Protocol of the Session on May 16, 2002

[Beifall bei der PDS]

Danke schön, Frau Senatorin!

Jetzt komme ich zu den wirklich spontanen Fragen, nämlich denen des Kollegen Pewestorff. – Bitte schön, Herr Kollege Pewestorff!

Vielen Dank! – Meine Frage richtet sich an die Justizsenatorin. – Frau Senatorin, auch im Land Berlin gab es Durchsuchungs- und Beschlagnahmungsmaßnahmen gegen den Bürgerverein Brandenburg-Berlin. Mit welchen Tatvorwürfen, mit welchen Delikten waren diese Durchsuchungsmaßnahmen auch im Lande Berlin auch in Privaträumen begründet?

Wer antwortet? – Frau Schubert, wollen Sie die Frage beantworten? – War es jetzt ein akustisches Missverständnis? – Herr Pewestorff, seien Sie bitte so liebenswürdig und wiederholen die Frage. Alle anderen sind bitte ganz leise!

Frau Senatorin! Im Zusammenhang mit Ermittlungen der Staatsanwaltschaft in Potsdam gegen den Bürgerverein Berlin-Brandenburg, insbesondere als FlughafenSchönefeld-Gegner bekannt, sind auch Privaträume von Mitgliedern dieses Vereins in Berlin durchsucht worden und Beschlagnahmungsmaßnahmen durchgeführt worden. Auf welcher Rechtsgrundlage ist das geschehen, und welche Tatvorwürfe bzw. möglichen Rechtsverletzungen waren Grundlage dieser Maßnahmen?

Frau Senatorin Schubert!

Herr Abgeordneter! Es tut mir Leid, dass ich jetzt keine dezidierte Antwort darauf geben kann. Ich muss mich sachkundig machen, ich bin gerne bereit, zur nächsten Sitzung oder aber vorher schriftlich zu antworten.

Danke schön, Frau Senatorin!

Herr Cramer hat eine Anfrage. – Bitte schön, Herr Cramer!

Ich habe eine Frage an Senator Strieder. – Sie wissen, dass die S-Bahn angekündigt hat, dass sie jetzt am Wochenende immer ihren durchgehenden Nachtverkehr praktiziert. Im Nahverkehrsplan haben Sie dargelegt, dass Sie das auch für die U-Bahn anstreben. Deshalb frage ich: Wann fährt die erste U-Bahn zusätzlich zur U 12 und zur U 9 auch durchgängig die Nacht hindurch am Wochenende?

Herr Senator Strieder!

Herr Präsident! Herr Abgeordneter! Das ist eine wirtschaftliche Frage. Wenn wir einen verlängerten U-Bahn-Betrieb bei der BVG bestellen, müssen wir das zusätzlich bezahlen, denn so sind die Verhältnisse heutzutage. Wir wollen das gerne. Wir können das aber nur, wenn wir die entsprechenden finanziellen Möglichkeiten dazu haben. Die Methode: „Die Politik will etwas, und die Eigenbetriebe werden es dann schon machen, ohne Rücksicht auf die betriebswirtschaftlichen Auswirkungen“ hat das Land Berlin zu lange praktiziert. Ich bin nicht bereit, dazu beizutragen, dass das Defizit bei der BVG vergrößert wird, genauso wenig, wie ich dazu bereit bin, durch wohnungspolitische Vorgaben an unsere Wohnungsbaugesellschaften deren Defizit zu erhöhen. – Lasst uns also den Nahverkehrsplan hier vernünftig miteinander diskutieren. Wenn wir eine Möglichkeit der Finanzierung zusätzlicher Nachtverkehre finden, dann tut es der Metropole Berlin sehr, sehr gut, aber es muss auch finanzierbar sein.

Herr Cramer hat eine Nachfrage. – Bitte schön, Herr Cramer!

Die Position ist mir seit Jahren bekannt. Sie wissen auch, dass die beiden einzigen Linien bis auf einen Bahnhof im Westteil der Stadt fahren, dies schon seit den Zeiten vor dem Fall der Mauer. Finden Sie es nicht angebracht, endlich eine Gleichberechtigung zwischen Ost und West herzustellen und die Ankündigungen, die Sie im Nahverkehrsplan getan haben, wenigstens sukzessive zu realisieren? Dann muss man das anpacken und darf die Menschen nicht von Jahr zu Jahr vertrösten.

Herr Senator Strieder!

