1. Wie schätzt der Senat das zwischen dem Allgemeinen Studentenausschuss der Technischen Fachhochschule Berlin und der BVG ausgehandelte Semesterticket unter dem Gesichtspunkt des ursprünglich weitergehenden Modells eines Semestertickets ein, das zwischen dem Verkehrsverbund Berlin-Brandenburg und den beteiligten Studierendenvertretungen abgeschlossen werden sollte?
2. Wird der Senat darauf hinwirken, dass zum frühestmöglichen Termin ein Semesterticket zwischen den Berliner Studierendenvertretungen und dem Verkehrsverbund Berlin-Brandenburg eingeführt wird, das die Prinzipien
soziale Ausgewogenheit, – den ganzen Verkehrsverbund umfassend, – einheitlicher Preis für alle Studierenden
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Abgeordneter! Ich beantworte Ihre Mündliche Anfrage wie folgt:
Zu 1: Der Senat bedauert, dass es bisher noch zu keinem Vertragsabschluss zwischen der Studierendenschaft und den Verkehrsunternehmen zu einem Semesterticket gekommen ist. Der bei der Technischen Fachhochschule gewählte Weg ist für die anderen Hochschulen nicht geeignet.
Zu 2: Der Senat würde es begrüßen, wenn die Geltung eines Semstertickets auf das gesamte Verbundgebiet ausgedehnt werden könnte. Wir haben den Verkehrsverbund aufgefordert, gemeinsam mit den Verkehrsunternehmen entsprechende Vorschläge zu entwickeln. Ergebnisse liegen allerdings noch nicht vor.
Die Verkehrsunternehmen hätten mit dem Angebot eines Semestertickets für das Verbundgebiet zu einem Preis von 215 DM die große Chance, junge Studierende für den öffentlichen Personennahverkehr zu gewinnen. Sie sollten nach Auffassung des Senats diese Chance zur Erweiterung ihres Kundenstammes endlich nutzen.
Herr Senator! Gehe ich recht in der Annahme, dass der Senat – in diesem Fall der Verkehrssenator – von der von Ihrem Vorgänger betriebenen Blockadehaltung hinsichtlich des Semestertickets Abstand nimmt? Mich interessiert, was jetzt konkret die Vertreter des Senats in den entsprechenden Institutionen, die mit dem Semesterticket zu tun haben, unternehmen, um eine Entscheidung voranzutreiben. Was tun Sie über Empfehlungen hinaus?
Zweitens: Wir haben mit dem Vorstand der BVG und mit dem Vorstand des Verkehrsverbundes gesprochen und sie gebeten, sich zu bewegen. Die Koalitionsvereinbarung hat nicht ohne Grund das Semesterticket ausdrücklich erwähnt. Wir haben den Vorständen in zweimaligen Gesprächen deutlich gemacht, dass wir nun Lösungen erwarten, sowohl beim Arbeitslosenticket als auch beim Semesterticket. Der Verkehrsverbund ist jetzt daran, mit den Trägers des Verkehrs zu versuchen, eine solche Vereinbarung zustande zu bringen. Wir warten gespannt darauf und hoffen, dass es schnell geht.
Angenommen, ich würde Sie bitten, mehr als Vermutungen auszusprechen: Wann, würden Sie mit Gewissheit sagen, ist ein Semesterticket einführbar?
Einführbar ist so ein Semesterticket sofort, wie man an anderen Universitätsstädten sieht – das ist nicht Neues. Wann es in Berlin eingeführt werden wird, hängt davon ab, dass das Wirtschaftsunternehmen BVG und das Wirtschaftsunternehmen S-Bahn sich dazu verstehen, zu dem angestrebten Preis von 215 DM für das Verbundgebiet das Semesterticket auch wirklich auszugeben. Zurzeit ist man bei der BVG noch nicht davon überzeugt, dass die 215 DM finanziell auskömmlich sind.
