Protocol of the Session on May 30, 2002

[Benneter (SPD): Man lernt nie aus!]

Deshalb habe ich sie in der Öffentlichkeit korrigiert. Ich habe dem Präsidenten die Korrektur schriftlich mitgeteilt und gehe davon aus, dass das damit seine Erledigung gefunden hat.

[Beifall bei der SPD und der PDS – Henkel (CDU): Aber die Formulierung entspricht schon Ihrer Auffassung!]

Danke schön, Frau Knake-Werner! – Ich kann den Sachverhalt bestätigen. – Dann hat der Kollege Gaebler eine weitere Nachfrage. – Bitte!

Herr Bürgermeister Gysi! Meinen Sie, dass die kritischen Äußerungen des französischen Staatspräsidenten anlässlich des Besuchs von Herrn Bush in Paris ein Zei

chen schlechter Gastgeberschaft waren? Oder war es nicht vielmehr eine vernünftige Auseinandersetzung auf politischer Ebene mit einem Staatsgast?

[Beifall bei der PDS]

Herr Bürgermeister Dr. Gysi!

Herr Präsident! Herr Gaebler! Es ist nicht die Aufgabe des Berliner Senats und auch nicht meine, das Verhalten des französischen Präsidenten im Verhältnis zum amerikanischen Präsidenten zu beurteilen. Aber – insofern möchte ich doch antworten – es ist unter demokratisch gewählten Präsidenten, Staatsoberhäuptern und Regierungschefs eigentlich eine Selbstverständlichkeit, dass man sich auch kritisch zueinander verhält. Demokratisch gewählte Repräsentanten wissen, dass sie immer nur von einem Teil der Bevölkerung gewählt wurden und von einem anderen nicht. Sie müssen sich täglich damit auseinander setzen, dass ihre Tätigkeit auch kritisiert werden darf. Das ist der Unterschied zu einer Diktatur. Im Übrigen erleben demokratisch gewählte Repräsentanten gelegentlich – beispielsweise in Berlin –, dass sie selbst von denen kritisiert werden, von denen sie gewählt wurden. Das alles gehört zu demokratischen Gepflogenheiten. Deshalb gehört zu guten internationalen Beziehungen, dass man sich auch offen und kritisch sagt, wenn einem an der Politik eines anderen Staates etwas nicht gefällt.

[Beifall bei der SPD und der PDS]

Danke schön, Herr Bürgermeister!

Dann rufe ich die Mündliche Anfrage Nummer 5 des Abgeordneten Ratzmann von der Fraktion der Grünen auf, und zwar über

Schulsenator Böger geht mit einstweiliger Verfügung gegen sachunkundige Abgeordnete vor

Bitte schön, Herr Ratzmann, Sie haben das Wort!

Ich frage den Senat:

1. Wie vereinbart der Senat die Aufforderung des Regierenden Bürgermeisters zum Mentalitätswechsel und zur tatkräftigen Mithilfe bei der Lösung aller Probleme des Landes Berlin mit der Tatsache, dass Abgeordneten ohne zwingenden gesetzlichen Grund die Teilnahme an einer gemeinsamen Personalversammlung von Schulverwaltung und Landesschulamt zum Thema Auflösung des Landesschulamtes mittels einstweiliger Verfügung untersagt wird?

2. Wie verträgt sich die Behauptung des Senats aus der Antragsschrift auf Erlass einer einstweiligen Verfügung vom 22. Mai 2002, die Abgeordneten verfügten nicht über die Sachkunde ggf. konkret an sie zu stellende Fragen zur Umorganisation der Verwaltung, zur künftigen Struktur und Stellenstreichungen zu beantworten, mit der Tatsache, dass das Haushaltsentlastungsgesetz von eben diesen, nach Einschätzung des Schulsenators inkompetenten, Abgeordneten in Hauptausschuss und Plenum beraten und entschieden werden muss?

[Vereinzelter Beifall bei den Grünen, der CDU und der FDP]

Zur Beantwortung hat Herr Senator Böger das Wort. – Bitte schön!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Ratzmann! In den Paragraphen 45 und 46 des Personalvertretungsgesetzes ist die Teilnahme an einer grundsätzlich nichtöffentlichen Personalver

(A) (C)

(B) (D)

Sen Böger

sammlung gesetzlich bestimmt. Der hier in Rede stehende Personenkreis, nämlich Abgeordnete, ist dort nicht genannt. Das Bundesverwaltungsgericht hat in einer Entscheidung am 10. März 1995 ausnahmsweise die Hinzuziehung von dienststellenfremden Auskunftspersonen zugelassen. Eine solche Ausnahme verlangt aber, dass

sichergestellt sein muss, dass die Abgeordneten über die besondere Sachkunde verfügen... und die außer ihnen niemand besitzt.

