Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es ist ja völlig richtig – und Herr Meyer von der FDP hat es ja auch gesagt –: Die Signale, die heute von der sogenannten bürgerlichen Opposition ausgehen, sind etwas zwiespältig. Die FDP fordert frischweg: Weg mit dem Berliner Personalvertretungsgesetz – dazu werden wir noch kommen –, und die CDU macht gleichzeitig, wie sie hier schreibt, ein Angebot an die Beschäftigten des öffentlichen Dienstes, was nichts anderes ist als eine Anbiederei, nichts anderes ist als der Versuch, wieder zum Gesamtpersonalrat der Stadt zu werden. Landowsky lässt grüßen – der hätte Ihnen diese Begründung schreiben können!
Sie wollen Verdi-mäßig diesen Senat überholen – ein wirklich albernes Vorgehen, Herr Zimmer! Ich weiß nicht, ob der Rest Ihrer Fraktion das gelesen hat, was Sie da geschrieben haben. Das ist teilweise Realsatire. Sie stellen fest: Unter Eberhard Diepgen hatten wir das Facility-Management abschlussreif, unterschriftsreif vorbereitet. Dann kam im letzten Jahr eine Neuwahl, empörenderweise, dieser Putsch, wir erinnern uns, und dann musste die CDU-Fraktion einen Monat später, schon Mitte Juli, anmahnen, damit es beim Facility-Management weitergeht. – So etwas schreiben Sie hier ernsthaft hinein. Acht Jahre ist unter Ihrem Eberhard Diepgen über das Facility-Management gegackert worden, und nichts ist geschehen!
Der Übergangssenat hat einmal Firmen in die Senatssitzung geholt. Er hat den Herrn Rasch als Vertreter der Wohnungswirtschaft geholt und hat erstmal versucht, eine Kombination von privaten Elementen und von öffentlich-rechtlichen Elementen sinnvoll zu machen. So weit zum Übergangssenat! Was jetzt vorgelegt wurde, überzeugt auch uns nicht, überzeugt noch nicht einmal die Koalitionsfraktionen. Ich möchte einmal zitieren – weil der Kollege Lorenz hier nie reden darf und deswegen offenbar schon resigniert den Saal verlassen hat – aus einer Expertise des Donnerstagskreises unter der Überschrift: „Erkennen und Gestalten oder rerum cognoscere causas“ – auch noch übersetzt, dass das von Goethe stammt. Wie auch immer, ich zitiere: Die Vermögensverwaltung wird in der geplanten Form genauso enden wie alle bisherigen wirtschaftlichen Unternehmungen des Landes Berlin. Der private Dienstleister erhält die Lizenz zum Gelddrucken. Das Land Berlin trägt die Kosten und die Gefahr des zufälligen Unterganges.
Da haben sie völlig Recht, die linken Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten, das ist bei dem vom Senat vorgelegten Modell zu befürchten und nicht ausgeschlossen. Wenn dann noch gesagt wird, diese BeAM-GmbH & Co. KG – so soll das Ding heißen – dürfe keinen Gewinn machen, fragen wir zunächst, wann hätte je ein solches vom Land Berlin eingerichtetes und im Eigentum des Landes befindliches Unternehmen Gewinn gemacht. Aber das ist doch geradezu die Anleitung dazu, in dieser Konstruktion die privaten Dienstleister die Gewinne machen zu lassen und wieder das Land Berlin als haftende Größe dahinter zu haben. Die Bankgesellschaft lässt grüßen, und wir sagen „Nein, danke!“ zu diesem Modell. [Beifall bei den Grünen] Wir sagen aber auch „Nein, danke!