieber vorab, welche Liste in den Aktenschränken der Finanzverwaltung noch existieren und fahre fort, Herr Niedergesäß, damit Sie sich beruhigen können. Neben der von 1993 gibt es noch eine andere Liste, in der es munter weitergeht. Da steht drin:

Senkung der Zuschüsse für Privatschulen von 97 auf 90 %.

[Zurufe von der SPD: Hört, hört!]

Ich erinnere an die Debatten, die wir führten, als wir von 97 auf 95 oder 93 % absenken wollten. Hier steht der Vorschlag „auf 90 %“. –

[Rabbach (CDU): Auf Wunsch der SPD!]

Senkung der Zuschüsse für die Berliner Bäder Betriebe um insgesamt 45 Millionen, Einführung von Vorschulgebühren.

[Zurufe von der SPD: Hört, hört!]

Ich könnte fortfahren. – Diese Liste ist von Herrn Kurth, diesmal als Senator. Auch diese befindet sich noch in den Unterlagen der Finanzverwaltung.

Jeder kann nun vielleicht einmal beurteilen, was mit solchen Listen zu tun ist. Damals habe ich von Ihnen nicht erlebt, dass Sie hier, als Sie die Zuständigkeit hatten, diese Listen als Parlamentsvorlage eingebracht und anschließend dem Senat gesagt haben, er missachte die Rechte des Parlaments.

[Beifall bei der SPD und der PDS]

Bei allem Verständnis für Wahlkampf – auch von der Opposition ist ein gewisses Maß an Seriosität zu erwarten.

[Dr. Lindner (FDP): Kriegen Sie doch!]

Und auch durch die Verhinderung der SPD sind viele der Vorschläge von Herrn Kurth und Herrn Pieroth nicht umgesetzt worden, zur Recht nicht umgesetzt worden.

[Beifall bei der SPD – Vereinzelter Beifall bei der PDS]

Auch Herr Wieland hatte in der glücklichen Zeit, als er Bürgermeister war, die Listen von Frau Krajewski nicht alle 1 : 1 umgesetzt, nicht?

[Wieland (Grüne): Die kannte ich gar nicht! – Heiterkeit]

Das kann ja gar nicht sein!

[Wieland (Grüne): Was ich nicht kenne, kann ich nicht umsetzten!]

Der Herr Lindner hat uns doch gerade erzählt, der ganze Senat kenne diese Listen. Jetzt sind meine Senatoren wieder ganz unruhig geworden.

[Beifall und Heiterkeit bei der SPD – Vereinzelter Beifall bei der PDS – Dr. Steffel (CDU): Beantworten Sie meine Große Anfrage!]

Herr Lindner, die Listen sind dem Senat tatsächlich nicht bekannt gewesen. Ich bin dankbar, dass Herr Wieland bestätigt, wie die Praxis im Senat aussieht. Da müssen Sie noch ein paar Jahrzehnte warten, Herr Lindner, dass Sie diese erwerben können, aber das kann ja alles noch kommen.

[Beifall bei der SPD – Dr. Steffel (CDU): Beantworten Sie meine Fragen!]

Wir sind bei der Sache, lieber Herr Steffel! – Und ich habe heute Zeit, sage ich Ihnen ganz deutlich, ich habe mich darauf eingestellt, dass wir eine lange Parlamentsdebatte haben, und die Zeit müssen wir uns denn auch nehmen. Sie wollten es doch, dass am 21. September die Öffentlichkeit noch einmal über grundsätzliche Politikunterschiede informiert wird. Die können wir gerne hier diskutieren und austragen.

Diese Aufgabe der Finanzverwaltung, ob das nun bei Herrn Pieroth war, bei Herrn Kurth, bei Frau Krajewski oder bei Frau Fugmann-Heesing und jetzt bei Herrn Sarrazin, ist es, sich selbstverständlich in Arbeitsgruppen oder ihrem täglichen Bereich Gedanken zu machen, wie wir diesen Haushalt konsolidieren können. Dies ist die Pflicht und Schuldigkeit einer jeden Finanzverwaltung. Da gibt es überhaupt nichts zu kritisieren. Das sage ich ganz deutlich: Herr Sarrazin hat hier keine Liste vorzulegen oder sich von einer zu distanzieren. Es ist ein Arbeitspapier, und so muss es auch behandelt werden.

[Beifall bei der SPD – Vereinzelter Beifall von der PDS – Dr. Lindner (FDP): Stimmt doch überhaupt nicht!]

Natürlich wird bei den Haushaltsberatungen und bei den anderen Beschlüssen des Senats, aber auch des Parlaments politisch über fachtechnische Vorschläge zu diskutieren sein.

[Zuruf des Abg. Eßer (Grüne)]

Da ist heute schon einiges erklärt worden. Selbstverständlich ist es abstrus, Kitagebühren um 100 Prozent zu erhöhen, das sage ich hier ganz deutlich,

[Zuruf der Frau Abg. Senftleben (FDP)]

aber das sage ich nicht, weil Wahlkampf ist, sondern das sage ich Ihnen auch nach dem 22. September. Das ist abstrus, und deshalb wird das niemals beschlossen werden, ganz klipp und klar. [Beifall bei der SPD und der PDS]

Aber der Senat und auch die Opposition dieses Haus werden sich unter den finanziellen Belastungen und den finanziellen Eckpunkten mit strukturellen Veränderungen auseinander setzen müssen.

[Zuruf von der CDU: Welchen?]

Herr Regierender Bürgermeister! Der Abgeordnete Dr. Lindner möchte gerne eine Zwischenfrage stellen.

Aber bitte sehr, Herr Lindner!

Bitte sehr, Herr Lindner!

Sie haben uns gerade auseinander gesetzt, um wie viel die Kitagebühren nicht erhöht werden sollen. Können Sie uns auch einen Hinweis darauf geben, um wie viel sie erhöht werden?

Herr Lindner, wenn Ihre Klage vor dem Landesverfassungsgericht Erfolg hat, dann kann ich Ihnen die Frage überhaupt nicht beantworten, sage ich Ihnen ganz deutlich.

[Beifall von der SPD – Vereinzelter Beifall von der PDS – Dr. Lindner (FDP): Sie können sie nicht beantworten!]

Sie müssen nämlich immer Ihr konkretes Handeln mit den Reaktionen, die Sie damit selbst auslösen, in Relation bringen.

[Gewalt (CDU): Er antwortet nicht!]

Wir werden die Schwerpunktsetzung der Koalition, nämlich in Wissenschaft, Kultur, Bildung und Ausbildung durchsetzen und sozial gerecht, damit es nicht nur den Reichen in unserer Gesellschaft gut geht, sondern auch die sozial Schwachen und die Familien, die Hilfe brauchen, diese auch bekommen.

[Beifall bei der SPD und der PDS]

Dazu gehört es eben auch, dass man, wenn man heute 5 % spart, dafür den Grundstock schaffen will, dass man demnächst darauf auch noch 95 % zahlen kann. Wer es nicht begreift, dass die Flucht in die Kreditaufnahme die Zukunftschancen von den jüngeren Generationen vernichtet,

[Dr. Lindner (FDP): Ja, genau!]

der hat eben in der Politik nichts zu suchen. Deshalb sitzen Sie in der Opposition.

[Beifall bei der SPD und der PDS]