Protocol of the Session on February 24, 2000

Erstens Sie haben die Verträge auf Grundlage des Beschlusses des Abgeordnetenhauses ändern müssen. Dazu haben wir vor kurzer Zeit eine Vorlage – zur Kenntnisnahme – bekommen, in der uns mitgeteilt wurde, dass am 6. Januar 2000, also lange nach dem Vertragsabschluss die Verträge noch einmal geändert worden sind und damit überhaupt erst einmal der Auflage des Verfassungsgerichts Genüge getan wurde, und es wurde uns nebulös mitgeteilt, dass eine „Anpassung von Verträgen“ stattgefunden hat. Diese Anpassungen der Verträge liegen uns bis heute nicht vor, bis heute hat das Abgeordnetenhaus keine Kenntnis über die endgültige Gestalt der Privatisierungsverträge. Dies ist ein Punkt der deutlich macht, wie nötig es ist, auf den Kontrollrechten des Parlamentes zu beharren und sie mit Nachdruck zu verfolgen.

[Beifall bei der PDS und den GRÜNEN]

Zweiter Punkt, Herr Atzler: Sie haben es vielleicht in der letzten Woche in der Presse verfolgt, dass der Verband der märkischen Grundstücksbesitzer und -nutzer in einer Presseerklärung mitgeteilt hat, er stelle fest, dass die Berliner Wasserbetriebe seit geraumer Zeit ihre Investitionen im Bereich der Kanalisation drastisch herunter gefahren haben. Der Pressesprecher der Berliner Wasserbetriebe, Herr Natz, erklärt, dies sei richtig, es habe schließlich niemand einen Rechtsanspruch auf Kanalisation. – Was nun auch wieder irgendwie stimmt. Gleichzeitig sind im Berliner Landeshaushalt für die Straßenregenentwässerung 200 Millionen DM Ausgaben sowohl als Investitionen als auch als Zuschüsse veranschlagt. Dazu sage ich: Hier ist es dringend notwendig, dass das Abgeordnetenhaus kontrolliert, wie diese Privatisierung umgesetzt wird, ob die Anstalt öffentlichen Rechts, Berliner Wasserbetriebe, für die wir immer noch Anstalts- und Gewährträgerhaftung haben, ob die ihren Aufgaben und Verpflichtungen nachkommt. Hierzu ist dieser Gesetzesentwurf, der von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen vorgelegt worden ist, ein ausgesprochen begrüßenswerter und hilfreicher Schritt.

Was wird denn hier verlangt? – Hier wird nicht verlangt, dass die Autonomie des Vorstandes eingeschränkt wird, sondern hier wird nur verlangt, dass Kontrollrechte des Eigentümers, des Anstalts- und Gewährträgers, des Landes Berlin in Gestalt der Abgeordneten und in Gestalt der Rechtsaufsicht effektiv wahrgenommen werden, und dass obendrein, was bei den Berliner Wasserbetrieben auch dringend notwendig ist, wie Sie vielleicht von Lobbyisten wissen, die Ihnen gegenüber auftreten, dass die Tarifkalkulation überprüfbar und nachvollziehbar und dass sie deshalb offengelegt werden muss. Nichts anderes steht in dieser Gesetzesnovelle. Ich halte das für hilfreich. Man kann über die einzelnen Details der Ausgestaltung diskutieren, dafür ist die Ausschussberatung da, aber grundsätzlich finden wir das einen absolut richtigen und begrüßenswerten Schritt. Es wird von uns positiv gewürdigt werden im Ausschuss.

[Beifall bei der PDS und den GRÜNEN]

Danke schön, Herr Kollege! – Das Wort hat nunmehr Herr Kollege Dr. Borghorst von der Fraktion der SPD. Bitte schön, Herr Kollege Borghorst!

