Protocol of the Session on March 23, 2000

[Beifall bei den Grünen]

Nun warten Sie doch ab! – Wenn wir dieses Thema im Plenum diskutieren, fiel es mir in der letzten Zeit immer sehr schwer, die Bündnisgrünen zu loben. Ich will es trotzdem noch tun, obwohl mir Ihr Redebeitrag eigentlich wenig Gelegenheit dazu gegeben hat, und zwar deshalb, weil ich der Meinung bin, dass Sie sehr fleißig waren – Sie als Fraktion, Sie als Unterzeichner Ihres Gesetzentwurfes. Sie haben sich immerhin die Arbeit gemacht,

die rechtsgültigen Verordnungen, die wir zur Zeit in dieser Stadt haben, vorliegende Beschlüsse dieses Hauses sowie brauchbare und – ich muss leider sagen – weniger brauchbare Ideen zusammenzufassen und zu einem Gesetzentwurf zusammenzufügen. Es ist lobenswert, dass Sie sich diese Arbeit gemacht haben. Die andere Oppositionspartei – PDS –, deren Antrag wir in der letzten Plenarsitzung in die Fachausschüsse überwiesen haben, hat es sich nur vorfertigen lassen. Auch wir verkennen nicht, dass – bedingt durch die aktuelle Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts – erneuter Diskussionsund möglicherweise auch Handlungsbedarf besteht. Wir wiesen aber auch darauf hin – ich spreche dabei auch den Senat an –, dass zu Beschlüssen dieses Hauses – beispielsweise haben wir uns darauf verständigt zuprüfen, ob eine Leinenpflicht in dieser Stadt möglich ist, wir haben uns darauf verständigt zu prüfen, ob es möglich ist, eine Zwangshaftpflicht für Hunde einzuführen – noch keine abschließenden Stellungnahmen des Senats vorliegen. Das soll nicht vorwurfsvoll klingen, sehr verehrte Frau Senatorin, aber ich meine, wir brauchten sie. Auch die Forderung nach intensiver Überprüfung der vorhandenen Steuerpflicht in dieser Stadt ist noch nicht endgültig ausgeschöpft. Ich erinnere an einen wenige Tage alten Artikel, in dem zu lesen war, dass man bei einer Stichprobe festgestellt hat, dass ein erhebliches Potential an Nichtzahlern dabei war und dass man geschätzt hat, dass man auf einen erheblichen Millionenbetrag käme, wenn alle säumigen Zahler zur Kasse gebeten würden. Für die CDU-Fraktion steht weiterhin im Vordergrund, vorhandene Ängste abzubauen und Gefahren zu minimieren, unter der Prämisse, ein für alle akzeptables Miteinander zu schaffen, ohne dabei weitere Gräben aufzuwerfen. Meine Damen und Herren von der Opposition, schon bevor die entsprechenden Anträge von Ihnen hier eingebracht wurden, haben wir für den 5. April eine Expertenrunde nicht nur geplant, sondern bereits eingeladen, [Frau Abg. Hämmerling (Grüne) meldet sich zu einer Zwischenfrage.] die uns bei der Entwicklung brauchbarer und umsetzbarer, akzeptabler und wirkungsvoller, bezahlbarer und kontrollierbarer Vorschläge beraten und unterstützen soll.

Herr Abgeordneter! Gestatten Sie eine Zwischenfrage der Frau Abgeordneten Hämmerling?

Bitte, Frau Kollegin!

