Herr Präsident! Meine Damen und Herren! An die CDU gerichtet will ich sagen: Sie hätten sehr gut daran getan, diesen Antrag nicht mit Redebedarf anzumelden. Ich muss Ihnen leider eine zweite kleine Geschichte erzählen, die Ihnen nicht besonders angenehm sein wird:
Sie fordern in diesem Antrag, ein Konzept vorzulegen, wie die Ausbildungskapazitäten in den gesundheits- und sozialpflegerischen Berufen in Berlin auf der Basis einer Bedarfsprognose gesichert werden können. Sie haben Ihr erstes Turbo-Programm jetzt eben durch Herrn Eichler auf ein Turbo-Programm von 100 Tagen korrigieren, d. h. verlängern lassen. Bis dahin soll also dieses Konzept vorgelegt werden. Dazu erzähle ich Ihnen kurz eine Geschichte. Ich bitte Sie, gut zuzuhören.
gab es hier in diesem hohen Haus einen Beschluss. Dieser Beschluss hat genau das umfasst, was Sie heute in Ihrem Antrag fordern: Die Prognose über die für Berlin notwendige Ausbildungskapazität in der Krankenpflege. Damals hieß die Senatorin Frau Hübner und gehörte der CDU an. Sie versprach, bis Februar 1998 genau dieses Konzept, das Sie heute fordern, vorzulegen.
Es geschah außer einigen Erstellungen von Zwischenberichten nichts. Im Mai 1999, nachdem der Krankenhausplan 1999 beschlossen war, versprach dieselbe Senatorin, die immer noch der CDU angehört, sie wolle in Verbindung mit dem Krankenhausplan einen gesonderten Bericht über die mit den Krankenhäusern verbundenen Ausbildungsstätten vorlegen.
Dieser Bericht wurde nicht abgeliefert. Im November 1999 hat die PDS in einer Großen Anfrage nach dem Bericht, der Zukunft der Ausbildungsstätten und den dazugehörenden Bedarfsprognosen gefragt. Im Januar 2000, inzwischen hatten wir eine neue Regierung mit Senatorin Schöttler, SPD, bekamen wir die Antwort, dass es sehr schwierig sei, die Fragen zu beantworten, dass man sich Mühe gebe, die entsprechenden Daten zusammenzutragen und dass man im Sommer 2000 dann das, was Sie heute in Ihrem Antrag als Auftrag vorgeben, vorlegen würde. Sowohl PDS als auch die Grünen haben mehrfach nachgefragt. Wir haben sogar eine gemeinsame Veranstaltung mit den Krankenpflegeberufen durchgeführt, um mit Nachdruck auf das Defizit und auf die versprochenen, aber nicht vorgelegten Bedarfsprognosen und Ausbildungskonzepte hinzuweisen. Am 20. Juni 2001 entdeckt die CDU dieses Problem nun für sich.
Wir sind verblüfft! Machen Sie sich einfach durch Ihre Unterlagen einmal kundig – die Zwischenrufenden sind Abgeordnete, die seit Legislaturperioden hier sitzen, und könnten, wenn sie ihr Gedächtnis bemühten, mühelos meine Ausführungen nachvollziehen. Jetzt wollen Sie innerhalb von 100 Tagen etwas durchsetzen, wozu Sie seit September 1997 mit dem Auftrag an Ihre Senatorin Zeit gehabt haben. Dazu sage ich Ihnen abschließend: Es gibt zwei Möglichkeiten für diesen Antrag. Entweder er ist nicht ernst gemeint – bei der von Ihnen vorgegebenen Terminsetzung muss ich das annehmen –, oder wir haben es zum zweiten Mal mit einem Fall von Wirklichkeitsverweigerung zu tun. Egal, was von beiden Fällen zutrifft, ich finde es politisch hoch fahrlässig. Diese populistische Art und Weise, hier aufzutreten und zu tun, als ob sie das Ei des Columbus entdeckt hätten, ist wirklich lächerlich! Ich hoffe, dass dies in der Öffentlichkeit entsprechend gewürdigt wird.
Wenn Sie sich alle wieder etwas beruhigen können, kann ich Sie begrüßen und meinen Redebeitrag halten.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Geschichte von Frau Simon hat gezeigt, das Thema Ausbildungsplätze in gesundheits- und sozialpflegerischen Berufen ist ein Dauerbrenner in diesem Haus. Das Thema ist zu Recht ein Dauerbrenner. Mit der Gründung der Vivantes, dem Verkauf von Buch an Helios, der Schließung von Moabit und anderen strukturellen Anpassungen im Krankenhausbereich besteht die Gefahr eines weiteren Ausbildungsplatzabbaus in diesen Berufsfeldern.