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Natürlich, Frau Paus und Herr Wolf, werden wir das, was wir im Parlament zu den Wasserbetrieben beschlossen haben, auch kontrollieren. Ich erinnere nur einmal an einige Beispiele, die für uns in der gesamten politischen Debatte sehr wichtig waren. Da geht es um wirksame Maßnahmen zur Konstanthaltung der Wasserpreise, eventuell sogar um die Senkung der Wasserpreise. Natürlich werden wir, CDU und SPD, das gemeinsam kontrollieren, uns im Wirtschaftsausschuss vorlegen lassen, was dort tatsächlich passiert ist. Dafür brauchen wir aber kein Gesetz, das ist normale parlamentari

sche Kontrolle. Es geht um die Frage, dass betriebsbedingte Kündigungen ausgeschlossen werden. Sie werden der SPD doch wohl abnehmen, dass wir daran interessiert sind, das genau zu verfolgen. Auch das wird im Wirtschaftsausschuss darzulegen sein.

Ich will im Übrigen anmerken, dass wir am Montag im Wirtschaftsausschuss vereinbart haben, dass wir bald eine Sitzung bei den Berliner Wasserbetrieben durchführen werden, um uns vom Vorstand den aktuellen Sachstand genau sagen zu lassen. Auch das gehört mit dazu.

Wir können gern darüber diskutieren, ob es denn notwendig ist, dies alles in ein Gesetz zu packen, wie Sie es getan haben. Eine Überinstitutionalisierung dieser Verfahrensweisen von Informationsrecht bis Beanstandungsrecht und Ersatzvornahme, bis zu Einsichtsrechten der Abgeordneten und der Kundinnen und Kunden – das alles muss sorgfältig rechtlich geprüft werden. Ich jedenfalls bin gern dazu bereit, und ich sehe auch das Kopfnikken von Herrn Atzler. Wir werden das im Wirtschaftsausschuss gemeinsam prüfen.

Auch über alles, was schon gilt – Rechtsaufsicht, Tarifkalkulation; das ist einer der wichtigsten Punkte im Gesetz zur Teilprivatisierung –, werden wir im Parlament diskutieren, das werden wir uns vorlegen lassen und mit den Berliner Wasserbetrieben vernünftig besprechen.

Also, insgesamt: Wir werden Ihren Vorschlag sorgfältig prüfen. Da sind einige vernünftige Punkte dabei. Da sind Punkte dabei, die vom Verfassungsgericht auch so bestätigt worden sind – die Einsichtnahme in die Verträge, auch in die Änderung der Verträge –; das finde ich völlig in Ordnung. Aber insgesamt brauchen wir dazu keine hektische Debatte. Wir müssen uns das vornehmen, wir brauchen einen Zwischenbericht. Ob der halbjährlich ans Parlament geht oder vielleicht einmal im Jahr, das ist eine Frage, über die wir trefflich streiten können. Es geht nicht darum, häufig Berichte zu erhalten, sondern zu einem vernünftigen Zeitpunkt Zwischenbilanz zu ziehen, ob das, was wir mit der Teilprivatisierung politisch erreichen wollten, umgesetzt wurde. Sie können sicher sein, dass wir darauf achten, dass die politischen Ziele der Teilprivatisierung tatsächlich umgesetzt werden: Niedrighalten der Preise und Sicherung der Arbeits- und Ausbildungsplätze bei den Berliner Wasserbetrieben. – Herzlichen Dank! [Beifall bei der SPD und der CDU]

Danke schön, Herr Kollege Borghorst! – Meine Damen und Herren, der Ältestenrat empfiehlt Ihnen die Überweisung an den Ausschuss für Wirtschaft, Betriebe und Technologie – federführend –, an den Ausschuss für Stadtentwicklung und Umweltschutz und an den Ausschuss für Verfassungs- und Rechtsangelegenheiten, Immunität und Geschäftsordnung. Wer dem seine Zustimmung zu geben wünscht, den bitte ich nunmehr um das Handzeichen. – Danke schön! Die Gegenprobe! – Enthaltungen? – Damit ist das einstimmig so beschlossen.

