Zum Strafvollzug: Es ist richtig, unsere Justizvollzugsanstalten platzen aus allen Nähten. Dies ist auch nicht verwunderlich, wenn man berücksichtigt, dass über ein Drittel aller Strafgefangenen – in Plötzensee sogar über 50 % – Ausländer sind, die in der Regel wegen der Schwere der von ihnen begangenen Straftat nach Verbüßung der Haft jedes Aufenthaltsrecht in Deutschland verwirkt haben. Insofern ist es nur konsequent, dass sich die Koalition zu einer Ausweitung des Strafvollzuges im Ausland entschlossen hat. Dieses war dringend notwendig.
Mittlerweile haben auch Staaten außerhalb der Europäischen Union wie z. B. Polen – für Berlin besonders bedeutsam – das Zusatzprotokoll zum Europaratsabkommen, das den Auslandsstrafvollzug auch gegen den Willen des Betroffen ermöglicht,
ratifiziert. Es bleibt zu hoffen, dass die Bundesregierung entsprechende Verhandlungen mit der Türkei etwas energischer führt, als dies in der Vergangenheit geschehen ist,
um auch in der Türkei einen Auslandsstrafvollzug zu ermöglichen. Hier stimmen wir mit allen Bundesländern überein, nur die Bundesregierung hat offensichtlich noch Skepsis.
Insgesamt: Die innere Sicherheit ist für mich und die CDUFraktion bei Herrn Dr. Werthebach und beim Regierenden Bürgermeister in guten Händen. Wir haben in dieser Hinsicht volles Vertrauen in den Senat.
[Beifall bei der CDU – Frau Oesterheld (Grüne): Das war ja eine jugendpolitische Rede, Herr Gewalt!]
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Kollege Gewalt! Dass die innere Sicherheit bei Herrn Werthebach in guten Händen ist, das glauben nur Sie hier im Saale.
Wir haben das ganze letzte Jahr über folgendes Schema erlebt: Auf der einen Seite gibt es hier große Worte und Forderungen. Sie haben es ja auch heute wieder dargebracht. Pikanterweise haben Sie das genannt, was Sie in den Koalitionsvereinbarungen nicht bekommen haben, nämlich den polizeilichen Todesschuss als Normierung, die Videoüberwachung der öffentlichen Plätze und Räume und den Polizeigewahrsam über eine Woche. Das hat dankenswerterweise Herr Kollege Benneter, der Koalitionspartner, nicht mitgemacht.
Aber wie es immer ist, wie das Krümelmonster nach Keksen, rufen die Konservativen nach Gesetzen. Ihr Hunger ist unersättlich. Sie hören nicht auf, sie halten sich auch an keine Koalitionsvereinbarung. Da gibt es bei Ihnen keine Sättigungsgrenze, Sie wollen immer weitergehen. Deshalb sage ich: Bitte nicht noch einen Sündenfall wie die Schleierfahndung hier in Berlin, das war schon zuviel, was wir hier letztes Jahr erlebt haben.
Wo die Konservativen einmal Taten bringen müssten, da versagen sie. Es ist doch nachgerade ein Treppenwitz, dass wir als die in vielen Augen immer noch patentierten Polizeifeinde in den Haushaltsberatungen beantragen mussten, dass Geld für Schutzwesten zur Verfügung gestellt wird. Wir haben es beantragt, wir haben Gelder für den Fuhrpark beantragt,
wir haben beantragt, dass einmal Schluss sein muss mit dem Umstand, dass der Polizist seinen Diensthund selbst anzuschaffen, zu füttern und dann auch noch bis zum Tode zu pflegen hat. Wo gibt es denn so etwas? – In einem Gemeinwesen – und hier hat Herr Krüger Recht –, das nicht gerade wenig für seine Polizei ausgibt. Unrecht hat er natürlich, wenn er einen Stadtstaat mit Flächenstaaten vergleicht. Aber dass es nicht gerade wenig Geld ist, damit hat er Recht. Wenn es auch dann noch so fehlgeleitet wird, dann schlägt das auf diejenigen zurück, die hier das Sagen haben, und dann schlägt das insbesondere auf Herrn Werthebach zurück.
Herr Werthebach und auch Sie von der CDU haben uns immer gesagt, die Sicherheit sei in guten Händen, insbesondere die sogenannte Hauptstadtsicherheit. Was ist denn die Realität? – Während rings herum die Regierungsgebäude wachsen, ist immer noch keine Grundsteinlegung beim gemeinsamen Abschnitt erfolgt. Die ist immer noch nicht erfolgt, da hinken wir hinterher.
Sie haben immer noch nicht das notwendige Bewachungspersonal für die neu hierher ziehenden Botschaften und Konsulate und andere Einrichtungen. Herr Schily verbittet sich inzwischen die ständige Quengelei, wie er sagt, von Seiten des Senats von Berlin. [Gram (CDU): Schlimm genug! – Bm Dr. Werthebach: Arrogant!]