Herr Schmidt! Wenn Sie an die erhöhte Besteuerung von bestimmten Hunderassen denken, frage ich Sie – gerade in Ihrer Funktion als VDH-Fachmann für Schäferhunde –: Glauben Sie nicht, dass es auch sinnvoll ist, Schäferhunde stärker zu besteuern, die die „Beißstatistik“ mit anführen? interjection: [Vereinzelter Beifall bei den Grünen und der PDS]

Liebe Frau Kollegin! Ich habe in meinem Redebeitrag eben nichts über eine Höherbesteuerung, Niederbesteuerung oder besondere Besteuerung gesagt, sondern darauf hingewiesen, dass es in dieser Stadt zu viele Hundehalter gibt, die ihrer Steuerpflicht nicht nachkommen. Wir haben nun einmal eine Steuerpflicht für Hunde in dieser Stadt, und wir wissen beide, dass die Dunkelziffer derjenigen, die keine Hundesteuer bezahlen, riesig ist. Ein schlauer Mensch hat gesagt, diese Einnahmen brächten 6 oder 8 Millionen DM mehr. Das habe ich gemeint. Ich hoffe, es beantwortet Ihre Frage. Durch die Überweisung Ihres Antrags wie auch des Antrags der PDS an die entsprechenden Fachausschüsse werden wir ausreichend Gelegenheit haben, die Problematik ausführlich zu diskutieren. Ich hoffe und glaube auch, dass wir zu einem dauerhaften Ergebnis kommen werden. – Vielen Dank! interjection: [Beifall bei der CDU]

(A) (C)

(B) (D)

Vielen Dank, Herr Schmidt! – Für die Fraktion der PDS hat jetzt das Wort der Abgeordnete Klemm.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Liebe Frau Hämmerling! Es ist ein löblicher Versuch, der hier vorliegt – leider kein gelungener! Ich verstehe nicht, warum Sie gleich in der I. Lesung Beratung wollen. Dieses Thema gehört zuerst in die Fachausschüsse.

[Frau Künast (Grüne): Ich denke, wir machen Demokratie; da wird man doch bei der I. Lesung diskutieren dürfen!]

Man darf immer! Es ist aber an der Stelle nicht sehr sinnvoll. Vonnöten ist eine sachliche Debatte und sind keine Fensterreden.

Hunde sind ein Problem in der Stadt. Das ist kein Großreden nicht vorhandener Probleme, wie es manche Hundehalter meinen, sondern eine unbestreitbare Tatsache. Es gibt zu viele Hunde; es werden oft die falschen Hunde gehalten; es gibt verschiedene Milieus, in denen Hunde nicht als Tiere, sondern als Statussymbol oder gar als Waffe gehalten werden; eine Vielzahl von Grünanlagen ist für viele Menschen und insbesondere für Kinder auf Grund vieler frei laufender Hunde nicht nutzbar, und auch die Hinterlassenschaften der Tiere stinken vielerorts zum Himmel. Politik ist dazu aufgerufen, Abhilfe zu schaffen.

Zur Lösung des Problems ist jedoch eine Verschärfung bestehender Verordnungen unserer Meinung nach derzeit nicht vonnöten. Gemäß Tierschutzgesetz wird eine artgerechte Haltung gefordert. Die Berliner Hundeverordnung verbietet das Freilaufenlassen von Hunden in Grünanlagen. Zudem sind gemäß Hundekotverordnung, die schon über zehn Jahre in Kraft ist, die Halter dazu verpflichtet, auch die Hinterlassenschaften ihrer Tiere zu entfernen. Das Problem ist nicht das Fehlen von Vorschriften; das Problem ist die mangelnde Umsetzung.

[Beifall bei der PDS]

Was würden schärfere Verordnungen nützen, wenn auch diese wieder nicht umgesetzt würden? Statt nach immer neuen Regelungen zu rufen, muss die Politik eine Vermittlerrolle zwischen Menschen mit und ohne Hund einnehmen.

Ein Bestandteil des Problems sind z. B. vielerorts die fehlenden Auslaufflächen für Hunde. Wenn die Belästigung durch Hunde abgebaut werden soll, müssen den Halterinnen und Haltern auch Alternativen angeboten werden. Das Abgeordnetenhaus hat bereits entsprechende Beschlüsse gefasst, bloß hapert es leider an der Umsetzung.

