Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Dass sich jetzt hier die Regierungskoalitionen im Beitrag von Frau Flesch und vielleicht auch mit der einen oder anderen nervösen Reaktion versucht, verzweifelt an der Opposition abzuarbeiten, das zeigt nur, wie sehr die Nerven bei Ihnen inzwischen blank liegen, wenn es um dieses Thema geht.
Ausgerechnet den Oppositionsparteien mangelnde soziale Kompetenz in dieser Frage und den Aufbau eines Drohpotentials vorzuwerfen, das ist nun geradezu der Hohn angesichts der Äußerungen in der Öffentlichkeit auch von Seiten des Senats, die in den letzten Wochen und Monaten hier gefallen sind.
[Gelächter der Frau Abg. Freundl (PDS) – Krestel (FDP): Das ist die Sprache der Kommunisten! – Beifall bei der CDU und der FDP]
Der Abbau von Stellen im öffentlichen Dienst geht nur mit den Beschäftigen und nicht ohne die Beschäftigen. Das dürfte hier allen klar sein. [Beifall bei der CDU]
Wir hatten hier in Berlin bisher einen Solidarpakt, und der hatte die Bezeichnung auch als solcher verdient. Wir haben immerhin 60 000 Stellen in den letzten Jahren im sozialen Frieden in dieser Stadt abgebaut, und das ist eine Leistung an sich.
Was Sie hier machen, ist eine Mogelpackung, eine in eine Mogelpackung verhüllte Kampfansage an die Beschäftigten und Gewerkschaften in dieser Stadt. Das ist eine Mogelpackung, weil sie – erstens – suggerieren, dass hier irgendwelche tarifrechtlichen Dinge nennenswert veränderbar seien. Der Bundesangestelltentarif – BAT – ist aber von hier aus und von Ihnen aus auch nicht veränderbar. Da fängt es schon einmal an.
Der zweite Punkt ist – und das ist auch angesprochen worden – das Stichwort betriebsbedingte Kündigungen. Da können Sie auch nicht so ohne Weiteres herumfuhrwerken, wie es Ihnen gerade beliebt. Erstens gibt es einen Beschäftigungssicherungspakt mit dem Ausschluss betriebsbedingter Kündigungen bis 2004, den mögen Sie ja einseitig aufkündigen. Dennoch hat er auch eine gewisse Gültigkeit.
Zweitens, und das müssten gerade Sie von der PDS wissen, treffen betriebsbedingte Kündigungen und die Folge einer Sozialauswahl bei betriebsbedingten Kündigungen im öffentlichen Dienst erstens jüngere Mitarbeiter und zweitens welche aus den östlichen Bezirken. So geht es auch nicht.
Dritter Punkt: Ihr so genannter Solidarpakt ist eine Mogelpakkung, weil Sie auf der einen Seite z. B. bei Themen oder Stellschrauben, die Sie noch haben – ich nenne einmal das Stichwort Zurückfahren des Krankenstandes – auf der anderen Seite mit der Vorlage dieses Haushalts die Mittel für Gesundheitsmanagement streichen. Das passt alles in dieser Form nicht zusammen.
Letzter Punkt – auch da zeigt sich bereits in der Öffentlichkeit, dass Sie hier Kurven fahren – es gibt Interviews von Koalitionspolitikern aus der ersten Reihe, dass inzwischen auch ein Entgegenkommen z. B. auch im Bereich Einstellungskorridor und anderen Dingen signalisiert wird. Sie legen uns hier einen Haushalt vor. Darin stehen 250 Millionen $ allein für das Jahr 2002, ohne eine konkrete Planung zu unterlegen. Das verstößt aus unserer Sicht ganz eindeutig gegen Haushaltsklarheit und Haushaltswahrheit. [Vereinzelter bei der CDU]
Ihr Vorgehen, meine Damen und Herren, ist eine Kampfansage, denn die Art und Weise, wie Sie auf die Arbeitnehmervertreter und Gewerkschaften in der letzten Zeit zugegangen sind seitens des Senats, ist schon für sich ein Grund für diese entstandenen Verkrampfungen. Die gestern auf der Personalversammlung gefallenen Äußerungen über diesen Senat sind schon bemerkenswert. Wowereit und Sarrazin sind da ungefähr gleichbedeutend mit Pest und Cholera. So geht das nicht. Sie haben das Klima vergiftet, und das hat nicht nur Auswirkungen auf tarifliche Fragen. Sie zerstören eine gewachsene Kultur der Kooperation in der Berliner Verwaltung. Umstrukturierungen, Effizienzsteigerungen, sparsames Wirtschaften und die laufende Reform der öffentlichen Verwaltung schaffen Sie aber nicht ohne diese Kooperation mit den Beschäftigten, sondern nur in Kooperation mit den Beschäftigten. Auf diese Art und Weise und mit diesen Ankündigungen über Solidarpakt, Einsparungen und entsprechenden Kürzungen werden Sie scheitern. Das wird am Ende teuerer als alles, was Sie hier mit der Brechstange erreichen wollen.