Der Senat setzt sich natürlich für die Angleichung der Verhältnisse zwischen Ost und West ein. Das Land Berlin hat nur bisher die Trennung der Aufgaben zwischen dem Besteller und demjenigen, der das Angebot erbringt, nicht konsequent vollzogen, Herr Cramer. Ich habe hier einen Rückstand aus vorangegangenen Jahren aufzuarbeiten. Wir wollen eine eigene Bestellerorganisation aufbauen, die der BVG im Einzelnen vorgibt, welche Leistungen sie zu erbringen hat, und die dann diese Leistungen auch vergütet. Wenn die Leistungen nicht erbracht werden, gibt es auch die Vergütung nicht.

Wir sind mit dem Aufbau der Organisation noch nicht so weit. Wir werden dem Parlament in Kürze unseren Organisationsplan für die Wahrnehmung dieser Aufgabe im Einzelnen vorstellen. Gegenwärtig plant und entscheidet der BVG-Vorstand selbst, welche Leistungen er erbringt. Das ist nicht das richtige Modell. Das wollen wir ändern. Wir wollen das lenken und steuern. Wir wollen bestellen, aber auch nur das bezahlen, was wir bestellt haben. Dazu bedarf es einer neuen Organisationseinheit.

Danke schön, Herr Senator! – Damit ist die halbe Stunde der Spontanen Fragestunde beendet. Wir haben acht Fragen gehabt. Ich möchte einmal auf Folgendes aufmerksam machen und bitte Sie alle dabei um Selbstdisziplin, weil wir sonst nur eine geringe Zahl an Fragen haben und damit ein wenig die Spannung genommen ist: Ich bitte wirklich darum, in der Spontanen Fragestunde zukünftig die Begründung zu unterlassen. Man kann auch fragen, ob die U-Bahn künftig jede Nacht durchfährt, ohne vorwegzuschieben, was dafür und dagegen spricht. Das spart Zeit. Das war meine erste Anmerkung.

Als zweites möchte ich anmerken und darum bitten, darauf zu achten, dass entsprechend der Geschäftsordnung § 51 Abs. 7 nur Fragen gestellt werden, die eine kurze Beantwortung erwarten lassen oder ermöglichen. Wenn die Fragen so gestellt werden, dass sie kompliziert oder umfassender beantwortet werden müssen, nehmen wir uns selbst die Zeit und Möglichkeit, viele spontane Fragen zu stellen. Bitte berücksichtigen das. Ich möchte ungern etwas von hier oben steuern müssen. Das ist schwierig genug.

(A) (C)

(B) (D)

Präsident Momper

Vor Aufruf der nächsten Tagesordnung hat Herr S e n a t o r S t r i e d e r darum ersucht, die S i t z u n g v e r l a s s e n zu dürfen, um zur Aufsichtsratssitzung der Landesbank gehen zu können. Die Sitzung dauert zur Zeit noch an. Angesichts der Bedeutung der Sitzung und des allseits gewünschten Controllings gehe ich davon aus, dass diesem Ansinnen stattgegeben wird. – Widerspruch höre ich nicht.

Dann rufe ich auf die

lfd. Nr. 1 A:

Aktuelle Stunde zum Thema „RIO in den märkischen Sand gesetzt? – Nur Fusion von SFB und ORB sichert die Zukunft des öffentlich- rechtlichen Rundfunks in der Region“

in Verbindung mit

lfd. Nr. 12, Drucksache 15/394:

Große Anfrage der Fraktion der Grünen über Medienstadt Berlin – eine Fata Morgana?

und

Drucksache 15/462:

Antrag der Fraktion der Grünen über Fusion von SFB und ORB für mehr Demokratie nutzen!

Der Ältestenrat empfiehlt für die gemeinsame Behandlung insgesamt eine Redezeit von bis zu 20 Minuten pro Fraktion, in einer ersten Runde jeweils 10 Minuten und nach der Beantwortung der Großen Anfrage und Stellungnahme des Senats eine zweite Rederunde mit jeweils bis zu 10 Minuten pro Fraktion. Dazu höre ich keinen Widerspruch. An Wortmeldungen liegt mir die von Frau Ströver für die Fraktion der Grünen vor. Sie hat das Wort und kann auch begründen. – Bitte schön, Frau Ströver!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Auf die Medienstruktur und die Medienpolitik lenkt die gesamt Gesellschaft nur dann den Blick, wenn es zu endzeitlichen Dramen wie dem Massaker von Erfurt kommt. Die Politik reagiert in solchen Situationen aufgeschreckt, zum Beispiel mit schnell einberufenen runden Tischen beim Bundeskanzler mit Intendanten und Senderchefs.

Die scheinbare Allverfügbarkeit von Gewalt in den Medien wird mit einer neuen Wirkungsdebatte verknüpft. Es waren aber vor allem die großen Parteien, die in den 90er Jahren die Liberalisierung und Entautorisierung der Medien durchgesetzt haben. Dabei haben sie die Augen davor verschlossen, welche Folgen eine hochkommerzialisierte Medienlandschaft hat und welche Werte dabei auf dem Spiel stehen.