Angesichts der vielen Jugendlichen, die Jahr für Jahr bei der Lehrstellensuche trotz einiger sehr erfolgreicher Programme der neuen rot-grünen Bundesregierung leer ausgehen, ist die Sicherung von Ausbildungsplätzen auch in diesem Bereich weiterhin nötig. Das ist insbesondere im Interesse der jungen Frauen nötig, die in diesen Berufen hauptsächlich vertreten sind. Wir werden uns, wie zuletzt bei dem drohenden Verlust von 22 Plätzen bei der Ausbildung der Hebammen, auch weiterhin für die Sicherung der Ausbildungsplätze in diesem Bereich einsetzen. Wir werden aber im gesundheits- und sozialpflegerischen Bereich – da sind wir, wie die anderen Fraktionen in diesem Haus auch, realistisch – nicht weiterhin in dem bisherigen Ausmaß über Bedarf ausbilden können, auch dies insbesondere im Interesse der jungen Menschen. Eine Ausbildung ist nur der erste Schritt ins Berufsleben. Dieser Schritt darf nicht in eine Sackgasse führen.
Deshalb müssen wir den jungen Frauen und Männern Ausbildungsplätze in Bereichen anbieten, in denen sie nach dem erfolgreichen Abschluss ihrer Lehre – es ist störend, wenn die Herren sich unterhalten –
auch einen Arbeitsplatz, und zwar hier in Berlin und nicht in Bayern oder der Schweiz, wie es in den krankenpflegerischen Berufen derzeit üblich ist, finden. Dazu werden erhebliche Anstrengungen der zukünftigen Regierung nötig sein. Eine rot-grüne Regierung im Land wird sich ebenso wie die Bundesregierung den Abbau von Arbeitslosigkeit insbesondere der Jugendarbeitslosigkeit zu ihrem zentralen Ziel machen. Das Ziel wird nur in enger Zusammenarbeit von Wirtschafts-, Finanz- und Arbeitsmarktpolitik erreicht werden. Mit dem Sofortprogramm JUMP der rot-grünen Bundesregierung wurden die Chancen für Ausbildung, Qualifizierung und Beschäftigung für 100 000 Jugendliche verbessert. Wir werden in Zukunft auch im Land Berlin weiterhin Arbeitsplätze sowohl in gesundheits- und sozialpflegerischen Berufen als auch in IT-Berufen und anderen Bereichen sichern.
Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Der Ältestenrat empfiehlt die Überweisung an den Ausschuss für Gesundheit, Soziales und Migration – dieser soll federführend sein –, an den Ausschuss für Arbeit, Berufliche Bildung und Frauen sowie an den Hauptausschuss. Wer dieser Überweisungsempfehlung folgen möchte, den bitte ich um das Handzeichen! – Gegenstimmen? – Stimmenthaltungen? – Dann ist die Überweisung so beschlossen.
Während bei der kassenärztlichen Vergütung für die ambulant tätigen Ärzte schon vor Jahren die Vereinheitlichung zwischen Ost- und Westbezirken vereinbart wurde, muss bei der privatärztlichen Vergütung nach der Gebührenordnung (für Ärzte – GOA –) immer noch ein Abschlag von 14 % realisiert werden. Sicher war es nach Herstellung der deutschen Einheit im Jahre 1990 noch gerechtfertigt, einen Abschlag von zunächst 25 % einzuführen. Aber die Gründe, die dieses damals rechtfertigten – wie z.B. geringere Miet- und Personalkosten –, sind im elften Jahr der deutschen Einheit weitestgehend weggefallen. Auch sind nach Angaben des statistischen Landesamtes die monatlichen Nettoeinkommen je Einwohner in beiden Stadthälften gleich hoch. So ist es aus unserer Sicht dringend geboten, die Angleichung auch der privatärztlichen Vergütung zumindest in Berlin endlich herbeizuführen. Der Senat hat mit der „Bundesratsinitiative Kostenermäßigungssatz-Aufhebungsgesetz Berlin“ beispielhaft gezeigt, wie die Unterschiede bei der Vergütung für eine andere Gruppe von Freiberuflern – gemeint sind Anwälte, Notare und Gerichtsvollzieher – abgebaut werden können. Hierzu wird auf die Ihnen sicher bekannte Vorlage – zur Kenntnisnahme – Drucksache 14/1098 verwiesen. Wir wollen mit unserem Antrag eine Bundesratsinitiative erwirken, die im Ergebnis ein weiteres Stück teilungsbedingter Unterschiede in Berlin abbaut. Sie sollten sich diesem Anliegen nicht verschließen und unserem Antrag zum Erfolg verhelfen.
