Noch ein Wort zur Begründung Ihres Antrags, Herr Schmidt. Wer andere der Intoleranz und des Dogmatismus beschuldigt, aber nur e i n e n Lösungsweg vorgibt, der hat beantwortet, wer hier der Dogmatiker ist.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Diskussion über die Vollendung des Kulturforums in der von Scharoun vorgesehenen Art ist neben allen Fragen, mit denen wir uns hinsichtlich des Urheberrechts beschäftigen, vorrangig ein Thema, das den Unwillen der Stadtentwicklungsverwaltung unter Führung von Senator Strieder dokumentiert, sich hiermit ernsthaft auseinanderzusetzen. Das ist das eigentliche Problem an dieser Geschichte, nicht so sehr die Frage, wer in welcher Legislaturperiode welche Anträge gestellt hat. Weil das so ist, müssen wir uns kurz der Unwilligkeit dieser Verwaltung nähern.
Da gab es in der 12. Legislaturperiode im Januar 1995 einen gemeinsamen Antrag von CDU und SPD, der den Senat aufforderte, die städtebauliche Abrundung des Kulturforums vorzunehmen und dabei die scharounschen Planungen als Maßstab zu beachten. Die Ausführung sollte ausschließlich privat erfolgen. Was ist passiert durch die Senatsstadtentwicklungsverwaltung und Herrn Strieder? – Nichts!
Es gab dann einzelne Mündliche Anfragen, z. B. vom Kollegen Arndt von der SPD vom 9. September 1996. Dazu wurde uns mitgeteilt, dass für den Bereich eine Gesamtlösung entwickelt werden soll, dass man aber auch eine Interimslösung haben möchte, also beides gleichzeitig, dass man sowohl die scharounschen Planungen als auch die neue Bedeutung des – wohlgemerkt „ehemaligen“ – Kulturforums berücksichtigen wolle.
Dann hat unser Kollege Michael Braun den Senat 1998 gefragt, wann denn nun damit zu rechnen sei, die Grundstücke endlich für eine Bebauung erwerben zu können. Da wurde ihm in einer völlig verquasten Antwort mitgeteilt, die sich nämlich nicht auf das zu errichtende Bauwerk bezog, sondern auf die Grünflächengestaltung, dass 50 eingereichte Arbeiten und intensive Diskussionen letztlich dazu geführt hätten, dass man keine zufriedenstellende Lösung für eine Bebauung der betreffenden Grundstücke habe. Was war da ausgeschrieben? – Keine Hoteloder sonst eine Bebauung, sondern ein Grünwettbewerb! Dass der natürlich keine zufrieden stellenden Lösungen für eine Bebauung bringen kann, ist ganz klar, ist aber einer der vielen Bestandteile dieser Vernebelungs- und Verhinderungstaktik, die es unter Stimmann und Senator Strieder gegeben hat.
Dann haben wir zur Kenntnis nehmen müssen die Mitteilung – zur Kenntnisnahme – auch von 1998 zur Weiterentwicklung des Kulturforums. Da wird uns dann mitgeteilt, dass man zur Eröffnung der Gemäldegalerie erst einmal begrünen will und nicht weiter vor hat, etwas anderes zu machen.
Dann kommt der Knüller, nämlich am 13. Juni 2000 die Mitteilung des Senats, weil die Forderung aus dem Parlament wiederholt worden war, man möge sich doch um eine Bebauung kümmern. Da teilt uns Senator Strieder mit, man müsse sich die Beziehungen ansehen, die zum Neubau des Potsdamer Platzes bestünden. – Mitte 2000 wird uns also verkündet, dass die Entwicklung des Bereichs Potsdamer/Leipziger Platz noch nicht so weit fortgeschritten sei, um eine abschließende Beurteilung der Beziehungen zwischen Potsdamer Platz und Kulturforum vorneh
men zu können. – Was war denn Mitte 2000 am Potsdamer Platz? War da Wüste, waren da Baugruben? Standen da nicht möglicherweise schon sämtliche Gebäude, die auch nur irgendeine optische oder städtebauliche Beziehung zum Kulturforum haben könnten? – Sie standen alle!
Da hätte man natürlich entscheiden können. Der Senator hat es zusammen mit seinem Staatssekretär verhindert.