Schlimm genug, wie es von Berliner Seite vorgetragen wird! Da haben wir doch eben Eberhard Diepgen erlebt! Der Volksmund sagt, wer die Musik bezahlt, bestimmt die Melodie. Eberhard Diepgen stellt sich hin und sagt: Ich bestimme die Melodie, will aber, dass der Bund bezahlt. – So geht es natürlich nicht! So geht es nicht bei der Kultur und so geht es nicht im Inneren. Da wird man sich zu einem anderen Verhandlungsstil bequemen müssen und im Interesse der Stadt sollte man es schleunigst tun!
Es lohnt eigentlich kaum noch, etwas über das Landesamt für Verfassungsschutz – auch im Bereich dieses Innensenators – zu sagen. [Zuruf von der CDU: Dann lassen Sie es!
Er selber will es verlagern, er will es nicht auflösen, wie es richtig wäre, [Bm Dr. Werthebach: Doch!]
und will alle die Versager mitnehmen, die in den vergangenen Jahren dafür zuständig waren, dass bundesweit das Berliner Landesamt für Verfassungsschutz zu einer absoluten Lachnummer geworden ist. Was haben wir denn hier nicht alles erlebt? Stasiopas, die schon für die Stasi zu unzuverlässig waren, waren Leumundszeugen gegen Polizeidirektoren. Da wurde uns versichert, die haben wir nur noch, um alte Strukturen, weiter wirkende Stasistrukturen, zu beobachten. Das war falsch. Es kam heraus, dass die PDS weitgehend von Ihnen beobachtet wurde. Dann wurde gesagt, wir lösen uns von diesen ehemaligen StasiIMs. Dann kam heraus, man wolle sie sozusagen recyceln,
sie nach Thüringen abgeben, um sozusagen die Möglichkeit zu haben, diese Quelle weiter fließen zu lassen. Das alles ist geschehen.
Es ist eine Aktenvernichtung im Landesamt geschehen, der Herr Amtsleiter ließ den Reißwolf bedienen, Ihr Abteilungsleiter hat gleich selber Handarbeit altmodisch geleistet. Das alles geschah, um einen parlamentarischen Untersuchungsausschuss zu täuschen. Bis heute gab es von Ihnen auch nicht ein mildes Wort der Missbilligung dagegen, Herr Werthebach. So handeln Sie, so üben Sie Ihre Verantwortung als Senator aus, genauer gesagt üben Sie sie nicht aus. Wir sagen: 1999 war der Krankenstand im öffentlichen Dienst nirgendwo so groß wie im Verfassungsschutz. Seien wir soziale Arbeitgeber, genügen wir unseren Pflichten, tun wir etwas für die Mitarbeiter dort, lösen wir dieses Landesamt auf!
In der Politik gegenüber Immigranten und Flüchtlingen folgt Herr Werthebach immer noch seinem Vorbild Kanther. Das ist dieser Geldwäscher mit dem glattgezogenen Scheitel, bei dem die Wohnung neulich durchsucht worden ist, zur Erinnerung sage ich das nur. Eine Politik des Drangsalierens, eine Politik, die die Altfallregelung, die die Innensenatoren und -minister in Görlitz gefällt haben, restriktivst anwenden wollte. Glücklicherweise haben wir das hier im Parlament gestoppt, dankenswerterweise haben wir dies mit der SPD-Fraktion zusammen getan, aber das ist nur ein Tropfen auf den heißen Stein. Wir müssen sehen, ob es umgesetzt wird, wie es umgesetzt wird von dieser unwilligen Verwaltung.
Wir stehen noch unter dem Eindruck des Hungerstreiks der Frauen aus der Ukraine, die hier seit Monaten in Haft gehalten werden, weil man aus der Abschiebehaft eine Beugehaft, eine Erzwingungshaft von Passpapieren macht, weil man die Not und das Elend dieser Frauen nicht sehen will, die hierher gelockt wurden, die hier in das Rotlichtmilieu gezwungen wurden, denen man helfen muss und die man nicht in eine derart verzweifelte Situation bringen darf. Wir fordern als Grüne die Haftentlassung dieser Frauen und zwar die sofortige.
Sie haben in Ihrer Koalitionsvereinbarung versprochen, einen Integrationsvertrag mit den hier lebenden Immigrantinnen und Immigranten. Wo bleibt der denn eigentlich?
Das war eine gute Idee, das war eine sehr gute Idee! Ich höre immer nur von Seiten der CDU, was die Ausländerinnen und Ausländer zu leisten hätten. Ich höre immer nur den Teil, wo sie Vorleistungen bringen sollen. Mir fehlen die Angebote, mir fehlen die Erleichterungen, mir fehlt das, was aus dem Ganzen wirklich einen Vertrag machte.
Dieser Senator hat in den letzten Wochen, Monaten, es wurde gesagt, die Stadt beglückt mit einer Diskussion über das Demonstrationsrecht. Er war der Ansicht, hier werde zuviel demonstriert, [Bm Dr. Werthebach: Ja, das ist so!]
statt sich zu freuen, dass der Pariser Platz zu einem lebendigen Forum der Demokratie letztes Jahr wurde, wo Beamte, wo Ärzte, wo Rentner, wo Bauern demonstrierten.
Die rot-grüne Regierung hat es ja geschafft, die ganze Bevölkerung hierher zu bringen zum Zwecke des Demonstrierens.