In diesem Zusammenhang möchte ich auch darauf hinweisen, dass die BVG darauf achten will, dass jede DM, die man einnehmen kann, auch eingenommen wird. Dies ist selbstverständlich und von uns allen zu unterstützen, denn die BVG hat einen Fehlbedarf, den wir mit einem für das Land Berlin ziemlich teueren Vertrag ausgleichen. Auch wir haben kein Interesse daran, dass sich der Fehlbetrag der BVG erhöht. Wir sind eben unterschiedlicher Einschätzung. Wir glauben, dass es mit dem Angebot eines attraktiven Semestertickets viele Studenten geben wird, die das nutzen werden, und dass die BVG angehalten ist – zusammen mit der S-Bahn –, mit den Verkehrsträgern im Land Brandenburg darüber zu reden, dass nicht mehr von den Einnahmen abgegeben werden muss, als tatsächlich im Land Brandenburg verfahren wird. Das scheint mir noch eines der Hauptprobleme zu sein.
Herr Senator Strieder! Ihr Bedauern über das Nichtzustandekommen des Semestertickets teilten Ihre Vorgänger Klemann und Haase ebenso wie die Vorstände von BVG und S-Bahn GmbH.
Seit 7 Jahren ist Berlin nahezu die einzige deutsche Universitätsstadt ohne Semesterticket. Deshalb frage ich Sie: Wann hört die tarifpolitische Geisterfahrerei im Allgemeinen und insbesondere beim Arbeitslosenticket und beim Semesterticket auf? Würden Sie nach heutiger Erfahrung eingestehen, dass es ein Fehler war, den Unternehmensvertrag abzuschließen, ohne eine verbindliche Regelung für Semesterticket und für das Arbeitslosenticket abzuschließen, die die Opposition seinerzeit hier im Abgeordnetenhaus gefordert hat, die große Koalition mit ihrer Mehrheit aber abgelehnt hat? Welche Alternativen sehen Sie, diese beiden Tickets schnell durchzusetzen, damit ihre Trauerarbeit beendet werden kann?
Herr Abgeordneter Cramer, in Ihren Fragestellungen sind immer Prämissen enthalten, die zurückgewiesen werden müssen.
Das verbindet uns, Herr Wieland. Wir beide erkennen hin und wieder diese Prämissen. Das mag mit der Ausbildung zusammenhängen. – Herr Cramer! Dass das Semesterticket gescheitert ist, ist eine Vermutung oder Unterstellung, die einfach nicht zutreffend ist. Vielmehr sind wir dabei, mit dem Vorstand der BVG und dem Vorstand des VBB darüber zu reden, wie wir das Semesterticket realisieren können.
Es gibt ein Semesterticket in Berlin – das hat Herr Kollege Hoff angesprochen –, das von der Studierendenschaft der Technischen Fachhochschule akzeptiert worden ist. Wir glauben nicht, dass das ein Modell für die Großstadt ist. Wenn es den Bedürfnissen der Studierenden der Technischen Fachhochschule entgegenkommt, dann ist es in Ordnung und dann soll es so gemacht werden. Die anderen Studierendenvertretungen haben uns gegenüber erklärt, dass sie ein solches Modell in der Urabstimmung nicht durchbekommen. Also brauchen wir andere Lösungen. Welche Lösungen das sein könnten, habe ich gerade beschrieben.
Es ist richtig gewesen, den Unternehmensvertrag der BVG so abzuschließen, wie er abgeschlossen worden ist. Es geht darum, dass man auch bei der BVG erkennt, dass Kunden in einem bestimmten Alter hochattraktive Kunden sind, wenn man auf eine langfristige Kundenbindung setzt. Das ist ein Punkt.
Der zweite Punkt sind die unterschiedlichen Annahmen, wie viele Studierende dann davon betroffen sein werden und wie diese 215 DM umgesetzt werden und sich auf das Betriebsergebnis auswirken. Bei diesen Auswirkungen auf das Betriebsergebnis kann man doch auch sagen: Lasst uns einen Abrechnungszeitraum nehmen und prüfen, ob die Prognosen tatsächlich eintreten! Wenn sich die Prognosen bestätigen, dass es Einnahmeverluste bei der BVG gibt, muss der Preis nachgebessert werden.
Herr Senator! Es haben nun schon zwei Studierendenparlamente von großen Hochschulen, nämlich der Technischen Universität und der Humboldt-Universität, erklärt, dass sie das Modell, das auch in der Koalitionsvereinbarung verankert ist, tragen würden und darüber Urabstimmungen einleiten wollen. Das heißt, etwa 60 000 Studierende, die von diesen Parlamenten vertreten werden, wären dann bereit, ein solches Tikket für 215 DM zu nehmen. Es scheint aber bei der BVG immer noch nicht so ganz angekommen zu sein, dass es besser ist, mehr als weniger Kunden zu haben. Glauben Sie, dass Sie dies insbesondere Herrn vorm Walde noch vermitteln können und dass man dann zum Wintersemester dieses Ticket einführen kann, und zwar mit dem von Ihnen genannten Testzeitraum von einem Jahr, für den man dann eine Abrechnung machen kann?