Vielleicht wollen Sie ja auch in dieser Frage scheitern und anschließend der staunenden Öffentlichkeit die Gewerkschaften als Buhmänner vorführen. Das ist wahrlich verantwortungsloses Handeln im Sinne von Verantwortung loswerden. So oder so müssen Sie den Beschäftigten, den Menschen in dieser Stadt und dem Parlament sagen, wie Sie die von Ihnen geplanten Einsparungen erreichen wollen. Darauf haben wir auch vor Beschlussfassung über den Haushalt einen Anspruch. Deshalb unterstützen wir den Antrag der FDP. Und wir werden gemeinsam mit den Gewerkschaften aufpassen, was Sie da in Zukunft vorhaben, denn auf diese Art und Weise wird es nicht funktionieren. – Herzlichen Dank!
Herr Präsident! Meine verehrten Damen und Herren! Die FDP muss hier einmal eines klarstellen. Will Sie einen Erfolg der Solidarpaktgespräche: Ja oder Nein? –
Offensichtlich kalkuliert hier eine Oppositionspartei das Scheitern dieser Gespräche, die von ausschlaggebender Wichtigkeit für eine Politik der Haushaltskonsolidierung sind.
Sie haben die Solidarpaktgespräche schon verloren gegeben. Sie steigen damit aus einer Verantwortungsgemeinschaft für diese Stadt aus. Herr Lindner, gute Reise!
Zum Thema Sachkompetenz wird immer sehr viel gesprochen, Herr Lindner, nachdem Sie hier Ihre Beiträge gehalten haben. Ich kann mir nicht verkneifen, darauf hinzuweisen, dass Ihr Antrag von einer völligen Ignoranz gegenüber dem politischen Verlauf dieser Gespräche, die weiß Gott sehr schwer sind, die jede Regierung, denke ich, an den Rand ihrer Kompetenzen bringen wird. [Zuruf des Abg. Schruoffeneger (Grüne)]
Ich sage Ihnen Folgendes zum Stand der Gespräche, aber Sie interessieren sich ja nicht dafür: Wir haben Gesprächskreise zu den Themen Verwaltungsreform. Darüber hat hier der Kollege Wambach gesprochen. Wir haben Gesprächskreise zum Personalüberhang-Management. Wir haben auch Gesprächskreise über die Möglichkeit von Kosteneinsparungen unterhalb von tarifrechtlicher und bundesbesoldungsrechtlicher Regelungen. Das geht in der Tat nur mit den Gewerkschaften, hier etwas zu tun. [Ritzmann (FDP): Fangen Sie doch einmal an, mit den Gewerkschaften zu reden!]
Und auch die CDU hat sich hier nicht bekannt, Kollege Wambach. Was haben Sie zu einem Erfolg dieser Gespräche beizutragen? – Ihre Zustimmung zum FDP-Antrag! Das entbehrt nicht nur der Verantwortung, sondern auch der Logik.
Der FDP-Antrag sagt Folgendes: Wir müssen jetzt einmal ein bisschen Mumm zeigen, und jede Energie, die wir bei der sachlichen Auseinandersetzung mit den tatsächlichen Themen des Solidarpaktes vermissen lassen, als freie demokratische Spaßpartei darauf verwenden, mit den Muskeln zu spielen. Ist das ein Beitrag für den Erfolg der Gespräche?
Ist das ein Beitrag, Kollege Wambach, für jemanden, der ein Interesse am Erfolg dieser Gespräche hat? – Ich denke, nein.
Und Kollege Lindner, ich möchte Ihnen auch sagen: Sie stellen ja viele Anträge hier, aber das ist offensichtlich ein Antrag, den Sie noch nicht einmal selbst ernst nehmen. Wie können Sie dann verlangen, dass wir ihn ernst nehmen? Sie haben ja eine Sofortabstimmung beantragt.
Wir sind durchaus bereit, auf sachlicher Basis über den Problemhaushalt zu sprechen. Wir sind bloß nicht bereit, dies nach der Agenda der FDP zu tun. Die führt – mit Verlaub – die Verhandlungen nicht, hat auch nichts dazu beizutragen. Aber offenkundig trauen Sie Ihrem Antrag noch nicht einmal die Fähigkeit zu, es in einen Fachausschuss zu schaffen. Deswegen haben Sie hier die Sofortabstimmung beantragt.
Wenn Sie das wollen, Kollege Lindner, können Sie das haben. Wir werden diesen nicht ernst gemeinten Antrag auch nicht ernst nehmen und ihn ablehnen. – Guten Abend!
Vielen Dank, Herr Krüger! – Für Bündnis 90/Die Grünen hat Herr Schruoffeneger das Wort, bitte schön!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Krüger! Ich hätte es nicht gewagt zu sagen, dass die Koalition nach sechs Monaten schon am Rande Ihrer Kompetenz steht, aber wenn Sie sich selber so einschätzen, dann bleibt mir nichts anderes übrig, als zu sagen, den Eindruck habe ich auch manchmal.
Und wenn Sie die Frage stellen: Wollen Sie den Erfolg oder wollen Sie das Scheitern der Verhandlungen? – dann muss ich sagen, diese Frage habe ich mir in den letzten vier bis fünf Monaten sehr oft gestellt, wenn ich die Pressemeldungen und Überschriften gelesen habe.
Ich hatte den Eindruck, dass zumindest auf der Regierungsbank manche Personen auch am Erfolg nicht so besonders interessiert sind.