Unabhängig davon lehnen wir den hier zu beratenden politischen Ansatz der Grünen nicht grundsätzlich ab. In seiner gegenwärtigen Schärfe ist er aber weder dem Problem angemessen noch umsetzbar. Ich gehe davon aus, dass in den Ausschussberatungen der Raum für eine Debatte vorhanden sein wird und Sie dann auch zur Modifizierung Ihres Ansatzes bereit sein werden.

Ein mit Ihrem Gesetz z. B. nicht gelöstes Problem ist die mangelnde Sachkunde potentieller Halterinnen und Halter von Hunden vor der Anschaffung des Tieres. Hierzu haben wir schon vor Wochen Vorschläge ins Abgeordnetenhaus eingebracht. Ich hoffe, dass auch diese sachlich abgewogen werden. Und, Herr Schmidt, es ist im Übrigen keine Schande, dort mit Vereinen zusammenzuarbeiten und hier Vorschläge vorzulegen. Das hat mit Abschreiben nichts zu tun.

[Beifall bei der PDS]

Im Gegensatz zur Forderung nach einer Rasseliste, im Gegensatz zu besonderen Auflagen gegenüber Hunden einer bestimmten Größe oder einem bestimmten Gewicht, im Gegensatz zu einer hier im Haus geforderten verschärften Steuerregelung – also Bestrafung von Haltern verschiedener Hunde durch Steuern – schlagen wir einen politischen Ansatz vor, der nicht beim Tier ansetzt, sondern beim Halter der Hunde. Die Hundehalter sind das eigentliche Problem.

Natürlich ist auch unser Ansatz nur ein Segment im Umgang dieses Problems. Ergänzend wäre eine Reihe weiterer Maßnah

men notwendig, so unter anderem Export- und Züchtungsbeschränkungen, ein Heimtierzuchtgesetz und viele andere mehr. In den Ausschüssen werden wir darüber debattieren.

Politik sollte aber auch Rahmenbedingungen schaffen, die eine artgerechte Haltung von Hunden in dieser Stadt ermöglichen. Es ist dabei allerdings dafür zu sorgen, dass jedwede damit verbundene Belästigung so weit wie möglich reduziert wird. Wir meinen, dass dies bei einem sachlichen und problembezogenen Umgang mit der Frage auch möglich ist. Der denkbar schlechteste Weg zur Lösung des Problems ist aber das permanente Herumhacken der Politik auf allen Hundehaltern. Das trifft immer auch diejenigen, die verantwortungsvoll mit ihren Tieren umgehen; das erzeugt wenig Verständnis, das erzeugt wenig Akzeptanz für das Handeln der Politik. Und es sorgt nicht dafür, dass Hundehalter toleranter mit ihren Mitmenschen umgehen, z. B. indem sie ihre Tiere in öffentlichen Grünanlagen nicht mehr frei herumlaufen lassen; indem sie die Hunde in der Nähe von Kindern, Joggern oder Radfahrern kurz halten; indem sie den Hunden das Betreten von Kinderspielplätzen verbieten und indem sie die Hinterlassenschaften der Vierbeiner auch selbst entsorgen.

Dieses Thema eignet sich nicht zur politischen Profilierung Einzelner. Es kann nicht gut sein, wenn Kolleginnen und Kollegen einiger Fraktionen versuchen, sich auf Kosten von Minderheiten – und sei es in diesem Fall die Minderheit der Hundehalter – zu profilieren, daraus politisches Kapital zu schlagen. Ich hoffe, dass es in den Ausschussberatungen endlich den Raum gibt, jenseits der gern zitierten reißerischen Presseschlagzeilen zu dem Thema zu einem sachlichen Umgang mit der Berliner Hundefrage zu kommen.

[Beifall bei der PDS – Frau Künast (Grüne): Du fängst mit deinem Beitrag schon mal an!]

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Klemm! – Das Wort für die Fraktion der SPD hat Frau Fischer!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Zunächst gilt mein Kompliment Herrn Uwe Schmidt von der CDU. Ich habe selten gehört, wie jemand so gekonnt mit Worten eine Thema so elegant umschifft hat – dafür meine Hochachtung!