Ich rufe auf

lfd. Nr. 5 A, Drucksache 14/194:

I. Lesung des Antrags der Fraktion der GRÜNEN über Gesetz zur Änderung des Gesetzes über die Deutsche Klassenlotterie Berlin und die Stiftung Deutsche Klassenlotterie (DKLB-Gesetz)

Wird der Dringlichkeit widersprochen? – Das ist offenbar aus den Fraktionen von CDU und SPD der Fall. Frau Ströver wünscht das Wort zur Frage der Dringlichkeit. Bitte schön, Frau Ströver!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir haben heute als einen weiteren Tagesordnungspunkt in diesem Zusammenhang die Entsendung von Vertretern des Berliner Abgeordnetenhauses in den Stiftungsrat der Klassenlotterie mit Dringlichkeit eingebracht. Dazu liegt ein Vor

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(B) (D)

schlag vor, dass aus den Reihen der Koalition zwei Vertreter der CDU und ein Vertreter der SPD gewählt werden sollen. Sie können sich vorstellen, dass wir dieses Verfahren unmöglich finden und dass genau das der Anlass ist, dass wir heute dringlich mit unserem Gesetzentwurf kommen.

Wir bringen diesen Gesetzentwurf heute ein, um erstens dafür zu sorgen, dass dieses Gremium ein demokratisches Gremium wird, in dem künftig auch die parlamentarische Opposition vertreten ist. Wir bringen zweitens diesen Gesetzentwurf ein, um dafür zu sorgen, dass dem Landesgleichstellungsgesetz Rechnung getragen wird und nicht ausschließlich sechs Männer in diesem Gremium sitzen, sondern zur Hälfte Frauen vertreten sind.

[Beifall bei den GRÜNEN und der PDS – Vereinzelter Beifall bei der SPD]

Und wir bringen diesen Antrag ein, um sicherzustellen, dass die Kungelwirtschaft, die wir seit Jahr und Tag in diesem Gremium kennen, so geändert wird, dass die Beschlüsse des Lottobeirats nicht nur nachträglich bekannt gegeben werden, sondern auch begründet werden müssen. Vor diesem Hintergrund wird die Dringlichkeit unseres Gesetzentwurfs deutlich. – Vielen Dank!

[Beifall bei den GRÜNEN und der PDS]

Danke schön, Frau Ströver! – Wird der Widerspruch begründet? – Nein! Dann lasse ich darüber abstimmen, ob die Dringlichkeit gegeben ist. Ich lasse über den Antrag auf Dringlichkeit abstimmen. Wer der Dringlichkeit zuzustimmen wünscht, den bitte ich nunmehr um das Handzeichen. – Danke schön! Wer widerspricht der Dringlichkeit? – Danke schön! Enthaltungen? – Beim Widerspruch war die Mehrheit. Damit ist die Dringlichkeit abgelehnt, und es läuft ganz normal.

[Wieland (GRÜNE): Das ist mit dieser großen Koalition eine schlechte Normalität!]

Ich rufe auf

lfd. Nr. 6, Drucksache 14/184:

Wahl von Richtern des Verfassungsgerichtshofs des Landes Berlin

Zu dieser Wahl ist inzwischen Vertagung beantragt worden, worüber ich abstimmen lasse. Wer der Vertagung zuzustimmen wünscht, den bitte ich nunmehr um das Handzeichen. – Danke schön! Wer der Vertagung nicht zuzustimmen wünscht, den bitte ich nun um das Handzeichen! – Das war dünn. Ersteres war die Mehrheit. Damit ist dieser Tagesordnungspunkt vertagt.

[Wieland (GRÜNE): Enthaltungen hätten Sie auch noch fragen können!]

Enthaltungen frage ich nunmehr ab! – Aha, einige Enthaltungen, mit Herrn Wieland an der Spitze.

Die lfd. Nrn. 7 und 8 sind bereits durch die Konsensliste erledigt.

Ich rufe auf

lfd. Nr. 9, Drucksache 14/155:

Wahl von zwei Personen zu Mitgliedern des Verwaltungsrats der Feuersozietät Berlin Brandenburg

Es handelt sich hier um eine Nachwahl für die aus dem Verwaltungsrat ausgeschiedenen Mitglieder Volker Liepelt für die CDU und Klaus Böger für die SPD. Von der Fraktion der CDU wird der Herr Abgeordnete Norbert Atzler vorgeschlagen, von der Fraktion der SPD wird Herr Abgeordneter Dr. Hermann Borghorst vorgeschlagen. Gibt es weitere Vorschläge? – Das sehe ich nicht. Wer Herrn Atzler und Herrn Dr. Borghorst in den

Verwaltungsrat der Feuersozietät Berlin Brandenburg zu wählen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. – Danke! Die Gegenprobe! – Enthaltungen? – Bei einer Enthaltung einstimmig gewählt.

