Zur Abberufung des Generalstaatsanwalts bei dem Landgericht ist geheime Abstimmung mit verdeckten Stimmzetteln angesagt. Ich weise darauf hin, dass im Gesetz –
ja, einer nach dem anderen, erst Dr. Lindner, dann der Kollege Braun! – zur Wahl des Generalstaatsanwalts eine Aussprache nicht vorgesehen ist. Logischerweise gilt das auch für die Abwahl. Stimmzettel und dergleichen sind vorbereitet. Zur Abberufung bedarf es der Mehrheit der Mitglieder des Hauses, also mindestens 71 Stimmen.
Nunmehr hat Dr. Lindner z u r G e s c h ä f t s o r d n u n g um das Wort gebeten und hat es hiermit. Danach Herr Braun für die CDU!
Herzlichen Dank, Herr Präsident! Verehrte Damen, meine Herren! Ich werde das jetzt nicht missbrauchen, um irgendwie groß inhaltlich Stellung zu nehmen, keine Sorge, denn ich glaube, dass alle Beteiligten einen gewissen Schutz verdienen. Das ist hier eine öffentliche Sitzung. Deswegen werde ich mich hüten, jetzt in die Details einzusteigen. Es gibt aber ein kleines Problem bei der Geschichte. Es gibt Vorwürfe, die gegen Herrn Karge teilweise auch über die Medien verbalisiert wurden, es gibt umgekehrt Vorwürfe von Herrn Dr. Karge, dass hier – – Das ist natürlich zur Geschäftsordnung. Ach so, Verzeihung, der Antrag! Ich beantrage, dass das heute von der Tagesordnung abgesetzt wird.
Das Problem ist folgendes: Es sind diese Vorwürfe im Raum, einerseits gegen Herrn Dr. Karge und umgekehrt. Herr Dr. Karge hat – und das ist auch über die Medien gegangen, da erzähle ich keine Geheimnisse – mehrfach erklärt, dass politische Einflussnahme getätigt wurde auf Mitglieder der Staatsanwaltschaft. Das muss in unser aller Interesse sein, vor allem auch der Koalition, dass diese Vorwürfe ausgeräumt werden. Sie können nicht stehen bleiben.
Wir hatten eine Sondersitzung des Justizausschusses am vergangenen Montag auf Antrag von FDP und CDU. Gehört wurden Herr Dr. Karge, Herr Generalstaatsanwalt Neumann und die Justizsenatorin. Es waren Vorwürfe noch im Raum, dass bestimmte Mitglieder der Ermittlungsgruppe Bankgesellschaft letztlich von ihren Ämtern oder von ihrer Zugehörigkeit zur Ermittlungsgruppe Abstand genommen haben, weil angeblich – ich kann das nur so wiedergeben – politischer Druck ausgeübt wurde, in eine bestimmte Richtung zu ermitteln bzw. Ergebnisse zu liefern.
Es ging auch über die Medien, und es gibt unterschiedliche Aussagen dazu, ob Herr Benneter, was ihm – das sage ich ausdrücklich – legitim zustünde, in seiner Eigenschaft als Vorsitzender des Untersuchungsausschusses beim Leiter der Ermittlungsgruppe angerufen hat oder vorstellig geworden ist, um sich nach dem Stand der Verfahren zu erkundigen.
Oder: Da gibt es eine andere Variante – – Ja, ich kenne das! Ich kenne diese dienstliche Mitteilung.
Oder ob das anders gestaltet war. – Das ist doch zur Geschäftsordnung! Ich gebe mir Mühe, es in aller Ruhe darzustellen, Herr Gaebler. Sachlich sage ich, dass Herr Benneter dieses Recht natürlich hätte.
Wir wollen, bevor wir hier über Herrn Dr. Karge abstimmen, in einer weiteren Sitzung des Justizausschusses den Leiter der Ermittlungsgruppe und die anderen Mitglieder der Staatsanwaltschaft, die namentlich benannt wurden, zu diesen Vorwürfen hören. [Beifall bei der FDP und der CDU]
Ich meine, das ist ein legitimes Anliegen. Wir haben diese Hängepartie schon so lange – ich nahm eingangs der heutigen Debatte dazu Stellung –, da können wir es uns durchaus erlau
ben, noch zwei Wochen abzuwarten, sehen, dass wir diese ganzen Sachen geklärt haben. Wir hatten das übrigens im Justizausschuss auch schon beantragt, was den einen der Herren anbelangte, aber da haben Sie gemeint, das mit Ihrer Mehrheit niederstimmen zu müssen. Ich glaube, es täte uns allen gut, heute davon Abstand zu nehmen, und das Ganze in zwei Wochen noch einmal. [Beifall bei der FDP und der CDU]
Gut, dann machen wir das erst einmal zu Ende. – Herr Doering hat sich gemeldet, der gegen den Antrag sprechen möchte. – Bitte schön!
Ja, natürlich! Das ist jetzt die Gegenrede. – Erstens: Vorhin in der Fragestunde kam aus den Reihen der Opposition genau der Vorwurf an die Justizsenatorin, warum sie nicht schon vor der Sommerpause gehandelt habe und dass sie dieses Verfahren über die Sommerpause ziehe. Jetzt kommt dieselbe Opposition und sagt: Wir wollen das Verfahren noch länger hinziehen.