Es geht dann weiter mit zwei Anträgen, die ebenfalls nicht weiter berücksichtigt worden sind. Und dann konnten wir voller Freude lesen, es gibt jetzt einen Schwenk bei der SPD, der Fraktionschef Müller wird zumindest in der Zeitung zitiert mit der Aussage: „Da fehlt ein Bau.“ Daraus wird bei der „Berliner Morgenpost“ geschlussfolgert: „Scharouns Kulturforum vor der Vollendung“. Wir warten nun voller Interesse darauf, wie sich Herr Müller jetzt gegenüber Strieder und Stimmann durchsetzen wird.
Denn in der Unterzeile ist dann auch zu lesen, dass das Haus nach den scharounschen Plänen nun endlich gebaut werden soll. Wir warten also darauf, dass uns das jetzt mitgeteilt wird. Aber es gab auch Zeitungen, die skeptischer waren; sie haben dann eher formuliert: „Streit ums Berliner Kulturforum“ oder aber „Strieder blockt Vollendung weiter ab“. Die Zitate der Sprecherin der Bauverwaltung sind ja hier schon vorgetragen worden. Sie hat das Kulturforum von Scharoun als ein russisches Kreiskulturhaus eingeschätzt und gemeint, die Gebäude dort seien vom Zeitgeist überholt.
Worum geht es hier? – Es geht darum, dass sich eine Senatsverwaltung kontinuierlich über drei Legislaturperioden dem Willen des Parlaments und einer Parlamentsmehrheit widersetzt hat. Es geht hier nicht darum, öffentliche Gelder in Anspruch zu nehmen, sondern rein privates Kapital. Es gibt Bauwillige, Grundstücksverkaufende, fertige Pläne und ein integriertes städtebauliches Konzept. Das ist ein ganz schlimmes Beispiel dafür, wie eine Verwaltung dem Parlament auf der Nase herumtanzt. Das müssen wir durchbrechen. Und wenn uns der Kollege Müller von der SPD dabei hilft, nehmen wir das dankbar in Anspruch und hoffen, dass wir dann endlich zu einem gemeinsamen Beschluss hier finden und dass Sie das in Ihrer Koalition und Ihrem Landesvorsitzenden gegenüber endlich einmal durchsetzen.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Goetze, nach Ihrem Vortrag habe ich mich gefragt, wer denn bis Mitte vergangenen Jahres Mitglied im Senat gewesen ist, wer die stärkste Fraktion gestellt hat und wer Regierender Bürgermeister war, wenn Sie jetzt die Untätigkeit vergangener Senate beklagen.
Zu Herrn Schmidt: Sie möchte ich fragen, ob Sie einmal überlegt haben, was die Debatte hier jetzt bringen soll. Es ist jetzt nach 20.30 Uhr. Die Öffentlichkeit ist kaum gegeben,
die interessierte Öffentlichkeit in Person von Herrn Wisniewski ist anwesend, die Aufmerksamkeit für Ihr Thema ist so gut wie nicht vorhanden.
[Frau Dr. Klotz (Grüne): Das stimmt nicht! Ab und zu gibt es ja eine richtige parlamentarische Debatte!]
Der andere Punkt: Das Thema ist seit langem bekannt. Das ist ja auch schon von meinen Vorrednern gesagt worden. Die Problematik ist bekannt. Es ist auch schon erwähnt worden, dass es schon einen einstimmig beschlossenen Antrag des Abgeordnetenhauses und eine Vorlage – zur Kenntnisnahme – des Senats aus der letzten Wahlperiode gibt. Wir haben seit Februar einen Antrag der CDU vorliegen, auf den Sie jetzt aufgesprungen sind und wo Sie versuchen wollen, Meinungsführerschaft in dieser Sache zu bekommen. Sie selbst haben im Ausschuss eine Anhörung beantragt, um zu diskutieren, stellen jetzt aber einen Antrag und bringen damit zum Ausdruck, dass Sie sich schon in Ihrer Auffassung festgelegt haben.
Ich frage mich wirklich: Was soll eine Debatte in I. Lesung zu diesem Zeitpunkt bringen? Ich bin dafür – und das allerdings sollten wir machen –, dass wir im Ausschuss darüber beraten. Gesprächs- und Beratungsbedarf gibt es in dieser Frage genug.