Ich rufe auf

lfd. Nr. 10, Drucksache 14/167:

Wahl von drei Personen zu Mitgliedern des Stiftungsrats der Stiftung Deutsche Klassenlotterie Berlin (DKLB-Stiftung)

Hierzu liegt ein Geschäftsordnungsantrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen auf Vertagung der Wahl vor. Dies wünscht Herr Wieland zu begründen. Bitte schön, Herr Abgeordneter Wieland, Sie haben das Wort!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir wollen diese Wahl vertagen. Frau Ströver hat es eben gesagt: Unseres Erachtens soll hier ein Gremium auf sehr fragwürdiger Grundlage, nun auch noch in einer Zusammensetzung gewählt werden, die ausschließlich männlich ist, die gegen das Landesgleichstellungsgesetz verstößt. Wir sind der Ansicht, das muss noch einmal durchdacht werden, das muss überprüft werden, hier ist eine Vertagung absolut notwendig.

[Beifall bei den GRÜNEN]

Wir erinnern daran, dass Sie, Herr Böger, als Sie noch als Fraktionsvorsitzender dort saßen, als Frau Fugmann-Heesing noch Finanzsenatorin war, dass Sie seinerzeit beantragt hatten, das ganze Lottosystem umzustellen. Sie hatten seinerzeit geplant, hier wie in anderen Regionen der Bundesrepublik auch von dem Zustand wegzukommen, dass eine Regierung noch nicht einmal Oppositionsabgeordnete in dem Vergabegremium duldet und sich einen Neben- und Schattenhaushalt hält, mit dem dann die Hälfte der Bevölkerung nach Gusto der Regierung beglückt wird. Wenn Sie ehrlich sind, Herr Böger – und Sie sind es –, hat Ihnen das seinerzeit enorm gestunken. Wenn Sie ehrlich sind, müssen Sie sagen, dass Sie mit diesem Plan gescheitert sind. Und nun werden Sie als Senatsmitglied sozusagen zum Teil des Problems. Meine Damen und Herren der Sozialdemokratie, Sie sollten doch wenigstens so weit denken, dass sie noch einmal eine Überlegungspause haben wollen und sagen: Wir wollen hier und heute nicht dieses alte System zementieren. – Denn es ist, das sei auch einmal gesagt, ein System Landowsky, um das es hier geht. Er sitzt seit Jahr und Tag wie ein Sonnenkönig in diesem Lotto-Stiftungsrat.

[Heiterkeit – Beifall bei der CDU]

Ja, so! – Da muss er nicht faule Kredite wie als Banker vergeben, sondern Cash – „Cash aus der Täsch“, nicht rückzahlbar. Das streut er über die Kulturszene und sichert sich so seit Jahr und Tag seinen Einfluss. Und Sie machen da jetzt als Juniorpartner mit. Sie wollen dieses System Landowsky hier weiter zementieren. Das ist ungeheuerlich. Das wollen wir nicht, das darf nicht so weitergehen.

[Beifall bei den GRÜNEN und der PDS]

Wir erinnern uns doch – wir haben einiges noch im Kopf –, wie dieser Lottobeirat, -stiftungsrat, nunmehr ein – wie man heutzutage sagt – Gebiet mit besonderem Handlungsbedarf just An der Hundekehle entdeckte, just da entdeckte, wo man gemeinsam Tennis spielt – nicht wahr, Herr Landowsky –, und dann in einer Höhe, die bis dato nicht wieder erreicht wurde, den eigenen Tennisclub bedachte. Dies ist doch alles hinlänglich bekannt und beschrieben als Ausfluss des Systems Landowsky. Wir erleben es, dass hier ein Herr Wienhold aufsteigt zum Baulöwen, dass der Banker Landowsky ihm die faulen Kredite hinterherträgt.

[Landowsky (CDU): Du hast doch einen Vogel!]