Auch mit diesem Antrag versucht die CDU wieder den Eindruck zu erwecken, als würde sie eine großartige Initiative ergreifen. Tatsache ist: Nach dem Einigungsvertrag ist die für das Beitrittsgebiet vorgeschriebene Höhe der Vergütungen nach der Gebührenordnung für Ärzte und Zahnärzte in regelmäßigen Abständen an die wirtschaftliche Entwicklung anzupassen. Zur Zeit beträgt die Vergütungshöhe im Beitrittsgebiet 86 %. Als nächster Schritt ist gegenwärtig eine Bundesratsvorlage vom Bundesgesundheitsministerium eingebracht, die die Erhöhung ab 1. Januar 2002 auf 90 % vorsieht. Mit der Beschlussfassung ist im September zu rechnen. Damit werden die Vergütungen auf die Tarifhöhe der ab 1. Januar 2002 geltenden Löhne und Gehälter im öffentlichen Dienst angehoben. In diesem Zusammenhang hat Frau Senatorin Schöttler bereits die Initiative ergriffen, im Rahmen der Herstellung gleicher Lebensverhältnisse in allen Stadtteilen Berlins gegebenenfalls eine Sonderregelung mit dem Ziel des völligen Verzichts auf den so genannten Ost-Vergütungsabschlag zu erreichen. Eine Reaktion darauf bleibt abzuwarten. Insofern ist Ihr Antrag überflüssig. Wir werden uns dennoch im Ausschuss für Gesundheit, Soziales, Migration damit zu befassen haben.
Schön, dass die CDU sich auf der Oppositionsbank alten Forderungen der PDS auf eine 100-%-Angleichung Ost- an Westvergütung anschließen möchte. Da der Antrag heute in die Ausschüsse überwiesen werden soll, will ich mich hier nicht zum Antrag selbst äußern. Allerdings möchte ich der CDU in Vorbereitung auf die bevorstehenden Ausschusssitzungen empfehlen, einen Änderungsantrag zu ihrem Antrag vorzubereiten, der die Verordnung zur Anpassung der Höhe der Vergütungen nach der Gebührenordnung für Ärzte, der Gebührenordnung für Zahnärzte sowie nach der Hebammenhilfe-Gebührenverordnung in dem in Artikel 3 des Einigungsvertrages genannten Gebiet würdigt. Auf diese Weise wäre es möglich, nicht nur die in ihrem Antrag bedachten Ärzte und Ärztinnen zu berücksichtigen, sondern auch Zahnärzte und Zahnärztinnen, (Jugend)-Psychotherapeuten und (Jugend)-Psychotherapeutinnen sowie die Hebammen.
Mit der 6. Gebührenanpassungsverordnung zur Anpassung der Höhe der Vergütungen nach der Gebührenordnung für Ärzte, der Gebührenordnung für Zahnärzte sowie nach der Hebammenhilfe-Gebührenordnung in dem in Artikel 3 des Einigungsvertrages genannten Gebiet (Sechste Gebührenanpassungsverordnung – 6. GebAV) werden die Gebühren ab 2002 auf 90 % erhöht.
Obwohl auch wir der Ansicht sind, dass diese Anhebung des Vergütungsniveaus nur ein Zwischenschritt bis zur vollständigen Anpassung sein kann, lehnen wir den Antrag der CDU auf eine Bundesratsinitiative zum gegenwärtigen Zeitpunkt ab. Wir sind überzeugt, dass eine vollständige Angleichung des Vergütungsniveaus Ost an das Westniveau im Bundestag und Bundesrat beschlossen werden wird, wenn die Rahmenbedingungen, insbesondere die gesamtwirtschaftlichen Verhältnisse in den neuen Ländern, dies zulassen.
Der Ältestenrat empfiehlt die Überweisung an den Ausschuss für Gesundheit, Soziales und Migration – federführend – und an den Ausschuss für Europa- und Bundesangelegenheiten und BerlinBrandenburg. Wer der Überweisungsempfehlung folgen möchte, den bitte ich um das Handzeichen! – Gibt es Gegenstimmen? – Stimmenthaltungen? – Damit ist die Überweisung beschlossen.
Die Fraktion hatte keinen Beratungsvorbehalt mehr. Wer der Überweisung an den Ausschuss für Bauen, Wohnen und Verkehr federführend und an den Ausschuss für Stadtentwicklung und Umweltschutz den bitte ich um das Handzeichen! – Gegenstimmen? – Stimmenthaltungen? – Damit ist der Antrag überwiesen.