“ zu dieser so genannten Inhouselösung, die Sie jetzt vorlegen, Herr Zimmer! Das ist ein Salto rückwärts, dieses Papier. Ich sage einmal mit Mao: Lasst hundert Servicecenter blühen im Bezirk, überall ein Servicecenter, und die wetteifern dann irgendwo. [Heiterkeit bei der SPD] Da küsst Ihnen vielleicht der Gesamtpersonalrat die Füße, aber ansonsten ist es ein Kabaretttext, was Sie da fabriziert haben. Das muss man an dieser Stelle mit aller Deutlichkeit sagen. [Beifall bei den Grünen, der SPD und der PDS] Aber wir machen heute eigenständige Opposition. [Beifall des Abg. Ratzmann (Grüne)] Deswegen muss die letzte Passage dem Herrn Sarrazin gewidmet sein. Seine Aufgabe wäre es, hier nun einmal ein überzeugendes Modell vorzulegen. Wir selber bevorzugen den Bremer Weg, das Bremer Modell. Das hat sich dort bewährt. Man kann darüber streiten, ob die Einsparsumme genügt. Sind das, wie die Berater immer behaupten, 20 bis 30 %? – DIFU sagt, das ist Beraterlyrik, bei 10 bis 15 % sind wir schon zufrieden. In Berlin werden wir es nie feststellen können, weil wir nicht wissen, was wir im Moment zahlen. Das ist natürlich eine bequeme Ausgangsbasis. Man kann am Ende immer sagen, man habe eingespart, man wird es nicht feststellen können. Dennoch ist der Finanzsenator in der Pflicht, uns hier ein Modell vorzulegen, das überzeugt. Sie haben Ihre Fraktion gebeten: Schießen Sie nicht auf den Pianisten. [Heiterkeit bei der PDS und der FDP] Uns haben Sie nicht gebeten. Wir schießen weiter und sagen: Wir hören erst auf, wenn Sie Ihre Partitur ändern und wenn Sie aufhören, wie so ein wild gewordener Neuntöner auf die Tasten zu hämmern. Dann vielleicht beginnen wir, Sie ernst zu nehmen. Bisher hatten wir dazu leider wenig Veranlassung. [Beifall bei den Grünen – Vereinzelter Beifall bei der CDU und der FDP]
Danke schön, Herr Wieland! – Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Der Ältestenrat empfiehlt die Überweisung an den Ausschuss für Verwaltungsreform und Kommunikations- und Informationstechnik sowie an den Hauptausschuss, worüber ich abstimmen lasse. Wer so verfahren möchte, den bitte ich um ein Handzeichen. – Gegenprobe! – Enthaltungen? – Dann ist dies so einstimmig angenommen. Die lfd. Nr. 3 ist bereits durch die Konsensliste erledigt.
Wahl von einem Vertreter der Berliner Arbeitgeberverbände zum Mitglied des Kuratoriums der Fachhochschule für Technik und Wirtschaft Berlin (FHTW)
Wir kommen zur einfachen Wahl durch Handaufheben. Die Kandidatin entnehmen Sie bitte der Anlage der Drucksache. Wer die dort genannte Frau Ursula Adolph zu wählen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. – Gegenprobe! – Enthaltungen? – Das ist dies mehrheitlich so angenommen.
Für das bisherige Mitglied im Ausschuss für Verfassungsschutz, Gernot Klemm, schlägt die Fraktion der PDS nunmehr den Abgeordneten Steffen Zillich vor. Wer dem zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Gegenprobe! – Enthaltungen? – Dann ist dies einstimmig so angenommen.
Die schriftliche Antwort zu dieser Großen Anfrage wurde bereits am 13. Juni 2002 im Plenum verteilt. Zur Begründung der Großen Anfrage hat nun ein Mitglied der Fraktion der Grünen das Wort. – Bitte schön, Frau Hämmerling! – Ich bitte um Aufmerksamkeit und Stille im Saal!
Ich danke Ihnen! – Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Unsere Anfrage trägt den Titel „Einstürzende Hochhausplanung“. Treffender ist der Absturz der überzogenen Planungen am Alexanderplatz nicht zu umschreiben. Der Grund unserer Großen Anfrage ist schlicht die Sorge um den Alexanderplatz. Ich möchte das mit fünf Punkten begründen.
Punkt 1: Für die Krone aus Hochhäusern, die Kollhoff für den Alex plante, fehlen die Investoren. Nur die Hälfte ist übrig geblieben. Es gibt nur einige, die bauen wollen. Aber auch die wollen das nicht wirklich. Was geblieben ist, ist ein Rest von sieben jämmerlichen Sockelgeschossen, von denen Christian van Lessen im „Tagesspiegel“ schrieb:
Hier ein Stumpf, dort ein Stumpf, hier ein Abbruchhaus, dort eine Freifläche, hier noch ein Stumpf, pardon, Sockel, und hier wie dort vielleicht wirklich einmal eines der Hochhäuser. Berlin wird sich grämen, die Welt aber wird lachen.
