Im Juli diesen Jahres hat sich Herr Momper schriftlich an die Einwohner seines Wahlkreises gewandt. Er verwies auf die angeblichen Erfolge der Bundesregierung und bat um Geld für die arme SPD. Dies geschah mit einem Briefkopf, bei dem die Bürger annehmen mussten, dass der Präsident des Berliner Abgeordnetenhauses sich mit dieser Bitte an sie wendet. Herr Momper hat leider versäumt klarzustellen, dass er hier als Abgeordneter und nicht als Repräsentant dieses Hauses handelt. Er hat wiederholt seine Neutralitätspflicht verletzt und sein Amt für parteipolitische Zwecke eingesetzt.
Die FDP-Fraktion missbilligt diese und andere Verstöße gegen die Amtspflicht und fordert Präsident Momper auf, sein Amt künftig überparteilich und unter Beachtung der damit verbundenen Neutralitätspflicht auszuüben. Um eines klar zu stellen: Es ist nichts Unehrenhaftes, sich parteipolitisch zu engagieren, wir alle tun dies. Es ist jedoch Tatsache, dass sich jeder selbst gewissenhaft prüfen und sich überprüfen lassen muss, ob er den besonderen Anforderungen an das Präsidentenamt gewachsen ist. [Dr. Steffel (CDU): Richtig!]
Ich glaube nicht, dass die öffentliche Diskussion über die Amtsführung des Parlamentspräsidenten dem Parlament schadet. Es ist eine demokratische Selbstverständlichkeit, Meinungsverschiedenheiten, die jedes einzelne Mitglied dieses Hauses betreffen, auch unter den Mitgliedern dieses Hauses auszutragen. Es geht hier nicht um innere Angelegenheiten des Parlaments, sondern um eine Frage der Außendarstellung und die Frage, welche Rolle und welches Ansehen das Parlament wahrnimmt.
Die Kritik gehört auch deshalb in das Plenum, weil Herr Momper nach Diskussionen im Ältestenrat einen Aufklärungs- und Diskussionsbedarf verneint hat und stets alle Kritik an seiner Amtsführung ohne jegliche Ansätze von Selbstkritik zurückgewiesen hat. Der Präsident hat aus unserer Sicht keine Einsicht gezeigt, sein Amt künftig angemessen auszuüben.
Ich erinnere Sie daran, dass die Fraktionen von Grünen, SPD und PDS 1997 einen Parlamentspräsidenten in diesem Plenum zum Rücktritt aufgefordert haben.
So weit gehen wir nicht – noch nicht. Sollte Walter Momper jedoch auch in Zukunft Präsidentenamt und Parteiarbeit nicht trennen können,
wird dieses Haus darüber befinden müssen, ob er weiterhin die richtige Besetzung für dieses wichtige Amt ist.
das wichtigste Thema der Berliner Stadtpolitik, denn es handelt sich hier um einen Antrag der FDP-Fraktion.
Meine Damen und Herren von der FDP-Fraktion! Wenn wir ganz ehrlich zueinander sind, Ihren Wahlerfolg, die Tatsache, dass Sie heute hier sitzen, haben Sie im Wesentlichen dem Niedergang der Berliner CDU zu verdanken,
dem größten Bankenskandal dieser Republik. Ein eigenes Berlinprofil war und ist bei Ihnen ohnehin nicht sichtbar.
Nun sind Sie im Parlament und ringen verzweifelt um ein eigenes solches Profil, in erster Linie der Fraktionsvorsitzende, Sie, Herr Lindner – allerdings bisher nicht mit viel Erfolg.
Abgesehen, Herr Lindner, von Ihrer ständigen Abwesenheit im Hauptausschuss, dem wichtigsten Gremium des Abgeordnetenhauses, hört man von Ihnen politisch: betriebsbedingte Kündigungen, betriebsbedingte Kündigungen, Verkauf, Verkauf, Verkauf. Sie können sich bestenfalls als Chefverkäufer der Stadt Berlin profilieren – und ich denke, als nicht weiter.
[Beifall bei der SPD – Vereinzelter Beifall bei der PDS – Dr. Heide (CDU): Das soll er einmal selbst machen!]
Die SPD-Fraktion hat zu Beginn dieser Legislaturperiode aus gutem Grund Walter Momper für das Präsidentenamt vorgeschlagen.
Walter Momper verfügt über außerordentlich große politische und parlamentarische Erfahrung, schließlich war er Regierender Bürgermeister von Berlin.
Ich sage Ihnen, Herr Momper weiß sehr genau, was er dem Parlament und dem Präsidentenamt schuldig ist.
[Beifall bei der SPD – Vereinzelter Beifall bei der PDS – Ritzmann (FDP): Das müssen wir entscheiden!]
Es ist auch unbestritten – auch wenn Sie hier immer lauter werden –, dass er die Geschäftsordnung des Abgeordnetenhauses immer in fairer und loyaler Weise angewandt hat.
Bisher und weiterhin natürlich! – Natürlich hat er seine politischen Grundüberzeugungen genau wie andere Präsidentinnen und Präsidenten auch nicht an der Garderobe seines Vorzim
mers abgegeben. Wenn Sie sich die Reihe der Präsidentinnen und Präsidenten des Abgeordnetenhauses nach dem Krieg ansehen, werden Sie feststellen, dass nicht einer im Präsidentenamt zum politischen Neutrum geworden ist.
Nun schauen wir uns Herrn Stölzl an. Niemand wird allen Ernstes behaupten, dass der Vizepräsident Stölzl, der Landesvorsitzender der Berliner CDU geworden ist, ein politisches Neutrum ist.
Interessanterweise haben Sie, Herr Lindner, und Ihre Fraktion nicht aufgeschrien, als Herr Stölzl als Vizepräsident des Parlaments den Chefsessel der Berliner CDU übernahm.