Protocol of the Session on September 21, 2002

Natürlich wird man verunsichern – das ist der Sinn der Sache –, wenn man Papiere einer Verwaltung ans Licht der Öffentlichkeit bringt. Herr Wieland, es ist keine Vernachlässigung des Respekts vor dem Parlament, Arbeitspapiere nicht als Parlamentsbeschluss vorzulegen. Ihnen werden die Beschlüsse

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RBm Wowereit

des Senats vorgelegt, und sie müssen von ihnen gebilligt werden – genauso wie der Doppelhaushalt 2002/2003 von Ihnen diskutiert und gebilligt wurde. Den haben Sie abgelehnt.

[Zurufe von den Grünen]

Sie werden bei den nächsten Haushaltsberatungen für das Jahr 2004 – bei einem Doppelhaushalt auch für 2005 – nach der Sommerpause wieder die Beschlüsse des Senats bekommen. Aber Sie werden vorher keine Arbeitspapiere des Senats bekommen – auch nicht durch Indiskretionen, die der Presse zugespielt werden. Respekt übrigens vor der Presse, die das herausgefunden hat. In einer transparenten Gesellschaft ist das allerdings kein Wunder. Damit handelt es sich aber noch nicht um eine politisch abgestimmte Liste des Senats und auch nicht des Finanzsenators. Das ist schon fünfmal dargestellt worden. Deshalb hat es gar keinen Sinn, zu den Punkten im Einzelnen Stellung zu nehmen.

Der Grundsatz, dass im nächsten Haushalt mehr Ausgaben reduziert werden müssen, ist nicht verschwiegen worden – schon gar nicht vor der Wahl. Das ist ein Kernelement der Politik des rot-roten Senats. Wir haben das im Wahlkampf gesagt, und ich sage es heute, am 21. September, auch noch einmal ganz deutlich: Am Konsolidierungskurs führt kein Weg vorbei.

[Beifall bei der SPD und der PDS]

Das bedeutet für die Bürgerinnen und Bürger dieser Stadt Einschränkungen. Das wird in einer pluralistischen Gesellschaft natürlich zu Auseinandersetzungen führen. Dafür haben wir Interessenvertreterinnen und -vertreter. Dafür haben wir Verbände. Deshalb ist es kein Wunder, dass mit einem Pawlowschen Reflex, immer wenn ein Vorschlag gemacht wird, alle – oder die Betroffenen – dagegen sind.

Herr Regierender Bürgermeister, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Geburtstagskindes, Herrn Czaja?

Das tue ich natürlich. – Herzlichen Glückwunsch auch vom Senat an Sie!

Herr Czaja, Sie haben das Wort!

Herr Wowereit, ich stelle mir bei dem Applausverhalten dieses Parlaments die Frage, für wen Sie derzeit gerade reden: Für die SPD oder die PDS? – Wenn ich auf die Internetseite von Herrn Liebich gehe, finde ich – –

[Zurufe Frage!]

Herr Czaja, auch wenn Sie heute Geburtstag haben, kennen Sie die Gepflogenheiten. Ich bitte um eine kurze, knappe Frage!

Sprechen Sie derzeit für den gesamten Senat oder nur für die SPD-Fraktion?

Ich spreche nicht für die SPD-Fraktion, sondern für den Senat. Stellen Sie sich das einmal vor! –

[Beifall bei der SPD und der PDS]

Und dieser rot-rote Senat hat – anders als die große Koalition – bewiesen, dass er in der Lage ist, auch unangenehme Entscheidungen zu treffen, auch wenn die eigene Klientel davon betroffen ist. Das ist ein wohltuender Unterschied zu der früheren großen Koalition. Zum Stil des Senats gehört es auch, die Dinge sachorientiert zu diskutieren und sie dann gemeinsam nach außen hin zu vertreten. Das hat der Senat bislang bewiesen.

[Beifall bei der SPD und der PDS]

Ich habe keinen Zweifel daran, dass der kleinere Koalitionspartner – Herr Liebich hat das für die PDS erklärt – fest zu den Vereinbarungen im Koalitionsabkommen steht.

