Protocol of the Session on August 29, 2002

Ihre Schlammschlacht werden Sie ja nachher bei der Wahl von Herrn Wolf sowieso fortsetzen, dazu hätte es nicht der fünf Minuten zusätzlich bedurft, Herr Lindner.

Aber eines vielleicht noch zur Aktualität: Wenn man in das Programm Ihrer Partei zur Wahl guckt, dann steht zur Umwelt gar nichts drin, sondern nur etwas zur ökologischen Marktwirtschaft. Dann haben wir da den schönen Satz am Anfang:

Die FDP ist die Partei der ökologischen Modernisierung, in der im Mittelpunkt der Mensch steht.

Und am Ende steht: „Soziale Marktwirtschaft ist ökologisch.“ – Und das ist Ihr Credo dazu.

[Zuruf des Abg. Ritzmann (FDP)]

Deswegen, denke ich, ist es sehr aktuell, heute einmal hier darüber zu diskutieren, was wirklich notwendig ist, was nachhaltig ist, was Klimaschutz ist, was man tun muss, um in Zukunft solche Katastrophen zu vermeiden, zu verhindern und dem vorzubeugen.

[Dr. Lindner (FDP): Hier ist das Abgeordnetenhaus! – Zuruf des Abg. Matz (FDP) – Pewestorff (PDS): Hören Sie zu, da können Sie etwas lernen!]

Deswegen werden wir für die Aktuelle Stunde der Grünen stimmen. – Vielen Dank!

[Beifall bei der SPD, der PDS und den Grünen]

Danke schön, Herr Kollege Gaebler! – Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor.

Ich lasse über das Thema der heutigen Aktuellen Stunde abstimmen, und zwar zuerst über den Vorschlag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen. Wer diesem Vorschlag seine Zustimmung zu geben wünscht, den bitte ich um das Handzeichen! – Danke schön! Die Gegenprobe! – Enthaltungen? – Ersteres war die Mehrheit, keine Enthaltung, dann ist diese Aktuelle Stunde von Bündnis 90/Die Grünen beschlossen. Die anderen Anträge sind damit erledigt.

Ich werde die Aktuelle Stunde nach der Fragestunde als Tagesordnungspunkt 1 A aufrufen. Vorsorglich hatte sich der Ältestenrat darauf verständigt, diese Aktuelle Stunde dann mit der Großen Anfrage und den dazu gehörenden Anträgen sowie den Anträgen unter dem Tagesordnungspunkt 49 und mit Tagesordnungspunkt 53 zu verbinden. Die näheren Regularien erläutere ich dann beim Aufruf des Tagesordnungspunktes.

Für die v o r z e i t i g e A b w e s e n h e i t a n u n s e r e r h e u t i g e n S i t z u n g haben sich folgende M i t g l i e d e r d e s S e n a t s entschuldigt: der Herr Regierende Bürgermeis

ter, abwesend ab 19.45 Uhr, für einen Empfang seiner Amtskollegen aus Mittel- und Osteuropa anlässlich der Konferenz der Hauptstädte für die EU-Erweiterung. Dann wird Herr Senator Strieder abwesend sein ab 19 Uhr, Beginn der Dienstreise nach Johannesburg zu der hier schon erwähnten internationalen Konferenz.

Abschließend möchte ich noch auf den vom Ältestenrat am Dienstag beschlossenen Te r m i n p l a n f ü r d i e P l e n a r s i t z u n g e n 2 0 0 3 hinweisen. Sie finden diesen Plan in Kopie auf Ihren Tischen. Der ist auch jetzt so verabschiedet.

Dann rufe ich auf

lfd. Nr. 1:

Fragestunde gemäß § 51 der Geschäftsordnung

Zu Beginn der Fragestunde habe ich hier einen Vorschlag zu unterbreiten, der den Fraktionsgeschäftsführern bereits gestern mitgeteilt wurde. Die Mündlichen Anfragen der Abgeordneten Dr. Lindner (FDP), Frau Oesterheld (Grüne) und von Herrn Stadtkewitz (CDU) unter den lfd. Nrn. 4, 5 und 7 befassen sich mit den Wirtschaftsprüfungen bei der Bankgesellschaft. Ich schlage Ihnen vor, diese Fragen miteinander zu verbinden. Sie werden dann hintereinander von den Fragestellern vorgetragen und vom Senat beantwortet. Mindestens zwei Zusatzfragen stehen den insoweit vorrangig zu berücksichtigenden Fragestellern zu, und zwar in der Reihenfolge der Nummerierung. Vier weitere Zusatzfragen können danach auch von anderen Mitgliedern des Hauses gestellt werden. – Zu dem Vorschlag höre ich keinen Widerspruch, dann verfahren wir so.

Das Wort zur ersten Mündlichen Anfrage über

erfolgreichen Start des neuen Schuljahres 2002/2003

hat Frau Dr. Tesch!