Zweitens: Wir haben uns gemeinsam auf diese Rechtsausschusssitzung am Montag verständigt, alle Vertreter der Fraktionen. [Zuruf des Abg. Czaja (CDU)]
Dazu sage ich gleich beim nächsten Geschäftsordnungsantrag noch etwas. – Fakt ist jedenfalls, dass genau diese Vorwürfe von Herrn Karge in Richtung Politik, sie habe in das Verfahren eingegriffen, der Grund für diese Rechtsausschusssitzung gewesen sind. Nun ist den rechtspolitischen Sprechern in diesem Haus durchaus bekannt, dass Herr Wulf genau diesen Vorwurf zurückgewiesen und festgestellt hat, dass es auch durch Herrn Benneter keinen politischen Eingriff in das Verfahren gegeben hat. Somit ist Ihr Antrag fast schon gegenstandslos. – Danke schön!
Danke schön, Herr Doering! – Herr Kollege Hahn, bei Geschäftsordnungsangelegenheiten sind keine Zwischenfragen vorgesehen. – Ich lasse zunächst über den gestellten Antrag abstimmen, und dann sind Sie dran, Herr Braun. Wer dem Antrag auf Vertagung, den Herr Dr. Lindner gestellt hat, zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen! – Die Gegenprobe! – Letzteres war die Mehrheit. – Enthaltungen? – Mit den Stimmen der Grünen, der SPD und der PDS ist der Antrag damit abgelehnt. – Nun hat der Kollege Braun das Wort z u r G e s c h ä f t s o r d n u n g. – Bitte schön!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Für die CDU-Fraktion beantrage ich, über den gestellten Abwahlantrag eine Debatte durchzuführen. – Herr Präsident, Ihre Hinweise sind – mit Verlaub – rechtlich falsch. Eine Regelung, dass über derartige Anträge im Parlament nicht zu sprechen sei, findet sich in der Verfassung nicht. Maßgeblich ist das Richterwahlgesetz. Dieses sagt ausdrücklich, dass nur die Wahl – beispielsweise eines Generalstaatsanwalts – im Parlament ohne Aussprache zu erfolgen hat. Damit ist nur eine ausdrückliche Regelung für die Wahl getroffen. Für die Abwahl, die nach dem Richterwahlgesetz – § 6 – auch vom Parlament vorgenommen wird, ist dieser Passus „ohne Aussprache“ ausdrücklich nicht enthalten.
Nach dem Richterwahlgesetz könnte man demnach der Meinung sein, dass der Verzicht auf eine Aussprache nur bei einer Wahl stattfinden darf und ansonsten eine Aussprache stattzufinden hat.
Wir haben noch einmal in den Plenarprotokollen nachgeschaut und festgestellt, dass es schon einmal – nach Artikel 44 der alten Verfassungslage – im Jahr 1990 eine Debatte gab, als es um die Abwahl des damaligen Generalstaatsanwalts ging. Das war damals Herr Treppe. Einige unter uns, die schon länger im Haus sind, erinnern sich vielleicht daran.
Nun stellt sich die Frage, weshalb diese damals gültige Regelung heute nicht mehr gelten soll, obwohl sich die Gesetzesbzw. Verfassungslage nicht geändert hat. Wir sehen in dem Versuch, die Debatte zu beschneiden, einen Eingriff in die Rechte der Opposition.
Für diesen Antrag muss gelten, was für jeden anderen Antrag in diesem Haus gilt: Wenn eine Fraktion beantragt, einen Antrag mündlich zu erörtern, dann muss dem entsprochen werden. – Wir bitten deshalb um Zustimmung zu unserem Antrag.
Herr Kollege Braun, ich bin rechtlich anders beraten worden. Das sage ich klipp und klar. Auch der eine von Ihnen angeführte Präzedenzfall kann mich nicht davon überzeugen, dass das so ist, wie Sie meinen. Es ist auch deshalb nicht so, weil der Schutz des Amtes und der betroffenen Personen das erfordert. Wenn das aber dennoch gewünscht wird, dann soll das so sein.
Der Kollege Gaebler hat aber nun die Gelegenheit, gegen den Antrag zu sprechen. – Bitte, Sie haben das Wort!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Rechtslage ist eigentlich naheliegend, aber wenn es gewünscht wird, dann können wir auch über den gestellten Geschäftsordnungsantrag abstimmen. Das Gesetz über die Wahl der Präsidenten der oberen Landesgerichte und der Generalstaatsanwälte sieht eine solche Aussprache nicht vor. Sie ist für den Akt der Wahl ausgeschlossen, und für den umgekehrten Akt kann eigentlich nichts anderes gelten.
Der Grund für den Ausschluss einer solchen Aussprache, Herr Braun, liegt darin, andere Personen nicht beschädigen zu wollen. Das muss auch für die Abberufung gelten.
Ich sage „eigentlich“, weil ich kein Jurist bin. Allerdings glaube ich nicht, dass es hier um die rechtliche Klärung dieser Frage geht, sondern darum, wie das Abgeordnetenhaus mit bestimmten Personen in bestimmten Funktionen umgeht. Auch diese haben ein Recht auf Persönlichkeitsschutz, und gerade Sie müssten – wenn Sie gegen die Abwahl sind – theoretisch davon ausgehen, dass diese Person weiter amtiert, falls die Abwahl scheitern sollte. Wenn Sie dann vorher hier intensiv persönliche Dinge besprochen haben, wird es für die betreffende Person hinterher schwierig. Auch aus dieser Logik, diesem Personenschutz heraus – der auch Ihnen wichtig sein müsste –, ist klar, dass hier