Im Übrigen habe ich Verständnis dafür, dass Direktkandidatinnen und -kandidaten, die Angst haben, ob sie morgen gewählt werden, eine differenzierte Haltung einnehmen. Das gehört zum Wahlkampf. Man sollte sich davon nicht beunruhigen lassen.

[Dr. Lindner (FDP): Das ist das Beste! – Zuruf: Reden Sie von Herrn Benneter?]

Der Herr Benneter hat doch große Chancen. Ich habe gehört, dass die CDU in Zehlendorf selbst ihren Kandidaten schädigt, indem sie „64 Jahre“ auf die Plakate klebt und deutlich macht, dass das der Neuanfang der CDU ist. Herr Benneter braucht sich demnach gar keine Sorgen zu machen. Die Steglitzer und Zehlendorfer wissen, dass Herr Benneter die bessere Alternative für den Deutschen Bundestag ist.

[Beifall bei der SPD und der PDS]

Herr Wambach, kandidieren Sie auch? – Sie kandidieren nicht. Da bin ich beruhigt, dass Sie mir erhalten bleiben.

Zu den Listen: Ich habe mich immer gewundert, dass in der Zeitung stand, dass es um 300 Punkte geht, aber in der Liste nur 80 stehen. Ich dachte: Es muss beim Finanzsenat doch noch etwas da sein.

[Czaja (CDU): Das haben wir uns auch gefragt!]

Stimmt es, Herr Czaja? Das macht einen richtig unruhig. Aber Sie sind darüber ja freudig erregt. – Ich habe mir daraufhin tatsächlich etwas angefordert. Ich habe zwar keine Richtlinienkompetenz, aber ich habe es dennoch getan. Ich habe ganze Ordner mit Listen bekommen. Ich dachte: Bevor die auch noch in die Öffentlichkeit kommen, schaue ich sie mir vorher lieber an. – Da bin ich auch ein bisschen blass geworden, aber wir sind transparent. Ich werde Ihnen deshalb vorlesen, was in diesen Listen steht: [Gram (CDU): Alle 220 bitte!]

Reduzierung der Sportförderung um 30 Millionen, Privatisierung von Bädern – Einsparung 30 Millionen –,

[Wieland (Grüne): Das ist die Kurth-Liste!]

Erhöhung der Gruppengröße in Horten von 20 auf 24, Reduzierung der Musikschulen, im Bereich der Opern,

Frau Grütters! –

eine Einsparung von 120 Millionen, Zusammenlegung von vier Kunsthochschulen,

Frau Grütters! –

[Rabbach (CDU): Das ist die Liste von Frau Fugmann-Heesing!]

Aufgabe des Universitätsklinikums Benjamin Franklin und Überführung in ein städtisches Krankenhaus, Abbau von 2 000 Betten, Fusion von Tierpark und Zoo, Wiedereinführung der Getränkesteuer,

und, Herr Steffel, Sie wiesen darauf hin –

Einstellung der Filmförderung.

Ich könnte aus dieser Liste weiter zitieren. Ich habe zum Glück etwas weiter gelesen und auf das Datum geschaut: Die Liste ist von 1993, von Senator Pieroth in Zusammenarbeit mit Herrn Kurth als zuständigem Staatssekretär. Das ist die Politik der CDU.

[Anhaltender Beifall bei der SPD und der PDS]

Herr Regierender Bürgermeister, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Niedergesäß?

Herrn Niedergesäß gestatte ich das immer!

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Das dachte ich mir.– Bitte schön!

Danke schön, Herr Regierender Bürgermeister! Erstens war Staatssekretär Kurth 1933 kein Staatssekretär,

[Heiterkeit – RBm Wowereit: Das stimmt, 1933 nicht!]

1993 kein Staatssekretär, und außerdem ist es ein bisschen abenteuerlich – –

Herr Niedergesäß, eine Frage bitte! Wir haben eine Geschäftsordnung.