Ich frage den Senat:

1. Wie ist die organisatorische Vorbereitung des neuen Schuljahres 2002/2003 verlaufen, wie ist der Stand der personellen Ausstattung zur Gewährleistung des Unterrichts, wie viele Lehrerinnen und Lehrer wurden bzw. werden neu eingestellt?

2. Welche pädagogischen Neuerungen wurden zu Beginn des neuen Schuljahres eingeführt?

Der Senator für Bildung hat das Wort! – Bitte schön, Herr Böger!

Herr Präsident! Frau Abgeordnete Tesch! Meine Damen und Herren! Das Schuljahr 2002/2003 ist in der Tat gut vorbereitet. Das ist auch unsere Pflicht. Der Senat hat ausreichend Stellen zur Verfügung gestellt. Wir haben mehr als 300 Lehrerinnen und Lehrer neu eingestellt. Wir haben einige Hundert Lehrerinnen und Lehrer in einem Prozess in der Berliner Schule umgesetzt. Mir liegt daran, dies hier zu betonen, weil allenthalben über die mangelnde Flexibilität von Lehrkräften gesprochen wird; dem ist nicht so. Es ist nach der – durchaus logischen – Devise, dass die Lehrerinnen und Lehrer den Schülerströmen folgen müssen, eine erhebliche Zahl von Lehrkräften umgesetzt worden. So viel zur personellen Ausstattung.

Zweitens haben wir in diesem Schuljahr begonnene pädagogische Verbesserungen fortgesetzt, die auch dringend notwendig sind. So haben wir in den Grundschulen und auch Sekundarschulen in unserem Land, in denen besondere Herausforderungen zu bewältigen sind, weil wir dort eine hohe Zahl von Schülerinnen und Schülern nichtdeutscher Herkunft haben, die Klassenfrequenzen weiter gesenkt. Des Weiteren haben wir in allen Grundschulen des Landes Berlin eine zusätzliche Deutsch

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(B) (D)

stunde in den ersten Klassen eingeführt. Schließlich haben wir jetzt durchgesetzt, dass in allen Grundschulen des Landes Berlin ab der 3. Klasse der Unterricht in der ersten Fremdsprache – und zwar als Fachunterricht – beginnt. Darüber hinaus sind einige Schulpsychologen neu eingestellt worden, die generell auch die Aufgabe haben, in der Berliner Schule zu Toleranz und Gewaltfreiheit zu erziehen. Insofern ist das ebenfalls sehr wichtig. So viel zum Schuljahr 2002/2003.

Ich möchte bei der Gelegenheit auch noch sagen, Frau Abgeordnete, dass der Senat in Zusammenhang mit einer Gesetzesvorlage entschieden hat – und Ihnen das auch vorlegen wird –, dass im kommenden Schuljahr die Lehrkräfte drei Arbeitstage vor dem eigentlichen Schulbeginn an ihrem Arbeitsort sein müssen. Das gibt es schon jetzt in einigen Schulen, aber wir wollen, dass das in allen Schulen Berlins so ist, damit der Start noch optimaler erfolgen kann.

Das Wort hat Frau Kollegin Dr. Tesch zu einer Nachfrage. – Bitte!

Herr Senator! Begrüßt der Senat mit mir die Tatsache, dass zukünftig die Rahmenpläne von Berlin, Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern aufeinander abgestimmt werden und dass im Fall des von Ihnen erwähnten Frühbeginns Englisch eine Kommission einberufen wurde, die sowohl die wissenschaftliche Seite als auch die praktische Umsetzung in den Schulen berücksichtigt?

Herr Senator!

[Mutlu (Grüne): Da lacht sogar der Senat, weil die Frage so peinlich ist!]

Herr Präsident! Frau Abgeordnete Tesch! Ich finde das überhaupt gar nicht peinlich. Peinlich finde ich allenfalls Zwischenrufe. Vielmehr freue ich mich, dass Sie diese Frage stellen, weil man – –

[Gelächter bei der CDU, der FDP und den Grünen – Vereinzelter Beifall bei den Grünen – Ritzmann (FDP): Weil man sie aufgeschrieben hat!]

Ich bleibe bei dem, was ich vor der Sommerpause gesagt habe. Wenn man Ehrlichkeiten sagt, findet hier Gelächter statt. Das sollte eigentlich im Parlament nicht sein. Natürlich freue ich mich darüber – wie über jede vernünftige Frage zur Schule.