Meine Damen und Herren von der rot-roten Koalition, ist Ihnen bewusst, dass Sie gerade das nächste Großprojekt in den Sand setzen? – Nach den Entwicklungsgebieten, nach der Olympiabewerbung, der Bankgesellschaft Berlin jetzt also der Alex! Lernen Sie aus den Fehlern der großen Koalition, und machen Sie nicht einfach so weiter wie bisher.
Eine Sockellandschaft hat der Alexanderplatz nicht verdient. Wir wollen wissen, welches Konzept Sie für den Alexanderplatz haben, jetzt wo der Kollhoff-Entwurf offensichtlich gescheitert ist.
Punkt 2: Wir wollen wissen, wie viel Geld Berlin von den Investoren für die Grundstücke bekommen hat. Herr Strieder, Sie haben in der schriftlichen Antwort die Auskunft verweigert, angeblich aus Datenschutzgründen. Der „Tagesspiegel“ hat die wahren Hintergründe offen gelegt. Sie haben jeden Quadratmeter 1 000 $ unter Wert verkauft. Die Investoren müssen also zum Jagen getragen werden. Sie verschleudern Landeseigentum, um ein städtebauliches Konzept durchzusetzen, für das es keine wirtschaftliche Grundlage gibt. Die Verträge lassen jeden Raum für Spekulationen. Sie haben vereinbart, dass die Hochhaustürme nur dann gebaut werden, wenn das den Investoren wirtschaftlich zumutbar ist, ein Dorado für amerikanische Rentenfondsanleger. Wir wollen wissen, wie schließen Sie bei solchen Verträgen Immobilienspekulationen aus?
Punkt 3: Berlin hat einen riesigen Immobilienleerstand. Wir haben lange darüber diskutiert. Nie waren Wohnungen, Büroflächen, Verkaufsflächen so günstig zu mieten wie heute. Viele dieser leer stehenden Immobilien liegen in Berlins Großprojekten, in den Entwicklungsgebieten. Die belasten uns mittlerweile
mit 1 Milliarde $. Wir wollen wissen, warum Sie die Vermarktungschancen dieser Immobilien verschlechtern, indem Sie das Planungsrecht für weitere Immobilien schaffen.
Punkt 4: Da geht es um den Einzelhandel auf dem Alex. Sie wollen siebenmal so viel Verkaufsfläche schaffen wie am Potsdamer Platz. Wir halten das ganz schlicht für Größenwahn. Das macht die keinen und mittelständischen Einzelhändler, die Einzelhandelszentren in der Umgebung und die Ladenstraßen kaputt. Uns interessiert, ob Sie die kleinen und mittelständischen Unternehmen völlig abgeschrieben haben. Welches Vorbild haben Sie für dieses gigantische Konsumprojekt?
Punkt 5: Vom Kollhoff-Konzept wird nur ein Bruchteil realisiert. Indessen wird es dem Alexanderplatz ergehen wie dem Zoofenster. Dieser zentrale Ort in der West-City dümpelt seit fast zehn Jahren im Schwebezustand der Planungsblockade vor sich hin. Was wollen Sie tun, damit dem Alexanderplatz dieses Schicksal erspart bleibt?
Ich hoffe, dass Sie bei der mündlichen Beantwortung etwas konkreter werden als bei der schriftlichen.
Vielen Dank, Frau Kollegin Hämmerling! – Zur Beantwortung hat Herr Senator Strieder das Wort. – Bitte schön!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Stadtentwicklungspolitik heißt, Angebote zu machen, und zwar Angebote, die der Stadt nutzen und die der Stadt die Chance geben, neue Arbeitsplätze zu schaffen. Stadtentwicklungspolitik heißt nicht, von der Hand in den Mund zu leben, sondern mit mittel- und langfristigen Strategien die Zukunft zu gestalten. Deshalb kommt es nicht nur auf die heutigen Bedürfnisse an. Vielmehr muss die Entwicklung der Stadt für einen Zeitraum von 10 bis 15 Jahren ermöglicht werden.