Ich möchte noch einmal die Ankündigung des Senats in der Mitteilung – zur Kenntnisnahme – aus dem Jahr 2000 ansprechen. Die dortige Feststellung, die Herr Goetze eben hier vorgetragen hat, dass erst nach Abschluss der städtebaulichen Entwicklung im Bereich Potsdamer Platz/Leipziger Straße eine abschließende Beurteilung der Beziehung zwischen Potsdamer Platz und Kulturforum vorgenommen werden könne, sollte uns veranlassen, den Senat zu einer Stellungnahme dazu im Ausschuss zu bewegen. Auch die Feststellungen im Planwerk Innenstadt, bezogen auf die entsprechenden Passagen zum Kulturforum, sollten für uns kein Dogma sein, sondern Diskussionsgrundlage. Ich würde auch gerne über die Frage diskutieren, wie im Planwerk Innenstadt festgestellt wird, dass das Kulturforum in Korrespondenz zum Potsdamer Platz mit seiner hohen Bebauungsdichte steht. Das heißt für mich, die Frage zu stellen, warum gerade derjenige, der ja sonst bei jeder Möglichkeit jeden freien Platz in der Stadt zubetoniert, jetzt das Kulturforum nicht vollenden und den Freiplatz weiterhin Freiplatz bleiben lassen will.
Im Ausschuss sollten wir auch die Ergebnisse des Ideenwettbewerbs von 1964 und deren Umsetzung im Lichte der seitdem und insbesondere in jüngster Zeit erfolgten städtebaulichen Veränderungen einer kritischen Prüfung unterziehen. Sie darf nicht von vorneherein ausgeschlossen sein. Wir sollten endlich eine vorurteilsfreie und offene Debatte über die Zukunft des Kulturforums führen. Hierbei muss die kulturpolitische und die stadtplanerische Debatte verknüpft werden. – Danke schön!
Danke schön, Herr Kollege Doering! – Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat Frau Ströver das Wort, bitte schön!
das Argument mit den Straßenbahnen gelte nicht und es gebe schon längst Straßenbahnen, die ohne Oberleitung fahren, mit Diesel u.s.w.
[Heiterkeit – Over (PDS): Straßenbahnen sind ästhetisch gut einzufügen! – Wieland (Grüne): Wenigstens Biodiesel! – Dr. Steffel (CDU): Pferde! – Weitere Zurufe]
Ich glaube, es ist keine Zeit mehr, um über das Kulturforum länger herumzuschwadronieren. Die Zeit der Diskussionen ist eigentlich vorbei. Es ist Zeit, uns in Sachen Kulturforum einen Ruck zu geben, denn es ist tatsächlich so: Drei Wahlperioden lang haben wir uns hier gequält, wir haben diskutiert, wir haben Entscheidungen gefällt. Hier wird ein ganzes Parlament abgeblockt in seiner Meinung, sein Wille wird ignoriert. Und meine Damen und Herren, ich frage Sie: Müssen wir eigentlich erst warten, bis ein störrischer Senatsbaudirektor in Ruhestand ist, ehe hier der Wille und das Interesse des Parlaments überhaupt erst zur Kenntnis genommen wird?
[Beifall bei den Grünen und der CDU – Vereinzelter Beifall bei der PDS und der FDP – Zuruf der Frau Abg. Dr. Klotz (Grüne)]
In der Sache liegen die Argumente auf der Hand. Wer heute die Bebauung des Potsdamer Platzes sieht und das Kulturforum daneben, der sieht: Eine Interdependenz zwischen dem Kulturforum und dem Potsdamer Platz findet tatsächlich nicht statt.
Das, was ehedem das Argument von Herrn Strieder war, kann heute widerlegt werden. Das ist vielleicht bedauerlich, aber es zeigt, die freie Stelle an der Potsdamer Straße harrt einer Bebauung. Das ist definitiv. Jeder, der sich ein wenig in stadtplanerische Gesamtsituation einfindet, muss dazu ein klares Ja sagen und muss sich zu einer Bebauung bekennen.
Die derzeitigen Götterbäume bilden wirklich nur eine Notmaßnahme. Das Gebäude fordert eine sinnvolle Ergänzung des Kulturforums durch ein Künstlergästehaus.