[Heiterkeit – Cramer (Grüne): Mal sehen, wie Sie das machen!]

Warten Sie’s ab.

[Cramer (Grüne): Ich bin ganz Ohr!]

Meine Damen und Herren von den Grünen! Mir liegt der Antrag vor, den Sie 1998 noch in gemeinsamer Intention mit uns eingebracht haben, indem Sie eine Nachbesserung der bestehenden Hundeverordnung gefordert haben und dies genau wie wir auf Kampfhunderassen und eine Rasseliste bezogen haben. Wären Sie nur bei dem Antrag geblieben, Frau Hämmerling! Denn das, was Sie derzeit als Gesetzentwurf zur I. Lesung eingebracht haben, hat bei vielen Menschen in dieser Stadt mehr als Kopfschütteln ausgelöst.

Sie definieren gefährliche Hunde nach Größe und Gewicht. Leider ist Herr Böger nicht mehr da, vielleicht sollte er schon mal seinem Hund Tobi eine Diät verordnen damit dieser unter die 17 kg kommt und nur noch 16,5 kg wiegt.

[Beifall des Abg. Andrae (CDU) – Klemm (PDS): Davon wird er nicht kleiner! – Weitere Zurufe von links]

Sie fordern einen Hundeüberwachungsverein.

[Andrae (CDU): Hundepolizei!]

Jeder, der dann mit seinem Hund zu diesem Hundeüberwachungsverein geht, wird vorher Diätvorschriften einholen müssen, damit sein Hund nicht die 17 kg erreicht. Wer sollte auf der Straße die 40 cm oder die 17 kg einschätzen können? Diese Regulierung wird wohl kaum Platz greifen.

(A) (C)

(B) (D)

Sie fordern Plaketten, rote und grüne. Ich kann ja verstehen, Frau Hämmerling, dass Sie eine Schwäche für Rot-Grün haben,

[Heiterkeit bei den Abg. Andrae (CDU) und Eyck (CDU)]

aber rote und grüne Plaketten an das Hundehalsband zu heften und dazu noch eine weitere Plakette, so dass ein Hund mit drei Plaketten garniert durch die Gegend läuft, das erscheint mir dann schon mehr als schwierig und in Wirklichkeit nicht machbar.

[Cramer (Grüne): Richtig lesen!]

Chips: Sie wissen genau, dass selbst Hunde, die aus Tierheimen stammen und Chips implantiert haben, wenn sie entlaufen, nicht wieder auffindbar sind und auch der spätere Halter nicht ermittelt werden kann. Sie wissen genau, dass das kostenaufwendig ist – pro Chip ca. 100 DM. Ich glaube kaum, dass die Bürger in dieser Stadt dies für alle Hunde einführen wollen.

Eine Sanktionierung können wir auch nicht erkennen. Es ist richtig und auch mehrfach gesagt worden – es mangelt an der Umsetzbarkeit und Durchführung der Verordnung. Mir ist schleierhaft, wie irgendjemand in der Stadt das, was Sie vorschlagen, umsetzen soll.

[Cramer (Grüne): Wie gehen Sie denn mit den Mischlingen um?]

Nun lassen Sie mich bitte ausreden.

Was wollen wir erreichen ? – Wir wollen, dass die Menschen in dieser Stadt, hauptsächlich in innerstädtischen Gebieten, angstfrei leben können. Ich sehe nicht ein, dass viele ältere Menschen oder Familien mit kleinen Kindern die Straßenseite wechseln müssen, wenn verantwortungslose Hundebesitzer, die diese sogenannten Kampfhunde züchten, daherkommen.

[Beifall bei der SPD – Frau Hämmerling (Grüne): Wir auch nicht!]

Die Vorfälle der letzten Zeit haben uns gezeigt, dass Handlungsbedarf besteht.