Herr Kollege Gaebler! Das Problem ist, dass wir im Verbundraum eine Einnahmeaufteilung haben, die auch andere Verkehrsunternehmen innerhalb des Verbundraumes betrifft, und dass wir aufpassen müssen, dass bei der Einnahmeaufteilung die BVG trotzdem so viel Erlöse hat, dass sie das Semesterticket daraus finanzieren kann. Das ist die wesentliche betriebswirtschaftliche Aufgabe, die gelöst werden muss. Darüber reden wir intensiv mit der BVG.
Unser Bestreben ist es jedenfalls, zum Wintersemester das Semesterticket einzuführen. Die Studierendenvertretungen müssten dann diese besagte Urabstimmung machen. Das hängt aber davon ab, dass der Vorstand der BVG bzw. das Unternehmen insgesamt eine solche Entscheidung jetzt zügig trifft. Wir versuchen, dort unseren Einfluss geltend zu machen, können allerdings nicht unsere Entscheidung an die Stelle der Organe der BVG setzen.
Damit ist die Fragestunde beendet. Alle Mündlichen Anfragen, die heute nicht beantwortet werden konnten, werden gemäß § 51 Abs. 5 unserer Geschäftsordnung schriftlich beantwortet.
Ich habe bereits die ersten Wortmeldungen – wie sollte es auch anders sein? – Herr Abgeordneter Schlede, Sie haben das Wort – bitte sehr!
Herr Regierender Bürgermeister! Welche Konsequenzen aus dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts betreffs Islamische Föderation sehen Sie für die Staatskirchenverträge bzw. für das Unterrichtsfach Religion an den Berliner Schulen?
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! – Herr Abgeordneter! Zunächst werden wir das Urteil noch sorgfältig zu studieren haben, aber es ist wohl ganz offensichtlich, dass es sich um eine Entscheidung handelt, die auf die landesgesetzliche Regelung Bezug nimmt und insofern keine Bedeutung für die gesamte Fragestellung – der Interpretation beispielsweise des Grundgesetzes zum Thema Religionsunterricht – hat.
Zweitens: Nach allem, was bisher aus dem Urteil an Schlussfolgerungen möglich ist, ist festzuhalten, dass offensichtlich die Berliner Sondersituation uns zwingen wird, unterschiedlichste Gruppen, die behaupten, Religionsgemeinschaften zu sein, in der Berliner Schule zu fördern. Das wird möglicherweise zu erheblichen finanziellen Belastungen und einer Unübersichtlichkeit in dem werteorientierten Unterricht an den Berliner Schulen führen. Das Urteil ist insofern eine Bestätigung von Positionen, die in der politischen Diskussion um den Religionsunterricht mehrfach vorgebracht worden sind. Es ist notwendig, hier eine Neuregelung zu finden und dabei Regelungen, die wegführen von der Sondersituation „Bremer Klausel“, in Berlin anzustreben. Die Möglichkeit ist aus meiner Sicht ausschließlich darin zu sehen, dass die Staatskirchenverträge zügig zu einem Abschluss geführt werden.
Herr Kollege Böger hat in seiner gestrigen Stellungnahme, soweit ich das gelesen habe und er mir berichtet hat, zu Recht darauf hingewiesen, dass das Urteil es notwendig macht, die Entscheidung über ein Wahlpflichtfach Religion so schnell wie möglich zu treffen. Ich will das hier ausdrücklich aufgreifen. Es ist aus meiner Sicht notwendig, dass wir zum Schuljahr 2000/01 die Grundlagen für Religionsunterricht in den Schulen schaffen und dabei vorher eine Entscheidung im Sinne von Wahlpflichtfach Religion – das heißt ja nicht: Pflicht für jeden, Religionsunterricht zu haben – zu treffen. Jede andere Form – so ist mein Eindruck – würde dazu führen, dass wir erhebliche finanzielle Belastungen und eine erhebliche Verunsicherung in der Schule gewärtigen müssten.