Nun zur Sache selbst: Es ist richtig, dass wir eine Fülle von Reformvorhaben begonnen haben – u. a. auch eine großes Projekt zur Curriculum- bzw. Lehrplanreform. Dies haben wir ganz im Sinne unserer Zukunftsperspektive angelegt, denn im Blick auf ein gemeinsames Land Berlin-Brandenburg arbeiten wir auf vielen Feldern mit Brandenburg zusammen. Dieser Prozess hat begonnen. Er ist sehr zeitaufwendig, aber ich denke, dass wir spätestens 2003/2004 einen neuen Lehrplan für die Grundschule haben.

Was den von Ihnen angesprochenen Unterricht in der Fremdsprache betrifft – in der Regel Englisch –, gab es allenthalben in der Presse die Sorge, ob das zum einen eine Überforderung und zum anderen fachlich schon so vorbereitet ist, dass man wirklich von höchster Qualität sprechen kann. Ich glaube nicht, dass es eine Überforderung ist. Ich bin auch der Auffassung, dass wir auf einem guten Weg sind, dass dieser Unterricht in hoher Qualität vermittelt wird. Wir haben Fortbildungsveranstaltungen gemacht und Leitlinien für den Unterricht entworfen. Doch bestreite ich nicht, dass generell Qualitätsziele, die Festsetzung von Qualitätsstandards und die Kontrolle von Qualität für das Berliner Bildungssystem eine notwendige und wichtige Aufgabe ist, die wir energisch angehen werden.

Herr Kollege Goetze hat das Wort zu einer Nachfrage. – Bitte schön!

Herr Senator! Angesichts der Tatsache, dass die Sprachstandsanalyse gezeigt hat, dass es in zahlreichen Schulen und Bezirken Berlins in der 2. und 3. Klasse eine mangelhafte Sprachensituation der Schüler gibt, frage ich Sie: Sind Sie mit mir der Meinung, dass es wesentlich sinnvoller wäre, Unterrichtskapazitäten in die Sprachentwicklung und in einen vernünftigen Deutschunterricht zu stecken, statt in der 3. Klasse in diesen Bereichen eine erste Fremdsprache anzubieten, wodurch sich dann viele Kinder neben einer schlecht erlernten Heimatsprache und einem schlecht erlernten Deutsch dann vielleicht auch noch eine weitere Fremdsprache schlecht aneignen würden?

Herr Bildungssenator Böger!

Herr Präsident! Herr Abgeordneter Goetze! Ich bin nicht Ihrer Meinung. Zunächst möchte ich festhalten, dass wir diese Sprachstandsanalyse nicht für die 2. oder 3. Klasse gemacht haben, sondern für neu einzuschulende Schülerinnen und Schüler. In der Tat hat diese Sprachstandsanalyse festgestellt, dass nicht nur Kinder nichtdeutscher Herkunft – die auch –, sondern auch andere Kinder erhebliche sprachliche Entwicklungsdefizite haben. Und es ist richtig, dass wir uns in der Grundschule darauf konzentrieren müssen – was im Übrigen auch die Aufgabe der Grundschule ist, nämlich ganz banal gesagt: Lesen, Schreiben und Rechnen zu lernen –, diesen Prozess des Spracherwerbs zu stärken. Sie stimmen mir sicherlich zu, dass das nicht nur die Aufgabe der Schule ist. Wir brauchen auch die Mitarbeit insbesondere der Eltern.

Es ist in der Tat so, dass die Berliner Grundschule diesen Prozess des Spracherwerbs aktiv und positiv betreibt. Dessen ungeachtet erinnere ich mich, dass ein Vizepräsident des Abgeordnetenhauses und jetziger Vorsitzender Ihrer Partei gefordert hat, man solle schon im ersten Schuljahr mit der Fremdsprache beginnen. Darauf hatte ich gesagt: Am besten wohl schon perinatal – vorgeburtlich! – Ein Zickzackkurs dergestalt, dass man zunächst etwas fordert, es dann wieder fallen lässt und schließlich nur bei Schichten machen will, wo das schon geht – wobei die anderen dann sozusagen sprachblind bleiben –, ist in der Bildungspolitik mit uns nicht zu machen.

[Beifall bei der SPD]

Das Wort zu einer Nachfrage hat der Abgeordnete Mutlu. – Bitte schön!

Herr Senator! Ich habe eine ganz banale Frage: Können Sie mir sagen, wie viele neue Ganztagsschulen es im neuen Schuljahr und im Schuljahr 2003/2004 und wie viele Grundschulen mit verlässlicher Betreuungszeit, wie im Koalitionsvertrag der rot-roten Koalition versprochen, wird es geben? Außerdem möchte ich fragen: Wie viele Schüler und Schülerinnen mit sonderpädagogischem Förderbedarf können in diesem Schuljahr die Integration aufgrund der mangelnden Personalsituation nicht fortsetzen?

Herr Kollege Mutlu, dass waren – genau gezählt, denn zählen können wir ja – zwei Fragen. Aber was nun beantwortet wird, das steht dem Bildungssenator frei. – Bitte schön, Herr Senator!