Wenn man den Zusammenhang zwischen dieser Rechtsaussage mit dem herstellt, was auf der Tagesordnung dieser Personalversammlung stand – die ich nicht bestimme, sondern die Personalvertretung –, nämlich die Frage, ob und gegebenenfalls wie das Landesschulamt aufzulösen sei und schließlich, welche Probleme sich bei einem Umzug in die verschiedenen Dienststellen meiner Behörde ergeben, so kann ich beim besten Willen nicht erkennen, wie Abgeordnete dort eine besondere und nur bei ihnen liegende Sachkunde besitzen. Leider konnte ich intern den Personalrat nicht davon überzeugen, davon Abstand zu nehmen. Deshalb musste diese Auffassung bestätigt werden, und das ist sie auch, nämlich vom Verwaltungsgericht und auch vom Oberverwaltungsgericht auf Grund einer Beschwerde des Personalrats.

Bevor ich zu weiteren Punkten komme, weise ich darauf hin, dass ich außerordentlich bedauere, dass es angesichts der sehr knappen Zeit der Abgeordneten nicht vom einladenden Personalrat geregelt wurde, die Abgeordneten rechtzeitig – per Fax – davon zu unterrichten, dass das Verwaltungsgericht das untersagt hat. Ich bedauere außerordentlich, dass man vergeblich – –

[Wieland (Grüne): Das hätten Sie sicher auch machen können!]

Nein, das kann ich nicht, verehrter Herr Fraktionsvorsitzender, weil ich überhaupt nicht Einladender bin und dort auch nicht regeln kann, wer tatsächlich kommt, wenn es um den Rahmen des Gesetzes geht. Ich achte die Mitbestimmung und Mitwirkung sehr genau. – Insofern tut mir das leid.

Nun zur Sache selbst und zu dem angestrebten Mentalitätswechsel, Herr Ratzmann. Dazu sage ich ganz freimütig – auch in Abwesenheit des Regierenden Bürgermeisters –: Es hat sich im Land Berlin in der Vergangenheit eine Einstellung breit gemacht, die dahin geht, dass es besonders demokratisch sei, wenn alle zu allem und an jedem Ort reden und jeder seine Auskunft dazu gibt. Das sieht superdemokratisch aus, ist aber in Wahrheit überhaupt nicht mit klaren Verantwortlichkeiten und Zuständigkeiten vereinbar, nicht gegenüber Ihnen als gewählten Personen und auch nicht mit den Verantwortlichkeiten und Zuständigkeiten in der Behörde, die ich zeitlich befristet die Ehre habe zu leiten. Dort ist ganz klar, dass ich in einer Personalversammlung dem Personalrat und allen meinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern zur Verfügung stehen muss, um Personaleinsparungsmaßnahmen und notwendige Umorganisationen zu vertreten und um ihnen zu erklären, warum das Landesschulamt aufgelöst wird.

Ich halte es in einer Personalversammlung nicht für ein Diskussionsobjekt, ob das Landesschulamt aufgelöst wird. Das ist eine Entscheidung, die ausschließlich bei Ihnen – den gewählten Abgeordneten – liegt. Dafür besitzen Sie – weiß Gott! – nicht nur die Sachkunde, sondern auch die Entscheidungsvollmacht.

Zusammengefasst: Es ist ein Irrtum anzunehmen, Demokratie zeige sich darin, dass geradezu beliebig überall etwas besprochen wird.

[Zuruf des Abg. Wieland (Grüne)]

Wichtig ist nach meiner Überzeugung auch im Mentalitätswechsel, Herr Kollege Wieland, dass die Verantwortlichkeiten klar sind. Insofern hätte ich es ja leicht gehabt: Wenn Abgeordnete morgens dort reden und sagen, dass sie dieses und jenes nicht schön fänden – weil ich viel in Ausschüssen bin –, dann hätte ich sagen können, dass Sie, Herr Wieland, oder andere von der FDP

noch viel mehr sparen wollten. – Aber ich halte es für absurd, solche allgemeinen politischen Erwägungen vor Personalversammlungen darzustellen. Darüber können wir uns in allgemeinen Versammlungen auseinander setzen und streiten.