Heute sind wir an einem Punkt angelangt, an dem diese Medienentwicklung nicht länger tatenlos hingenommen werden darf. An dieser Stelle ist die Verantwortung der Politik für einen öffentlich-rechtlichen Rundfunk, der Qualität vor Quote setzt, nicht hoch genug zu bewerten. Als Gegengewicht zu den kommerziellen Programmen braucht die demokratische Gesellschaft einen starken und kompetenten öffentlich-rechtlichen Rundfunk, der hohen Ansprüchen standhält. Die Länder Berlin und Brandenburg haben die Pflicht, bei der Neugestaltung des öffentlichrechtlichen Rundfunks in der Region darauf zu achten. Die Fusion von SFB und ORB bietet eine große Chance, dieser Pflicht zu genügen und die Unabhängigkeit des öffentlich-rechtlichen Rundfunks zu sichern und zugleich den Sender aus der Hauptstadtregion in der ARD zu stärken.

[Beifall bei den Grünen]

Bedauerlicherweise ist in weiten Teilen des bisherigen Staatsvertragsentwurfs aus Berlin und Brandenburg davon nicht viel zu erkennen. Die schleichende Deformation des öffentlich-rechtlichen Rundfunks der vergangenen Jahrzehnte muss mit dem

Neubeginn aufgelöst werden. Sie muss zugunsten eines neuen an staatsfernen Grundsätzen orientierten Rundfunksystems aufgelöst werden. Haben wir nicht alle das grausame Schauspiel der Wahl des ZDF-Intendanten vor Augen, als sich zwei Ministerpräsidenten – einer CDU, einer SPD – auswürfelten, wer Intendant des ZDF werden soll? Es war ein Schauspiel, bei dem sich die großen politischen Parteien in unsäglicher Weise in die Intendantenwahl eingemischt haben. Damit muss Schluss sein!

[Beifall bei den Grünen]

Herr Gysi, es wäre nett, wenn Sie dem Regierenden Bürgermeister zu meiner Großen Anfrage und Aktuellen Stunde gestatteten zuzuhören. Es ist ein Thema, das auch Sie betrifft. Insofern wäre es schön, wenn auch Sie zuhörten.

[Beifall bei den Grünen – Bm Dr. Gysi: Ich habe es ihm ja gar nicht untersagt!]

Den Parteienstreit im ZDF noch in den Ohren, gelangt neuerdings ein CDU-Papier aus Brandenburg an die Öffentlichkeit, in dem detailliert ausgeführt wird, wie es gelingen kann, den schwarzen Einfluss im neuen Sender zu sichern. Das ist ekelhaft!

[Goetze (CDU): So etwas machen Sie nicht!]

Wir haben aus solchem Gebaren gelernt und sagen Ihnen heute: Raus mit den direkten Parteienvertretern aus den Rundfunkräten. Wir setzen ein Zeichen für Staatsferne und stellen heute den Antrag, die Parteienvertreter aus den öffentlichen Rundfunkräten herauszulassen.

[Beifall bei den Grünen – Frau Dr. Klotz (Grüne): Das würde die SPD auch betreffen!]

Wir wollen vom Senat mit unserer Großen Anfrage wissen, warum wesentliche Grundlagen des öffentlich-rechtlichen Rundfunks, warum Kultur und Bildung nicht ausreichend im Rundfunkrat vertreten sind. Warum soll es neben dem Rundfunkrat einen eigenen Verwaltungsrat mit weitgehenden Kompetenzen in finanzieller Hinsicht geben? Das ist unnötig. Der Verwaltungsrat muss aus der Mitte des Rundfunkrats, der Vertreter der Hörer, gewählt werden. Einen amputierten Rundfunkrat lehnen wir ab!

[Beifall bei den Grünen]

Ein unabhängiger Rundfunk muss aber auch demokratisch nach innen sein. Hier fragen wir, warum Sie nicht bereit sind, stärkere Belegschaftsrechte zu formulieren. Es ist unverständlich, warum es eine rot-rote Regierung in Berlin nicht schafft, Mitarbeiterrechte in der Absprache mit der brandenburgischen Regierung durchzusetzen, warum sie beschnitten werden und im Staatsvertragsentwurf das Gleichstellungsrecht im Füßen getreten wird. Unser Credo ist: Ein moderner, niveauvoller neuer Sender in der Hauptstadt und für das Umland braucht größte Unabhängigkeit nach innen und nach außen. Nur so wird dieser Sender ein wirklicher Sender im Osten. RIO – einen Sender mit weltstädtischem Programm höchster Qualität, den wollen wir haben.