Die Momentaufnahme für Berlin ergibt, dass wir genügend Büroraum, Gewerbeflächen und Wohnungen haben. Aber das Anliegen dieses Parlaments kann es nicht sein, dass Berlin stehenbleibt. Berlin muss die Zukunft gestalten, und dafür ist eine Angebotsplanung notwendig. Wir haben in Berlin im Bereich der Büroflächen derzeit einen Leerstand von 7,2 % Prozent. Damit liegen wir bei der gleichen Quote wie Paris. London hat einen Leerstand von rund 12 %. Daraus können wir schlussfolgern, dass ein gewisses Überangebot notwendig ist, das hilft, den Mietermarkt aufrechtzuerhalten und Investoren eine Auswahlmöglichkeit zu geben. Das macht den Investitionsstandort und damit den Ort, an dem man Arbeit schafft und Arbeitslosigkeit abbaut, interessant. Wir brauchen Entwicklung, denn wir wollen die Arbeitslosigkeit bekämpfen, neue Arbeitsplätze schaffen und neue Investitionen nach Berlin holen. Nur der, der heute plant und Angebote macht, kann morgen bauen und übermorgen davon profitieren.
Im europäischen Metropolenranking lag Berlin – nach einer Umfrage der Agentur Healey und Baker – 1996 noch auf Platz 16. Jetzt rangieren wir auf Platz 9. Die Bedeutung Berlins im Konzert der europäischen Metropolen nimmt zu. In der Studie „The Best Cities for Business“ zählt Berlin mittlerweile zu den zehn führenden Städten in Europa – direkt vor München und deutlich vor Düsseldorf und Hamburg. Wir müssen uns somit an London, Paris, Frankfurt, Dublin und Amsterdam messen. Das sind die Metropolen, mit denen wir einen Wettbewerb austragen. Der Ausgang dieses Wettbewerbs entscheidet ganz wesentlich über unsere ökonomische Zukunft.
Deswegen entbehrt die Behauptung, es sei überflüssig, in Berlin weiterzuplanen, jeder Grundlage. Unsere Planungskonzepte fußen weder auf unrealistischen Visionen noch auf dem planerischen Defätismus, den Sie uns mit Ihrer Vorliebe für Baumhäuser gerne vorhalten wollen.
Herr Cramer, wir wissen, dass für Sie der Aufzug in einer S- oder U-Bahnstation das Nonplusultra ist. Wenn ein solcher in Berlin eingeweiht wird, dann freuen Sie sich ein Loch in den Bauch. Es muss aber auch jemanden geben, der das Geld für solche Investitionen verdient. Deswegen brauchen wir eine Planung, die die Zukunft sichert.
Wir wissen – die Zahlen belegen das –, dass sich die Nachfrage nach Büroflächen in Berlin in den letzten Jahren auf einem hohen Niveau stabilisiert hat. Seit 1990 wurden durchschnittlich 550 000 Quadratmeter Bürofläche pro Jahr vom Markt abgenommen. Auch für die nächsten Jahre wird eine relativ hohe Büroflächenabnahme von zirka 450 000 Quadratmeter pro Jahr prognostiziert. Wenn man einen Vergleich mit den Dimensionen von Frankfurt anstellt, dann erkennt man, dass die Hochhausbebauung im Frankfurter Bankenviertel – eine Realisierung aus den 70er und 80er Jahren – in einer Zeit entstanden ist, in der dort die Büroflächenabnahme pro Jahr nur 200 000 Quadratmeter betragen hat. Das ist weniger als die für Berlin prognostizierte Abnahme. Schon dieser Vergleich zeigt, dass die Rahmenbedingungen für die Realisierung der Bebauung am Alexanderplatz in mittel- bis langfristiger Perspektive günstig sind.
Auch wenn Sie es nicht hören wollen, so muss man doch sagen: Es gibt allen Anlass zu Selbstbewusstsein in dieser Stadt. Mit 17,5 Millionen Quadratmetern Büroflächen ist Berlin der drittgrößte städtische Büromarkt in Europa – hinter Paris mit 31 und London mit 27 Millionen Quadratmetern. Allein zwischen 1990 und 2000 sind in Berlin 7 Millionen Quadratmeter Bürofläche gebaut und zu 93 % vermietet worden. Lassen Sie uns die Stadt nicht kaputtreden. Sagen Sie, dass da etwas erreicht worden ist!