[Zuruf der Frau Abg. Dr. Klotz (Grüne)]

Das ist vielleicht ein Teil des notwendigen Mentalitätswechsels in Berlin.

Danke schön, Herr Senator! – Jetzt gibt es eine Nachfrage des Kollegen Ratzmann. – Sie haben das Wort!

Herr Böger, ich danke Ihnen zunächst für die Lehrstunde in Demokratietheorie! – Stimmen Sie mit mir überein, dass die Abgeordneten des Hauptausschusses und diejenigen, die über die notwendigen gesetzliche Grundlagen beraten, nicht nur das Ob dieser Maßnahme in ihre Betrachtungen einbeziehen, sondern tatsächlich auch die strukturellen und organisatorischen Auswirkungen, die natürlich haushaltsrelevant sind, und diese auch sachkundig und kompetent beantworten können? Können Sie sich vorstellen, dass diese sachkundigen und kompetenten Ansichten auch Mitglieder Ihrer Behörde in einer Personalversammlung interessieren würden?

Bitte, Herr Senator!

Herr Präsident! Herr Abgeordneter! Ich bin für diese Frage dankbar, da sie mir erneut Gelegenheit gibt, – wie Sie sagten – zur Demokratietheorie, die ich für wirkliche Praxis halte, einige Hinweise zu geben. – Selbstverständlich und gerade weil – egal ob ich die Sachkunde anerkenne oder nicht – das Ihr Recht ist – nicht nur der Mitglieder des Hauptausschusses, sondern des gesamten Parlaments –, können Sie jederzeit von mir an jedem Ort – sofern er terminiert ist – Auskünfte verlangen, warum dieses und jenes gemacht wird und wie ich es in der Behörde umzusetzen gedenke. Das ist Ihr gutes Recht. Das macht übrigens auch jenseits meiner Organisationshoheit der Hauptausschuss sehr klar in einem Unterausschuss „Stellenplan“, in dem er nämlich nachfragt und genau guckt, welche Stellen stehen wo und wie zur Verfügung. Das ist Ihr Recht und meine Pflicht. Aber in einer Personalversammlung hat diese Fragestellung überhaupt keine Bedeutung, weil es gar nicht die Kompetenz der Personalversammlung ist. Da sind Bedienstete des Landes Berlin. Ihre Entscheidungen fallen hier. Ich habe dann die Verantwortung, in dieser Behörde meinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern gegenüber diese harten Einschnitte zu vertreten – das ist nicht angenehm, aber notwendig – und dafür gerade zu stehen. Dabei können mir Abgeordnete wirklich nicht helfen.

Nun hat Frau Abgeordnete Dr. Klotz das Wort zu einer Nachfrage. – Bitte schön!

Herr Böger! Ist Ihnen bekannt, dass in den Behörden des Landes Berlin schon öfter Personalversammlungen stattgefunden haben, zu denen auch Abgeordnete eingeladen wurden, und dass es nach meiner Kenntnis noch nie jemand für notwendig gehalten hat, dagegen mit einer einstweiligen Verfügung vorzugehen? Finden Sie, dass es – um einmal mit Frau Künast zu sprechen – mittelenglischen Umgangsformen entspricht, wenn Sie die Abgeordneten morgens noch bei selbiger Personalversammlung mit einem höflichen „Guten Morgen!“ empfangen, ihnen aber nicht sagen, dass Sie gleich dafür sorgen werden, dass sie den Raum wieder verlassen müssen, weil Sie sie für nicht sachkompetent halten?

[Beifall bei den Grünen und der CDU]

Herr Senator Böger!

(A) (C)

(B) (D)

Herr Präsident! Frau Abgeordnete Dr. Klotz! Sie verkennen – um mit dem letzten Teil Ihrer Frage zu beginnen – einen Zusammenhang: Ich bin nicht derjenige, der zur Personalversammlung einlädt. Ich hätte die Abgeordneten erst gar nicht eingeladen. Das ist doch klar.

[Heiterkeit bei den Grünen – Wieland (Grüne): Bei Ihnen klar!]

Der Personalrat hat eingeladen. Meine Behörde hat dort – in meiner Abwesenheit, aber das vertrete ich voll – entsprechende rechtliche Schritte eingeleitet. Es wäre die Pflicht des Personalrates gewesen – ich kann das gar nicht machen –, Sie darauf hinzuweisen.

[Wieland (Grüne): Selbstverständlich können Sie das!]